Von Chips, Switches und neuen Intel-Platinen auf dem OCP Summit 2021 Innovationen für Effizienz und Nachhaltigkeit im quelloffenen Hardware-Design

Auf dem hybrid durchgeführten „OCP Summit 2021“ standen Themen wie Nachhaltigkeit, Skalierbarkeit und Modularität im Mittelpunkt. An ihrem zehnten Geburtstag kann sich die Organisation Opne Compute Project Foundation (OCP) über stetiges Wachstum freuen.

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Der Markt für OCP-zertifizierte Produkte wächst stark.
Der Markt für OCP-zertifizierte Produkte wächst stark.
(Bild: OCP)

Rund 2.500 physische und etwa 10.000 virtuelle Besucher kamen 2021 zum OCP Summit, verkündete Bill Carter, CTO und geschäftsführender Direktor der Organisation. Sie will offene Hardware auf den Märkten durchsetzen.

Die Erfolge dieser Idee können sich sehen lassen: 37 Prozent Community-Wachstum 2020, 16 Milliarden Dollar Umsatz mit OCP-gelabelter Hardware. Erwartet wird bis 2025 eine Verdreifachung des Umsatzes auf 46 Milliarden Dollar, Durchdringung neuer Marktbereiche.

OCP-Hardware erreicht Non-Hyperscaler

„2025 haben wir den Wendepunkt erreicht: Dann stehen 48 Prozent der OCP-gelabelten Produkte außerhalb von Hyperscalern 52 Prozent bei Hyperscalern “; freute sich Carter. Einzelhändler Target, der komplett auf offene Hard- und Software umstellt, monierte freilich noch Nachholbedarf bei Enterprise-Komponenten auf dem OCP-Marketplace.

Derzeit erschließt sich die OCP neue Entwicklungsthemen – Technologien, die heute noch fünf bis sieben Jahre entfernt sind, aber absehbar benötigt werden. Vor allem geht es hier um ein neues Cloud Service Modell, Software-definiertes Memory sowie das Codesign von Software und Hardware für mehr Effizienz und Leistung.

Im Zentrum der nächsten Jahre: Optical, Composable, Kühlung

Rebecca Weekly, neue Vorstandsvorsitzende der OCP-Stiftung und ansonsten für Intel tätig, freute sich über 282 neue Firmen in der OCP. Darunter sind Amazon, die US-Einzelhandelskette Target und Uber. Es gebe auch elf neue Rechenzentren mit OCP-Zertifikat in fünf neuen Regionen, konnte Weekly melden.

Zu den Themen, denen sich OCP in den nächsten Jahren besonders widmen wird, gehören für sie Optoelektronik, Composable Silicon, AI-Infrastrukturen und Kühlung mit neuen Methoden sowie Nachhaltigkeit im Allgemeinen. Erste Ergebnisse liegen beispielsweise vor zu Skalierung, Modularität, Standardisierung im Sinne der Nachhaltigkeit unter Einbezug der Lieferkette.

Netzwerktechnik wird offen

Vertreter unterschiedlicher OCP-Mitglieder gaben Einblicke in aktuelle Beiträge und Projekte. So berichtete Omar Baldonardo, Direktor Network Infra bei Meta (Ex-Facebook) über die Entwicklungsanstrengung seines Unternehmens bei offenen Netzwerken. Der Kooperationspartner ist dabei Arista.

Mit der neuen Netzwerkkomponente „7388X5“ hat Arista für Facebook einen modularen Switch mit 200 und 400 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) für Hyperscaler-Anforderungen entwickelt. Er basiert auf einem Spezialprozessor für die Paketverarbeitung mit 25,6 TBit/s Bandbreite und Schnittstellenvielfalt. Das Gerät kommt ohne Gearboxen aus und verbraucht bezogen auf die Leistung 20 Prozent weniger Energie.

Kooperation mit Broadcom und Cisco

Bei Netzwerk-Chips arbeitet Facebook schon länger mit Broadcom und seit kürzerer Zeit mit Cisco zusammen. Die neuen Broadcomm-Chips „Tomahawk 3“ und 4 stecken in zwei aktuellen Switches: „Minipack 2“ für Fabrics und dem Top-of-Rack-Switch „Wedge400“. Mit dem Software-Entwicklungskit dafür stellt Broadcom auch die offene OCP-Schnittstellenschicht „SAI“ (Switch Abstraction Interface) zur Verfügung, die von den unterschiedlichen Implementierungen der Hersteller abstrahiert.

Neue Einflüsse verändern alte Computing-Paradigmen und fordern neue technologische Entwicklungen.
Neue Einflüsse verändern alte Computing-Paradigmen und fordern neue technologische Entwicklungen.
(Bild: OCP)

Gemeinsam mit Cisco hat Facebook den Top-of-Rack-Switch „Wedge400 C“ realisert. Cisco, das seit einigen Jahren statt kompletter Geräte auch Chips zum EIndesignen anbietet, hat sein „Silicon-One“-Portfolio inzwischen auf elf Produkte erweitert. In Wedge400 steckt „O200L“. Der programmierbare 7.nm-Chip leistet 12,8 TBit/s. Der Switch wurde mit Celestica und Meta entwickelt und geht jetzt in die Massenproduktion.

Ampere: Nachhaltige Server-Prozessoren

Der Neuling Ampere Computing, gegründet vor erst vier Jahren, möchte mit seinen Chipdesigns die Server- und Computing-Welt fit für die aktuellen Nachhaltigkeits- und Cloud-Herausforderungen machen. „Die 64-Bit-Extension ist schon 20 Jahre alt – eigentlich arbeiten wir mehr als 40 Jahre auf derselben Compute-Architektur. Sie ist nicht für Cloud Native gedacht“, sagt Renee James, CEO und Gründerin der Firma.

„Nachhaltigkeit ist für uns superwichtig. Diese Aufgabe können wir nur gemeinsam stemmen“, so Rebecca Weekly, neue Vorstandsvorsitzende der OCP-Stiftung.
„Nachhaltigkeit ist für uns superwichtig. Diese Aufgabe können wir nur gemeinsam stemmen“, so Rebecca Weekly, neue Vorstandsvorsitzende der OCP-Stiftung.
(Bild: OCP/Rüdiger)

Wolle man so weitermachen wie bisher, würden Rechenzentren einen unvertretbar hohen Energie- und Platzbedarf produzieren. Dem will Ampere mit für die Cloud-Native-Welt konzipierten Prozessordesigns etwas entgegensetzen. Das Ziel: Platzeinsparung und zehnmal mehr Leistung bei gleichbleibendem Energieverbrauch. „Dazu muss man auch das Packaging und das Gerätedesign verändern“, betont James.

Ampere: Erste Produkte auf dem Markt

Die ersten Produkte aus der „Ampere Altra“-Serie sind schon auf dem Markt. Dazu gehört ein Die mit 128 Cloud-optimierten AMD-Cores, 3,3 MHz Frequenz, 128 PCIe Gen-4-Lanes und 4 TByte DDR-4-Memory-Kapazität. Im ersten Quartal 2022 wechselt Ampere auf 5-nm-Strukturen.

Ampere-Hardware nutzen beispielsweise in Rechenzentren von Oracle, Tencent oder Microsoft.

In diesem Server von Wewynn stecken zwei „Ampere-Altra“-Prozessoren (Bildmitte).
In diesem Server von Wewynn stecken zwei „Ampere-Altra“-Prozessoren (Bildmitte).
(Bild: OCP/Rüdiger)

Wewynn produziert mit „Ar64 AArch 64 OCPS“ (Mount Jaid) den ersten Server mit Ampere-Altra-Prozessoren. Der Hersteller kombiniert 256 Cores auf zwei Prozessoren in einem Gerät. Die dazu entwickelte Software wurde auch für Github, Linuxboot, Tianocore EDK II und OpenBMC bereitgestellt.

In Zukunft soll in die Ampere-Server auch „DC-SCM“, eine von Intel entwickelte und in die OCP eingebrachte Platine für modulares, sicheres Server-Management 'eindesignt' werden. DC-SCM wurde auf dem OCP-Summit 2020 vorgestellt.

Reuse-Hardware für die Edge

Für den Einsatz von OCP-Komponenten statt neuer Hardware warb Ali Fenn, CEO von ITRenew. Die zu erwartende sprunghafte Entwicklung von Edge-Datenzentren und Edge-Daten verlange nach neuen, nachhaltigeren und kostengünstigen Lösungen. „Diejenigen, die am Edge implementieren, haben meistens nicht so viel Geld wie die Hyperscaler“, betonte Fenn. Und Strom gebe es dort oft auch nicht so viel, schon gar nicht grünen.

Die Herstellung von IT-Systemen erzeuge nach aktuellen Forschungen drei Viertel von deren Kohlendioxid-Fußabdruck. Das bedeute, dass Reuse und Refurbishment, beispielsweise von OCP-Hardware, einen erheblichen Beitrag zur Nachhaltigkeit von Rechenzentren leisten könnten.

Neue Geschäftsmodelle fürs Edge

Jim Simonelli, Senior Vice President und CTO von Schneider Electric zeigte an zwei Firmenbeispielen, wie es gehen könnte, das nötige Edge-Investment zu stemmen und Edge-taugliche Geschäftsmodelle zu entwickeln. Denn die seien nötig – allein könne diesen Aufwand keiner stemmen, schon deshalb, weil es unklar sei, wann Umsätze mit neuen Services fließen würden und welche es tatsächlich seien.

Die US-Firmen APC Towers, ein Betreiber von Funktürmen, und Integrated Roadways, spezialisiert auf intelligente Straßen-Infrastrukturen, setzen beide darauf, die Kapazitäten ihrer Edge-Datacenter zusätzlich weiteren Interessenten zur Verfügung zu stellen. Das ist keine Konkurrenz zum Kerngeschäft, macht aber eine neue Erlösquelle zugänglich. Mögliche Aspiranten für die Edge-Rechenzentren-Parallelnutzung sind hoch latenzsensitive Anwendungen und Content-Verteilnetze (CDNs).

Solche Ansätze erfordert freilich übergreifende Kooperation. In den beiden beschriebenen Anwendungen sind vier Partner beteiligt. Der Software-Anbieter VPS übernimmt die Auslastungsoptimierung der Systeme, ITRenew stellt OCP-Systeme im zweiten Nutzungszyklus, der Softwareneuling EdjX liefert ein lokales Betriebssystem, dass die laufenden Apps orchestriert, zwischen Endanwendern und Edge-Rechenzentren vermittelt und die Abrechnung der genutzten Ressourcen automatisiert.

Intel: Eine neue Generation modularen Computings

Zane Ball, Corporate Vice President bei Intel, zeigte, welchen Beitrag der Chipriese zu einer effizienteren und materialschonenden IT leisten möchte. Dabei setzt Intel vor allem auf Modularisierung und Standardisierung. Ball: „Jeder Hersteller implementiert unsere getestete und zertifizierte Hardware etwas anders und absolviert dann dieselben Tests und Abläufe nochmal. Das ist Verschwendung.“

Zane Ball, Corporate Vice President präsentiert Rubypath, Ergebnis des Intel-Projekts „Blue Glacier“. Die Platine soll als Basis für Designs vom Edge bis zum Hyperscaler-Rechenzentren taugen.
Zane Ball, Corporate Vice President präsentiert Rubypath, Ergebnis des Intel-Projekts „Blue Glacier“. Die Platine soll als Basis für Designs vom Edge bis zum Hyperscaler-Rechenzentren taugen.
(Bild: OCP/Rüdiger)

Das Projekt „Blue Glacier“ rückt diesem Phänomen zu Leibe. Auf dem OCP Summit präsentierte Ball „Ruby Path Version 1“, ein Prozessormodul mit CPU und Memory, das sich laut Ball vom Edge bis zur zentralen Cloud überall implementieren lässt.

In Version 2 werde für einfacheres Management auch DC-SCM Version 2 darauf implementiert, das jetzt noch fehlt. Ball: „Das vereinfacht Validierung, Test und Upgrades erheblich. Wir initiieren damit eine neue Generation des modularen Computing.“

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