Verloren im Labyrinth der IT-Begriffe? Hier finden Sie Definitionen und Basiswissen zu Rechenzentrums-IT und -Infrastruktur.

Die Kaffeemaschine in der IT Was ist eine Appliance?

Autor / Redakteur: Filipe Martins und Anna Kobylinska* / Ulrike Ostler

Unter dem Begriff „Appliance“ versteht man eine funktionelle Einheit aus Hard- und Software, die für eine konkrete, oft eine sehr eng umrissene, Aufgabe konzipiert wurde. Das Wort „Appliance“ verdeutlicht die Analogie zu einem Ein-Zweck-Haushaltsgerät (englisch: „home appliance“) wie einem Toaster oder einer Kaffeemaschine: Es geht in beiden Fällen darum, eine einzige Aufgabe möglichst effizient zu bewältigen.

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Eine Appliance, in der Abbildung eine Kaffeemaschine, ist auch in der IT eine Ein-Zweck-Vorrichtung.
Eine Appliance, in der Abbildung eine Kaffeemaschine, ist auch in der IT eine Ein-Zweck-Vorrichtung.
(Bild: gemeinfrei: Leewoochul/ Pixabay / CC0 )

Appliances haben sich unter anderem als Firewalls, Emailserver, Lastverteiler, Datenbanken, Backupsysteme und UTM-Lösungen (Unified Threat Management) bewährt; es kommen ständig neue Lösungen hinzu.

Die Vor- und Nachteile von Appliances

Eine Appliance bietet Unternehmen eine Reihe von Vorteilen. Dazu zählen unter anderem:

  • schnelle Inbetriebnahme (vorab konfiguriert durch den Hersteller),
  • leichte Bedienung mit Hilfe einer einheitlichen Managementoberfläche und damit sehr geringe administrative Kosten,
  • eine vorhersehbare Leistung (z.B. mit garantierten Datendurchsatzwerten),
  • horizontale Skalierbarkeit (bei hyperkonvergierten Appliances, HPAs).

Die Simplizität der Administration einer Appliance geht mit einer erhöhten Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Anbieter und einer limitierten Anpassungsfähigkeit gegenüber Standardhardware einher. Dafür muss für die Hardware und den gesamten Software-Stack einer Appliance eben dieser eine Anbieter geradestehen („one single throat to choke“, wörtlich also „ein Hals zum Würgen“, wird als ein Vorteil von Appliances ins Feld geführt).

Appliances versus (hyper)konvergente Systeme

Bei einer Appliance sind die Hard- und Software im Hinblick auf den jeweiligen Anwendungszweck aufeinander präzise abgestimmt. Alle benötigten Ressourcenklassen sind in einer Appliance bereits enthalten. Eine Appliance ist für ein konkretes, präzise definiertes IT-Problem (zum Beispiel die Bereitstellung von E-Mail- oder Cyber-Sicherheits-Diensten) konzipiert; abweichende Nutzungsszenarien sind nicht vorgesehen und oft auch gar nicht möglich.

Bei einer Hardware mit einer ähnlich einfachen Inbetriebnahme wie eine Appliance, die ebenfalls Compute, Storage und Netzwerk in einer kompakten Bauform integriert, jedoch dank integrierter Virtualisierung flexiblere Anwendungsmöglichkeiten vorsieht, ist von einem „konvergierten System“ oder einer „konvergierten Infrastruktur“ die Rede.

In einem solchen System „konvergieren“ die Hardwareressourcen Compute, Speicher und Netzwerk (noch erkennbar als separate Bauelemente mit ihren separaten administrativen Tools) in einer virtualisierten Umgebung. Ein konvergiertes System ist üblicherweise für eine bestimmte Art von Workloads vorkonfiguriert und verfügt über lokalen Speicher.

Werden alle Hardwareressourcen eines solchen Systems — Compute, Speicher und Netzwerk — vollständig durch eine einheitliche Software-Ebene kontrolliert, so dass sie sich nur als eine logische Einheit, in Software definiert, nutzen lassen, spricht man von einer hyperkonvergenten Infrastruktur (kurz: HCI).

HCI ermöglicht die Entstehung einer nach dem Baukastenprinzip ausbaufähigen Lösung für die unterstützten Workloads durch das Hinzufügen weiterer hyperkonvergierter Systeme als Knoten zu der nun vollständig in Software definierten Lösung. Hyperkonvergierte Lösungen können softwaredefinierten Speicher anderer Knoten des Systems nutzen; eine Kontrollfunktion auf allen Knoten der Infrastruktur macht diese Abstraktion möglich.

Hyperkonvergente Infrastrukturen versus hyperkonvergente Appliances

Bei einem hyperkonvergierten System mit vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten ist üblicherweise von einer hyperkonvergierten Infrastruktur die Rede. Unternehmen können eine hyperkonvergierte Infrastruktur vorgefertigt kaufen oder auf der Basis eines Hypervisors und kompatibler Hardware in Eigenregie implementieren. (Im letzteren der beiden Fälle muss sich der Anwender zwar bei der Hard- und Software mit zwei verschiedenen Anbietern auseinander setzen, dafür sind granulare Erweiterungen nur einer Ressourcenklasse — zum Beispiel nur Compute oder nur Storage und auch gerne von verschiedenen Anbietern — prinzipiell möglich.

Bei vorgefertigten hyperkonvergierten Infrastrukturen muss der Anwender hingegen mindestens einen neuen Knoten anschaffen und dabei auch die nicht benötigten Ressourcenklassen zumindest im reduzierten Umfang in Kauf nehmen.) Typische Nutzungsszenarien für hyperkonvergierte Infrastrukturen beinhalten Virtual Desktop Infrastructure (VDI), Backups und Disaster-Recovery.

Bei einem hyperkonvergierten System, welches für eine eng umrissene Aufgabenstellung konzipiert wurde, handelt es sich um eine hyperkonvergierte Appliance. Eine hyperkonvergierte Appliance wird durch ihren jeweiligen Anbieter schlüsselfertig geliefert. Die Leistung einer solchen Appliance lässt sich modular durch das Hinzuschalten zusätzlicher Knoten skalieren.

Eine HCI erweitert typischerweise die unterstützen Workloads um zusätzliche Funktionalität wie Dateisystemsnapshots, Backups, Daten-Deduplizierung, -Kompression, -Verschlüsselung und andere; die verschiedenen Dienste können sich in ihren Leistungsmerkmalen stark voneinander unterscheiden (zum Beispiel eine exzellente Backup-Funktionalität kann mit einer bescheidenen Cybersicherheit einhergehen).

Verschiedene Typen an Appliances

Appliances fallen in eine von drei Grundkategorien:

  • Hardware-Appliances,
  • Managed-Appliances und
  • virtuelle Appliances

Allen drei Typen von Appliances ist das geschlossene Gesamtkonzept einer spezialisierten und weitgehend schlüsselfertigen Lösung gemeinsam.

Beispiel für eine Hardware-Appliance: „Softnix Logger“, Enterprise-Edition, von Dell EMC kann eine ganz eng definierte Aufgabe ausführen, nämlich Log-Files speichern.
Beispiel für eine Hardware-Appliance: „Softnix Logger“, Enterprise-Edition, von Dell EMC kann eine ganz eng definierte Aufgabe ausführen, nämlich Log-Files speichern.
(Bild: Dell EMC)

Die Hardware-Appliances

Eine Hardware-Appliance verfügt über eine standardisierte Kombination aus Hardware, Betriebssystem und Anwendungssoftware, die zur Vermeidung von Fehlern bei der Installation und Migration sorgsam aufeinander abgestimmt und ausgetestet wurden. Im Gegensatz zu konventionellen Systemen ist eine Hardware-Appliance mit einem nur minimalen Konfigurationsaufwand einsatzbereit.

Hardware-Appliances bieten eine Alternative zum Einsatz von Softwareanwendungen auf Standardhardware. Die hohe Anpassungsfähigkeit solcher Systeme artet für die Administratoren in mühsamen Konfigurationsmarathons aus wann immer ein größeres Upgrade einer Komponente ansteht. Hardware-Appliances bieten zwar nicht annähernd dieselbe Flexibilität wie modulare Standardhardware, dafür aber beachtliche Vorteile einer engeren Integration.

Bei hyperkonvergenten Appliances handelt es sich um Hardware-Appliances mit föderiertem Speicher und Hypervisor-gestützten Compute-Workloads. Zu den größten Vorteilen dieser Architektur zählt neben der schnellen Inbetriebnahme eine reibungslose horizontale Skalierbarkeit und integrierte Automatisierungswerkzeuge für die unterstützten Workloads.

Die höheren Anschaffungskosten von Hardware-Appliances gegenüber Standard-Allzweckhardware und eine weitaus geringere Anpassungsfähigkeit zählen zu potenziellen Nachteilen dieser Lösung.

Die Managed-Appliances

Bei einer Managed-Appliance handelt es sich um einen Dienst, der als eine Lösung für eine konkrete Aufgabenstellung über einen definierten Zeitraum mit leihweise bereitgestellter Hardware des Providers gebündelt wird. Diese Form der Bereitstellung ist besonders bei Datenbackups sehr beliebt.

Managed-Appliances adressieren Unternehmen, welche die technische Administration bestimmter IT-Funktionsbereiche auf einen externen Dienstleister auslagern möchten, um für einen garantierten Preis eine garantierte Leistung zu erhalten.

Die Virtuellen Appliances

Bei virtuellen Appliances handelt es sich um das Image einer VM samt der benötigten Software, die im Rechenzentrum des Anwenders auf einer unterstützten Hypervisor-Plattform ausgeführt werden kann. Virtuelle Appliances eignen sich vorrangig zu Lern- wie auch zu Testzwecken. So können Administratoren vor der Anschaffung einer Hardware-Appliance eine virtualisierte Variante der gebotenen Lösung im Hinblick auf ihre Eignung für das avisierte Anwendungsszenario auf die Probefahrt nehmen. Bei einer virtuellen Appliance trägt der Anwender für die Anschaffung und Bereitstellung der Hardware selbst Sorge.

Die nächste Entwicklungsstufe nach hyperkonvergenter Infrastruktur ist komponierbare beziehungsweise zusammensetzbare Infrastruktur (Composable Infrastructure, kurz: CI), die virtuelle Appliances ausführt.

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