Scharfe Kritik an den Mitbewerbern Wasserverbrauch in Rechenzentren: Brecht das Schweigen!
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Die Wasserressourcen werden knapp - auch bei uns. Während alle dazu aufgerufen werden, ihren Wasserverbrauch zu reduzieren, schluckt eine ganze Branche still und heimlich Milliarden Liter Wasser: die Rechenzentren. Angesichts des Marketings von Tech-Riesen und ihrer „Klimaneutralität“ rufen Yann Lechelle, CEO von Scaleway, und Paul Benoit, CEO von Qamot, zu einem offeneren Umgang mit diesem Aspekt der Umweltbelastung durch die Digitalisierung auf.

In Teilen Europas erleben wir heuer wieder eine extreme Hitzewelle und die UNO schätzt, „dass ein 40-prozentiges Defizit der Süßwasserressourcen bis 2030 in Verbindung mit einer schnell wachsenden Weltbevölkerung den Planeten in eine globale Wasserkrise stürzen wird“. In vielen Regionen in Deutschland streiten sich Behörden, Landwirtschaft und Industrie zunehmend vor Gericht um das Wasser.
Darum muss die IT-Branche ihren eigenen Beitrag zur Erhaltung dieser wertvollen Ressource leisten. Auch wenn sie fälschlicherweise als immateriell wahrgenommen werden, benötigen digitale Technologien und Cloud-Dienste sehr viel Wasser.
Wie jede Maschine wandelt auch ein Computer die elektrische Energie, mit der er angetrieben wird, in Wärme-Energie, also Hitze, um - der Joule-Effekt. Das bedeutet, dass Rechenzentren, die Zehntausende dieser Computer beherbergen, diese Abwärme abführen und kühl bleiben müssen, um die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Betrieb zu gewährleisten.
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Mit allen Wassern gewaschen
Wasser wird zum knappen Gut. Was machen die Datacenter?
Dafür gibt es verschiedene Lösungen: Die Hitze auffangen und für andere Zwecke weiterverwenden, mit stromverbrauchenden Klima-Anlagen kühlen und/oder mithilfe von Wasser, vor allem durch Verdampfung, die Temperaturen senken.
Wer bei der Kühlung auf Strom verzichten möchte, muss in der Regel auf Wasser zurückgreifen - und das häufig massiv. Eine solche Alternative kommt großen Betreibern von Rechenzentren gut gelegen, weil diese gerne mit immer besserer Energie-Effizienz werben, besonders durch eine Verbesserung der „Power Usage Effectiveness“ (PUE).
Die PUE ist ein bewährter Standard, der die Energie-Effizienz von Rechenzentren - vor allem deren Kühlung - misst, aber dabei nur den Stromverbrauch berücksichtigt. Der Wasserverbrauch wird also komplett außer Acht gelassen.
Ein höherer Wasserverbrauch für einen geringeren Stromverbrauch? So wird das Problem nur verschoben, aber nicht gelöst.
Sorge bereitet vor allem die Größe des Phänomens: Der Wasserverbrauch der Rechenzentren belief sich in den USA im Jahr 2020 auf schätzungsweise 660 Milliarden Liter. Rechenzentren, die für ein funktionierendes Internet unerlässlich sind, verbrauchen - sogar in Trockengebieten - bis zu 3,8 Millionen Liter Wasser am Tag. Da es durch die vermehrte alltägliche Computernutzung immer mehr Rechenzentren gibt, zählt die IT-Branche bereits zu den Top 10 der Industrien mit dem höchsten Wasserverbrauch weltweit.
Die IT-Branche selbst hat kein Interesse daran, dass diese Zahlen bekannt werden.
Infolgedessen besteht eine anhaltende Intransparenz. Die Tech-Riesen berufen sich auf überzeugende Gründe wie ihr Geschäftsgeheimnis, Schutz von Kundendaten oder nationale Sicherheit. Ohne transparente Daten sind Verbesserungen jedoch unmöglich.
Da weniger als ein Drittel der Betreiber von Rechenzentren seinen Wasserverbrauch misst, verfügt derzeit keine Behörde oder wissenschaftliche Einrichtung über klare, objektive und einheitliche Angaben auf Makro- (regional, national, europäisch) oder Mikroebene (jedes einzelne Rechenzentrum).
Während der Wasserverbrauch von Rechenzentren lange ein Tabuthema war, hagelt es nun immer mehr Kritik: In den Niederlanden wird befürchtet, dass der Wasserverbrauch von Rechenzentren zu einer Trinkwasserknappheit in der Provinz Nordholland führen könnte. Dasselbe gilt für Irland: Hier fangen bereits einige Politiker an, sich aus Angst vor einer Wasserknappheit zu organisieren. In Frankreich, Luxemburg und Deutschland (siehe. rbb24: „Google-Ansiedlung in Ostbrandenburg scheitert an Wassermangel“stoßen die Pläne für Mega-Rechenzentren auf immer mehr Fragen und Kritik.
Zudem lassen die jüngsten Reaktionen der IT-Branche auf diese wachsende Besorgnis zu wünschen übrig. Das zeigt auch der Anfang 2021 ins Leben gerufene „Climate Neutral Data Centre Pact“, der bisher wenig bewirkt hat.
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Nachhaltiges Bewirtschaften der Rechenzentren
Klimapakt der europäischen Datacenter-Betreiber
Ohne echte Transparenz sind die aktuell definierten Ziele für den Wasserverbrauch wenig sinnvoll: Sie werden von vielen Akteuren bereits erreicht und sind deswegen nicht so ambitioniert wie sie vorgeben zu sein.
Nachdem die Selbstregulierung also gescheitert ist, liegt es nun an den nationalen und europäischen Behörden, das Schweigen über den Wasserverbrauch der Rechenzentren zu brechen.
Die gute Nachricht ist, dass es in Europas IT-Branche einige mittelgroße Unternehmen gibt, die auf ökologische Innovation und Transparenz setzen. Das beweist, dass es möglich ist, die Leistungsfähigkeit der Cloud mit einem ressourcenschonenden Management und Regionalität in Einklang zu bringen.
Der Betrieb von Infrastrukturen, die für unsere digitalisierte Gesellschaft unerlässlich sind, entbindet Betreiber von Rechenzentren nicht von der Pflicht, umweltbewusst zu handeln. Im Gegenteil: Wenn wir die digitale Entwicklung positiv und nachhaltig gestalten wollen, sollten sie die Richtung vorgeben.
* Yann Lechelle ist CEO von Scaleway und Paul Benoit ist CEO von Qamot.
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