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Wenn Machinen den Menschen übertreffen Was ist Künstliche Intelligenz?

Autor / Redakteur: Dipl. Betriebswirt Otto Geißler / Ulrike Ostler

Erst die ökonomische Verwertbarkeit in den vergangenen Jahren bescherte der Künstlichen Intelligenz (KI) eine rasante Entwicklung. Trotzdem wird sie immer noch durch die fehlende menschliche Komponente in ihre Schranken gewiesen. Aber wer achtet darauf, dass sie auch sicher und vertrauenswürdig ist?

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Autor Otto Geißler geht der Frage nach: Was ist Künstliche Intelligenz?
Autor Otto Geißler geht der Frage nach: Was ist Künstliche Intelligenz?
(Bild: © djama - stock.adob.com)

Was ist menschliche Intelligenz? Schon alleine diese Begriffsklärung gestaltet sich mühsam, da es dazu keine allgemein gültige Definition gibt. Daher gestaltet es sich nicht unbedingt einfacher, wenn es um den Begriff der Künstlichen Intelligenz geht. Sie wird meist mit KI oder AI (englisch „Artificial Intelligence“) abgekürzt und bildet eine Unterdisziplin der Informatik, die sich mit der Automatisierung des intelligenten Verhaltens befasst.

Etwas konkreter formuliert: Mit künstlicher Intelligenz wird der Versuch beschrieben, eine menschenähnliche Intelligenz nachzubilden. Das bedeutet: Es wird ein Computer gebaut oder programmiert, der auf eigenständige Weise Probleme bearbeiten und lösen kann.

Oder anders gewendet: KI ist ein Sammelbegriff für Technologien im Zusammenhang mit der Erbringung von Intelligenzleistungen, die bislang dem Menschen vorbehalten waren. Wobei dieser Gedanke gar nicht so rasant neu ist. Bereits in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts prägte sich die Vorstellung von einem „Menschen als Maschine“. Es sollte eine Intelligenz beziehungsweise eine Maschine erschaffen werden, die das menschliche Denken mechanisiert oder sich eben wie ein Mensch verhält.

Starke und schwache KI

An diesem Punkt muss zwischen einer starken und schwachen KI unterschieden werden. Eine starke KI ist dazu in der Lage, verschiedene Aufgaben gleichzeitig ausführen, zum Beispiel ein Auto steuern und gleichzeitig mit den Insassen kommunizieren. Solche Aufgaben gelten für die KI selbst nach Jahrzehnten der Forschung als visionär. Bislang wurde mehr oder minder eine schwache KI entwickelt, die sich auf eine Aufgabe konzentriert und versucht, konkrete Anwendungsprobleme des menschlichen Denkens zu meistern.

Wobei die Fähigkeit zu lernen den KI-Systemen inhärent sein muss und nicht erst im Nachhinein hinzugefügt werden darf. Zur schwachen KI gehören alle automatisierten Prozesse in der Ökonomie beziehungsweise Produktion wie zum Beispiel Qualitätskontrollen oder einfache Funktionen der Robotik. Im Alltag erlebt man die KI zum Beispiel beim Go-Spielen mit einem dafür programmierten Computer, bei der Erkennung von Gesichtern oder der Unterscheidung von Hunderassen auf Fotos oder bei der Transformation von Sprache in Text und vice versa.

Quantensprünge der vergangenen Jahre

Obwohl eine klare Definition der Künstlichen Intelligenz bisher noch ausblieb, sind die Fortschritte in den vergangenen zwei Jahrzehnten enorm. So konnte 1997 der von IBM entwickelte Rechner Deep Blue mittels fortschrittlicher KI-Systeme den seiner Zeit amtierenden Schachweltmeister Garry Kasparov schlagen. Das im Jahre 2011 weiterentwickelte KI-System Watson bezwang in der Quizsendung „Jeopardy“ gleich zwei menschliche Gegner. Bis sich die selbstlernende Software „AlphaGo“ gegen einen der weltweit besten Go-Spieler durchsetzen konnte, musste die Fachwelt noch ein paar Jahre länger warten.

Diese Beispiele veranschaulichen, dass Maschinen bei bestimmten Formen der Intelligenz dem Menschen bereits deutlich überlegen sind. Trotzdem gehören alle bisher entwickelten KI-Systeme zur schwachen KI.

Denn nach vielen Jahren der Forschung mussten die Wissenschaftler erkennen, dass eine „denkende Maschine“ erst dann erschaffen werden kann, wenn zuvor das menschliche Denken selbst in seiner Gänze erforscht und verstanden wurde. Aus diesem Grunde gibt es bisweilen Schnittmengen der KI-Forschung mit der Neurologie bzw. Psychologie. Daher ist es bis dato noch nicht einmal im Ansatz gelungen, den menschlichen Verstand mit Maschinen nachzuvollziehen.

Teilbereiche der KI

Zu dem Thema der Künstlichen Intelligenz gehört eine inflationäre Vielfalt der unterschiedlichsten Begriffe wie zum Beispiel Machine Learning, Deep Learning, Natural Language Processing (NLP) und neuronale Netze. Sie repräsentieren Teilgebiete der KI oder sind Teilgebiete innerhalb dieser Teilgebiete. So beschreibt das Machine Learning mathematische Verfahren, die eine Maschine befähigen, selbstständig Wissen aus den „eigenen Erfahrungen“ zu erzeugen.

Wenn von heute von Künstlicher Intelligenz die Rede ist, sind meist Verfahren des Deep Learning mit neuronalen Netzen gemeint. Die Fortschritte, die in den jüngster Zeit durch Deep Learning erzielt wurden, sind vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: Es steht eine leistungsfähigere Hardware für die erforderlichen Rechenoperationen sowie eine größere Datenmenge für das „Training der neuronalen Netze“ zur Verfügung.

Deep Learning

In der Folge besteht das Verfahren des Deep Learnings daraus, im Zuge der laufenden Anwendung kontinuierlich dazuzulernen. Solche KI-Systeme optimieren sich im Grunde von selbst und die Präzision der Erkennung sowie die Qualität des Ergebnisses werden so immer größer. Wobei Deep Learning eine so genannte statistische Datenanalyse fokussiert und keine deterministische Algorithmen.

Denn eine statistische Datenanalyse eignet sich immer dann, wenn keine eindeutigen Regeln - zum Beispiel für eine Bilderkennung - verfügbar oder auch nicht bekannt sind. So könnte KI es möglich machen, aus einer großen Serie von Fotos diejenigen zu wählen, die Hunde abbilden.

Neuronale Netze

Das KI-System müsste zu diesem Zweck möglichst viele Fotos mit verschiedenen Hunden in unterschiedlichen Situationen erhalten. Auf diese Weise lernt das System wie ein Hund aussieht, um daraus ein Muster per KI zu entwickeln. Nach dem Training sollte das System in der Lage sein auch Fotos mit Hunden zu erkennen, die nicht im Training vorkamen.

Mittels neuronaler Netze kann die Maschine selbst Strukturen erkennen, diese Erkennung bewerten und sich sukzessive selbständig verbessern. Dafür werden die neuronalen Netze in mehrere Schichten aufgeteilt. Dabei arbeitet sich die Maschine vom Groben zum Feinen durch, was die Wahrscheinlichkeit der Erkennung eines Ergebnisses erhöht. Wissenschaftler stellten fest, dass das menschliche Gehirn in ähnlicher Weise vorgeht.

Natural Language Processing (NLP)

Innerhalb der Erforschung der Mensch-Maschine-Schnittstelle ist die „Verarbeitung natürlicher Sprache“ ein eher alter Bereich der Forschung innerhalb der Künstlichen Intelligenz. Früher versuchte man die Verarbeitung der geschriebenen und gesprochenen Sprache mit so genannten „Regel-Sets“ zu lösen, was schließlich misslang.

Erst neuere Verfahren des Machine Learning ermöglichten es, die Entwicklungen des Natural Language Processing (NLP) voranzutreiben. Zu den wichtigsten Funktionen gehören Übersetzungen zwischen unterschiedlichen Sprachen, die optische Zeichenerkennung, die automatische Beantwortung von Fragen sowie die Spracherkennung,

Die Büchse der Pandora?

Die selbstlernende Software AlphaGo, die Anfang 2016 den koreanischen Großmeister Lee Sedol im Spiel Go bezwang, wurde seither weiterentwickelt. Das Nachfolgemodell „AlphaGo Zero“ wurde im Vergleich zum Vorgänger nur mit den Regeln des Spiels vertraut gemacht. Nach einem über 70-stündigen Training mit sich selbst schlug das neue System das alte von 2016 in hundert von hundert Spielen.

Der Hersteller Deep Mind spricht von einer übermenschlichen Leistung. Nach Meinung des Herstellers genügen nur wenige Veränderungen und das KI-System ist so zum Beispiel für die Findung von neuen medizinischen Wirkstoffen einsetzbar. Eine Veröffentlichung des Codes lehnt der Hersteller jedoch strikt ab. Denn AlphaGo Zero soll wie viele andere KI-Systeme eine Blackbox bleiben.

Es verwundert etwas, wenn man bedenkt, dass das Deep Learning selbst für ihre Schöpfer teilweise undurchschaubar bleibt. Aus diesem Grunde sehen manche Forscher, Politiker oder Experten darin ein großes Problem. Sie ängstigen sich nicht vor einer vermeintlichen Diktatur der Maschinen, sondern befürchten vielmehr, dass automatisierte Entscheidungen dann nicht mehr nachvollziehbar sind.

Wie wird Roboterarbeit besteuert? und andere Fragen

So zum Beispiel Kate Crawford, Mitgründerin des AI Now Institute, erforscht seit langem den gesellschaftlichen Zusammenhang zwischen KI und Arbeit, Ethik, Gesundheit, soziale Ungleichheit etc. Sie ist der Meinung, dass öffentliche Einrichtungen mit zentraler Bedeutung wie zum Beispiel Gesundheitsversorgung, Sozialhilfe, Justiz und Bildung keine Blackbox-Algorithmen nutzen sollten.

Viele derartige Programme stellen sich laut Crawford als diskriminierend oder sogar fehlerhaft heraus - mit teilweise dramatischen Konsequenzen für die Betroffenen. Wenn zum Beispiel bei der Ermittlung des Rückfälligkeitsrisikos für Häftlinge der Algorithmus des KI-Systems ein negatives Ergebnis ausgibt, weil diese Afroamerikaner sind. Crawford fordert vor jeder Veröffentlichung von KI-Systemen Tests, um klarzulegen, dass sie auf Grund der Trainingsdaten nicht einseitig oder fehlerhaft sind. Hier stellen sich gleich mehrere Fragen:

  • Wer soll die KI-Systeme und ihre Entscheidungen prüfen?
  • Wer definiert, welche KI-Ergebnisse neutral sind?
  • Welche Rolle spielt der Staat dabei?
  • Und überhaupt: Müsste das alles nicht schon längst erfolgt sein?

Artikelfiles und Artikellinks

Link: Entwicklungsplattform für Deep Learning, Nvidias GPU Cloud soll KI-Technologien demokratisieren

Link: Alles Künstliche Intelligenz - erst recht im Auto, Nvidia-Chef ruft die KI-Ära aus

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