Flüssigkühlung nicht nur im High Performance Computing Wasser, marsch! Eine Hardware-Option zum Kaufen
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In den großen HPC-Clustern wird schon länger mit Wasser gekühlt. Doch mit steigender Nachfrage nach leistungsstarken KI-Systemen und der allgemein höheren Prozessorleistung stößt Luft auch anderweitig immer öfter an Grenzen.

Der Flüssigkühlung, seit Jahren zu Unrecht Stiefkind unter den Kühltechnologien in deutschen Rechenzentren, scheint allmählich der Durchbruch in etwas breitere Kundenkreise bevorzustehen. Diesen Schluss legt jedenfalls die Allgegenwart von entsprechenden Lösungen auf der Supercomputing-Konferenz ISC im Mai in Hamburger CCH nahe.
So stellte beispielsweise Supermicro eine selbst entwickelte Flüssigkühl-Komplettlösung mit Rack, Kühlflüssigkeitsverteilung und Anschlussmodul für die rück- und vorderseitige Montage der Flüssigkeitsanschlüsse vor. Die Produkte anderer Hersteller auf Kundenwunsch lediglich 'einzudesignen', reichte dem Hersteller anscheinend nicht mehr.
Supermicro-Lösung Marke Eigenbau
Die Anschlüsse hat Supermicro selbst entwickelt. Es reicht ein leichter Druck auf einen Gumminippel oben am Anschluss, und er löst sich mit einem eleganten Plopp. Drehen, Schrauben, Schieben oder Reißen sind unnötig. Die Ausgangstemperatur liegt bei 60 bis 70 Grad – ohne allzu viel Aufwand ist das tauglich für Fernwärmenetze.
Auf Wunsch können die Anwender das Ganze samt direkt gekühlter Rechenhardware als Komplettsystem kaufen. Das auf der Messe gezeigte Exemplar war von oben bis unten mit „Nvidia H100“-GPUs vollgestopft und hätte um die Million Euro gekostet.
Wer Platz sparen will, montiert die Anschlüsse der Flüssigkeitsverteilung hinten seitlich an der Rack-Wand, wer Bequemlichkeit vorzieht, bekommt dafür ein 4U-Einschubmodul, wie im Bild gezeigt.
Auch Inspur entwickelt selbst
Auch Inspur, das inzwischen als IEIT firmiert, zeigte auf der Messe eine ähnliche selbst entwickelte Direktkühl-Komplettlösung. Dazu kamen weitere Rechnermodelle mit Flüssigkühlung.
Und selbstverständlich hatte Fusion, die Server-Ausgründung von Huawei, direkt gekühlte Systeme im Gepäck. Genau wie Dell, HPE und alle anderen Großen.
Prozessorleistung erzwingt Abschied von Luftkühlung
Solche Designs legen die Stromverbräuche neuerer Generationen von KI-Beschleunigern und Prozessoren nahe. Deren Wattzahlen erreichen regelmäßig die mittleren Hunderter. Und bei einer gewissen Leistungsdichte ist aber auch unter günstigsten Umständen endgültig Schluss mit Luftkühlung.
Das wissen die Serverhersteller, die Prozessorbauer, die Datacenter-Ausrüster und natürlich auch die Anwender. Nun verspricht AI neue Effizienzpotentiale und Umsatzströme, sofern nur genug in die technische Infrastruktur investiert wird.
Die Nachfrage ist da
Also gibt es plötzlich auch einen ökonomischen Anreiz, endlich auf die effizientere Wasserkühlung umzusteigen. Supermicro jedenfalls habe das System gebaut, weil kundenseitig Nachfrage zu verzeichnen sei, erklärte Jeff Kang, Mitarbeiter des Unternehmens, bei einem Gespräch am Messestand.
Bei Gigabyte gab es auf der Veranstaltung – erstmalig in Europa – ein Immersionskühlsystem mit selbst entwickelter Kühlwanne zu sehen, in das bis zu 26 1U- und entsprechend weniger 2U-Server passen. Die Kühlflüssigkeit stammt von Shell. Das System ist vorläufig auf Gigabyte-Hardware zugeschnitten und kann bei Bedarf komplett – also mit Hardware und Kühleinheit – an die Kunden ausgeliefert werden.
Die Wanne samt seitlich stehendem Wärmetauscher kostet rund 90.000 Dollar. Wie ein System mit Hardware zu Buche schlägt, hängt selbstredend davon ab, für welche sich die Kunden entscheiden. Zielgruppe sind neben wissenschaftlichen Einrichtungen alle, die große Mengen an Daten verarbeiten müssen.
Ist direkte Chipkühlung am Ende einfacher?
Auch der traditionsreiche Flüssigkühl-Spezialist DCX will noch in diesem Jahr ein Immersionssystem auf den Markt bringen. Näheres wird noch nicht verraten.
Allerdings sei, so ein Firmenvertreter, direkte Chipkühlung im Grunde einfacher und sicherer. Man habe Kühlplatten für die wichtigsten Sockel der großen Chiphersteller im Programm. Sie ließen sich auch in bestehenden Designs in wenigen Minuten pro Server nachrüsten. Ansonsten seien keine großen Designveränderungen notwendig. Die Nachfrage steige kontinuierlich.
Rollende Flüssigkühl-Hochleistungsworkstation
Eine originelle, mobile Flüssigkühl-Workstation, die ein wenig an die Lösungen von Thomas-Krenn AG erinnert, zeigte der US-Hersteller Amax. „Liquid Max LX-2“ kommt in einem Rollgehäuse.
Darin stecken gemeinsam Intel-CPUs und Nvidia-GPUs, für die Amax einen sie komplett umhüllenden, patentierten Flüssigkühler entwickelt hat. Bis zu sechs dieser Aggregate passen in das Gehäuse.
ier speist
Einzige Enttäuschung: Die Wärme wird nicht etwa an einen Wasserkühlkreis übergeben, um sie später weiter nutzen zu können, sondern mit großen Lüftern, die ebenfalls im Gehäuse sitzen, weggepustet.
Das sei aber erst der Anfang, versicherte eine Firmenvertreterin. Das ist durchaus glaubwürdig, denn Amax baut seit Jahrzehnten Flüssigkühllösungen für herausfordernde Computing-Umgebungen.
Neue Ideen für die Nahwärmeversorgung
Die Idee, mit der Byte&Heat Technologies schon vor Jahren auf den Markt ging, nämlich verteilte Rechenaggregate dazu zu benutzen, sie umgebende Gebäude zu heizen, scheint langsam Fuß zu fassen. Jedenfalls berichtete die Amax-Vertreterin von einem niederländischen Kunden, Leaf Cloud, der dieselbe Idee leicht abgewandelt verfolgt.
Leaf Cloud baut verteilte Architekturen, bei denen die Compute-Einheiten räumlich dahin verteilt werden, wo man sie zwecks Abwärme braucht, während die Storage sicher im zentralen Datacenter bleibt. Cloud und Compute-Sites sind durch dedizierte Glasfaserleitungen verbunden.
Datacenter-Abwärme für die Gärtnerei
Einen ähnlichen, wenn auch nicht ganz neuen Ansatz verfolgt das Startup Blockheating, das ebenfalls aus den Niederlanden kommt. Das Unternehmen verspricht das grundlegende Redesign von Rechenzentren nach Kriterien der Material- und Energie-Optimierung. Energie aus Abwärme soll an die Glashäuser von Gärtnereien oder andere Gebäude geliefert werden.
Das liegt gerade in den Niederlanden nahe. Dort wird sehr viel Gemüse in Glashäusern angebaut, deren Heizung kostspielig und kohlendioxidträchtig ist. Auch hier wird das Rechenzentrum dezentralisiert: Anstelle einer großen sollen mehrere kleine Sites entstehen, alle mit Glasfaseranbindung und redundanter Stromversorgung.
Drei Integrationsvarianten
Blockheating bietet wahlweise Luftkühlung und interne Montage der rechnenden Einheiten im Glashaus, Luftkühlung eines DC-Containers und Ableitung der heißen Luft in die zu erwärmende Umgebung sowie On-Chip-Wasserkühlung und ebenfalls Ableitung der Abwärme.
Die Wasserkühl-Lösung befindet sich noch in Entwicklung, wird aber ebenfalls im Container geliefert. Blockheating versteht sich als Cloud-Provider und liefert IaaS und PaaS, standardmäßig Bare-Metal-Server.
Als Teil des Eco-Qube-Projekts arbeitet Blockheating zudem an Algorithmen, die Workloads entsprechend der Kohlendioxidbelastung und dem Energieverbrauch an den optimal geeigneten Cluster weiterleiten sollen.
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