Unschlagbarer Strompreis für Rechenzentren Schweden beschließt drastische Senkung der Stromsteuer für Datacenter

Autor / Redakteur: Staffan Revemann* / Ulrike Ostler

Während hierzulande die EEG-Umlagen steigen, hat das Parlament in Stockholm eine drastische Senkung der Stromsteuer für Rechenzentren über 500 Kilowatt beschlossen. Damit erreicht Schweden die niedrigsten Stromkosten in der gesamten EU.

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Die benötigte Leistung aller deutschen Rechenzentren könnte 11-fach von den schwedischen Wasserkraftwerken unterbrechungsfrei versorgt werden.
Die benötigte Leistung aller deutschen Rechenzentren könnte 11-fach von den schwedischen Wasserkraftwerken unterbrechungsfrei versorgt werden.
(Bild: Hans Blomberg/Vattenfall)

Schon vor dem Sommer hatte die Regierung angekündigt, die Stromsteuer sowohl für Server-Farmen und Rechenzentren auf dasselbe Niveau zu senken, als auch für die schwedische Basisindustrie. Der Gesetzesentwurf wurde nun vom Parlament verabschiedet und das neue Gesetz tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.

Die Stromkosten pro Kilowattstunde werden sich, abhängig von Standort und Stromabnahme, bei etwa 4 bis 6 Eurocent einpendeln, inklusive aller Stromsteuern, Umlagen und Abgaben. In den Großstädten gibt es schon heute Geschäftsmodelle bei denen Rechenzentrumsbetreiber ihre Abwärme an das Fernwärmenetz verkaufen können, um seine Energiekosten weiter zu reduzieren.

Drastische Kostensenkungen in Aussicht

Die Strompreise für Rechenzentren in Schweden werden damit die niedrigsten in der gesamten EU. Schon vor der Steuersenkung waren die Preise im Vergleich zu Deutschland niedrig. Jetzt aber wird die Stromsteuer für Rechenzentren um rund 97 Prozent auf umgerechnet rund 0,0005 Euro, oder 0,05 Eurocent pro Kilowattstunde, gesenkt.

EEG-Umlagen oder Ähnliches gibt es in Schweden nicht. Die Dekarbonisierung der Stromversorgung mit nur etwa 1,6 Prozent fossilen Brennstoffen im Strommix gegenüber etwa 50 Prozent in Deutschland ist fast abgeschlossen. Es gibt ein Überangebot an elektrischer Energie, bei der 200 große Wasserkraftwerke mit insgesamt 16 Gigawatt Leistung eine entscheidende und schnell regulierbare Rolle spielen.

Datacenter gehören hierzulande nicht zur Basisindustrie

Auch in Deutschland genießt die Basisindustrie erhebliche Stromsteuer- und Umlagevergünstigungen, aber Rechenzentren zählen in Deutschland nicht zur Basisindustrie – in Zeiten der Digitalisierung schwer nachvollziehbar.

Schweden setzt damit ganz einfach auf die Neuansiedlung von Rechenzentren. Mit nur 12 Millisekunden Latenzzeit zwischen Frankfurt/Main und Stockholm und niedrigen Strompreisen werden gute Voraussetzungen für eine starke Entwicklung bei den Neuansiedlungen geschaffen.

Daher hat die Regierung das „Problem“ mit der Stromsteuer jetzt aus dem Weg geräumt. Die schwedische Regierung rechnet damit, dass sich Rechenzentren und Server-Farmen für Co-Location, Hosting und Cloud Computing zu einer interessanten Branche entwickeln. Nicht ohne Grund hat Facebook zwei gigantische Rechenzentren in Schweden gebaut.

Schweden lockt und investiert

Es wird damit gerechnet, dass der Bedarf an Rechenzentren für große Internet-Unternehmen mit 40 Prozent pro Jahr wachsen wird. Schweden investiert kräftig, da ein enormes Potenzial mit bis zu 30.000 neuen Arbeitsplätzen entstehen und ein Beitrag von bis zu 50 Milliarden Schwedische Kronen zum Bruttonationalprodukt (BNP)/Bruttonationaleinkommen (BNE) erwartet werden, wie eine Studie von Business Sweden und der Boston Consulting Group belegt.

Das historische Wasserkarftwerk Älvkarleby, Schweden.
Das historische Wasserkarftwerk Älvkarleby, Schweden.
(Bild: Hansa Blomberg/Vattenfall)

Allerdings profitieren nicht alle Rechenzentren von der Stromsteuersenkung. Serverfarmen mit einer Leistung unter 0,5 Megawatt werden von der niedrigen Stromsteuer ausgenommen, das bei den kleineren Betreibern für Aufruhr gesorgt hat. Es handelt sich hier um ungefähr 3.000 Rechenzentren, die unter der Grenze liegen und bis auf weiteres eine höhere Steuer zahlen müssen, als ihre größeren Konkurrenten.

Es gibt auch weitere Ausnahmen von der geplanten Steuererleichterung. Unternehmen, die große Rechenzentren mit einer Leistung von über 0,5 Megawatt für den eigenen Bedarf betreiben, zum Beispiel im Handel oder der Banken- und Finanzindustrie, werden nicht eingeschlossen. Wenn die Rechenzentren hingegen in eigenständige Unternehmen ausgegliedert oder als Co-Locator, Hosting-Provider oder in der Cloud betrieben werden, profitieren sie laut dem neuen Gesetz von der Steuererleichterung.

*Über den Autor

Staffan Reveman, Revemann Energy Consulting, ist ein gefragter Experte in Sachen Energie-Management.

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