Es geht auch anders EMC- Home of Data redet nicht von Nachhaltigkeit, sondern handelt
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Manch ein Co-Location-Anbieter scheint geradezu darauf zu warten, dass ihnen die Bundesregierung, die EU oder wer auch immer strengere Regeln für den Umgang mit den Ressourcen Wasser und Strom auferlegt, obwohl klar ist, dass ihre Rechenzentren bis 2030 klimaneutral sein sollen. Wie soll das gehen? ist die meistgehörte Frage angesichts der Mangelware Ökostrom? Und dann gibt es Anbieter wie EMC - Home of Data. Hier ticken die Uhren anders.

„Gewinnmaximierung kann nicht das Ziel sein“, sagt Bernhard Huter, CEO des Münchener Rechenzentrumsbetreibers EMC - Home of Data. Das Unternehmen hat seit 2007 im 'Euroindustriepark' im Münchener Norden unter der Bezeichnung EMC Hostco Rechenzentrumsflächen bereitgestellt.
Das Firmengelände wie auch das Gebäude, auf dem sich der Datacenter-Campus heute befindet, sind seit 1993 im Familienbesitz der Münchener Unternehmerfamilie Huter. Ursprünglich beheimatet sie dort jedoch ein Kühlhaus, welches von der kanadischen Teleglobe Inc. in ein Rechenzentrum umfunktioniert werden sollte. Nachdem die Unternehmungen allerdings von Teleglobe gestoppt wurden, hat der heutige Geschäftsführer, Bernhard Huter, den bereits begonnenen Umbau – gemeinsam mit Partnern – selbst fertiggestellt.
Mitübernommen hat er aus der Gründungszeit den Firmennamen, der durch eine Vermarktungspartnerschaft mit EMC Hostco S.A. zustande gekommen war. Bis zum 30. März dieses Jahres blieb er erhalten.
Mit der neuen Firmenbezeichnung wolle er dokumentieren, dass die hier befindlichen Daten einen geschützten Raum, quasi ein Zuhause bekämen, aber auch dass man sich um die Belange der Kunden tatsächlich kümmere. EMC - Home of Data wolle spezialisiertes und individuell zugeschnittenes Co-Location aus der Hand des Inhabers bieten und darüber hinaus ein Eco-System aus Partnerunternehmen, welches das Angebot für die IT-Outsourcing-Projekte der Kunden um Hosting-, Cloud- und Connectivity-Lösungen erweitere. Huter nutzt die Adjektive „zukunftssicher“, „langfristig“, „zuverlässig“ und „partnerschaftlich“, um zu beschreiben, wie ein „Home of Data“ seiner Ansicht nach gestaltet werden soll.
Darüber hinaus aber gebe EMC - Home of Data der Nachhaltigkeit einen festen Platz in der Unternehmensstrategie und das bereits seit der Unternehmensgründung. Und hier liegt der Auslöser für einen Bericht über das Unternehmen, seinen Chef und die Initiative „Rack4Roots“, die von dem Co-Location-Betreiber initiiert wurde und bei der es um das Pflanzen von Bäumen geht, um den Stromverbrauch des Rechenzentrums zumindest ein wenig zu kompensieren (siehe: Kasten). EMC - Home of Data gehört zum Beirat von „PeerDC“, einem vom Umweltbundesamt initiierten Projekt, dass zur Festlegung von Nachhaltigkeitskennzahlen führen soll und zu einem Datacenter-Register, dem sich entnehmen lassen soll, wie Energie-effizient beziehungsweise nachhaltig ein Datacenter wirtschaftet.
Die Frage, warum er sich dafür gewinnen hat lassen, beantwortet er anders und zugleich ausholender, als zu vermuten ist: „Tatsächlich hat mich die Pandemie dazu gebracht, über vieles nachzudenken - auch darüber, ob wir mit unserem Rechenzentrum so weiter machen wollen, wie bisher“.
Er verneint nicht, dass es dabei auch darum gegangen sei, sich gegen sie großen Co-Location-Provider wie Equinix und NTT Global Data Centers zu positionieren. Die Antwort sei aber recht einfach ausgefallen: nicht 'sharerholder value' in den Vordergrund zu stellen, sondern den 'social value'. Und präzisiert auf den Punkt Nachhaltigkeit: „Es kann doch nicht sein, dass man den Gewinn verdopple, aber zugleich die Klimaneutralität immer weiter nach hinter verschieben wolle, aktuell sei 2040 im Gespräch.
Huter mag das durchaus als Kritik an dem 'Climate Neutral Data Centre Pact', bei dem EMC - Home of Data selbst seit 2021 Mitglied ist, dem Bitkom und der German Datacenter Association verstanden wissen. Sein Vorwurf: „Alle reden, viele tun nichts.“ Letzterer schreibe sich zudem zwar „deutsch“ auf die Fahnen, repräsentiere aber die deutschen, zumeist mittelständischen Datacenter-Betreiber nicht. Er haben den Eindruck, dass manche Mitglieder der diversen Verbände sich eher als Verhinderer klimaschonender Maßnahmen und Reglungen hervortäten, denn als konstruktive Förderer, obwohl sie sich einen 'grünen Anstrich' gäben.
Das aber entspreche nicht dem Selbstverständnis von EMC - Home of Data. Hier gelte: Jetzt und im Heute handeln.
Wir verdienen ordentliches Geld, weil wir einen guten Job machen. Doch Gewinnmaximierung ist nicht unser Ziel.
Zugleich verweist Huter darauf, dass sein Unternehmen bereits eine lange Agenda aufweisen könne, was Energie-Effizienz und Nachhaltigkeit anbelange.
- Seit 2012 betreibt der Eon-Kunde sein Rechenzentrum ausschließlich mit Strom aus Flusswasserkraft - vom TÜV zertifiziert
- 2013 führte EMC -Home of Data als erstes Rechenzentrum in Bayern ein adiabatisches Kühlsystem ein - zumindest für Teile des Campus
Das Rechenzentrum unterschreitet erstmals den 12-Monats-PUE von 1,6
- 2013 bis 2014 baut EMC - Home of Data neu; zum Einsatz kommen „Cool Wall“-Kühlgeräte in der High-Rise-Ausführung
- 2015 unterschreitet der Co-Locator den PUE von 1,5.
Das Unternehmen installiert eine 250 Quadratmeter große PV-Anlage zur Eigenstromerzeugung.
- 2016 wird der 12-Monats PUE von 1,4 unterschritten
- 2017 startet der Datacenter-Betreiber ein Retrofit-Projekt für die bestehenden Kühlgeräte nach der Devise: Warum sollten wir etwas wegschmeißen, was noch nutzbar ist? Ausgetauscht wurden die Ventilatoren (siehe: „Manchmal muss man es einfach machen.“ EMC Hostco halbiert den Energie-Aufwand für die Datacenter-Raumkühlung), ein Projekt, das für andere in Frage käme: „In Deutschland sind rund 25.000 Lüfter im Einsatz“, so Huter.
- 2017 Das Rechenzentrum unterschreitet den 12-Monats-PUE von 1,3
- 2018: Umstellung der Beleuchtung auf LED-Technik (siehe: „Kleiner Aufwand mit großer, heller Wirkung! Datacenter-Betreiber EMC Hostco wechselt die Röhren “)
- 2018 bis 2019: Neubau eines weiteren Rechenzentrums mit Cool-Wall-Technik
- 2020: Unterschreitung des kumulierten PUE von 1,2
- 2021: EMC lässt sich nach CSR 26001 (Corporate Socail Responsibility) und ISO 50001 (Energie-Management) zertifizieren. Rund 10 Prozent des Gewinns fließen in CSR-Projekte.
Pilotprojekt zur Abwärmennutzung im ersten Datacenter-Bau: Installation einer Wärmepumpe zur Beheizung von Büros und den Notstromaggregaten
Mitgliedschaft im Climate Neutral Data Centre Pact
- Start der Kampagne 'Rack4Roots'
- kumulierter 12-Monats PUE von 1,196
- Geplant: Fassade aus Solar-Panelen und
- Ausbau des Projekts Racks4Roots (siehe: Kasten)
- Und die Unterstützung von PeerDC? „Wenn wir aktiv gestalten können, unterstützen wir gerne“, sagt Huter. „Außerdem finde ich den Aufbau eines Registers gut. Das bringt Transparenz. Voraussetzung ist die Anwendung derselben Kennzahlen.“ Er gibt aber auch zu bedenken: „Nur, wenn es um das Teilen von Daten geht, die aus Sicht unserer Kunden vertraulich sind, entsteht ein weißer Fleck und die Vergleichbarkeit hat ein Ende.“
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Interview mit Dieter Thiel, Senior Consultant der Data Center Group
Verbindliche Nachhaltigkeitskennzahlen und ein Register für Rechenzentren
Das Nutzen der Abwärme
Eigentlich sei es komplett logisch und richtig, die Abwärme aus den Rechenzentren zu nutzen, sagt der Co-Location-Site-CEO Huter. Nur die Effizienz und auch das Verhältnis von Aufwand und monetärem Nutzen ließe zu wünschen übrig. Es sei schlichtweg kostengünstiger nichts zu tun.
So koste es rund 200,- Euro 1 Kilowatt an Energie einfach zu vernichten, also ungenutzt zu lassen. Aber 1 Kilowatt Energierückgewinnung schlage mit rund 1.000,- Euro zu Buche. „Solange es fünfmal günstiger ist, die produzierte Wärme-Energie verpuffen zu lassen als sie zu nutzen, gibt es keinen Anreiz für Unternehmer, entsprechende Technik zu installieren", sagt Huter. „Eine Verrechnung mit den Steuern würde vielleicht Abhilfe schaffen können.“
Zudem fehle es an Abnehmern. Die Abwärme im Rechenzentrum von EMC - Home of Data beträgt etwa 50 Grad. Um sie als Stadteilwärme nutzbar zu machen, müsste erstens ein solches Netz existieren - für den Neubau eines weiteren Rechenzentrums mit 1,5 Megawatt laufen Gespräche mit der Stadt München beziehungsweise den Stadtwerken - und zweitens müsste die unter Umständen mit Wärmepumpen aufgeheizt werden und drittens, ist das neue Rechenzentrum vermutlich zunächst nicht komplett ausgelastet, so dass auch die Abwärmemenge noch gering ist, später aber steigt.
Bäume und Grünstrom
Seit 2012 deckt das Datacenter zu 100 Prozent seinen Rechenzentrumsbedarf durch TÜV-zertifizierten Grünstrom aus Flusswasserkraft sowie eine eigene Photovoltaikanlage (2014) ab. Der Strom sei unter Umständen teurer, räumt Huter ein. Das Unternehmen weise jedoch die Kunden von Anfang an darauf hin. „Bis heute hat EMC - Home of Data jedoch noch keinen einzigen Kunden wegen des teureren Grünstroms verloren", beteuert er.
Im Gegenteil ginge das Engagement der Kunden weiter, wie Rack4Roots dokumentiere. Die Beteiligung an diesem Projekt sei freiwillig, „sie können die Option im Vertrag ankreuzen. Doch viele Kunden und Partner sponsern nicht nur einen Baum pro Rack“, sondern gleich mehrere.“ Bislang die größte Spende einer Einzelperson habe es ermöglicht, 3000 Bäume zu pflanzen.
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