Interview mit Harald Kriener vom Deutschen Internet-Austauschnoten DE-CIX DE-CIX und die Microsoft Cloud-Region Deutschland
Im Frühjahr 2019 hat der DE-CIX als erster Internet Exchange eine direkte Verbindung mit der „Microsoft Express Route“ in Frankfurt am Main erschlossen. Nun, mit Bekanntgabe der neuen Microsoft Cloud-Rechenzentrumsregionen in Deutschland, will der Internet-Austauschknoten ab sofort den lokalen Interconnection-Ausbau forcieren und bietet über sein Partnernetzwerk den bereits an anderen europäischen „Azure“ Sites angeschlossenen Kunden eine kostenfreie Umzugsmöglichkeit an.
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Der DE-CIX betreibt Internet-Knoten in 18 Metropolen rund um den Globus und wird vom Eco –Verband der Internetwirtschaft e.V. betrieben. Nach eigenen Angaben verhält sich der DE-CIX gegenüber Kunden und Mitgliedern neutral.
Im Interview mit dem gebürtigen Österreicher Harald Kriener, Business Development Manager für die „Direct Cloud“ am DE-CIX, nachzuhören im Podcast (siehe: unten), warum es dennoch eine direkte Verbindung zur Microsoft Express Route gibt und wie es ins Gesamtkonzept passt. Schließlich gehören zu den am DE-CIX-angeschlossenen Cloud-Anbietern nicht nur die globalen Hyperscaler wie Amazon Web Services und Google Cloud, sondern auch eine große Anzahl von spezialisierten und regionalen Firmen sowie Nischenanbieter.
Das Angebot Direct Cloud ist eine Schnittstelle zwischen Internet Service Providern, Unternehmen oder Rechenzentren auf der einen Seite, und Cloud Service Providern auf der anderen: Über einen Zugang bei DE-CIX (Access über einen physischen Port) werden sie direkt via Virtual Local Area Network (VLAN) miteinander verbunden.
Der Standort in Frankfurt ist der weltweit führende Internet Exchange mit einem Datendurchsatz von mehr als 6,8 Terabit pro Sekunde (Tbit/s) zu Spitzenzeiten.
Wie ist das Verhältnis von eigenem Equipment und dem Unterschlupf bei verschiedenen Co-Location-Anbietern?
Harald Kriener: „Wir sind als Carrier und Datacenter neutral. Das bedeutet, dass wir unser Equipment bei möglichst vielen Rechenzentren platzieren, zum Beispiel sind wie im Großraum Frankfurt in über 30 verschiedenen, egal ob das bei Equinix, Interxion oder E-Shelter ist. Wir versuchen einfach, stark in die Bereite zu gehen, das heißt: nicht nur mit den Klassikern zu arbeiten, sondern auch mit lokalen, regionalen Datacenter-Providern, damit wir den Traffic und den Austauschpunkt näher zum Kunden bringen – also auch in Richtung Edge zu gehen.
Neutralität und direkte Verbindung zur Microsoft Express Route widerspricht sich das nicht?
Harald Kriener: Da möchte ich zurückkommen auf die Eckpunkte Frankfurt und Microsoft – was verbirgt sich dahinter? Zum einen ist Cloud zwar in aller Munde, aber viele Services hängen etwa von Faktoren ab wie die Paketlaufzeit. Microsoft ist aber in Europa mit einem Rechenzentrum in Amsterdam gestartet, wo zahlreiche Services einfach bereits verfügbar waren. Für die Kunden aber bedeutet das, sich nach Amsterdam zu verbinden.
So hat Microsoft zum einen Public-Cloud-Servives wie „Office 365“ und „Exchange“ beispielsweise aber auch Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a Service (PaaS) im Angebot, hinter denen sich die „Azure“-Dienste verbergen. Das geht es also im Endeffekt um Computing-Power von Microsoft. Dazu bietet Microsoft selbst quasi eine ´private Hintertür“ an, damit ich als Kunde auch wirklich meine private Verbindung, die ausschließlich für mich und dediziert geschaltet ist, in meiner eigenen Bandbreite und speziellen SLAs zur Verfügung gestellt wird.
Diesen Connectivity-Service nennt Microsoft „Express Route“. Auf Seiten des DE-CIX wird diese über „Direct Cloud“ den Enterprise-Kunden zur Verfügung gestellt.
Welche Vorteile bietet dieses DE-CIX-Angebot?
Harald Kriener: Die Kooperation dient dazu, den Workload, der in die Cloud verschoben wird, zu einer garantierten Bandbreite und garantierten Geschwindigkeiten sicher und stabil verfügbar zu machen. Bisher war es aber so, dass die Connectivity über den DE-CIX nach Amsterdam geschaltet und dort der Azure-Cloud-Service angebunden wurde. Seit mittlerweile knappen drei Monaten ist der Zugang nun auch über Frankfurt möglich.
Wir haben das auch sofort implementiert und haben damit insbesondere für den deutschen Sprachraum ermöglicht, dass der auch der Übergang in die Azure-Cloud über Frankfurt möglich ist. Bis dato sind wir die einzigen, die das anbieten können
Welche Garantien übernimmt der DE-CIX?
Harald Kriener: Garantien sind schwierig zu formulieren, weil die Vereinbarungen letztlich sehr spezifisch sind. Was wir als DE-CIX liefern können, ist der schnellste und kürzeste Weg in die Microsoft-Cloud.
Ist es dafür unabdingbar, dass Microsoft in deutschen Rechenzentren angesiedelt ist?
Harald Kriener:Tatsächlich baut Microsoft mehr und mehr die Infrastruktur in Deutschland aus. Diese Infrastruktur hängt natürlich am DE-CIX. Dadurch dass wir eine gemeinsame physische Infrastruktur nutzen, können wir auch die logische Konnektivität für dedizierte Verbindungen einfach zur Verfügung stellen.

Verletzt das Angebot die Neutralität des DE-CIX? Welche Vorteile haben die Kunden? Wie sieht der Wettbewerb zu den Co-Location-Anbietern aus? Inwieweit fördert das Konstrukt Hybrid Cloud und Edge Datacenter? (26.09.2019)
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Welche Vorteile ergeben sich für den DE-CIX? Und mit wem stehen Sie im Wettbewerb?
Harald Kriener:Unser Ziel ist es, den an DE-CIX angeschlossenen Partner, die bestmöglichen Verbindungen zur Verfügung zu stellen und Cloud-Konnektivität ist eines der Themen schlechthin. Die bei uns angeschlossenen Internet Service Provider und Enterprise-Kunden habe dadurch eine möglichst optimale Verbindung in die Microsoft-Cloud.
Worin besteht für die Kunden der Unterschied zwischen Ihrem Angebot und dem der Co-Location-Anbieter, die den DE-CIX und Microsoft beheimaten und ebenfalls als große Connectivity-Hubs einen solchen Service anbieten?
Harald Kriener:Wir als DE-CIX sind neutral, egal ob eine Cloud bei Equinix, Interxion oder sonst wo ist. Wir erreichen zu einen alle. Zum anderen müssten die Unternehmen erst einmal zum Co-Locator kommen. Doch wir verfügen über ein großes Partnernetzwerk, so dass Unternehmen aus der jeweiligen Region sich über diese mit dem DE-CIX verbinden und wir die Verbindung in die Cloud schaffen. Die Unternehmen müssen also nicht zuerst in ein Frankfurter Rechenzentrum umsiedeln.
Einerseits nutzen Sie Co-Location andererseits treten Sie mit diesem Angebot doch in direkte Konkurrenz. Nehmen Sie Ihren Vermietern nicht Geschäft weg?
Harald Kriener:Ja, wir stehen hier in direktem Wettbewerb zu den Co-Location-Anbietern. Doch was macht ein Unternehmen, wenn es etwa aus Redundanzgründen zu einem Cloud-Anbieter möchte, der in zwei Datacenter? Zu welchem Co-Locator gehe ich? Die Antwort ist relativ leicht: Warum gehe ich nicht zu einem Anbieter dazwischen, der mich mit allen Clouds verbinden kann?
Wir haben aktuell über 50 Clouds angeschlossen, somit nicht nur die Hyperscaler. Damit können die Unternehmen ihren hybriden Cloud-Ansatz einfach umsetzen und zugleich stärkt es die lokalen und regionalen Cloud-Anbieter.
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Datendurchsatz seit 2014 mehr als verdoppelt
7 TBit/s - Rekord am DE-CIX in Frankfurt
Der DE-CIX ist in Deutschland außerhalb von Frankfurt und weltweit angesiedelt. Wollen die das Angebot als Cloud-Hub, insbesondere die Verbindung zur Microsoft Express Route auf diese Sites ausweiten?
Harald Kriener:Wir haben innerhalb von Deutschland eigene Infrastrukturen in Düsseldorf, Hamburg und München und gehen zudem weiter in die Fläche, um andere Regionen anzusprechen. Damit besteht auch überall dort die Möglichkeit, sich zu den selben Konditionen beispielsweise mit der Microsoft-Cloud in Frankfurt zu verbinden.
Weltweit gehen haben wir, wo es Überschneidungen mit den Cloud-Regionen der Hyperscaler gibt, etwa Madrid, Marseille, New York, Dubai, Mumbai, Istanbul, uns mit den dort verfügbaren Clouds verbunden. Das heißt: Wir bauen die Cloud-Konnektivität in all unseren Standorten aus.
Aber die direkte Verbindung zur Microsoft Express Route gibt es zunächst ausschließlich in Frankfurt am Main?
Harald Kriener:Nein. Dasselbe haben wir für Amsterdam und Marseille im Programm. Die Besonderheit für Frankfurt besteht aber darin, dass sich Microsoft aufgrund des ehemaligen Treuhändermodells sehr lange Zeit gelassen hat, eine eigene, in Deutschland betriebene Cloud anzubieten und die deutschen Kunden gezwungen waren, ihre Daten außerhalb des Landes zu hosten, beispielsweise in Amsterdam.
Kommen wir zum Preis: Wer zahlt an welcher Stelle was? Sind Sie wettbewerbsfähig?
Harald Kriener:Erstens zahlt der Kunde an den Cloud-Provider. Zweitens zahlt er an den Service-Provider, der ihn in die Cloud transportiert. Dieser Service-Provider entrichtet drittens Gebühren an uns. Oder der Kunde hängt direkt am DE-CIX.
Gibt es ähnliche Verträge wie den zwischen Microsoft und DE-CIX in Bezug auf die Express Route auch mit anderen Cloud-Anbietern?
Harald Kriener:Es gibt vergleichbare Vereinbarungen mit anderen Cloud-Anbietern, die ihre Angebote schon länger aus Rechenzentren in Frankfurt zur Verfügung stellen wie AWS und Google. Doch ich möchte noch anfügen, dass wir einerseits mehr und mehr Zuspruch für die Cloud beobachten. Andererseits mir das lokale Ökosystem ein Anliegen. Die Unternehmen setzen sich mit hybrider Cloud aber auch Multicloud auseinander, um Vendor-Lock-ins zu vermeiden. Wir sehen beim DE-CIX noch eine Menge Potenzial bei regionalen Cloud-Anbietern, die regionale Angebote schneidern können aber die Verbindung zu Hyperscalern schaffen müssen. Beim DE-CIX sind diese Cloud-Anbieter vor Ort gern gesehen.
Artikelfiles und Artikellinks
Link: Start am Internetknoten Frankfurt, DE-CIX jetzt mit 400-Gigabit-Ethernet
Link: Vom lokalen Rechenzentrum zur Cloud, DE-CIX verbindet direkt mit Google Cloud
Link: Größter Infrastrukturumzug der DE-CIX-Geschichte, DE-CIX in Frankfurt: „Das Internet zieht um“
Link: DE-CIX White Paper „How to connect to Microsoft Cloud Services”
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