Fujitsu-Strategie nach Client-Geschäfts-Ausstieg Paradigmenwechsel bei Fujitsu: KI statt Client
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Fujitsu in Deutschland erfindet sich neu: Nach dem angekündigten Ausstieg aus dem Client-Geschäft liegt nun der Schwerpunkt komplett auf Datacenter und Hybrid Cloud mit KI sowie Quantenrechnern als Perspektiven. Hier soll der Channel eine größere Rolle spielen als bisher.

Die Ankündigung von Fujitsu, sich im kommenden Jahr aus dem Geschäft mit Client-Rechnern und Zubehör-Produkten wie Monitoren oder Peripheriegeräten in Europa zurückzuziehen, hat im Channel für gehörige Aufregung gesorgt. Schließlich steht die Firma als PC- und Notebook-Hersteller in einer jahrzehntelangen Tradition mit Siemens, Siemens-Nixdorf und Fujitsu-Siemens als Vorläufern und ist entsprechend tief im IT-Channel verankert.
Und das Client-Geschäft läuft praktisch komplett über die Partner, die sich nun neu orientieren müssen. Für Fujitsu Deutschland bedeutet der Schritt natürlich, dass Kunden und Partnern nicht mehr das komplette IT-Portfolio aus einer Hand angeboten werden kann, was einen erheblichen Einschnitt bedeutet. Channel-Chef Santosh Wadwa erläutert, was Fujitsu zu diesem Schritt bewogen hat, wie die Strategie aussieht und welche Rolle dabei die Partner übernehmen können.
Fujitsu als Digitalisierungsberater
Beim Thema Strategie weist Wadwa auf die Digitale Transformation hin, die schon seit einigen Jahren im Fokus des Konzerns steht und deren Stellenwert weiter wachsen soll. „Wir wollen eine DX-Company werden, wir wollen der Digitalisierungsberater sein, für die Kunden und die Partner auf deren digitaler Reise“, beschreibt der Channel-Chef den aktuellen Kurs, wobei die Abkürzung „DX“ für „Digital Transformation“ steht. Die dafür benötigte Rechenleistung liefern Server, deren Absatz immer weiter nach oben geht und dabei Storage mitnimmt, wie Wadwa betont, während der Client-Markt beständig schrumpft, mit Ausnahme des Peaks in der Pandemie.
Damit ist es in Europa für Fujitsu nicht mehr profitabel genug. Zudem bringen die nötigen Lokalisierungen und der wachsende Aufwand für Zertifizierungen speziell im öffentlichen Sektor hohe Kosten mit sich. Zudem haben langfristige Verträge mit institutionellen Kunden die angesichts steigender Kosten die Profitabilität eingeschränkt, da hier meist Festpreise festgelegt wurden.
Der Versuch von Fujitsu Deutschland, aufgrund des vergleichsweise hohen Marktanteils im Client-Geschäft eine Ausnahme vom Ausstieg zu erreichen, war nicht erfolgreich. Dass der Ausstieg auch für Fujitsu Deutschland zwar nicht unerwartet, aber doch überraschend kam, zeigt die Tatsache, dass auf den „Experience Days“ noch die neue „Lifebook“-Generation gezeigt wurde.
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Fujitsu Experience Days 2023
Auch bei Fujitsu wird KI allgegenwärtig
Laut Wadwa bedauern die Partner zwar den Ausstieg aus dem Client-Business, können die Entscheidung aber verstehen. Die meisten unter ihnen hätten zudem schon länger auch PCs und Notebooks anderer Hersteller im Portfolio.
Zudem sei das Wachstum zuletzt aber aus dem Datacenter-Geschäft mit Fujitsu gekommen und nicht aus dem Client-Business. Als Beispiel führt der Channel-Chef die Systemhäuser der Fnext-Kooperation an, die zwar besonders enge Fujitsu-Partner sind, aber auch mit Lenovo zusammenarbeiten.
Schwerpunkte: Datacenter, Hybrid Cloud und KI
Dr. Felix Reichert, Geschäftsführer des Fnext-Mitglieds Starke + Reichert, kann die Entscheidung von Fujitsu prinzipiell nachvollziehen. Der Systemhauschef betont aber, dass sein Unternehmen auch viele Kunden im privaten Sektor bedient, bei denen das Argument der unvorteilhaften Festpreise nicht gilt.
Die Schwerpunkte für Fujitsus Produktgeschäft sind nun Server, Storage, Lösungen für die hybride Cloud und As-a-Service-Angebote für das Datacenter. Die laufen bei dem Hersteller unter der Bezeichnung Uscale, wurden allerdings längere Zeit nur direkt für Großkunden angeboten. Inzwischen ist Uscale für den Channel verfügbar und es es ist auch für größere Mittelstandskunden sehr interessant. Erste Projekte mit Partnern liefen bereits.
Ein wichtiges Geschäft, bei dem Fujitsu seine Beratungskompetenz einbringen könne, sind Infrastrukturprojekte für SAP-Lösungen. Punkten will der Hersteller durch Innovation bei Servern und Storage, hier sollen zum Partnertag im Herbst neue Geräte angekündigt werden, sowie durch die gute Verankerung bei öffentlichen Auftraggebern. Für den Aufbau resilienter Datenplattformen wird Fujitsu noch enger mit Technologiepartnern zusammenarbeiten. Zudem sollen Übernahmen die Kompetenz bei Software und Security ausbauen.
Beratung und Prozessoren
Ein weiterer Baustein der Strategie ist der Ausbau der Beratungskompetenz im Unternehmen selbst und bei den Partnern. Wadwa betont auf Nachfrage, dass hier die schon bestehenden Co-Creation-Konzepte intensiver genutzt werden sollen. Mit ihnen sollen die Entwicklung von Projekten in gemeinsamen Workshops von Fujitsu, Partnern und Kunden verbessert werden. Dafür stehen digitale Formate, aber auch lokale Co-Creation-Zentren zur Verfügung.
Mittel- bis langfristig stehen Themen wie KI, 6G sowie Quantencomputing auf der Agenda. Dafür entwickelt der Hersteller gemeinsam mit ARM den Datacenter-Prozessor „Monaka“, der 2027 fertig sein soll. Er ist im Gegensatz zum im Supercomputer „Fugaku“ eingesetzten „A64FX“ nicht nur für traditionelle HPC-Workloads, sondern auch für KI und Datenanalysen ausgelegt.
Zudem soll er laut Vorhersagen von Fujitsu viel sparsamer sein als andere zu dieser Zeit verfügbare Datacenter-Prozessoren. Mit „Kozuchi“ hat Fujitsu bereits jetzt eine eigene Cloud-Plattform auf Open-Source-Basis für KI und ML gestartet, die für Kunden aus Branchen wie Fertigung, Einzelhandel, Finanzwesen und Gesundheitswesen bestimmt ist.
Partner sollen bleiben, ein Distributor muss gehen
Die Rolle des Channels soll sogar weiter wachsen. Für das Datacenter-Geschäft strebt Wadwa einen Anteil von 80 Prozent an. Bisher liegt der Channel-Anteil in dem Bereich mit etwa 50 Prozent deutlich niedriger. Um diese Steigerung zu erreichen, will Fujitsu viel Geld in die Hand nehmen. Dazu zählen MDFs, Boni, aber auch Finanzierungshilfen im kapitalintensiven Datacenter-Business.
Für Partner mit CCD-Fokus soll es darüber hinaus Trainingsprogramme geben. Denn die Partnerbreite soll erhalten bleiben. Für die Distribution gilt das nicht. Denn ohne das CCD-Geschäft reichen dem Hersteller künftig vier statt fünf Distributoren. Von wem sich der Hersteller trennen wird, ist laut Wadwa noch nicht entschieden.
Aber für das künftige Geschäft sind vor allem Qualitäten als VAD gefragt, „denn Datacenter-Geschäft auch über die Distribution funktioniert sehr stark „value add“, so der Channel-Chef. Wer letztlich aus dem Kreis der Fujitsu-Distributoren ausscheidet, richte sich nicht danach, wie viel Datacenter- oder Client-Geschäft bisher gemacht wurde, sondern wie gut das Unternehmen zur neuen Ausrichtung von Fujitsu passe und diese aktiv unterstützen könne.
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