Von Mainframes und Server-Farmen - ein Vergleich Was macht den Mainframe zum Mainframe?

Autor / Redakteur: Carla Schroder* / Ulrike Ostler

Google, Facebook, Twitter & Co. betreiben rund um die Welt riesige Datacenter, die aus Standardhardware aufgebaut sind. Abertausende kleiner Server im Netzwerkverbund sind gut genug für diese Unternehmen, warum also sollte dies nicht auch die richtige Lösung für andere Unternehmen sein?

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„Linux One“ bezeichnet eine Serien von IBM-Mainframes, die ausschließlich mit dem Open-Source-Betriebssystem Linux ausgestattet sind.
„Linux One“ bezeichnet eine Serien von IBM-Mainframes, die ausschließlich mit dem Open-Source-Betriebssystem Linux ausgestattet sind.
(Bild: IBM)

Vielleicht erinnern sich manche an den berühmten Werbespot von IBM: „The servers, they stole all our servers!“, der die Konzentration einer komplexen IT-Umgebung in einen einzigen Server zeigt – einen Mainframe. Was genau ist ein Mainframe und wo und wann wird er erfolgreich eingesetzt?

Mainframe-Workloads

Wofür wird ein Mainframe normalerweise eingesetzt? Für komplexe, datenintensive Workloads, zum Beispiel für Online-Transaktionsverarbeitung (OLTP) sowohl für Batch-Aufgaben als auch für hohe Datenmengen. Banken etwa müssen beides durchführen. Wenn Kunden online auf ihre Konten zugreifen, sind das OLTP Aktivitäten. Der Vorgang läuft in Echtzeit und interaktiv ab.

Nach Betriebsschluss führen Banken dann üblicherweise Batch-Aufgaben aus: Rechnungslegung, Tagesabrechnungen, Zinsberechnungen, Erinnerungen, Marketing-E-Mails und Reporting. Das bedeutet unter Umständen die Verarbeitung von Terabytes von Daten innerhalb kurzer Zeit – und hierfür eignen sich Mainframes hervorragend.

Gesundheitswesen, Schulen und Universitäten, Regierungsbehörden, Energieversorger, Fertigungsstätten, Anbieter von ERP Systemen und von Online-Unterhaltung sind gute Kandidaten für Mainframes. Auch das „Internet der Dinge“ – PCs, Laptops, Smartphones, Fahrzeuge, Sicherheitssysteme, „Smart“-Geräte und Versorgungsnetze – werden durch Mainframes gut bedient.

Was ist ein Mainframe?

Was genau ist nun ein Mainframe? Ist es nur ein großer Computer? Ist es dasselbe wie ein Supercomputer? Mit über 90 Prozent Anteil dominieren „IBM z Systems“ Server den Mainframe-Markt. Auf IBM Mainframes werden üblicherweise die IBM-eigenen Betriebssysteme „z/OS“, „z/VSE“, „z/TPF“ und „z/VM“ als Virtualisierungstechnologie, aber auch in immer stärkerem Maße Linux eingesetzt.

Ein Mainframe-Computer unterscheidet sich grundlegend von der x86/ARM-Hardware, die wir tagtäglich verwenden. Moderne IBM z Systems Server sind zwar groß, doch sehr viel kleiner als frühere Mainframes. Sie sind robust, zuverlässig und sicher und verwenden hochentwickelte Hardwarekomponenten.

Am besten stellt man sich einen Mainframe als eine besondere Form der Datenverarbeitung vor: zentralisierte Datenspeicherung und Ressourcenverwaltung, anspruchsvolle unternehmenskritische Dienste, hochsichere, hochverfügbare und robuste Hardware mit Hot-Swap-Funktion, dynamische Neukonfiguration von Hardware und Software ohne Ausfallzeiten, Massen-Transaktionsverarbeitung, Abwärtskompatibilität mit älterer Software sowie enormer Durchsatz. Jede Komponente verfügt über mehrere Redundanzebenen: Stromversorgung, Kühlung, Notstrom-Akkus, CPUs, E/A-Komponenten und Kryptografiemodule.

Die Spezialität der Mainframes

Durchsatz ist eine besondere Spezialität von Mainframes: Sie können eine hohe Anzahl gleichzeitiger Transaktionen und massive I/O-Operationen ohne Geschwindigkeitsverlust durchführen. Die Effizienz eines x86/ARM-Servers dagegen sinkt bereits ab >20 Prozent Gesamtauslastung und wird bei Überlastung einer einzelnen Komponente langsamer, etwa wenn eine CPU ausgelastet ist, der Speicher voll ist oder die Festplatte permanent überlastet wird. All dies geschieht bei einem Mainframe nicht, der bis zu mehr als 90 Prozent Auslastung mit voller Leistung läuft.

Zwar kann man versuchen, diese robuste Hardware in einer x86/ARM-Server-Farm zu duplizieren, das ist jedoch nicht dasselbe. Standardhardware unterliegt immer einem intensiven Preisdruck. Bei Computern am unteren Ende der Preisskala wird daher ein großer Teil der Funktionalität auf Software ausgelagert, wie etwa Verschlüsselung und Netzwerkfunktionen.

Dies belastet die Host-CPU. Dagegen besteht der Mainframe aus einer Reihe von eigenständigen und spezialisierten Komponenten mit jeweils eigenen Ressourcen. Netzwerkschnittstellen, Kryptografie-Prozessoren und Geräte-Controller verfügen über eigene Controller, Stromversorgung, Konnektivität, Selbstdiagnosen und Auswertung sowie eigene Kühlung.

Offenbar haben viele ein solches System im Kopf, wenn sie über Mainframes sprechen. Das ist das IBM-System 709 aus dem Jahr 1957.
Offenbar haben viele ein solches System im Kopf, wenn sie über Mainframes sprechen. Das ist das IBM-System 709 aus dem Jahr 1957.
(Bild: IBM)

Der Talk innerhalb der Box

Der enorm hohe Durchsatz und die effiziente Ressourcenverwaltung werden durch In-Box-Kommunikation ermöglicht. Der schnellste x86 oder ARM-Cluster wird dagegen von seinem Netzwerk ausgebremst.

Mainframe-Komponenten kommunizieren über Backplanes und Tausende spezialisierte Hochgeschwindigkeitskanäle miteinander. Das „z Systems Channel Subsystem“ (CSS) steuert alle internen und externen I/O-Operationen. Das CSS besteht aus Hardware und Firmware: dem Central Processor Complex (CPC), dem System-Hauptspeicher und zumindest einer Steuereinheit (CU). Eine Steuereinheit kann ein eigenständiges Gerät oder in ein E/A-Gerät, das Channel Subsystem oder die Hauptplatine des Servers integriert sein.

Ein einzelnes Channel Subsystem besitzt mehrere Kanal-Pfade und unterstützt mehrere logische Partitionen. Außerdem gibt es mehrere Sets von Sub-Kanälen, die jeweils Tausende Sub-Kanäle unterstützen. Alle diese Kanäle werden dynamisch verwaltet, um sich an die Auslastung anzupassen und für jede Operation mehrere Pfade bereitzustellen.

Flexibilität der Hardware-Ressourcen

Mainframe-Hardwareressourcen sind sehr flexibel konfigurierbar. Ein Mainframe-Computer ist in mehrere kleinere Systeme unterteilt, die als logische Partitionen oder LPARs bezeichnet werden. Auf jeder LPAR läuft ein eigenes Betriebssystem. Speicher und CPU können dabei sehr flexibel zugewiesen werden: gemeinsam genutzt, exklusiv oder für bestimmte Fälle gewichtet. Das IBM-Modell „z13“ kann beispielsweise bis zu 85 LPARs verwalten – das ist, als hätte man 85 sehr leistungsstarke Server in einem Gehäuse.

Mainframes unterstützen auch Clustering. Das heißt: Mehrere Mainframes können genau wie x86/ARM-Server über Clustering-Technologien zusammengeschlossen werden, um eine noch bessere Absicherung der Services zu garantieren. Zwar ist die Hard- und Firmware von Mainframes bereits in hohem Maße für Hochverfügbarkeit konzipiert. Clustering der einzelnen Instanzen bietet jedoch zusätzliche Vorteile.

Das Modell "z Series 900" war der erste IBM-Mainframe, der speziell für e-Business gebaut wurde.
Das Modell "z Series 900" war der erste IBM-Mainframe, der speziell für e-Business gebaut wurde.
(Bild: IBM)

Der Einsatz von Cluster

Der Cluster-Stack garantiert ein hohes Maß an Kontinuität und koordiniert den Zugriff auf gemeinsam genutzte Ressourcen. Er schützt das System zusätzlich vor Hardware-Ausfällen, überwacht die Software und garantiert durch entsprechenden Neustart von Diensten oder der Instanz die sofortige Wiederaufnahme des Betriebs. Geografisch verteilte Cluster wiederum schützen in Katastrophenfällen. Linux bietet einen der fortschrittlichsten, umfangreichsten und vollständig hochverfügbaren Open-Source-Cluster-Stacks, die auch auf IBM z Systems Server laufen.

Ist ein Mainframe ein Supercomputer? Nein. Ein Mainframe und ein Supercomputer sind für völlig unterschiedliche Zwecke konzipiert: Ein Supercomputer wird für maximale Rechenleistung und Geschwindigkeit optimiert und ist bei CPU-intensiven Aufgaben in seinem Element. Die Schlüsselworte für Mainframes dagegen sind Durchsatz, Zuverlässigkeit und schnelle Verarbeitung enorm großer Datensätze.

„Nutztiere und Haustiere“

Die Serverfarm nutzt Virtualisierung, Container und Cloud-Technologien auf extrem komplexe Weise zur Abstraktion des Datacenter als einzigen Ressourcenpool. Dabei müssen Hunderte oder Tausende individuelle Komponenten verwaltet, überwacht und in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden.

In der Englisch-sprachigen IT Fachliteratur wird gern die Metapher „Cattle versus Pets“ – Nutztiere anstatt Haustiere – verwendet. In der Container-basierten Server-Farm ist alles ersetzbar. Schlägt ein Prozess fehl, kann einfach ein neuer gestartet werden. Fällt eine Hardwarekomponente aus, wird diese ersetzt, wobei mit einer Art von automatischem Failover der Fehler umgangen und die entsprechende Arbeitslast auf eine andere Komponente auslagert wird. Die einzelnen Teile müssen nicht wie ein „Haustier“ gepflegt werden, sondern werden wie eine Herde von „Nutztieren“ behandelt, eine Masse austauschbarer Einheiten.

Docker, Apache Mesos, Marathon, ZooKeeper, Chef, Puppet, DC/OS, alle diese neuen Technologien ermöglichen die flexible Entwicklung und Bereitstellung von Diensten. Der Preis dafür ist ein extrem komplexes System, in dem regelmäßige Fehler die Leistung immer wieder beeinträchtigen.

„Linux One“ bezeichnet eine Serien von IBM-Mainframes, die ausschließlich mit dem Open-Source-Betriebssystem Linux ausgestattet sind.
„Linux One“ bezeichnet eine Serien von IBM-Mainframes, die ausschließlich mit dem Open-Source-Betriebssystem Linux ausgestattet sind.
(Bild: IBM)

Container, Microservices, Virtualisierung

Virtuelle Maschinen, Container und Microservices sind Technologien, die nicht nur auf x86 oderARM Servern zu finden sind. Ein Mainframe kann Tausende von virtuelle Maschinen unterstützen, auf denen alle gängigen Software Programme laufen.

Linux etwa läuft zwar nativ auf den z-Mainframes, die meisten Installationen werden jedoch virtualisiert unter z/VM betrieben, der Hypervisor-Technologie von IBM als grundlegendem Betriebssystem, mit z/OS (dem proprietärem Betriebssystem von IBM) oder Linux Gästen in virtuellen Maschinen. Die VMs sind dabei mit einer Backplane mit physischem Hochleistungs-Speicher verbunden, wodurch die Kommunikation zwischen den VMs sehr schnell verläuft.

Für Systemadministratoren, die sich mit Linux auskennen, wird die Virtualisierung auf IBM z Systems Servern mit KVM, der nativen Virtualisierungstechnologie unter Linux, noch einfacher. So hat zum Beispiel Suse erst kürzlich volle Unterstützung für „KVM“ auf IBM z Systemen mit Produktversion „Suse Linux Enterprise Server 12 SP2“ angekündigt (siehe: Suse-Blog).

Cloud-Technologien bieten noch mehr Flexibilität und schnelle Neukonfiguration von Ressourcen an. IBM z Systerms Server bzw. z/VM unterstützen OpenStack, den beliebten Open Source-Cloud-Stack, der Infrastructure-as-a-Service (IaaS) Dienste zur Verfügung stellt.

Einen Mainframe „ausprobieren“?

Standardhardware ist kostengünstig und einfach zu handhaben. Bei der Verwendung von Open-Source-Hardware, kann mit geringem Kostenaufwand ein eigenes Testlabor eingerichtet werden, zum Beispiel zum Testen der eigenen Anwendungen, dem Ausbau der Umgebung zu eigenen Zwecken und vieles mehr. Ein Mainframe ist zunächst nicht sehr einfach in der Handhabung – aber vor allem kann man ihn nicht einfach so testen.

Er kann nicht über Amazon oder Newegg bestellt werden, und er hat besondere Anforderungen hinsichtlich Stromversorgung und Kühlung. (Aufgrund ihrer Größe und Komplexität hat die Serverfarm allerdings letztendlich höhere umgebungstechnische Anforderungen.)

Der Mainframe selbst ist groß und schwer: Der kleinste IBM-Mainframe, der z13s, wiegt rund eine Tonne und hat die Abmessungen eines großen Restaurantkühlschranks.

Ein Mainframe braucht Gesellschaft

Während Linux und die Software, die in den VMs ausgeführt werden sollen, sich auf allen Plattformen mehr oder weniger gleich verhalten, erfordert die Verwaltung der Mainframe-Hardware und der z-Betriebssysteme einiges an Einarbeitungszeit. Ein Mainframe alleine ist nicht nutzbar – er benötigt unterstützende Elemente wie einen direkt verbundenen Laptop („Hardware Management Console“) und einen separaten Speicherserver.

Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, um trotzdem einmal an Mainframe-Technologien „selbst Hand anzulegen“ und um auszuprobieren, ob ein IBM z Systems Server die richtige Alternative für das eigene Unternehmen ist. Die „Linux-One Community Cloud“ von IBM bietet einen 120-tägigen kostenlosen Test zur Installation und Bereitstellung von Suse, Red Hat und seit kurzem auch Ubuntu Linux auf einem z Systems-Server. Der Nachteil: Dieser Service erlaubt nicht die Installation von Linux in einer Bare-Metal-Umgebung oder einer virtuellen Maschine oder den Zugriff auf Hardwareverwaltung.

Natürlich kann ein z Server auch im Rahmen eines „Proof of Concept“ (Machbarkeitsnachweises) getestet werden. Dabei wird Leihhardware beim potenziellen Kunden eingerichtet. Da dies eine aufwendige Angelegenheit ist, sollte dieser Weg nur dann gewählt werden, wenn die die installierte Hard- und Software mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gekauft werden wird.

Software zum Einstieg

Qualifizierte unabhängige IBM Partnerworld-Software-Anbieter (ISV) können das „IBM System z Personal Development Tool“ (zPDT) ausprobieren. Damit können ISVs Software für IBM z Systems entwickeln, ohne selbst die Hardware anschaffen zu müssen. Die zPDT-Technologe erstellt eine z Systems-Architektur-Umgebung, in der Mainframe-Betriebssysteme (einschließlich Linux), Middleware und Software unverändert auf x86-kompatiblen Plattformen laufen können.

Carla Schroder ist Technical Writer im Suse Documentation Team und Journalistin.
Carla Schroder ist Technical Writer im Suse Documentation Team und Journalistin.
(Bild: Carla Schroder (privat))

Preise für Mainframes beginnen bei rund 40.000 Dollar für Einstiegssysteme. Die Preisgestaltung hängt dabei von CPU-Cores, Hardwarebereitstellung und Softwarelizenzen ab – große Systeme können schnell eine Million Dollar oder mehr kosten.

IBM hat hierzu eine Vielzahl von Redbooks, Videos und sehr gute technische Dokumentation [] veröffentlicht. Dies ist ein hervorragender Startpunkt, um mehr über Mainframes und Linux auf IBM z Systems zu erfahren.

* Carla Schroder ist Technical Writer im Suse Documentation Team und Journalistin.

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