Viele Änderungen im geplanten EnEFG Das Energie-Effizienzgesetz und die Rechenzentren, der Referentenentwurf
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Nun soll es schnell gehen: Der Referentenentwurf zum Energie-Effizienzgesetz wurde am Mittwoch, den 12. April 2023, mit Branchenvertretern und Umweltverbänden diskutiert; am Mittwoch dieser Woche soll er dem Kabinett vorgelegt werden. Dass Rechenzentren darin vorkommen, ist bekannt, aber die Branchenkritik hat Wirkung gezeigt und wesentliche Punkte, etwa bei der Abwärmenutzung, sind weitaus harmloser als zu erwarten war.

Ein Energie-Effizienzgesetz hat es in Deutschland noch nicht gegeben. Es flankiert das Gebäude-Energiegesetz, das 2020 das Energie-Einspargesetz, die Energie-Einsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammengeführt hat, im Januar 2023 geändert wurde und jüngst wegen der neuen Regelungen zu Zulassungen von Öl- und Gasheizungen heftig diskutiert wurde. Diese sollen der Versorgung mit erneuerbaren Energien weichen.
Damit das Energie-Effizienzgesetz kein zahnloser Tiger wird, soll eine `Bundesstelle für Energie-Effizienz´ eingerichtet werden. Sie soll dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften des Bundes auf dem Gebiet der Energie-Effizienz zugewiesen bekommen und die durchzuführenden Aufgaben sollen vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wahrgenommen werden.
Zu den Aufgaben gehören: Berechnung und Überwachung der Energieverbrauchsziele und die Anpassung der hierzu erforderlichen Werte und Berechnungsverfahren an den technischen Fortschritt. Außerdem unterstützt sie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bei der Berichterstattung gegenüber der Europäischen Kommission und ist zuständig für das Monitoring der Endenergie-Einsparverpflichtungen des Bundes und der Länder. Außerdem unterstützt die Stelle bei Einrichtung und Betrieb eines Energieverbrauchsregisters des Bundes und koordiniert die Abstimmung mit den Ländern sowie beim Aufbau und Betrieb einer Plattform für Abwärme.
Die Kontrolle
Damit hat dieses die Einrichtung von Energie- und Umwelt-Management-Systemen und die Erstellung von Plänen durch Stichproben bei den Unternehmen zu kontrollieren und ist berechtigt, die Vorlage von Nachweisen über eine elektronisch abrufbare Vorlage zu verlangen.
Denn nicht nur Rechenzentren müssen Energie- oder Umwelt-Management-Systeme einsetzen, sondern alle Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre von mehr als 15 Gigawattstunden. Als Teil der Verpflichtungen von Unternehmen, die solche Systeme führen müssen sind laut Referentenentwurf mindestens zu erfüllen:
- 1. Erfassung von Zufuhr und Abgabe von Energie, Prozesstemperaturen, abwärmeführenden Medien mit ihren Temperaturen und Wärmemengen und möglichen Inhaltsstoffen sowie von technisch vermeidbarer und technisch nicht vermeidbarer Abwärme bei der Erfassung der Abwärmequellen und die Bewertung der Möglichkeit zur Umsetzung von Maßnahmen zur Abwärmerückgewinnung und -nutzung,
- 2. Identifizierung und Darstellung von technisch realisierbaren Endenergie-Einsparmaßnahmen und zur Abwärmerückgewinnung und -nutzung,
- 3. Wirtschaftlichkeitsbewertung der identifizierten Maßnahmen
Die Rechenzentren
Damit ist klar, dass nicht nur Rechenzentren von den Regeln betroffen sein werden. Allerdings widmet sich der Referentenentwurf dieser Branche auf fast vier Seiten ausschließlich der Datacenter, die etwa 3 Prozent des gesamten Strombedarfs in Deutschland beanspruchen – allerdings mit steigender Tendenz.
Allerdings gelten die Regeln und angeordnete Maßnahmen, das ist neu, nicht für alle Datacenter: In die Pflicht genommen werden nur Rechenzentren mit einer Nennanschlussleistung ab 1 Megawatt, solche, die im Eigentum öffentlicher Träger stehen oder für diese betrieben werden, mit einer Nennanschlussleistung ab 200 Kilowatt.
Neu aufgenommen in den Referentenentwurf ist auch eine Unterscheidung von Rechenzentren, die Rechenzentrumsdienstleistungen anbieten, etwa Co-Location-Sites, und solchen, die selbst IT betreiben wie Cloud- oder Enterprise-Rechenzentren.
Die Berichtspflicht
Für diese besteht die Pflicht bis zum 1. Juli 2025 zur Validierung oder Zertifizierung eines Energie- oder Umwelt-Management-Systems. Hier sind auch die IT-Betreiber eingeschlossen. Solche Systeme sollen kontinuierliche Messungen zur elektrischen Leistung und zum Energiebedarf der wesentlichen Komponenten ermöglichen sowie Maßnahmen erlauben, die Energie-Effizienz kontinuierlich verbessern.
Datacenter-Betreiber sind verpflichtet, bis zum 31. März eines jeden Jahres Informationen über ihr Rechenzentrum nach Maßgabe der Anlage 3 (siehe. Kasten) für das vorangegangene Kalenderjahr an den Bund zu übermitteln, mithilfe der erwähnten elektronischen Vorlage.
Ausnahmen bestätigen die Regel: Rechenzentren, deren Abwärme zur Nutzung über ein Wärmenetz weitgehend aufgenommen wird, sind von der Pflicht befreit, wenn ihr jährlicher durchschnittlicher Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der vergangenen drei Jahre die Schwelle von 25 Gigawattstunden (gWh) nicht überschreitet.
Für IT-Betreiber gilt fernerhin, dass, sollten sie innerhalb eines Rechenzentrums eine Nennanschlussleistung ab 50 Kilowatt benötigen, etwa als Mieter in einem Co-Location-Rechenzentrum, verpflichtet sind, jährlich ihre Informationen für das vorangegangene Kalenderjahr zum 31. März eines jeden Jahres in der vom Bund hierzu bereitgestellten elektronischen Vorlage einzugeben.
Die Energie-Effizienz: Power Usage Effectiveness
Hier sind die Ambitionen des Referentenentwurfs deutlich nach unten korrigiert: Ursprünglich sollte für Datacenter, die ab 2024 in Betrieb gehen, ein PUE von 1,3 festgeschrieben werden, ein Wert, den der Branchenverband Bitkom schon vor zehn Jahren für ohne Weiteres möglich hielt und den der Climate Neutral Data Centre Pact, die freiwillige Vereinigung von Rechenzentrumsbetreibern und -nutzern für unsere Breitengrade empfiehlt.
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Alleingänge und Feigenblattpolitik
Béla Waldhauser: Das EnEfG gefährdet den Datacenter-Standort Deutschland
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Nachhaltiges Bewirtschaften der Rechenzentren
Klimapakt der europäischen Datacenter-Betreiber
In den vorliegenden Entwurf sollen Rechenzentren, die vor dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen, es so errichten, dass sie ab dem 1. Juli 2027 einen PUE-Wert von kleiner oder gleich 1,5 und ab dem 1. Juli 2030 einen von von kleiner oder gleich 1,3 erreichen. Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen, sollen von vorneherein mindestens 1,3 erreichen.
Auch hier gibt es eine Ausnahme für Datacenter, die einen Anteil an wiederverwendeter Energie, wie in der Norm DIN EN 50600-4-6, Ausgabe November 20206 definiert, von mindestens 10 Prozent aufweisen. Zudem bleibt hier der Stromeinsatz für das Aufheizen der Abwärme mit Hilfe einer Wärmepumpe unberücksichtigt.
Die Nutzung der Abwärme
Der Aufreger im inoffiziellen EnEfG-Entwurf war die Nutzung der Abwärme aus den Rechenzentren; Zunächst sollte der Energy-Reuse-Factor für Rechenzentren, die 2024/2025 in Betrieb gehen bei 30 Prozent liegen, dann bei 40 Prozent 2027/2028. Jetzt sind die Prozentzahlen kleiner und die Daten weiter in die Zukunft verschoben.
Jetzt sollen Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2027 den Betrieb aufnehmen, einen geplanten Anteil an wiederverwendeter Energie von mindestens 15 Prozent aufweisen; Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2028 den Betrieb aufnehmen, einen geplanten Anteil von mindestens 20 Prozent (im Jahresdurchschnitt, dauerhaft - zwei Jahre nach Inbetriebnahme).
Ausnahmen gibt es viele,
- zum Beispiel wenn der Datacenter-Betreiber nachweist, dass ein Wärmenetzbetreiber ein Angebot zur Nutzung zu Gestehungskosten nicht annimmt, obwohl die Kapazität des Wärmenetzes grundsätzlich ausreicht und das Wärmenetz sich in einem Umkreis von fünf Kilometern zum geplanten Rechenzentrumsstandort befindet
- oder nachgewiesen wird, dass eine längere Anbindungsleitung mit den angebotenen Abwärmemengen wirtschaftlich betrieben werden kann und der Betreiber des Rechenzentrums die notwendige Infrastruktur zur Bereitstellung der Wärme, insbesondere in Form einer Wärmeübergabestation bereithält.
Das Fehlen von adäquaten Wärmenetzen beziehungsweise mangelnde Bereitschaft zur Abnahme der Rechenzentrumsabwärme, war bisher einer der Hauptkritikpunkte aus der Datacenter-Branche. Ob sich das Dilemma nun auflöst, sei dahingestellt. Jedenfalls sieht der Referentenentwurf vor, dass der angefragte Wärmenetzbetreiber eine Mitwirkungspflicht bei der Information des Betreibers des Rechenzentrums über die Kapazität des Wärmenetzes hat. „Sollte innerhalb von sechs Monaten nach Anfrage des Betreibers des Rechenzentrums keine Auskunft des Wärmenetzbetreibers über die Kapazität des Wärmenetzes erfolgen, wird die ausreichende Kapazität des Wärmenetzes vermutet“, heißt es.
Zudem setzt der Entwurf auf die Kommunen; denn Datacenter-Betreiber sind aus der Pflicht, wenn eine zwischen einer oder mehrerer in räumlicher Nähe befindlicher Gemeinden und dem Betreiber des Rechenzentrums abgeschlossene Vereinbarung zur Abwärmenutzung vorliegt, wonach die Gemeinde ihre konkrete Absicht zum Aufbau oder zur Gestattung eines oder mehrerer Wärmenetze erklärt, womit die Anforderungen von zehn Jahren erfüllt werden können. Papier ist geduldig, aber zumindest sieht die Regelung vor, dass die Vereinbarung einen Investitionsplan sowie eine Regelung zum Tragen der Kosten der Anbindungsleitung sowie zum Preis der Abgabe der Abwärme enthalten muss.
Auch der Fall, dass der Anteil an wiederverwendeter Energie nach Inbetriebnahme, durch nachträgliche Ereignisse, ohne Verschulden des Datacenter-Betreibers des Rechenzentrums, nicht mehr den Anforderungen entspricht, entbindet ihn von der Nachnutzungspflicht.
Die Lufttemperaturen
Auch bezüglich der Einlasstemperatur stapelt der Referentenentwurf eher tief. Die US-Organisation, die die Verträglichkeit von Datacenter-Equipment mit Temperaturen und Feuchtigkeit untersucht, geht davon aus, dass auch 32 Grad durchaus verträglich wären.
Laut Entwurf sind Rechenzentren, die vor dem 1. Januar 2024 den Betrieb aufnehmen, so zu errichten und zu betreiben, dass für die Luftkühlung von Informationstechnik die minimale Eintrittstemperatur von 24 Grad Celsius einhält und ab dem 1. Januar 2028 die minimale Eintrittstemperatur von 27 Grad Celsius. durchaus verträglich wären. Und: Eine niedrigere Eintrittstemperatur ist nur zulässig, sofern diese ohne den Einsatz einer Kälte-Anlage erreicht wird.
Die Ausnahme: In Fällen, in denen USV-Anlagen sich in den Serverräumen befinden gilt das nicht, aber Rechenzentrumsbetreiber, die „über genügend Räumlichkeiten verfügen, haben die Anlagen für die Unterbrechungsfreie Stromversorgung ab dem 1. Januar 2026 außerhalb ihrer Serverräume aufzustellen.“
Angesichts von knappem Grünstrom
Deutschland produziert und speichert zu wenig Strom aus Erneuerbaren Energien. Stattdessen gibt es PPAs und Greenwashing. Bei Power Purchase Agreements („Stromkaufvereinbarungen“) können Stromlieferungen physisch oder bilanziell erfolgen.
Der Referentenentwurf sieht vor, dass Rechenzentren den Stromverbrauch bilanziell ab dem 1. Januar 2024 zu 50 Prozent durch ungeförderten Strom aus Erneuerbaren Energien und ab dem 1. Januar 2027 zu 100 Prozent damit decken.
Das Energie-Effizienzregister für Rechenzentren
Wer DataCenter-Insider regelmäßig liest, weiß, dass das Umweltbundesamt die Erforschung der Grundlagen für ein Datacenter-Energie-Effizienzregister in Auftrag gegeben hat, das Projekt „Public Energy Efficiency Register of Data Centres – PEERDC“. Nun ist ein solches öffentliches, digitales Register Bestandteil des Referentenentwurfs. Die Angaben, die Rechenzentrums- und IT-Betreiber machen müssen, finden sich in § 13 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit den Anlagen 3 und 4 (siehe: Kästen).
Die Angaben sollen öffentlich zur Verfügung gestellt werden, aber nicht alle. So sollen Informationen aus dem öffentlichen Bereich des Energie-Effizienzregisters in einen nichtöffentlichen Bereich aufgenommen werden, sofern eine Gefährdung der öffentlichen oder nationalen Sicherheit zu befürchten ist oder das Interesse am Schutz dieser Informationen das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
Doch auch ohne Registereinträge sollen die Rechenzentrumsbetreiber am 1. September dieses Jahres dazu verpflichtet werden, den Kunden folgende Informationen transparent darzustellen:
- die direkt den Kunden zuzuordnenden Energieverbräuche pro Jahr sowie
- den entsprechend der Verbrauchsanteile zuzuordnenden Energieverbrauch der technischen Infrastruktur des Rechenzentrums.
Das gilt auch für Co-Location-Anbieter: Sie müssen beim Angebot den Anteil der voraussichtlichen Energiekosten an den Gesamtkosten separat ausweisen und den Kunden geeignete Monitoring-Informationen zur Verfügung stellen.
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