Innovationsdruck als Antrieb und Bremsklotz Strategie, Trends und Effizienz: Was treibt Colocator Equinix voran oder vor sich her?

Von Anna Kobylinska und Filipe Martins* |

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Rechenzentren stehen unter Druck, zu innovieren, so die These. Jens-Peter Feidner, Managing Director, Germany, bei Equinix, teilt mit den Lesern und Leserinnen von DataCenter-Insider seine Perspektive. Sein Credo: „Innovationsdruck ist Antrieb und Bremsklotz.“ Sein Rezept: „Punktuell den Fortschritt aussitzen, um strategisch innovieren zu können.“

Equnix betreibt weltweit Rechenzentren, hier ein Entwurf für ein Mailänder Datacenter. Zwar ist das Design weitgehend standardisiert, doch auch individuell, unter anderem weil die Maßgabe der Energie-Effizienz über die Jahre Änderungen erzzwingt.
Equnix betreibt weltweit Rechenzentren, hier ein Entwurf für ein Mailänder Datacenter. Zwar ist das Design weitgehend standardisiert, doch auch individuell, unter anderem weil die Maßgabe der Energie-Effizienz über die Jahre Änderungen erzzwingt.
(Bild: Equinix)

„Innovationsdruck als Antrieb und Bremsklotz“ ? Bitte, kommentieren Sie das kurz für unsere Leser.

Jens-Peter Feidner: Rechenzentren sind die grundlegende Infrastruktur der Digitalisierung. Das heißt: Neue Entwicklungen in der Digitalisierung haben im Umkehrschluss automatisch einen Einfluss auf Rechenzentren. Wir investieren also kontinuierlich in neue, innovative Services und Lösungen. Dabei orientieren wir uns eng an den Makrotrends der Digitalisierung sowie den Bedürfnissen unserer Kunden.

Ein Beispiel dafür sind Innovationen bei der direkten Interconnection zwischen Unternehmen: Über die Jahre haben wir zunächst Kupferkabel gegen schnellere Glasfaser ausgetauscht. Aktuell setzen wir verstärkt auf den Ausbau virtueller Netzwerkdienste und integrierter Infrastruktur-Services. So war unser Dienst 'ECX Fabric' zunächst nur ein Cloud-Zugang, wurde aber entsprechend den sich ändernden Anforderungen der Kunden weiterentwickelt und stellt als 'Equinix Fabric' inzwischen eher eine in der Zukunft weiter ausbaubare All-in-one-Lösung dar.

Ein Blick ins Innere von „Equinix Metal„“
Ein Blick ins Innere von „Equinix Metal„“
(Bild: Equinix)

Was ist aus Ihrer Sicht der nächste Entwicklungsschritt?

Jens-Peter Feidner: Der nächste Entwicklungsschritt im Rechenzentrum ist die Bereitstellung von „as a Service“-Lösungen, die Kunden das Hardware-Management abnehmen. Equinix bietet in diesem Bereich virtuelle Netzwerkdienste mittels „Network Edge“ sowie den Bare Metal-Service 'Equinix-Metal' an, der die Hardware-Bereitstellung automatisiert und nun auch in Frankfurt verfügbar ist.

Metal as a Service macht Unternehmen das Leben in vielerlei Hinsicht leichter: So brauchen sie durch Co-Location kein eigenes Rechenzentrum und auch keine eigene Hardware mehr und profitieren von den Vorteilen von Interconnection. Gleichzeitig können sie ihre eigene Software nutzen und sind unabhängig von den vorgegebenen Apps großer Cloud-Anbieter.

Stammt der Innovationsdruck auf Rechenzentren/Colocation-Betreiber hauptsächlich von den Kunden, eher von den Mitbewerbern oder gibt es noch andere Einflussgrößen?

Jens-Peter Feidner: Bei der Entwicklung unserer Services spielen Kundenbedürfnisse die wichtigste Rolle. Gleichzeitig verstehen wir aber auch, wichtige digitale Trends zu antizipieren und frühzeitig mit entsprechenden Services zu unterstützen. So haben wir früh erkannt, dass moderne Rechenzentren mehr als bloße Co-Location anbieten müssen und haben Interkonnektivität zu einem unserer wesentlichen Schwerpunkte gemacht.

Der Mehrwert unserer Services liegt vor allem darin, dass wir unsere Kunden beim Aufbau einer leistungsstarken und hochvernetzten Infrastruktur unterstützen, mit der sie sich innerhalb eines digitalen Ökosystems mit weltweiten Partnern, Clouds und Service-Providern austauschen und so ihre Digitalisierungsziele umsetzen können. Dahingehend entwickeln wir auch unser Service-Portfolio weiter.

Üben auch Regulierungsbehörden Innovationsdruck aus?

Jens-Peter Feidner: Einfluss durch direkte Regulierung ist derzeit aus unserer Sicht oftmals eher nachgelagert, da man es hier meist mit langwierigen Entscheidungsprozessen zu tun hat. So hat sich Equinix bereits 2015 das Ziel gesetzt, den globalen Betrieb zu 100 Prozent über erneuerbare Energien abzudecken – in Europa haben wir dies schon heute erreicht – also noch vor Veröffentlichung der EU-Ziele für den Digitalsektor.

Haben Sie Ihre Ziele mithilfe von (RECS-)Zertifikaten erreicht? Ging es dann nicht auf Kosten anderer Innovationen?

Jens-Peter Feidner: In Europa beziehen wir vorrangig zertifizierten Ökostrom von unseren lokalen Versorgern – in Deutschland zum Beispiel von Mainova. Weltweit setzen wir auf einen Mix aus Windenergiezertifikaten, lokalen Grünstromprodukten und internationalen Zertifikaten für andere erneuerbare Energieprojekte.

Zudem ermöglichen wir Kunden durch unsere internationale Präsenz auch eine gewisse Flexibilität, um von bestimmten Leistungen in Lokationen mit höherem lokalen Grünstrom und geringerem Kühlbedarf, wie den skandinavischen Ländern, zu profitieren. Wir gewährleisten durch diese Initiativen eine nachhaltigere und klimafreundliche Digitalisierung. Damit stehen die Investitionen in erneuerbare Energie für uns nicht in Konkurrenz zu technischen Innovationen, sondern sind ein wichtiges Element unserer langfristigen Wachstumsstrategie.

Dass große Anbieter bei Produkten und auch Innovationen wie im Bereich Umweltschutz wegweisend agieren, ist also keine Seltenheit. Der neue Climate Neutral Data Center Operator Pact und die Selbstregulierungsinitiative der Branche, denen auch Equinix angehört, unterstreichen diese Vorreiterrolle zusätzlich.

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Wie lange bleibt dann eigentlich ein neues Equinix-Rechenzentrum auf der Höhe der Zeit, bevor Sie eine Modernisierung avisieren?

Jens-Peter Feidner: Innovationen und Modernisierungen bestimmen seit vielen Jahren unser Geschäftsbild, weshalb die Neubauten der letzten fünf bis sechs Jahre noch auf einem recht aktuellen Stand sind.

Wie viel lässt sich Equinix die erste Modernisierung eines neuen Rechenzentrums kosten? Will heißen: Wie viel macht es in Prozentpunkten am Neubau aus, oder an den jährlichen Betriebskosten?

Jens-Peter Feidner: Jedes neu gebaute Rechenzentrum wird innovativer und effizienter. Ältere Rechenzentren modernisieren wir bedarfsgerecht und lassen natürlich auch neue Entwicklungen, sei es bei Technik, Zertifikaten oder Umweltvorgaben einfließen.

So investieren wir beispielsweise auch in das Design neuer Rechenzentren mit begrünten Fassaden und als offen gestaltete Office-Gebäude. Wir haben seit 2011 weltweit 129 Millionen Dollar in Energie-Effizienz-Upgrades in unseren Standorten investiert. Das entspricht einer Vermeidung von rund 430.000 mtCO2e an CO2 Emissionen.

Wenn wir bestehende Standorte erweitern, integrieren wir nach Möglichkeit immer auch neuere und effizientere Technologien und ersetzen die alten. Da es sich dabei jedoch um eine kritische Infrastruktur handelt und die Rechenzentren in Betrieb sind, gleichen solche Maßnahmen einer „OP am offenen Herzen“. Jeder Eingriff muss also sorgfältig abgewogen werden.

Wie steht es mit Edge-Rechenzentren für 5G-Mobilfunker? Equinix hat seit der Packet-Akquisition ein sehr spannendes Angebot im Köcher. Vielleicht eignet es sich als Beispiel für den Innovationsdruck als Antrieb und Bremsklotz.

Jens-Peter Feidner: Zusammenlaufende Entwicklungen wie die wachsende digitale Nachfrage in kleineren Märkten sowie die Verlagerung von Workloads an die Edge beeinflussen natürlich auch, wie Rechenzentren künftig aussehen (siehe: „KI, Edge-first, 5G, Cloud-native und der Klimapakt Equinix: Diese Technologietrends prägen 2021 die digitale Infrastruktur “) werden.

Im Zuge von IoT, KI und 5G entwickeln sich mögliche Edge-Anwendungsfälle immer weiter. Das führt auch zu einem Bedarf an kleineren Rechenzentren, die schneller gebaut werden können, um verteilte Workloads außerhalb großer Städte zu unterstützen.

Künftig gehen wir daher davon aus, dass zusätzlich zu großen Hub-Rechenzentren auch modulare Designs zum Einsatz kommen werden, die die Edge-Anforderungen unserer Kunden unterstützen. Ein aktuelles Beispiel für diese Bauweise ist unser neues, modulares Rechenzentrum in Bordeaux (BX1), das bewährte Prinzipien unseres Rechenzentrumsdesignsin einem standardisierten und modularen Ansatz umsetzt.

Dies schafft die Voraussetzung für eine nachhaltige, digitale Infrastruktur, die sich bei Bedarf an individuelle Geschäftsanforderungen anpassen kann. Unternehmen, die 5G-Applikationen umsetzen wollen, können so auch in kleineren Märkten und an der Edge auf ein globales Ökosystem aus Partnern, Netzwerk-Services und Clouds zugreifen.

Laut Umweltbundesamt stehen Server bis zu neun Jahren im Rechenzentrum. Wie kann ein Colocation-Anbieter wie Equinix die erforderlichen Upgrades der Technik durchführen, wenn dabei die Kundenbindung auf dem Spiel steht? Nach welchen Kriterien priorisieren Sie Upgrades, könnten Sie dazu vielleicht ein Beispiel nennen?

Jens-Peter Feidner, Managing Director Germany, bei Equinix
Jens-Peter Feidner, Managing Director Germany, bei Equinix
(Bild: Equinix)

Jens-Peter Feidner: In Co-Location entscheiden Kunden sich oftmals und immer mehr für Hybrid-Cloud-Modelle, was bedeutet, dass die Anzahl der eigenen Server entsprechend geringer ausfällt. Die großen Cloud-Anbieter sind wiederum selbst Technologie- und Innovationstreiber und bleiben dementsprechend in der Regel nicht neun Jahre bei derselben Technologie.

Auch die eigenen Server der Co-Location-Kunden werden für gewöhnlich häufiger angepasst – vor allem, da sie von besserer Konnektivität oder Edge-Lösungen profitieren möchten. Sicherlich gibt es aber auch durch eine effizientere Auslastung der Server Effizienzpotential auf der Kundenseite.

Bieten Sie Ihren Kunden Tools für Nachhaltigkeitsmessungen oder Best-Practices-Schulungen an?

Jens-Peter Feidner: Wir bieten unseren Kunden weltweit an ausgewählten Standorten – darunter beispielsweise in einigen unserer Frankfurter Rechenzentren – das Online-Tool 'IBX Smartview' an. Diese integrierte Softwareplattform kann zum Infrastruktur-Management im Rechenzentrum (Datacenter Infrastructure Management, DCIM) angewandt werden und bietet Echtzeit-Einblicke in wichtige Umgebungs- und Betriebsdaten.

Dadurch lassen sich Faktoren wie Umgebung, Stromverbrauch, Temperatur, Mechanik und Elektrik überwachen, was es Kunden ermöglicht, schnell auf wichtige Ereignisse wie ein Strom- oder Temperaturanstieg zu reagieren, effektiver zu planen – und dadurch auch nachhaltiger zu sein. Dabei verstehen wir uns auch in dieser Hinsicht als Partner und stehen unseren Kunden als Berater zur Seite.

* Das Autoren-Duo Anna Kobylinska und Filipe Pereia Martins arbeitet für McKinley Denali Inc. (USA).

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