Die Besonderheiten von Edge Datacenter ASHRAE gibt Sicherheitshinweise für kleine Rechenzentren an der Edge
Bei Edge Datacenters entstehen hinsichtlich der Sicherheit und Verfügbarkeit neue Herausforderungen. Mit diesen hat sich der Berufsverband der amerikanischen SHK-Ingenieure ASHRAE (American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers) in einer technischen Handreichung auseinandergesetzt.
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Kleine Edge Datacenter sind aktuell sehr gefragt. Laut dem Marktforschungsunternehmen Global Market Insights betrug das weltweite Volumen hier 2019 rund 5,5 Milliarden Dollar. 2026 sollen es bereits 20 Milliarden Dollar sein. Das entspräche einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 23 Prozent. Noch schneller soll Software zum Remote-Management von Rechenzentren (DCIM, Datacenter Infrastructure Management) wachsen: um 28 Prozent jährlich.
Laut IDC werde, so eine Studie vom Februar des laufenden Jahres, die Hälfte der kritischen Infrastruktur von Unternehmen am Edge implementiert. Die Zahl der Applikationen, die am Edge laufen, soll sich im selben Zeitraum verachtfachen.
Treibende Anwendungen sind automatisiertes Fahren, IIoT/Industrie 4.0, Smart Homes, Smart Grids und Smart Cities, um nur einige zu nennen. Denn für diese Applikationen braucht man eine erzeugungsnahe Verarbeitung der Daten. Alles andere würde zu lange dauern.
Schwierige Umgebungsbedingungen
Die nahe bei den Datenerzeugern angesiedelten Rechenzentren können unterschiedlich groß sein, Cloud-Funktionen anbieten oder auch nicht. Viele kleine Edge Datacenter werden nicht innerhalb von Gebäuden stehen.
Solche müssen also unter Umständen schwierigeren Außenbedingungen widerstehen, obwohl sie gleichzeitig weniger robust sind. Oft wird es sich nämlich nur um Schaltschrank-ähnliche Gebilde in der Größe einer Telefonzelle mit nur einem IT-Rack handeln, nicht um ein gemauertes Gebäude.
Das bedeutet, dass Sicherheit und Verfügbarkeit besonders wichtige Themen sind. Nun hat das ASHRAE Technical Committee (TC) 9.9, in einem technischen Bulletin Vorschläge gemacht, wie Ausfälle und Probleme verhindert werden können.
Gerätegarantien sorgfältig lesen
Hitze, Kälte, Feuchte und Staub lassen sich an Edge-Datacenter-Standorten unter freiem Himmel nicht steuern, nur fernhalten: Soll eine Ölpipeline in der Wüste überwacht werden, muss man mit Staub rechnen, an Straßen mit partikelgesättigten Autoabgasen, an der See mit korrodierender Salzgischt und feuchtkalter Luft und fast überall mit ungeschützter Einwirkung von Hitze oder Regen aufs Rechenzentrumsgehäuse.
Da können schnell die Garantiebedingungen der im Edge-Datacenter befindlichen Dokumente gesprengt werden. Denn diese sind auf die in der Gerätespezifikation angegebenen Betriebsparameter bezogen. Sie nennen beispielsweise Betriebstemperaturen, Luftfeuchtigkeit und manchmal auch die Geschwindigkeit, mit der sich die Temperatur verändert.
Werden solche Konditionen nachweislich nicht eingehalten, gilt die Garantie nicht mehr, egal, wie alt die Systeme sind. Und natürlich können Verfügbarkeit, Leistung, Lebensdauer und elektrische Sicherheit (Entladungen) der Geräte durch entsprechende Außeneinflüsse beeinträchtigt werden. Auch die Korrosion geht schlimmstenfalls schneller als üblich.
Deshalb rät ASHRAE als erstes, die Garantiebedingungen aller Komponenten im Edge-Datacenter sorgfältig zu studieren und sich dann die Umgebungsbedingungen am Standort genau anzusehen. Denn der Wartungsvorgang selbst kann schlimmstenfalls zum Bruch der Garantiebedingungen führen, wenn etwa durch die geöffnete Tür schnell sehr heiße, kalte, feuchte oder staubige Luft hereindringt. Je kleiner der Edge-Knoten, desto größer ist diese Gefahr.
Risiko schneller Temperaturwechsel
ASHRAE definiert als maximal erlaubten Temperaturwechsel 20 Grad Celsius innerhalb einer Stunde und maximal 5 Grad Celsius in 15 Minuten. Dabei soll der Temperaturwechsel auch hier kontinuierlich und nicht plötzlich erfolgen.
ASHRAE empfiehlt deshalb, eine Tageszeit für die Wartung zu wählen, zu der die Umgebungsbedingungen günstig sind, und wenn möglich eine Personenschleuse einzusetzen. Ist das Edge Datacenter dafür zu klein, hilft auch schon ein Zelt mit einem Heizaggregat, wenn draußen eisige Temperaturen herrschen. Denn sonst ist Kondensation im Geräteinneren zu befürchten.
Muss ein Gerät auch nur kurz entnommen werden, ist unter Umständen zuvor Rücksprache mit dem Hersteller zu halten. Außerdem sollte man mittels portabler Geräte während des Wartungsvorgangs Temperatur und Feuchtigkeit überwachen.
Edge Datacenter gefährden die Energie-Effizienz
Weitere Aspekte sind weniger offensichtlich: Edge Datacenter können die Energie-Effizienz der Rechenzentrumsausstattung von Unternehmen nach unten drücken, da sie durch ihre Größe weniger von Skaleneffekten profitieren als große Anlagen.
Energieversorgung und Luftkonditionierung befinden sich meist im selben Raum wie die Rechner, ein zusätzliches Risiko. Auch kann die Stromversorgung kann am Standort weniger sicher sein als bei größeren Rechenzentren, was berücksichtigt werden muss. Stromversorgung und Klimatisierung müssen oft trotz begrenzten Raums doppelt ausgelegt werden.
Filter sind zumeist unentbehrlich
Die Redundanzen in der IT-Geräte-Ausstattung sind in Edge DC meist geringer und redundantes Equipment lässt sich nicht separieren. Sind Batterien vorhanden, beispielsweise als Teil einer USV, ist es wegen der räumlichen Nähe zum IT-Equipment um so wichtiger, sie fachgerecht zu belüften, zu warten und vor Bränden zu schützen.
Pflanzenpollen oder Abgase können erhebliche Probleme bereiten. Filtereinrichtungen helfen zwar, brauchen aber je häufiger Wartung, desto schmutziger die Umgebung ist. Überwachung aus dem Hintergrund ist sinnvoll, um Filter immer dann zu reinigen und auszuwechseln, wenn sie verschmutzt sind.
Ausreichende Filter müssen laut ASHRAE MERV (Minimum Efficiency Reporting Value) 11 oder 13 erfüllen, die für im Edge Datacenter zirkulierende Luft MERV 8. Außerdem sollte der Differenzdruck über die Luftfilter aus dem Hintergrund überwacht werden.
Korrosionsmessungen sind unabdingbar
Ist das Edge Datacenter gasförmigen Verschmutzungen ausgesetzt, sind auch Korrosionsmessungen mit Metallplättchen oder über spezielle Monitoring-Systeme erforderlich. Die Korrosion soll pro Monat bei Silber unter 200 Angstrom, bei Kupfer unter 300 Angstrom bleiben.
Sinnvoll, so ASHRAE, sei gerade wegen der möglicherweise schlecht zugänglichen Standorte von Edge Datacenter die Implementierung von DCIM-Software. Sie sollte zumindest die Werte für Temperatur, Feuchtigkeit, Korrosionsrate und Funktion der Geräte liefern, Wassereinbrüche, Feuer oder Einbruchsversuche erkennen und entsprechende Alarme generieren.
Die Software sollte direkt in die Firmware der Geräte implementiert sein und Automatisierungsmechanismen besitzen, so dass in definierten Fällen die Geräte automatisch heruntergefahren werden, ehe es zu katastrophalen Entwicklungen kommt.
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