Sinnvoll, wirtschaftlich und Horrorvorstellung Wasserkühlung in Datacenter: Der Durchbruch lässt warten

Autor / Redakteur: Ariane Rüdiger* / Ulrike Ostler |

Der Durchbruch der an sich energetisch sehr viel günstigeren Wasserkühlung lässt weiter auf sich warten. Obwohl diverse Hersteller die Technologie im Rahmen ihres Portfolios anbieten, vollzieht sich die Ausbreitung sehr langsam. Immerhin gibt es inzwischen eine Reihe von Spezialisten, deren Produkte in Lösungen großer Server-Anbieter stecken.

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Cloud&Heat verlässst sich bei der Hardware derzeit auf Technologie von Megware, hier: die Wasserzuführung und das Kühlmodul.
Cloud&Heat verlässst sich bei der Hardware derzeit auf Technologie von Megware, hier: die Wasserzuführung und das Kühlmodul.
(Bild: Megware)

Als IBM kürzlich die aktuellen Modelle seiner „z14“-Serie vorstellte, war die größte Neuerung des Modells „R1“ sicher, dass die Geräte nun im Format eines normalen 19-Zoll-Racks kommen. Betont wurde aber von Andreas Thomasch, als Leiter Plattformentwicklung DACH bei IBM technisch für die neuen Modelle zuständig, dass die R1 nicht mehr eine selbst entwickelte Wasserkühlung wie die bisherigen Modelle der z14-Serie, sondern Luftkühlung nutze.

Der neue „z14 R1“ kehrt zur Luftkühlung zurück, passt dafür aber in ein normales 19-Zoll-Rack.
Der neue „z14 R1“ kehrt zur Luftkühlung zurück, passt dafür aber in ein normales 19-Zoll-Rack.
(Bild: IBM)

Thomasch: „Damit passt sich das Gerät einfach in die bestehenden Infrastrukturen im Rechenzentrum ein.“ Doch: Ist das wirklich ein Rückschritt für die innovative Technologie?

Der deutsche Hardwarespezialist Thomas-Krenn AG stellt schon zur CeBIT 2016 sein „Hot Fluid Computing“ vor. Die Technik für die direkte Wasserkühlung besteht aus einem wasserführenden Cage in voller oder halber Schrankhöhe. Darin stecken eine Pumpe, ein Wärmetauscher und, wie auch in konventionellen Heizungen in Gebäuden, durch deren Leitungen Wasser fließt, üblich, ein Ausgleichsgefäß.

Die Kunden fürchten Wasserschäden

Dazu liefert das Unternehmen auf Kundenwunsch eine bürotaugliche Holzhülle für die Ästhetik. Das Gehäuse fasst bis zu acht Server-Platinen, Netzteile oder Switches, die mit einem besonderen Kühlkörper ausgerüstet sind, in dem Wasser zirkuliert. Dieses Wasser wird über gasdichte Anschlüsse aus der Raumfahrttechnik an den Wasserkreislauf des Gehäuses angebunden.

Derzeit versucht Thomas Krenn, den ersten größeren Kunden von einer Installation der Lösung zu überzeugen. Ein rasanter Siegeszug sieht anders aus. Wasser war eben lange ein rotes Tuch für die Datacenter-Verantwortlichen, ist doch ein Wasserschaden im Rechenzentrum ein gern genannter Super-GAU für die empfindlichen Infrastruktureinrichtungen – gern genannt etwa, wenn es um die Notwendigkeit hieb- und stichfester Disaster-Recovery-Strategien geht.

Wird das die weitere Verbreitung von Wasserkühlungs-Technologien dauerhaft hemmen? Wohl kaum. Denn einerseits sind effizientere Technologien für Kühlung und Wärmerückgewinnung dringend erforderlich, um die Energiebilanz von Rechenzentren zu verbessern, andererseits arbeiten bereits viele an entsprechenden Lösungen: Fujitsu und 3M beispielsweise entwickeln gemeinsam eine tatsächlich volumentaugliche Immersions-Flüssigkühl-Variante mit zwei Stufen etwa für Co-Location-Rechenzentren.

Immersionskühlung

Sie verwenden direkt in der im Rack montierten Wanne eine spezielle, von 3M entwickelte Kühlflüssigkeit, im daran angeschlossenen Kühlkreislauf aber arbeitet verdampfendes Wasser. Der Sekundärkühlkreislauf kann dann aus Luft bestehen oder aber – das wäre wohl die Wunschlösung – das durch die Kühlflüssigkeit erzeugte warme Wasser fließt direkt an einen Verbraucher, etwa eine Heizung.

Der Flüssigkühl-Spezialist Asetek hat sich in diesem Jahr mit Intel zusammengeschlossen, um wasserbasierte Server-Kühlungen in den Markt zu bringen. Möglicherweise eine Folge der erfolgreichen Installation der mit Asetek wassergekühlten Installationen auf Basis der Prozessorserie „Intel Knights Landing“, heute „Xeon Phi“, im Forschungszentrum Jülich, an der Bergischen Universität Wuppertal und an der Universität Regensburg.

Asetek kooperiert nicht nur mit Intel

Aseteks Server-spezifische Kühllösung „ServerLSL“ ermöglicht es, wassergekühlte und luftgekühlte Server im selben Rack zu installieren. Für die Wasserzirkulation verwendet die Lösung Niederdruckpumpen und entlastet laut Asetek die internen Server-Lüfter erheblich. Gerade der Einsatz neuer Server-Design mit verbrauchsintensiven Prozessoren in bestehenden Rechenzentrumsarchitekturen werde laut Asetek so erleichtert.

Wer nicht nur einzelne Server, sondern das ganze Rechenzentrum mit Wasser kühlen und die Abwärme sinnvoll nutzen möchte, verwendet „Rac kCDU D2C“. Diese Technik führt laut Hersteller 60 bis 80 Prozent der von CPUs, GPUs, Speichermodulen und anderen wärmeintensiven Komponenten entstehenden Hitze mittels bis zu 40 Grad warmem Wasser ab.

Die Kühleinheit wird in den obersten Höheneinheiten des Racks gleichzeitig mit den Servern montiert. Auch eine vertikale Version, die in einer Rack-Erweiterung auf der Rückseite des Racks angebracht wird, ist erhältlich. Dieses Gerät hat Platz für drei zusätzliche Stromverteilschienen.

Das Asetek-Produkt ist beispielsweise in einigen mit Cray ausgestatteten Compute-Clustern implementiert, etwa in der Universität von Tokio Kyoto oder der Mississippi State University (beides „CS300-LC“-Cluster). Auch Fujitsu verwendet die Technologie für einen HPC-Cluster der japanischen Agentur für Wissenschaft, Technologie und Forschung (A*Star). Ein weiterer OEM von Asetek ist Ciara, ein US-Hersteller kundenspezifischer Server-Designs.

Dell EMC hat ebenfalls einen wassergekühlten Server im Programm, den „Poweredge C6420“. Er wird mit einer Kühltechnik von Cool IT geliefert. Der Server steckt dabei in einem speziellen Rack-montierbaren Gehäuse, dem Rack „DCLC CHx80“ mit Wärmetauschermodul, das die Wasserleitungen, die in seinem Inneren direkt an den Hotspots des Systems, insbesondere den Prozessoren, mittels des C6420 Server-Moduls vorbeigeleitet werden, leckagefrei nach außen abführt.

Dell EMCs HPC-Server „Poweredge C6420“ kommt mit einem für Wasserkühlung vorgesehenen Einschub.
Dell EMCs HPC-Server „Poweredge C6420“ kommt mit einem für Wasserkühlung vorgesehenen Einschub.
(Bild: Dell EMC)

Solche Gehäuse sind auch für die Standalone-Montage oder kundenspezifisch möglich. Die Wasserleitungen aus den unterschiedlichen Gehäusen werden allesamt an ein Rack Manifold Module, das hinten am Rack montiert wird, angeschlossen. Das Modul ist kundenspezifisch individualisierbar.

Allerdings werden andere Komponenten als die Server weiterhin luftgekühlt. Laut Peter Dümig, Server Product Manager Germany bei Dell EMC gibt es zahlreiche HPC-Installationen auf Basis des C6420.

Eine Rundumlösung für die Wärmerückgewinnung mittels Heißwasserkühlung

Das junge Unternehmen Cloud&Heat hat sein gesamtes Geschäftsmodell darauf aufgebaut, dass es gelingen möge, die Abwärme im Rechenzentrum über Wasser abzuführen, um sie anschließend in Heizsysteme einzuspeisen. Rund 600 Server, die das Prinzip nutzen, konnte der Hersteller bislang im Markt implementieren.

Theoretisch gibt es hier viel zu holen: Die gesamte Offshore-Windenergie-Erzeugung in Deutschland, im Jahr 2016 rund 12,4 Terawattstunden, entspricht in etwa dem Stromverbrauch aller deutschen Rechenzentren, legt man Daten von Borderstep zugrunde. Cloud&Heat träumt davon, irgendwann alle Ventilatoren im Server-Rack durch Direktwasserkühlung zu ersetzen, denn so lasse sich die Leistungsdichte pro Flächeneinheit verdoppeln.

Cloud&Heat verwendet das Megware-System, etwa in dem eigenen Rechenzentrum, das im Eurotheum, Frankfirt am Main, installiert ist.
Cloud&Heat verwendet das Megware-System, etwa in dem eigenen Rechenzentrum, das im Eurotheum, Frankfirt am Main, installiert ist.
(Bild: Cloud&Heat)

Technisch ist dabei Cloud&Heat nicht alles Eigenbau. Vielmehr greift man für die Direktkühlung der Systeme in den letzten Jahren auch auf Technologie von Megware, „Cold Con“, zurück. Dieses Heißwasser-Direktkühlsystem integriert in jeden Einschub innerhalb des Server-Systems Wärme-Abnehmer.

Die Abwärme wird unmittelbar durch warmes Kühlwasser direkt von Prozessoren, Spannungsreglern, Chipsätzen und Speichermodulen aufgenommen und aus den Knoten an den vor Ort vorhandenen Wasser-Kühlkreislauf herausgeführt. Das System benötigt Vorlauftemperaturen ab 25 Grad und kann Rücklauftemperaturen über 35 Grad erreichen, was laut Megware ermöglicht, die Abwärme zum Heizen oder Kühlen, etwa durch Ergänzung von Adsorptionstechnologien, zu verwenden.

Ein Beispiel für letztere ist der „eChiller“ von Efficient Energy. Das Gerät setzt den Druck des Kühlwassers herab, was seine Verdampfungstemperatur erheblich verringert. Die Verdampfung verbraucht dadurch etwa 80 Prozent weniger Energie als bei anderen Geräten. Im vergangenen Jahr wurde es deswegen mit einem Deutschen Rechenzentrumspreis ausgezeichnet.

Laut Megware lassen sich unterschiedliche Gehäuse, Mainboards und CPU-Technologien an seine Lösung anpassen. Bis zu 14 kW kann man damit aus einem Rack abführen. Wie Cloud&Heat-Sprecherin Leiterer angibt, verbessere sich der PUE eines mit Cloud&Heat wassergekühlten RZs um ein Drittel.

Megware hat auch eine bereits fertig integrierte HPC-Einheit mit integrierter Heißwasserkühlung im Programm. „SlideSX LC“ besteht aus bis zu 80 Knoten, die in ein 42-HE-Rack passen. In ein wassergekühltes Chassis passen zehn Compute-Nodes, jeder Knoten hat ein separates Energie-Monitoring. Das Chassis wird wassergekühlt, möglich ist dies auch für die Netzteile. Dabei ist das Gesamtsystem modular aufgebaut und die Module lassen sich bei laufendem Betrieb auswechseln. Die Wasseranschlüsse sind leckagefrei.

* Ariane Rüdiger ist freie Journalistin und lebt in München.

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