Verloren im Labyrinth der IT-Begriffe? Hier finden Sie Definitionen und Basiswissen zu Rechenzentrums-IT und -Infrastruktur.

Wie warm darf es im Rechenzentrum sein? Was ist ASHRAE ?

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Ulrike Ostler

Wie warm und wie feucht es im Rechenzentrum sein darf, dafür gibt es praxisbewährte Regeln. Als Vorgabe verwenden viele Datacenter-Betreiber die Anregungen des US-Branchenverbandes ASHRAE.

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ASHRAE gibt vor, wie RZs mit Strom versorgt, gekühlt und klimatisiert werden
ASHRAE gibt vor, wie RZs mit Strom versorgt, gekühlt und klimatisiert werden
(Bild: djama - stock.adob.com)

ASHRAE klingt zunächst ziemlich fremd und schillernd, ein bisschen nach Indien (Ashram) vielleicht. Doch hinter dem Kürzel steckt etwas sehr Mundanes, nämlich der US-Verband der Spezialisten für Gebäudeklima (American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers). Dazu nimmt sich der Verband noch des Themas Stromversorgung an, beruft sich dabei aber auf internationale Normen.

Der traditionsreiche Verband – gegründet 1894 - macht international beachtete Vorgaben darüber, wie warm/kalt, feucht/trocken und so weiter es in Gebäuden sein darf, unter anderem auch für Rechenzentren. Zudem auditiert die Organisation Gebäude anhand eines mehrstufigen Schemas.

TC9.9: Bibel für Rechenzentrums-Klimadesigner

Für sie gilt ASHRAE TC9.9 („Data Center Power Equipment Thermal Guidelines and Best Practises“). Das Papier beschreibt den Aufbau der gesamten Stromversorgung im Rechenzentrum bis ins Rack sowie die Redundanzeinrichtungen auf der Energie-Ebene.

Strom- und Kühlungsinfrastruktur eines Rechenzentrums
Strom- und Kühlungsinfrastruktur eines Rechenzentrums
(Bild: APC)

Dazu kommen die Kühl- und Klimakomponenten. Zudem gibt der Text Hinweise darauf, wie das Equipment sicher und mit möglichst wenigen Ausfällen betreiben lässt.

Detaillierte Angaben gibt es zu Rechenzentrumstemperaturen und -luftfeuchtigkeit. Bei beidem sind seit 2011 die Toleranzen größer als bis dahin. Hinsichtlich der Hitzetoleranzen des Stromversorgungsequipments verweist die Norm zudem auf IEC/EN/DIN 61439 für Niederspannungs-Schaltanlagen.

Zu viel Hitze ist im Rechnerraum unerwünscht

Steigende Temperaturen und zu hohe, aber auch zu niedrige Luftfeuchtigkeit beeinflussen die Ausfallrate von Servern und allgemein elektrischem Equipment. Je heißer es zum Beispiel wird, desto mehr Ausfälle gibt es.

Je heißer die Luft im RZ, desto wahrscheinlicher wird ein Serverausfall
Je heißer die Luft im RZ, desto wahrscheinlicher wird ein Serverausfall
(Bild: ASHRAE)

Die Grafik zeigt eine typische Verlaufskurve der Server-Ausfallrate bei steigenden Temperaturen. In der Grafik bildet der X-Faktor den prozentualen Anstieg der Ausfälle ab. Ein X-Faktor von 1,4 bedeutet also, dass Systeme bei Temperaturen von etwa 30 Grad um 40 Prozent häufiger ausfallen als bei 20 Grad.

Insofern waren und sind die ASHRAE-Vorgaben der Grund dafür, dass in Rechenzentren auch bei lauer Sommerluft früher häufig nur 17 oder 18 Grad gemessen wurden – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Leider führte die exzessive Kühlung auch dazu, dass besonders viel Energie für sie aufgewendet werden musste, nämlich häufig ein Mehrfaches der Energie, die zum Rechnen nötig ist.

Kühlschranktemperierung muss nicht sein

Heute sind in vielen Datacenter schon Temperaturen weit über 20 Grad Celsius der Standard. Nebenbei bemerkt, erlauben die heutigen Server 40 Grad und mehr im Dauerbetrieb. Man braucht sich nur die entsprechenden Temperaturspezifikationen von Server-Datenblättern anzusehen, um das bestätigt zu finden. Auch die Switch-Hersteller haben nachgezogen, die in der Vergangenheit niedrigere Temperaturen für ihre Geräte verlangten. Deshlab nennt TC9.9 aktuell als obere Grenze für Datacenter 40 Grad Celsius.

Zudem sind Hardware-Ausfälle sind oft weniger schlimm als früher. Dank Software-Defined-Strategien wird es immer einfacher, Komponenten softwareseitig so abzusichern, dass selbst der parallele Ausfall mehrerer nicht zu Datenverlusten und Betriebsstillstand führt. Und der Austausch bei laufendem Betrieb mit immer weniger Handgriffen ist heute ebenfalls nahezu Standard. Eine längere Standzeit als fünf Jahre erreicht sowieso kaum eines der IT-Geräte.

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