Kostensenker Geothermie Bremer Datacenter spart über 90 Prozent der Kühlenergiekosten
Ein Energie-effizientes Klimatisierungskonzept, das Erdwärme effizient nutzt, kann die Kosten für die Kühlung um gut 90 Prozent senken. Beispiel für ein geothermisch betriebenes Rechenzentrum ist der Hochbunker „ColocationIX“, erbaut nach EN 50600 Klasse 4 und betrieben von der Consultix GmbH in Bremen.
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Die Stromkosten nehmen einen gewichtigen Teil an den Gesamtkosten des Rechenzentrums ein; steigende Strompreise sind garantiert. Selbst wenn die IT-Technik State-of-the-Art ist, besteht die Herausforderung, der Abwärme Herr zu werden.
Viele Rechenzentren setzen dafür auf klassische Kältemaschinen. Diese verbrauchen so viel Strom, dass der Energieverbrauch der Nicht-IT-Komponenten zu den größten Kostenfaktoren beim Betrieb eines Rechenzentrums zählt. Bei einer maximalen Skalierung von zwei Megawatt ist dieser Energie-Einsatz nicht nur teuer, sondern führt bei Zugrundelegung des gängigen Strommixes zu erheblichen CO2-Emissionen.
Mit natürlicher Energie gespart
Einsparungen gewähren ausschließlich zukunftsgewandte Energiekonzepte. Eine davon ist die geothermale Kühlung. Durch die Nutzung von Grundwasserzirkulation lässt sich die Abwärme effizient kühlen. Dabei verbessert sich die Ausfallsicherheit, da die Anlagen redundant sind und technisch zuverlässig.
Zudem ist die Verfügbarkeit der „Erdkälte“ jederzeit zu 100 Prozent gegeben – unabhängig von Wind und Wetter. Selbst länger anhaltende Hitzeperioden verändern die Temperaturen in 100 bis 200 Metern Tiefe nicht.
Das Verfahren bietet sich dort an, wo ausreichend Kühlleistung erzielt werden kann – von Region zu Region gibt es deutliche Unterschiede. Deshalb wird die Leistungsfähigkeit zunächst simuliert. Auch im Fall des Hochbunkers hatte sich vorab ein Team aus Ingenieuren und Studierenden der Universität Bremen an die Arbeit gemacht. Die Werte waren positiv und die Arbeiten für die Geothermie-Anlage begannen 2013.
Hochverfügbar und effizient
Im Bremer Hochbunker schaffen in den externen und internen Kühl-Systemkomponenten mehrere unabhängige Kreisläufe die gewünschte Redundanz. Insbesondere die Kombination überirdischer Systeme mit unterirdischen Geothermie-Systemen sorgt vor Ort für Sicherheit.
Der Power Usage Effectiveness-Wert (PUE) – er gibt in diesem Fall das Verhältnis aus Gesamtenergieverbrauch und Energieverbrauch der IT betrachtet über ein Jahr an – liegt bei durchschnittlichen Rechenzentren circa bei einem Wert von zwei. Bei einem Verfügbarkeitsanspruch beruhend auf der europäischen Rechenzentrums-Norm EN 50600 Klasse 4, plant ColocationIX einen PUE-Wert von 1,05, basierend auf der Leistung von einem Megawatt.
Dazu gehören zusätzlich permanente Sauerstoffreduktion für den Brandschutz sowie eine lange Batterielaufzeit der USV-Anlagen. Beides führt zu einem erhöhten Energiebedarf, der allerdings durch das innovative Kühlsystem stark relativiert wird. Bei einer Größenordnung von einem Megawatt spart ColocationIX damit rund 95 Prozent der Energie für den Anteil der Kühlung.
In den Tiefen der Erde
Um das Prinzip der Grundwasserzirkulation zu nutzen, hat man im Bremer Hochbunker spezielle Sonden 100 und 200 Meter tief in die Erde gebohrt. In der Hitzeperiode, in der Kältemaschinen ihren höchsten Stromverbrauch hätten, liefern die Sonden kostengünstige Kühlung. Diese Kühlung erfolgt unter minimalem Stromverbrauch, ganz ohne Kältemaschine.
Außerhalb der Hitzeperiode wird die Umgebungsluft als Kältequelle eingesetzt. Mehrere Rückkühler auf dem Dach führen dabei die Kälte in den Erdboden zurück, um die Geothermie zu regenerieren. So wird der Untergrund als Kältespeicher über die Sonden immer wieder mit Kälte aufgeladen und kann damit in der Kühlphase maximal ausgeschöpft werden.
In den Übergangszeiten wird der Rückkühler adiabatisch, also mit Wasserbenebelung, betrieben. So liefert er Temperaturen unterhalb der Umgebungstemperatur.
Plus Verdunstungskälte
Im konkreten Fall passiert das wie folgt: Steigen die Außentemperaturen auf über 20 Grad Celsius, so werden die Rückkühler mit Wasser benebelt. Sie kühlen dadurch um mehrere Grad ab, so dass das Kühlwasser auf unter 20 Grad gekühlt wird.
Pro Liter vernebeltem und verdunstendem Wasser werden rund 0,7 Kilowatt pro Stunde zusätzlicher Energie zur Kühlung frei. Dies liegt an der Änderung des Aggregatzustandes des Wassers. Das Wasser nimmt beim Verdampfen viel Energie auf.
Bei einem Kubikmeter Wasser summiert sich die Leistung auf bereits 700 Kilowatt für eine Stunde. Ab 28 Grad Celsius schaltet dann auch die geothermische Kühlung zu. Sie kann das Datacenter auch bei Tageshöchsttemperaturen über 28 Grad kühlen.
Abwärme dient zum Heizen
Im Inneren des Hochbunkers kommen In-Row-Cooling-Systeme zum Einsatz. Zudem werden einige Flächen durch Betonkernaktivierung gekühlt. Bei einem ehemaligen Atombunker mit zwei Meter dicken Beton-Außenwänden bietet sich das an. Deswegen wird im Gebäude selbst die Energie mittels Betonkernaktivierung eingespeichert und großflächig ausgetauscht.
ColocationIX kommt hingegen mit deutlich unter fünf Prozent des Stromverbrauchs für Kühlung aus und nutzt die Abwärme auch zum Heizen. Ein in sich rundes Konzept, das zeigt, dass Energie-Effizienz und Umweltschutz nicht zu Lasten der Hochverfügbarkeit und Leistung gehen muss.
Für seine innovative Kühltechnik bekam das hochsichere Datacenter ColocationIX bereits in der Konzeptionsphase den Deutschen Rechenzentrumspreis.
Bildergalerie: Die Rechenzentrumspreise 2014
* Andres Dickehut ist General Manager der Consultix GmbH.
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