Was steht an - in der Datacenter-Ausstattung? Das Panduit-Update
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Der Datacenter-Ausstatter Panduit hat zum ersten Mal seit mehreren Jahren die Presse zu einer Vor-Ort-Konferenz in der Nähe des Customer Briefing Center in Schwalbach/Taunus eingeladen. Im Gepäck hatte der Hersteller interessante Neuigkeiten und diverse Produkte.

Die Corona-Krise konnte seinem Unternehmen kaum etwas anhaben, betonte Ralph Lolies, General Manager Panduit EMEA: „Unser Geschäft ist in dieser Zeit nur um zwei Prozent zurückgegangen, bei vielen anderen waren die Verluste zweistellig.“
Panduit, mittlerweile rund 60 Jahre alt, hat inzwischen weltweit mehr als 5.500 Mitarbeiter und setzt mehr als eine Milliarde Dollar weltweit um. Davon stammen aus EMEA etwa ein Viertel. Rund 28 Prozent der Umsätze steuern Produkte bei, die jünger als vier Jahre sind. In Europa wachse, so Lolies, Panduit stärker als der Markt.
Russland-Geschäft komplett zusammengebrochen
„Wir sind in etwa 60 Ländern aktiv – wenn es irgendwo eine Krise gibt, können wir das meist durch Mehrabsatz in anderen Ländern ausgleichen“, sagt Lolies. Das sei derzeit beispielsweise bei den Umsätzen aus Russland der Fall, die komplett eingebrochen sind.
Das Unternehmen nimmt Forschung und Entwicklung traditionell besonders wichtig. Im Forschungszentrum in Tinley Park, Chicago, arbeiten mehr als 200 Mitarbeiter im Research and Development. In Europa gibt es bislang keine derartigen Ressourcen. In R&D steckt Panduit jährlich mehr als fünf Prozent seiner Umsätze.
R&D jetzt auch in Europa - für spezielle Kunden
Die europäische Forschungs-Abstinenz soll laut Lolies enden. „Wir stellen nun auch hier R&D-Mitarbeiter an", berichtet Lolies. Sie sollen Produkte für die Bedürfnisse spezieller Zielgruppen und Kunden, etwa für große Unternehmen der Automobilbranche, entwickeln oder bestehende anpassen. Mit den ganz Großen dieser Branche komme man ohne Ressourcen vor Ort nicht ins Geschäft kommt.
An sich ist der Panduit-Vertrieb weltweit konsequent indirekt aufgestellt. Allein in Europa gibt es etwa 200 Distributionspartner. Die Panduit-Partner übernehmen den Tier-1-Support, ab Tier 2 ist Panduit meist selbst wieder zuständig.
Neue UPS-Serie
Für die Pressekonferenz hatte der Infrastrukturspezialist mehrere Neuerungen im Gepäck, die für RZ-Umgebungen interessant sind, allen voran die im April angekündigte USV-Serie „Smart Zone“. Sie soll Einrichtungen der digitalen Infrastruktur absichern.
Als Zielgruppe werden vor allem kleine und mittlere Datacenter-Infrastrukturen angepeilt. Die Leistungen der Geräte liegen zwischen 1 und 20 Kilovolt-Ampere (kVA). Alle Systeme sind ins Rack montierbar.
Eine Serie kleinerer Geräte mit einem bis drei kVA kommt in Doppelwandler-Technik und mit Lithium-Ionen- oder Bleibatterien. Für den US-Markt ist eine Variante mit „Line-Interactive“-Technik erhältlich.
Leistungen bis 20 kVA
Die mittlere Leistungsklasse schafft fünf bis zehn kVA und liefert eine Phase. Die größeren Geräte leisten 10, 15 oder 20 kVA und unterstützen drei Phasen. Mittlere und große Geräte sind mit Bleibatterien verfügbar.
Fürs Rechenzentrum gibt es eine Lösung mit USV-Konnektivität, die um externe Batteriepakete (EBS) erweitert werden kann und einen externen Wartungs-Bypass-Schalter hat. Ab Werk reicht die Batterie-Ausstattung für fünf Minuten Überbrückungsdauer.
Die Dreiphasen-Lösung lässt sich mit dreiphasigem Ein-/Ausgang oder mit drei Phasen am Eingang und einer Phase am Ausgang konfigurieren. Ein digitaler Signalprozessor steuert. Alle Smart Zone-Systeme haben einen 3,5-Zoll-Farb-Touchscreen.
Die Geräte erzeugen im Normalmodus permanent eine stabile Sinus-Spannung. Liegen keine kritischen Lasten an, lassen sie sich in einen sparsameren „Eco-Modus“ umschalten.
DCIM aus der Azure-Cloud
Zu den Smart Zone-USVs passt die Azure-basierte Software „Smart Zone Cloud Next Generation DCIM“. Bisher war DCIM von Panduit nur für die Vor-Ort-Installation erhältlich. Für die Kunden wird ein regelmäßiger Abo-Preis fällig.
Die Cloud-Software integriert die Überwachung hybrider Umgebungen unter einem Dach. Erfasst werden das Management von elektrischer Energie und Umgebungsbedingungen, Asset Management, Zugang zum Rack und das Management der gesamten Connectivity.
Die Ressourcen sind über mehrere Protokolle zugänglich. Sie werden von der Software dreidimensional bildlich dargestellt.
Kompakter Faserverteiler ohne Kuddelmuddel
Die zweite wichtige Neuerung für Rechenzentrumskunden ist ein Patch- und Verteilsystem für Glasfasern. Bei der Entwicklung des „Flexcore Optical Distribution Frame“ hat Panduit besonders viel Wert auf Übersicht, Einfachheit und hohe Kapazität gelegt.
Es lassen sich bis zu 3.168 Fasern pro Frame 'patchen'. In ein Gehäuse passen bis zu elf Frames, die jeweils bis zu zwölf Spleißkassetten fassen. Jede Spleißkassette fasst wiederum 24 Fasern, es sind aber auch andere Formate erhältlich.
Fürs Spleißen ist kein Werkzeug nötig. Die Faserbündel von extern werden auf einer Seite des Frames in das System eingefädelt und in den Spleißkassetten in Einzelfasern aufgeteilt. Diese werden dann per Patch-Kabel auf die Ziel-Frames verteilt.
Einheitliche Patch-Kabellänge
Durch einen innovativen Einfall (siehe: Abbildung) kommt Panduit dabei mit einer einheitlichen Patch-Kabellänge von vier Metern zurecht: Die Frames werden auf der eingehenden und ausgehenden Seite durchnummeriert und durch genauso viele ebenfalls durchnumerierte Führungselemente ergänzt. Sie befinden sich zwischen den EIngangs- und Ausgangs-Frames.
Alle Kabel, die aus einem bestimmten Frame kommen, werden über das Führungselement mit der Nummer des entsprechenden Frames gelegt und dann zum Führungselement mit der Nummer des Zielframes weitergeführt.
Abschied vom Kabelsalat
Das Ganze ist so dimensioniert, dass sämtliche Patch-Kabel frei hängen und nicht etwa geknäult oder in engen Radien verbogen werden müssen. Verhedderungen lassen sich so minimieren.
Jedes Patch-Kabel hat zudem ab Fabrik einen einmaligen Barcode. Der lässt sich per Scanner mittels einer mitgelieferten Software einlesen, die automatisch erkennt, ob das Patch-Kabel in den richtigen Ziel-Port gesteckt wurde.
Auch auf Sicherheit wird großer Wert gelegt: Neben verschließbaren Türen sind auch die Frames selbst verschließbar.
Weil „Flexcore ODF“ aus standardisierten Modulen besteht, lassen sich Systeme nach aktuellem Bedarf aufbauen und später skalieren. Der Frame ist mit 30 Zentimetern Tiefe sehr kompakt. Panduit geht davon aus, man könne damit bis zur Hälfte Platz gegenüber vergleichbaren Lösungen einsparen.
Verisafe 2.0
Interessant ist auch eine bereits 2018 vorgestellte Lösung für das Spannungsfrei-Testen an potentiell stromführenden Teilen, wenn an diesen gearbeitet werden soll, beispielsweise an Stromverteilern. „Verisafe“ wird fest in den Schaltschrank eingebaut. Auf Knopfdruck an Tür oder Außenwand zeigt das System an, ob die Komponente spannungsfrei ist oder nicht.
In Version 2.0 wurden unter anderem die Leistungen heraufgesetzt. Außerdem ist jetzt die Auslösung nicht mehr nur direkt an der zu testenden Komponente, sondern auch noch von einem anderen Ort aus möglich.
Normen hinken hinterher
Noch hat sich nichts daran geändert, dass nur die relevanten Standards für Industrie und Labore fest installierte Testeinheiten zulassen. Die für Rechenzentren zuständige IEC-Norm 61243 geht dagegen ausschließlich von mobilen Testsystemen aus. Frederic Kalb, Business Development Manager, versicherte aber, man sei mit den entsprechenden Normungsgremien in Kontakt, um eine Anpassung durchzusetzen.
Weiter brach Panduit eine Lanze für die baldige Umstellung der Verkabelung in Prozess- und Produktionsbereichen auf Single Pair Ethernet. Die meisten Feldbussysteme hätten ohnehin bereits eine Anwendungsebene, die mit Ethernet kompatibel sei. Es sei also nur eine Frage der Zeit, bis sich hier Ethernet durchsetzt.
Single Pair Ethernet: Wer setzt sich durch?
Der Vorteil der Technologie liegt vor allem darin, dass es bei Ethernet validierte Verfahren gibt, um die Funktion jeder Verbindung zu testen, bevor Endgeräte angehängt werden. Bei Feldbussen fehlen solche Mechanismen, so dass bei Übermittlungsfehlern nicht klar ist, ob Endgerät oder Kabel die Ursache ist.
Panduit hat bereits Produkte, die die Technologie einsetzen. Freilich ist derzeit noch nicht klar, welche Umsetzung des Single-Pair-Ethernet-Standards 63171 sich am Markt durchsetzen wird: Zwei Gruppierungen ringen hier derzeit um die Vorherrschaft.
Zudem konkurriert die Technologie hierzulande mit drahtlosen Vernetzungstechniken wie „Zigbee“. Bis klar ist, wer hier den Sieg davonträgt, könnten sich die Anwender eher zurückhalten, zumal es funktionsfähige Alternativen gibt.
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