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Jetzt wird’s frisch! Was ist freie Kühlung?

Autor / Redakteur: Dipl. Betriebswirt Otto Geißler / Ulrike Ostler

Ein Rechenzentrum läuft rund um die Uhr und der Bedarf an Energie-effizienter Kühlung steigt vor allem mit der Rechenleistung der Server. Welche Klimasysteme qualifizieren sich für eine Energie-effiziente Kühlung, sichern gleichzeitig die Verfügbarkeit und helfen, wertvolle Energie zu sparen?

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Freie Kühlung, es gibt direkte und indirekte, gilt in unseren Breiten bei vielen Datacenter-Betreibern als Ultima Ratio, da sich die ohnehin vorhandene kühle Außenluft, bis auf wenige Tage im Jahr, für die Kühlung der Server-und Versorgungsräume nutzen lässt.
Freie Kühlung, es gibt direkte und indirekte, gilt in unseren Breiten bei vielen Datacenter-Betreibern als Ultima Ratio, da sich die ohnehin vorhandene kühle Außenluft, bis auf wenige Tage im Jahr, für die Kühlung der Server-und Versorgungsräume nutzen lässt.
(Bild: © djama - stock.adob.com)

In den vergangenen Jahren zeichnet sich bei Rechenzentren ein klarer Trend ab: Der Bedarf an Kühlung hat auf Grund der leistungsfähigeren Server deutlich zugenommen. So führte vor allem eine niedrigere Bauhöhe der Server zu einer auffallend höheren Leitungsdichte. Andererseits stieg die Wärme-Emission bei der restlichen IT-Hardware nur marginal an.

Gegenwärtig liegt die Wärme-Entwicklung in diesem Bereich in der Regel zwischen 3 und 5 Kilowatt pro Rack-Schrank, während bei den Server-Racks die Marke von 25 Kilowatt schon längst überschritten wurde. In den nächsten Jahren werden bereits bis zu 40 Kilowatt pro Server-Rack erwartet.

Damit die erhöhten Temperaturen nicht zu einer Überlastung der systemkritischen Komponenten wie zum Beispiel CPU, Laufwerke oder USV-Batterien führen und Ausfälle beziehungsweise Performance-Einbußen hervorrufen, müssen effizientere Kühlkonzepte zum Einsatz kommen.

Energie-Effizienz ist Trumpf

Bei einer Umgebungstemperatur zwischen 18 und 27 Grad Celsius ist laut Experten mit keinen Ausfällen auf Grund erhöhter Temperaturen zu rechnen. Es ist aber zu bedenken, dass bei einem Anstieg der Temperaturen auch ein erhöhter Strombedarf einhergeht. Daher muss stets geprüft werden, ob sich der Anstieg letztlich auch insgesamt rechnet. Denn der Kühlaufwand im Rechenzentrum kann unter Umständen über ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs erfordern.

So ist es kaum verwunderlich, dass sich viele Anstrengungen um mehr Energie-Effizienz, das heißt: optimierte PUE-Werte, auf den Bereich der Kühlung konzentrieren. Im Alltag gelten Werte bis 1,2 als sehr effizient. Das bedeutet im Umkehrschluss, 20 Prozent der eingesetzten Energie wird nicht effizient genutzt.

Herkömmliche Data Center kommen in der Regel auf einen PUE-Wert von 1,9. Bei vielen alten, nicht-renovierten oder schlecht ausgelasteten Data Center sind sogar PUEs zwischen 2 und 3 oder sogar darüber anzutreffen. Diese Werte sind natürlich neben einer modernen und an die Erfordernisse angepassten Kühltechnologie auch extrem vom richtigen Standort abhängig. Länder mit gemäßigten oder grundsätzlich tieferen Temperaturen – beispielsweise wie in Nordeuropa – haben hier entscheidende Vorteile.

Welche Lösungen bieten sich an?

Hinsichtlich der Kühltechniken wird im Wesentlichen zwischen einer direkten und indirekten freien Kühlung sowie einem Mischbetrieb unterschieden. Allgemein betrachtet kühlt eine direkte freie Kühlung die IT-Anlage eben direkt mit der vorhandenen Außenluft. Das heißt, die kalte Luft im Freien wird über Luftklappen direkt über einen Pollenfilter zu den Server-Racks geleitet, ohne dass vorher noch zusätzlich Einfluss darauf genommen wird.

Die Filter sind notwendig da Pollen oder ähnliche Partikel die Server und vor allem die Lüfter verschmutzen könnten. Als Voraussetzung für eine freie direkte Kühlung ist eine adäquate niedrige Umgebungstemperatur.

Ist dies nicht der Fall, empfiehlt sich ein Mischbetrieb. Hierbei wird die Luft aus dem Freien für die angestrebte Temperatur zusätzlich herab gekühlt. Dieses Verfahren ist immer noch deutlich effektiver als der Betrieb von Klimageräten. Ein Mischbetrieb kommt häufig dann infrage, wenn eine direkte Kühlung im Winter zwar möglich ist, aber während der Sommermonate die Temperaturen zu stark ansteigen.

Bei einem Mischbetrieb werden die niedrigeren Temperaturen dadurch erzielt, indem im Inneren der Kühlung zumeist ein Wasser-Glykol-Gemisch zirkuliert, das die Wärme der Server-Racks aufnimmt. Im Anschluss wird sie über einen Luft-Wasser-Wärmetauscher an die Umgebung wieder abgegeben.

Einsatz von Kyoto-Rädern

Letzteres bezeichnet man auch als eine indirekte freie Kühlung, da die Umgebungsluft nicht direkt auf die Racks trifft. Das heißt, bei einer indirekten freien Kühlung sind zusätzlich zu einer Wärme- oder Kälte-Übertragung ein Wasser-Glykol-Gemisch und ein Wärmetauscher im Einsatz. Eine Variante der indirekten freien Kühlung ist das so genannte Kyoto Cooling.

Dabei handelt es sich um eine spezielle Konstruktion eines Luft-Luft-Wärmetauschers. Das heißt, statt eines Plattenwärmetauschers wird ein Wärmerad verbaut, das aus einer langsam rotierenden Scheibe besteht, die parallel zur Drehachse abwechselnd warme Innenluft und kalte Außenluft bewegt.

Wesentliche Kritikpunkte des Kyoto-Cooling-Verfahrens: Da eine strikte Trennung von Innen- und Außenluft nicht mehr vorliegt, erhöht sich die Gefahr, dass sich Anteile der Außenluft mit der Innenluft aus dem Datacenter vermischen und auf diese Weise Pollen und Staubpartikel in die Räume gelangen. Diese Tatsache kann mitunter aufwendige Investitionen in Filter- und Luftaufbereitungsanlagen zur Folge haben. Dadurch reduziert sich laut Experten der energetische Effekt des Kyoto-Rads.

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