Direkte, indirekte Freie Kühlung im Datacenter Wie zentrale Raumluft kühlt, ohne zusätzliche Mechanik
Rechenzentren brauchen trotz schrumpfender spezifischer Verlustleistung der IT nach wie vor Rückkühler. Denn auf geringerem Raum wird mehr Rechnerleistung installiert - bis 2 Kilowatt pro Quadratmeter. Große Rechenzentren benötigen daher nicht selten Kühlleistungen von über 1 Megawatt. Dabei ist der kostenbestimmende Faktor die meist elektrisch erzeugte Kälteleistung, für 24 Stunden pro Tag.
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Grundsätzlich kann jedoch die Außenluft als Wärmesenke zur Kühlung herangezogen werden. Denn die Außenluft ist im Jahresverlauf meistens kälter als 23 Grad, so dass in nur zirka 600 Stunden pro Jahr eine zusätzliche Kühlung erforderlich wird. Somit besteht hierzulande im Prinzip entweder die Möglichkeit, die Außenluft ohne Umwege zu verwenden, also das Rechenzentrum direkt mit Außenluft zu belüften und damit zu kühlen, oder aber die Außenluft über einen Wärmeüberträger zu entkoppeln, also indirekt zur Kühlung zu nutzen.
Die direkte Kühlung eines Rechenzentrums mit Außenluft ist von verschiedenen Bedingungen abhängig. Gelangt Außenluft direkt in das Rechenzentrum, ist ihre Qualität für die Rechnertechnik von großer Bedeutung. Liegt standortbedingt belastete Außenluft vor, wird grundsätzlich von einer direkten Nutzung abgeraten. Dies trifft nahezu in alle Fällen bei zu hoher oder zu niedriger Feuchte der Außenluft zu, da die Feuchte im Jahres- und im Tagesverlauf stark schwankt.
Die direkte freie Kühlung hat somit den großen Vorteil, dass der Wärmewiderstand und der Druckabfall eines sonst notwendigen Wärmeüberträgers nicht berücksichtigt werden muss. Sie hat aber auch den Nachteil, dass die Zuluft im Winter befeuchtet und im Sommer entfeuchtet werden muss.
Gemäß „ASHRAE TC 9.9“ werden als Grenzwerte für die relative Feuchte bei 30 bis 60 Prozent bei Umgebungsstemperaturen von 18 bis 27 Grad empfohlen (zulässig sind 20 bis 80 Prozent bei 15 bis 32 Grad, Klasse A1). In der Praxis werden häufig Grenzwerte für die absolute Feuchte der Zuluft von 4 bis 6 Gramm pro Kilogramm im Winter als unterer Grenzwert und 10 bis 12 Gramm pro Kilogramm im Sommer als oberer Grenzwert akzeptiert. Die Zuluft darf nicht zu trocken werden, da ansonsten elektrostatische Ladungseffekte zum Problem der IT-Systeme werden können, sie darf aber auch nicht zu feucht werden, da es dann die Möglichkeit gibt, dass ebenfalls Probleme beispielsweise durch lokale Kondensation an den IT-Systemen entstehen.
In Abhängigkeit der Außenluftfeuchte ist eine Kombination aus der direkten und der indirekten freien Kühlung anzustreben. Bei zu hoher und bei zu niedriger Feuchte, oder bei belasteter Außenluft könnte die indirekte freie Kühlung genutzt werden, während bei zulässigen Feuchten und unbelasteter Außenluft die direkte freie Kühlung verwendet werden kann. Damit entfällt sowohl die Zuluftbefeuchtung im Winter, als auch eine Entfeuchtung der Zuluft im Sommer.
Bereich Anlagenzustand | h/a | % | ||
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1 | RKW UML-Betrieb indirekte AUL-Kühlung mit Verdunstungskühlung | 2 | 0,0 | |
2a | RKW UML-Betrieb indirekte AUL-Kühlung mit Verdunstungskühlung | 247 | 2,8 | |
2b | WRG AUL-Betrieb indirekte ABL-Kühlung mit Verdunstungskühlung | 6 | 0,11 | |
3 | RKW UML-Betrieb indirekte AUL-Kühlung mit Verdunstungskühlung | 68 | 0,8 | |
4 | RKW UML-Betrieb indirekte AUL-Kühlung mit Verdunstungskühlung | 27 | 0,3 | |
5 | isotherme direkte AUL-Kühlung | 1.111 | 12,7 | |
6 | RKW UML-Betrieb indirekte AUL-Kühlung mit Verdunstungskühlung | 389 | 4,4 | |
7 | RKW UML-Betrieb indirekte AUL-Kühlung | 1.990 | 22,7 | |
8 | Mischbetrieb direkte AUL-Kühlung | 4.851 | 55,3 | |
9 | RKW UML-Betrieb indirekte AUL-Kühlung | 75 | 0,9 |
Freie Kühlung unterstützt durch indirekte Verdunstungskühlung
Im Folgenden wird nun die Freie Kühlung betrachtet, die durch eine indirekte Verdunstungskühlung unterstützt wird, um die benötigte Kühlleistung mittels Rückkühlwerk zur Verfügung zu stellen (siehe: Abbildung 1).
Die benötigte Kühlleistung hängt bei Verwendung der Außenluft als Wärmesenke vom Standort des Rechenzentrums ab. In den meisten Gebieten in Deutschland kann im Bereich zwischen 19 und 26 Grad sowie zwischen 4,5 und 10,5 Gramm pro Kilogramm (g/kg) die Außenluft ohne eine Luftbehandlungsfunktion in zirka 1.111 Stunden pro Jahr direkt verwendet werden (siehe: Bild 2 und Tabelle 1 weißer Bereich).
Unterhalb einer Außenlufttemperatur von 18,5 Grad und einer absoluten Feuchte unter 4,5 Gramm pro Kilogramm wird in rund 1.990 Stunden pro Jahr (h/a) durch Nutzung der indirekten freien Kühlung und ohne zusätzliche thermodynamische Luftaufbereitung die geforderte Zulufttemperatur erreicht (siehe: Abbildung 2 und Tabelle 1 türkiser Bereich).
Unterhalb von 18,5 Grad und über 4,5 g/kg (bis 10,5 g/kg) kann in 4.851 h/a die minimale Zulufttemperatur durch Mischen von Außenluft mit Abluft energetisch effizient gewährleistet werden, da keine Luftbehandlungsfunktionen erforderlich sind (siehe: Abbildung 3, Tabelle 1 beige-farbener Bereich). Alternativ kann auch mittels WRG die Zulufttemperatur erreicht werden (ähnlich Bild 5 ohne Befeuchtung). Dann ist eine Be- oder Entfeuchtung der Zuluft ebenfalls unnötig.
Im Bereich über 26,5 Grad Außenluft und bis zu einer Außenluftfeuchte von 10,5 g/kg kann durch trockene, sensible Kühlung die geforderte Zulufttemperatur in rund 250 h/a sichergestellt werden (siehe: Abbildung 1 und Tabelle 1 ocker-farbener, blauer und hellblauer Bereich). Die notwendige Kühlung wird dann durch ein Rückkühlwerk (RKW) auf Basis eines Wärmeüberträgers mit indirekter Verdunstungskühlung (siehe: Abbildung 1) bereitgestellt.
Durch die Verwendung eines Rückkühlwerkes, das mit Außenluft betrieben wird, wird die Temperatur nach dem Rückkühlwerk je nach Außen- und Abluftluftkondition auf zirka 18 bis 24 Grad reduziert, ohne dass eine zusätzliche Kältemaschine benötigt wird.
Liegt der Energieinhalt der Abluft niedriger als der Energieinhalt der Außenluft, kann auch das Verfahren der Wärmerückgewinnung (WRG) gemäß Abbildung 4 zum Einsatz kommen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Außenluft direkt dem Rechenzentrum zu-geführt werden kann.
Wenn die Summenhäufigkeiten der einzelnen Betriebszustände (siehe: Abbildung 1) addiert werden, so ergibt sich für die direkte freie Kühlung (weißer und beige-farbener Bereich) eine Summenhäufigkeit von rund 5.962 Stunden, also 68 Prozent der Jahresnutzungszeit, während 2.798 Stunden, also 32 Grad auf die indirekte Nutzung der Außenluft fallen (beispielsweise 4,5 g und 10,5 g als Feuchtegrenzwerte). Bei anderen Feuchtegrenzwerten verschieben sich Laufzeiten für die einzelnen Betriebszustände entsprechend.
Aber auch bei der Indirekten Freien Kühlung kann Außenluft zur indirekten Verdunstungskühlung (RKW) verwendet werden, wenn beide Stränge mit Außenluft betrieben werden (siehe: Abbildung 5). Dies setzt jedoch voraus, dass der Fortluftventilator mit doppelter Luftmenge betrieben werden kann und für diesen Betriebsfall ausgelegt ist.
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