Raue Umgebungen, Schnelligkeit und verteilte Datacenter-Architekturen: Edge-Rechenzentren erfordern eine Besonderheiten in puncto Verkabelung
Anbieter zum Thema
Während Edge-Rechenzentren größtenteils dieselben Anforderungen an Stromversorgung, Kühlung, Konnektivität und Sicherheit stellen wie zentralisierte Rechenzentren, müssen einige Infrastrukturelemente, einschließlich der Netzwerkverkabelung, besonders bedacht werden. Alberto Zucchinali von Siemon analysiert die Verkabelungsanforderungen von Edge-Rechenzentren mit Blick auf Performance, Latenz, Packungsdichte und Wärme-Management

In den kommenden zehn Jahren wird die Anzahl der IP-gebundenen Geräte exponentiell wachsen. Auch die Anforderungen der Nutzer an besserte Online-Erlebnisse, an schnellere Wi-Fi-Dienste und an die Bereitstellung von Anwendungen durch die Online-Anbieter werden weiter steigen.
Hinzu kommen neue Technologien wie autonom fahrende Autos, für die eine Echtzeitkommunikation mit lokalen Verarbeitungsressourcen benötigt wird, um Sicherheit zu gewährleisten und Unfälle zu vermeiden. Die Antwort auf diesen neuen Bedarf an Übertragungsgeschwindigkeit und effizienter Bereitstellung von zeitkritischen Daten ist Edge Computing.
Edge-Computing basiert auf einer verteilten Rechenzentrumsarchitektur, bei der IT-Cloud-Server, die in Edge-Rechenzentren aufgestellt sind, in den äußeren Bereichen eines Netzwerks eingesetzt werden. Indem IT-Ressourcen näher an die Endnutzer und/oder Geräte gebracht werden, lassen sich Anwendungen und Daten mit hoher Geschwindigkeit und geringer Latenz verarbeiten.
Hohe Leistung und geringe Latenz bei der Datenübertragung
Edge-Rechenzentren benötigen eine hochleistungsfähige Verkabelung und Verbindungstechnik aus Kupfer und Glasfaser, um Anwendungen und Daten mit hoher Geschwindigkeit und geringer Latenz verarbeiten zu können. Infrage kommen hier Kupferkabel der Kategorien 6A und 7/7A, die Datenraten von bis zu 10 Gigabit Ethernet über die übliche maximale Standard-Channel-Länge von 100 Meter unterstützen - was weit über die Anforderungen eines typischen Edge-Rechenzentrums hinausgeht - sowie Kabel der Kategorie 8 mit 25 und 40 Gbit/s über einen Verkabelungskanal von maximal 30 Meter.
Aller Voraussicht nach werden auch High-Speed-Interconnect-Techniken (HSI) in Edge-Rechenzentren vermehrt zum Einsatz kommen. Diese kurzen Punkt-zu-Punkt-Kabel stellen direkte Verbindungen beispielsweise bei Switch-to-Switch-, Switch-to-Compute- oder Switch-to-Storage-Anwendungen im selben Rack oder zu benachbarten Racks her und ermöglichen die Übertragung großer Datenmengen mit hoher Geschwindigkeit.
HSI sind als Direct Attach Kupferkabel (DAC) und Aktive Optische Kabel (AOC) erhältlich und bieten Übertragungsraten von 10 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) bis 100 Gbit/s. Transceiver und die damit verbundenen Kosten lassen sich damit einsparen sowie potenzielle Fehlerquellen im Zusammenhang mit den zusätzlichen Verbindungspunkten vermeiden.
Für Equipment mit hoher Packungsdichte geeignet
In Edge-Rechenzentren muss eine weitaus größere Anzahl von physischen Verbindungen auf einem viel kleineren Raum verwaltet werden. Verkabelungs- und Konnektivitätsprodukte mit hoher Packungsdichte der Kategorie 6A/Klasse EA sind perfekt auf diese Anforderungen abgestimmt, darunter Anschlussfelder mit hoher Port-Dichte wie 48-Port-Panel und Patch-Kabel mit einem kleineren Kabelaußendurchmesser von nur 5,5 Millimeter. Die Auswahl von Kabeln in der optimalen Länge hilft, Kabelüberlängen zu vermeiden, die das Equipment und andere Kabel beeinträchtigen könnten.
Equipment mit hoher Aufnahmekapazität für Glasfaser bieten eine herausragende Port-Dichte auf engem Raum und ermöglichen zugleich einen bequemen Zugriff auf die Glasfaserports und Kabel.
Steuerung des Luftstroms für ein besseres Wärme-Management
Eng verbunden mit dem Einsatz von Equipment mit hoher Packungsdichte ist ein angemessenes Wärme-Management. Damit soll eine optimale Geräteleistung auch in solchen Umgebungen gewährleistet werden, in denen die Temperaturbereiche extremer sein können.
Leistungsfähigere Kupferverkabelungen in geschirmter Ausführung gestatten es, die standardmäßig empfohlenen Betriebstemperaturen zu überschreiten. Dabei sollten Kabel eingesetzt werden, die in ihrer mechanischen Zuverlässigkeit für Umgebungen mit hohen Temperaturen bis 75 Grad ausgelegt sind.
Ein ordnungsgemäßes Kabel-Management ist ebenfalls entscheidend für die Aufrechterhaltung des Luftstroms und eine angemessene Kühlung. Kabelüberlängen müssen reduziert werden und die Kabelbündel sollten zweckmäßig in den Racks angeordnet sein, damit die Luft ungehindert fließen kann.
Hier sind HSI-Kabel zu empfehlen, die in Halbmeterschritten erhältlich sind, um große Mengen an Kabelüberlängen innerhalb des Racks zu vermeiden, und somit das Kabel-Management vereinfachen und die Luftzirkulation verbessern. Patch-Kabel mit einem reduzierten Durchmesser bieten zudem einen deutlich kleineren Biegeradius und erleichtern damit Kabelführung und Kabelmanagement bei Moves, Adds und Changes in diesen beengten Bereichen.
Größere Flexibilität und vereinfachte Verwaltung
Edge-Rechenzentren sind über ein größeres geografisches Gebiet verteilt. Ihre Einrichtung erfordert daher einen modularen Ansatz. Das heißt, dass Module und Konfigurationen, die einmal spezifiziert sind, leicht von einem Standort zum nächsten repliziert werden können, um eine schnelle Bereitstellung und eine lokale bedarfsgerechte Skalierung erlauben. Flexible Komponenten wie Anschlussfelder, die sich sowohl für Kupfer- als auch Glasfaserkabel eignen, ermöglichen eine Konfiguration und Bestückung entsprechend der erforderlichen Anzahl und Art der Schnittstellen der Aktivkomponenten.
Vorkonfigurierte Produkte oder Plug-and-Play Komponenten können das Einrichten und Verwalten einer großen Anzahl von Edge-Rechenzentren vereinfachen und beschleunigen. Mit vorkonfektionierten Kupfer- und Glasfaser-Verkabelungssystemen lässt sich die Installationszeit beispielsweise um bis zu 90 Prozent im Vergleich zu einzelnen, vor Ort konfektionierten Glasfaserverbindungen reduzieren. Entsprechende Systeme sind werkseitig vorab konfektioniert und getestet, sie sind sofort einsatzfähig (out-of-the-box) und bieten eine garantierte Leistung.
Da viele Edge-Rechenzentren an abgelegenen Standorten errichtet werden, unbemannt und oft nur eingeschränkt zugänglich sind, erfordern sie eine Fernverwaltung und Fernsteuerung. Über AIM-Tools (Automated Infrastructure Management) lassen sich Kupfer- und Glasfaserverbindungen fernüberwachen und verwalten.
Sie lösen Warnmeldungen in Echtzeit aus, beispielsweise wenn ein Kabel angeschlossen/getrennt wird oder sich eine Schranktür öffnet, was dazu beiträgt, Ausfallzeiten schnell zu erkennen und zu reduzieren sowie unbefugte Zugriffe anzuzeigen. Ist eine solch detaillierte Kontrolle und Steuerung nicht erforderlich, können intelligente PDUs mit Sensoren für Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Kontakt die Fernsteuerung grundlegender Sicherheits- und Umgebungsparameter übernehmen.
Vereinfachung spezifischer Redundanzanforderungen
In Anbetracht ihres Standorts müssen Edge-Rechenzentren auf Ausfallsicherheit ausgelegt sein, und dies erfordert redundantes Equipment. In einem einheitlichen Planungskonzept sollten die benötigte Anzahl an Ports, ihre Position im Rack und die erforderlichen Kabellängen festgelegt werden sowie Informationen über die dazugehörige redundante Verkabelung hinterlegt sein. Das sichert ein hohes Maß an Redundanz und gibt einen gewissen Spielraum für künftige Upgrades.
Viele neue Technologien wie 5G, IoT-Geräte und IIoT, autonomes Fahren, VR, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, Datenanalyse sowie Video-Streaming und Überwachung werden Edge-Rechenzentren nutzen und von ihnen profitieren. Wenn Hightech-Anbieter, die in die Einrichtung von Edge Datacenter investieren, die geeigneten Komponenten wählen, können sie ihre Dienste und Anwendungen schneller und zuverlässiger dort bereitstellen, wo sie am meisten gebraucht werden.
* Alberto Zucchinali ist Datacenter Solutions und Services Manager bei Siemon.
Artikelfiles und Artikellinks
(ID:47366826)