Geschichte des Microsoft-Betriebssystems Windows-Historie, Teil 4 – Die sechste Generation
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Über die Jahre etabliert sich „Windows XP“ als beliebtes Betriebssystem. Die Entwicklung des folgenden 6. Kernels verläuft dagegen äußerst wechselhaft. Was bedeutet das für „Windows 10“? Letzter Teil der Windows-Retrospektive.

Auch wenn Heimanwender und Firmen dem ursprünglichen Release von Windows XP etwas verhalten gegenüber standen, so konnte sich das Betriebssystem doch schnell fest im Markt etablieren und fand auch breite Anwendung als Embedded OS. Die Marktführerschaft sollte XP noch bis August 2012 behalten; der Nachfolger, „Vista“, erreichte zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise die Popularität seines Vorgängers. Was war geschehen?
Windows Vista: Holprige Evolution
Bereits im Mai 2001, noch vor dem offiziellen Release von Windows XP, begann bei Microsoft die Arbeit an einem Nachfolger. Das Betriebssystem einmal mehr runderneuert werden, ein neuer Kernel sollte die Basis bilden. Die unter dem Namen „Longhorn“ begonnene Windows-Version sollte ursprünglich noch im Jahr 2003 erscheinen, was dem üblichen Rahmen der Lebensspanne eines Windows-Betriebssystems entsprochen hätte.
Letztendlich sollte sich die Entwicklung allerdings über fünf Jahre hinziehen. Bill Gates, zwischenzeitlich Leiter der Entwicklungsabteilung und Aufsichtsratsvorsitzender von Microsoft, merkte auf der Messe „CES 2007“ an, für die Entwicklung habe man 6 Milliarden Dollar und – einmal mehr – die Arbeitsleistung von 2.000 Programmieren aufgewandt.
Die Volumenlizenz für Windows Vista war ab November 2006 erhältlich, ab Januar 2007 stand das Betriebssystem auch im Einzelhandel. Am Erscheinungstermin war das neue System, das letztlich den Namen „Vista“ erhielt, in 5 verschiedenen Verkaufsfassungen erhältlich: Für Heimanwender existierten eine „Home Basic“ und eine „Home Premium“-Fassung, Firmenkunden hatten die Wahl zwischen „Vista Business“ und „Vista Enterprise“, und „Vista Ultimate“ bot für alle Kunden das teuerste, aber auch umfangreichste OS-Paket.
All diese Varianten erschienen, anders als noch bei Windows XP, von Beginn an in 32Bit- und 64Bit-Ausgaben. Zudem gab es noch eine stark abgespeckte Version namens „Vista Starter“, die ausschließlich als OEM-Ausgabe für Netbooks vertrieben wurde.
Für das Betriebssystem mit dem neuem Systemkern hatte sich Microsoft zahlreiche ambitionierte Ziele gesteckt. Die grafische Nutzeroberfläche „Luna“ wurde nun durch „Aero“ abgelöst und durch zahlreiche Gimmicks wie transparente Fensterrahmen, Fenstervorschau bei Programmen in der Taskleiste oder einen optionalen 3D-Desktop ergänzt.
Auch das Startmenü wurde überarbeitet und erhielt erstmals eine integrierte Suchfunktion. Zudem ersetzte nun ein einfaches Windows-Logo die zuvor mit dem Schriftzug „Start“ versehene Schaltfläche.
Ähnlich wie bereits aus „Mac OS X“ bekannt, konnten Anwender nun auch kleine Schnellzugriff-Tools wie Notizzettel oder Kalender auf dem Desktop platzieren. Der integrierte Windows Media Player enthält nun auch einen DVD-Codec und erlaubt somit das direkte Abspielen von Film-DVDs ohne zusätzliche Software.
Erhöhte Sicherheit
Wesentlich wichtiger, wenn auch nicht unmittelbar sichtbar, waren die neu hinzugekommenen Sicherheits-Features. Um die Angreifbarkeit des Systems zu verringern, führte Microsoft eine erweiterte Benutzerkontensteuerung ein, die sich deutlich feiner justieren ließ als bisher.
Standardmäßig war ein arbeiten mit nur eingeschränkten Nutzerrechten vorgesehen, jedoch konnte man nun – etwa für die Installation von Software – vorrübergehend Administratorrechte annehmen um eine bestimmte Sache zu erledigen, und anschließend wieder mit eingeschränkten Rechten weiterarbeiten. Dies adressierte ein Problem bei vielen XP-Rechnern, an denen Anwender gewohnheitsmäßig mit uneingeschränkten Administratorrechten arbeiteten, was das System attraktiv für Hacker und Angriffe über das Internet macht.
Um das Vista-Betriebssystem zusätzlich gegen Bedrohungen aus dem Internet abzuschirmen, führte Microsoft in dieser Version den „Windows Defender“ ein, ein Echtzeit-Überwachungssystem zur Abwehr von Spyware-Tools und Trojanern. Mit der digitalen Treibersignatur sollte sichergestellt werden, dass nur von Microsoft abgesegnete Hardware und Treiber am System verwendet werden, um optimale Performance und minimales Risiko durch Hackerangriffe über diese Kanäle sicherzustellen.
Funktionen und Unpässlichkeiten
Ansonsten erhielt das Betriebssystem zahlreiche Erweiterungen und Aktualisierungen von Systembestandteilen. Der Leistungsmonitor wurde ausgebaut, die meisten Windows-Bestandteile wie „DirectX“, „Media Center“ und Systemwiederherstellung wurden komplett überholt und ausgebaut. Mit dem Disk-Manager ließen sich nun auch unter Windows-Partitionen relativ einfach vergrößern oder verkleinern.
Zudem bekam das Betriebssystem, das von Beginn an in 32- und 64-Bit-Versionen erhältlich war (die 64Bit-Fassungen von XP erschienen erst einige Jahre nach dem ursprünglichen Release), eine Option zur Sprachsteuerung spendiert. Deren Popularität hielt sich allerdings in Grenzen, zumal sie Funktion noch kurz vor Release durch einige unangenehme Glitches auffiel.
Auch wenn sich Windows Vista in den ersten Monaten besser verkaufte als seinerzeit Windows XP, geriet das Betriebssystem in der öffentlichen Meinung zum Flop. Schon kurz nach Erscheinen merkten einige Fachmedien an, dass das Betriebssystem langsamer und schwerfälliger wirkte als sein Vorgänger.
Verantwortlichkeiten für die Unzulänglichkeiten
Schuld daran war wohl die Art und Weise, in der Microsoft die Entwicklung des OS betrieben hatte: Um möglichst viele Features schnell in das System integrieren zu können, arbeiteten mehrere Programmierteams, mehr oder weniger losgelöst von anderen, an einzelnen Komponenten und fügten diese nach Fertigstellung wieder in die jeweiligen Builds ein. Das führte dazu, dass einzelne Bauteile oft nicht gut zusammenarbeiteten, was in der Folge zu Performance- und Stabilitätsproblemen führte.
Einige der neuen Features wurden von vielen Anwendern eher als störend denn als hilfreich empfunden. Die digitale Treibersignatur ließ in vielen Fällen die Installation offizieller, aber älterer Gerätetreiber nicht zu. Selbst bei angepassten Vista-Treibern kam es oft noch zu Kompatibilitätsproblemen.
Auch die erweiterte Benutzerkontensteuerung war, wie einige Kritiker ironischerweise anmerkten, nicht benutzerfreundlich: Das Betriebssystem neigte dazu, Nutzer dermaßen oft zur Eingabe des Administratorpassworts aufzufordern, dass gerade viele Heimanwender ihre eigenschränkten Kontos gleich in uneingeschränkte Admin-Accounts umwandelten.
Das angedachte Sicherheits-Feature wurde so effektiv zum Sicherheitsrisiko. Im ersten Service-Pack zu Vista reduzierte daher Microsoft die Anzahl der entsprechenden Aufforderungen signifikant.
Neue Probleme mit dem Service Pack 2
Im Laufe der Zeit, spätestens mit dem zweiten Service Pack, bekam Microsoft die Performance-Probleme des Systems zwar in den Griff. Die meisten Nutzer und Firmen hielten allerdings weiterhin an XP fest: Die Umstiegshürde war zu groß, die Probleme des Systems wurden von vielen als hinderlich wahrgenommen.
Einige Fachmagazine zählten das OS zu den „größten Tech-Enttäuschungen des Jahres“. Selbst Partner und OEM-Hersteller wie Acer bezeichneten das Betriebssystem von Microsoft als eine „Enttäuschung“. Für die Entwicklung des Nachfolgers nahm sich Microsoft die Kritikpunkte zu Herzen.
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