65 Prozent der Daten werden nie genutzt und 15 Prozent sind alt Digitale Enthaltsamkeit: KI-Fortschritt muss nicht zu Lasten der Umwelt gehen
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Der Schlüssel für große Effizienzgewinne heißt digitale Enthaltsamkeit. „Digital Sobriety“ ist keine mittelalterliche Glaubensübung, sondern das Mittel der Wahl, um freie Kapazitäten für Innovationen zu schaffen und gleichzeitig ESG-Ziele zu erreichen.

Der Druck auf Unternehmen und Regierungsorganisationen, Net-Zero-CO2-Ziele zu erreichen, lässt sich nicht leugnen. Hinzu kommt der zusätzliche Druck, mit der Nachfrage nach neuen Technologien Schritt zu halten, dem die meisten IT-Führungskräfte ausgesetzt sind. Es ist ein steter Balance-Akt zwischen einer effizienteren Arbeitsweise und Leistungsstärke einerseits sowie dem Einhalten von ESG-Zielen und IT-Budgets andererseits.
Die Entscheidungsfindung ist dabei nicht selten abhängig von den Einflüssen und Interpretationen verschiedener Interessengruppen, was zunächst oft zu einem gewissen Maß an Trägheit führt, bevor tatsächlich Änderungen erfolgen. Doch der Wille für Veränderungen ist vorhanden: Wie ein Bericht der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) Anfang des Jahres zeigte, sind CEOs sehr daran interessiert, ESG-Initiativen ungeachtet des wirtschaftlichen Drucks zu ergreifen. Eine Strategie für den Wandel zu haben, mit der sich schnelle Erfolge erzielen, aber auch längerfristige Maßnahmen umsetzen lassen, ist daher entscheidend.
Inzwischen bestimmt die Automatisierung das Denken bei IT-Käufern – stets erscheinen in diesem Zusammenhang neue Produkte und Tools. Fakt ist, dass Automatisierung für Unternehmen attraktiv ist – zur Produktivitäts- und Effizienzsteigerung sowie zur Überwindung des Fachkräftemangels.
Kein Weg daran vorbei
Sie hat jedoch stets einen Preis – sowohl in finanzieller Hinsicht als auch mit Blick auf die Folgen für die Umwelt. Wie die Analysten von Gartner in ihren Vorhersagen „10 Strategic Predictions for 2023“ warnen, stellt KI ein erhöhtes Risiko für die Nachhaltigkeit dar.
So soll bis zum Jahr 2025 „KI mehr Energie verbrauchen als die arbeitende Bevölkerung, was deutlich zu Lasten der CO2-Werte gehen wird“. Vor diesem Hintergrund muss definitiv jetzt etwas getan werden, um KI möglich zu machen, ohne die Bemühungen in Sachen Umweltschutz zu beeinträchtigen.
Laut der Unternehmensberatung Deloitte ist das Einhalten von ESG-Zielen in diesem Jahr ein zentrales Thema in den Vorstandsetagen. Daher wird es von entscheidender Bedeutung sein, wie Unternehmen diese Ziele mit den gesteigerten Automatisierungsanforderungen in Einklang bringen.
Cloud Computing ist selbstverständlich von zentraler Bedeutung, um den Einsatz von KI-Tools in Unternehmen zu ermöglichen. Digitale Transformationen zur Implementierung von Plattformen, die Organisationsstrukturen und damit Daten harmonisieren, treiben die Cloud-Einführung voran.
Wie eine Studie von Gartner kürzlich ergab, sollen die weltweiten Ausgaben für die Cloud in diesem Jahr ca. 600 Mrd. US-Dollar erreichen. Grund dafür sollen primär neue Technologien wie beispielsweise generative KI sein. Sid Nag, Vice President Analyst bei Gartner sagt, generative KI erfordert „leistungsstarke und stark skalierbare Rechenressourcen, um Daten in Echtzeit zu verarbeiten“. Die Cloud biete dafür „die perfekte Lösung und Plattform“.
Cloud Bursting
Und trotzdem hat die Cloud weiterhin den Ruf, schlecht für die Umwelt und die ESG-Ziele von Unternehmen zu sein. Tatsächlich ist die Cloud-Industrie aber eine der aktivsten beim Versuch, die Effizienz zu steigern und Umweltfolgen zu reduzieren. Immer mehr Racks in einem Rechenzentrum zu installieren, mag eine kurzfristige Lösung sein, taugt aber weniger als langfristige Alternative – vor allem angesichts des sprunghaften Anstiegs des Energiebedarfs durch die wachsende Automatisierung und ihr Management.
Laut Nutanix-Studie „Enterprise Cloud Index“ stellt für 85 Prozent der IT-Entscheider die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen in den Unternehmen eine Herausforderung dar. Während beinahe alle Teilnehmer (92 Prozent) angaben, dass Nachhaltigkeit ein weitaus wichtigeres Thema sei als ein Jahr zuvor, gibt es dennoch eine Diskrepanz zwischen dem, was Unternehmen erreichen wollen, und der Art und Weise, wie sie dabei vorgehen. So ergeben sich aus einer Mischung aus Komplexität und IT-Budgetbeschränkungen große Herausforderungen.
Die Studie zeigt zudem, dass die meisten Unternehmen mehr als eine Art von IT-Infrastruktur nutzen, sei es ein Mix aus privaten und öffentlichen Clouds, mehreren öffentlichen Clouds oder einem On-Premises-Rechenzentrum in Kombination mit einem gehosteten Rechenzentrum. Dieser Trend wird nur noch zunehmen, aber gemischte Infrastrukturen schaffen auch neue Herausforderungen in Sachen Management. Statt einer wachsenden Komplexität benötigen Unternehmen einen einzigen, zentralen Ort für die Verwaltung von Anwendungen und Daten in ihren verschiedenen Umgebungen, um Kosten zu senken, aber auch um die Auswirkungen des Betriebs zu messen.
Die Effizienzsteigerung von Datenprozessen ist ein wichtiger Schritt, um die Belastung der IT-Systeme zu verringern, aber das ist nur ein Teil des Weges. Die wirkliche Veränderung für jede Organisation, die in der Cloud arbeitet, ist die Betrachtung der zugrunde liegenden Infrastruktur.
Die Messung und das anschließende Management der Auswirkungen von Rechenzentren werden auch weiterhin der Schlüssel zur Verringerung des CO2-Ausstoßes durch die Datenverarbeitung in Unternehmen sein. Wie bei einem Auto wird ein kleinerer, aber leistungsfähigerer und effizienterer Motor nicht nur die Emissionen reduzieren, sondern auch Raum für Wachstum und Leistungssteigerung schaffen – etwa durch Tools wie KI.
An dieser Stelle kommt die digitale Enthaltsamkeit ins Spiel – eine Strategie für den Umgang mit Daten, die jedes Unternehmen anwenden sollte, um einer verschwenderischen Datenhaltung Einhalt zu gebieten. Im Zentrum dieser digitalen Nüchternheit stehen die fünf folgenden Schritte, die Unternehmen bei der Einsparung von Kosten und der Verringerung von Kohlenstoffemissionen helfen.
1. Messen, um zu managen
Ein bekanntes Sprichwort aus der Wirtschaft besagt: „Was nicht gemessen wird, lässt sich auch nicht managen“. Genauso wie die Finanzabteilungen sämtliche Kosten ermitteln und in Berichten auflisten, müssen auch die IT-Abteilungen die Auswirkungen von Geräten und Daten auf Energieverbrauch und CO2-Emissionen messen und dokumentieren.
Für die meisten Unternehmen ist dies immer noch Neuland, zumindest teilweise, aber durch das Verständnis der Auswirkungen von beispielsweise Rechenzentren (für private Clouds), öffentlichen Cloud-Diensten und Endnutzergeräten können IT-Teams damit beginnen, sich ein Bild von Verbrauch und Überkapazitäten zu machen. Da sich der Energieverbrauch im Rechenzentrum aus dem Betrieb der Racks (Server/Speicher) und ihrer Kühlung zusammensetzt, wird dadurch sichtbar, wie rentabel bestimmte Cloud-Dienste in Bezug auf Kosten und Emissionen sind.
2. Digitalen Ballast abwerfen
Ungenutzte oder selten genutzte Daten sind ein großer Übeltäter, wenn es um Energieverschwendung geht. Bei diesen Daten, die oft als „dunkle Daten“ bezeichnet werden, handelt es sich häufig um Daten für nur einmal genutzte Funktionen, die kumuliert auf einem Server gespeichert sind und Ressourcen verschlingen – beispielsweise alte IoT-Daten, E-Mails, replizierte Fotos, Dokumente aus dem Cloud-Speicher, versteckte Dateien und dergleichen.
Bei dieser Art von Daten handelt es sich um unstrukturierte Daten, die in herkömmlichen Datenbanken nur sehr schwer zu organisieren sind. Diese Daten werden in der Regel auf sehr teuren Tier-1-Speicher-Arrays gespeichert, die viel Energie verbrauchen, dabei liefern die Daten keinen Wert für das Unternehmen. Nicht selten müssen auch E-Mails aus Gründen der Einhaltung von gesetzlichen und sonstigen Vorschriften aufbewahrt werden – in diesem Fall könnten sie zum Beispiel in „kältere“ Speichertechnologien verschoben werden.
3. Erst denken, dann speichern
Ist der digitale Ballast bereinigt, können Unternehmen besser einschätzen, welche Daten gespeichert, archiviert oder gelöscht werden sollten. Dies hilft bei der Definition von Speicherrichtlinien, die es den Mitarbeitern ermöglichen, bestimmte Dateien und Mitteilungen regelmäßig zu löschen. Auf diese Weise soll die unnötige Anhäufung unerwünschter Daten vermieden werden.
In Anbetracht der Tatsache, dass laut Digital Decarbonisation bis zu 65 Prozent der Daten nie genutzt werden und 15 Prozent veraltet sind, sollten Unternehmen Routinen entwickeln, bewusster mit ihren Daten umzugehen. Dieser bewusstere Umgang kann ihnen in ihrem Bemühen, Kosten und Emissionen zu senken, nur dienlich sein.
4. Storage-Tiering automatisieren
Viele Kunden betreiben heute Speicher auf Festplatten-Arrays mit SSDs sowie NVMe-Speicher (Hot Tier). Wenn also der Speicher kalt ist und nicht genutzt wird oder vielleicht sechs Monate oder länger nicht angerührt wurde, können Methoden zur Datenoptimierung zu erheblichen Einsparungen führen. So verschiebt automatisiertes Storage-Tiering mittels Software Datenblöcke auf intelligente Weise zwischen den einzelnen Speicherebenen, um Kosten und CO2-Belastung zu minimieren sowie die Gesamtleistung und den Durchsatz zu verbessern.
Mit der zunehmenden parallelen Nutzung mehrerer Cloud-Umgebungen wird ein zunehmend KI-gesteuerter Ansatz für die Speicherverwaltung Unternehmen in die Lage versetzen, die Skalierbarkeit und die kostengünstigen Vorteile von Cloud-Diensten unabhängig vom Standort zu nutzen.
5. IT-Infrastruktur modernisieren
Am meisten können Unternehmen aber wohl direkt an der zugrundeliegenden IT-Infrastruktur bewirken. Wie Atlantic Ventures in ihrem Bericht „Improving sustainability in data centers“ darlegt, ist der Energiebedarf von Rechenzentren immer noch sehr hoch und führt zu großen Mengen an Kohlenstoffdioxidemissionen.
Grundlegende Änderungen müssen daher an den Racks vorgenommen werden. Die Modernisierung der Infrastruktur beginnt mit hyperkonvergenten Infrastrukturen (HCI), um die Anzahl der „beweglichen Teile“ und damit den Energiebedarf zu reduzieren. Dies bedeutet auch weniger Komplexität, sowohl hinsichtlich der Cloud-Stacks als auch der Datenverwaltung. Damit lassen sich die direktesten Ergebnisse erzielen.
Der Einsatz eines softwarebasierten IT-Konzepts ist der Weg in die Zukunft, um immer komplexere und vielfältigere Systeme bereitzustellen und zu managen. Ein Software- oder Plattformkonzept ermöglicht nicht nur eine einheitliche Sicht auf die Daten unabhängig vom Standort, sondern versetzt Unternehmen auch in die Lage, die Herausforderungen der Infrastruktur zu bewältigen, die zu höheren Kosten und den Kohlendioxidemissionen führen.
Laut Atlantic Ventures haben „HCI-Architekturen in der EMEA-Region das Potenzial, von 2022 bis 2025 bis zu 56,68 Terawattstunden (TWh) an Energie einzusparen und im gleichen Zeitraum bis zu 8,22 Milliarden Euro an Stromkosten für Unternehmen und Rechenzentrumsbetreiber zu vermeiden, die eine vollständige Umstellung auf HCI vornehmen.“ In Kombination mit der nächsten Generation der Flüssigkeitskühlung ist dies ein großer Schritt, um umweltfreundliche IT-Plattformen für die Zukunft zu entwickeln.
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Datacenter Sustainability in einer Studie von Hitachi Vantara
Wenn es um Nachhaltigkeit geht, erkennen Leader die Gewinnpotentiale
Für jedes Unternehmen, das KI und damit verbundene Automatisierungsanwendungen einsetzen möchte, ist es daher wichtig, das Problem komplexer Infrastrukturen jetzt anzugehen. Der Betrieb von Rechenzentren ist ein zunehmend anspruchsvolles Geschäft (insbesondere angesichts der anhaltend hohen Energiepreise), und da immer mehr Daten in Echtzeit benötigt werden, nehmen die Herausforderungen für Unternehmen weiter zu. Mit den richtigen Partnern und der effizientesten Infrastruktur kann sich jedes Unternehmen auf die Nutzung von KI vorbereiten, ohne seine ESG-Ziele zu vernachlässigen.
*Der Autor
Sammy Zoghlami ist heute Senior Vice President EMEA von Nutanix. Er kam aber bereits 2013 als Sales Manager zu Nutanix und stieg schnell zum VP of Sales auf. Sein Motto: „Ein vielfältiges Team ist das richtige Rezept, um qualitativ hochwertige Entscheidungen in Bezug auf die Arbeit zu treffen. Vielfalt ist eine gute Grundlage für einen großartigen Arbeitsplatz.“
Bildquelle: Nutanix
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