Ist DevOps eine Mode-Erscheinung oder von Dauer? Was ist DevOps?
Viele IT-Teams suchen einen Ausweg aus dem Dilemma verzögerter Projekte, fragwürdiger Qualität und Lieferausfällen, in dem sie sich oft befinden, ohne dafür gleich Blankoschecks auszustellen zu müssen. Das DevOps-Konzept hat die IT-Welt im Sturm erobert, doch kann die alltägliche Praxis hier mithalten? DataCenter-Insider befragt einen Experten.
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Brian Dawson beschreibt im Interview, wie DevOps dazu beitragen kann, IT-Projekte und damit den Wandel der Unternehmen voranzutreiben. Brian Dawsons ist DevOps Evangelist bei Cloudbees.
Würden Sie sagen, dass DevOps eher eine Technologie oder ein Ansatz ist?
Brian Dawson: Seit den frühesten Anfängen von DevOps debattiert man darüber, was DevOps eigentlich ist. Daher ist das eine gute Frage! Zum Glück scheint es in den letzten Jahren einen wachsenden Konsens darüber zu geben, dass DevOps in erster Linie eine Organisationskultur ist.
Die DevOps-Kultur basiert auf einer Reihe von Prinzipien, die Unternehmen zunächst anstreben, um sich schließlich daran zu halten. Es ist quasi eine Reise und Organisationen, die diese Kultur übernommen haben, haben eine hohe Wertschätzung für Zusammenarbeit, Experimentier- und Lernprozesse. In dieser Kultur sind alle Beteiligten des Software Delivery Lifecycle (nicht nur Entwicklung und Betrieb) auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet, nämlich die schnelle Bereitstellung stabiler, qualitativ hochwertiger Software von der Idee bis zum Kunden.
Doch wo bleibt die Technik?
Brian Dawson: Da DevOps eine Art Kultur ist, könnte man argumentieren, dass keine besonderen Werkzeuge benötigt werden. Allerdings sind die Automatisierung der Software-Entwicklung, das Testen und die Bereitstellung durch Continuous Delivery weitgehend als die Wegbereiter für DevOps anerkannt. Continuous Delivery ermöglicht Unternehmen, Software schneller zu liefern, während sichergestellt ist, dass diese Unternehmen auf die eingesetzten Komponenten vertrauen können und die Kunden die erforderliche Qualität, Sicherheit und Stabilität erhalten.
Warum sollten sich Unternehmen damit befassen?
Brian Dawson: Weil DevOps mehr und mehr Best Practice für die Softwareentwicklung wird. Unternehmen, die bereits den DevOps-Prinzipien folgen, sprengen ganze Wirtschaftszweige, bringen Innovationen schneller voran und lassen die Konkurrenz hinter sich. Durch die Annahme einer DevOps-Kultur haben diese Unternehmen alle Beteiligten - von den Entwicklungs- und Operations-Teams bis hin zum Management und darüber hinaus - auf das gemeinsame Ziel ausgerichtet, qualitativ hochwertige Software schnell und zuverlässig zu liefern.
Klar ist, dass DevOps das Potenzial hat, die vielen Herausforderungen der IT zu adressieren. Organisationen, die DevOps übernommen haben - darunter Unternehmen wie Etsy, Netflix, Target, Walmart, Amazon und Facebook - haben gezeigt, dass die DevOps-Prinzipien Teams befähigen hochwertige Qualitäts-Software schneller zu liefern und somit zu einer Differenzierung im Wettbewerb führen können.
Doch was haben Unternehmen, sagen wir, aus der produzierenden Industrie oder gar Organisationen der Öffentlichen Hand damit zu tun?
Brian Dawson: Die Herausforderung für Unternehmen, die in der Vergangenheit niemals als Technologie-Unternehmen eingestuft worden wären, besteht darin, Software-Unternehmen zu werden, die die beste Unterstützung für ihr Kerngeschäft liefern. Betrachten Sie die Ford Motor Company und deren LKW ´Ford F-150`, der mehr als 150 Millionen Codezeilen beinhaltet. Lesern in Großbritannien mag ein leitender Ingenieur aus dem ´Ford-Eco-Boost`-Motor-Team besser vertraut sein, der feststellte, dass die "geheime Zutat" für den Erfolg der Eco-Boost-Technologie die Software ist.
Unternehmen, die DevOps übernommen haben sind besser aufgestellt, um ihre Position in bestehenden Märkten zu festigen, in neue Märkte zu expandieren und sogar ganze Wirtschaftszweige durcheinanderzubringen. DevOps unterstützt Netflix nicht nur bei Tausenden von Bereitstellungen täglich, sondern es half dem Unternehmen beispielsweise auch, die gesamte Kabel- und TV-Industrie aufzumischen.
Wer profitiert davon?
Brian Dawson: Jedes Unternehmen, das qualitativ hochwertige Software schneller liefern muss, sollte sich mit DevOps und den unterstützenden Verfahren von Continuous Delivery (CD) befassen, die die kontinuierliche Erstellung, das Testen und die Bereitstellung von Software mit häufigen, inkrementellen Versionen ermöglicht. Henry Ford hat einmal gesagt: ´Nichts ist besonders schwer, wenn Sie es in kleine Schritte aufteilen.`
Es gibt auch organisatorische und soziale Gründe sich mit DevOps zu befassen. In vielen Software-Organisationen verbringen die Teams zu viel Zeit mit Feuerwehr-Einsätzen, indem Sie sich endlos von einer Brandschutzübung zur nächsten bewegen. Nur wenige Menschen finden Gefallen daran, auf diese Weise zu arbeiten, denn durch dieses ineffiziente Vorgehen wird aus produktiver Arbeit nicht mehr als eine Schleichfahrt.
Unternehmen, die agile Methoden und CD Verfahren zur Unterstützung von DevOps anwenden, verzeichnen eine Zunahme der Zufriedenheit aller am Entwicklungsprozess Beteiligten. Weil sie moderne Praktiken anwenden, sind diese Unternehmen in der Lage, bessere Nachwuchskräfte zu gewinnen und diese auch zu halten. Wenn Mitarbeiter keine mühsamen, manuellen Aufgaben mehr ausführen müssen, können sie dafür Neuerungen einbringen und damit etwas bewegen.
Ein großes Finanz-Software-Unternehmen konnte eine 15-prozentige Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit verzeichnen, nur wenige Wochen, nachdem CD zur Unterstützung der DevOps-Prinzipien aufgenommen wurde. Ebenso wichtig ist, dass eine glückliche und engagierte Belegschaft mit höherer Produktivität, niedrigeren Kosten und besserer Software einhergeht.
Ist dies nur das neueste IT-Modewort?
Brian Dawson: Ich kann verstehen, warum jemand denken könnte, DevOps sei einfach nur eine weitere Mode-Erscheinung. Doch die Art und Weise wie Software gekauft und verwendet wird, hat sich geändert. Die Menschen erwarten Apps, die mit neuen Funktionen und Verbesserungen aktualisiert werden, Webseiten sind zu einem primären Vertriebskanal für den Handel geworden und Unternehmen kaufen stündlich Office-Anwendungen - allerdings nicht in eingeschweißten Verpackungen.
Infolgedessen musste sich die Software wandeln, von einem schwergewichtigen Wasserfall-Prozess hin zu den agilen Methoden und CD-Verfahren, auf denen DevOps basiert. In vielen Branchen gibt es Impulse für mehr Agilität und Flexibilität, was beweist, dass DevOps keine Mode-Erscheinung ist, sondern ein Teil einer langfristigen, nachhaltigen Entwicklung.
Doch bei all dieser Aufregung um DevOps liegt der Verdacht nahe, dass nicht alle über die gleiche Sache sprechen, wenn es um DevOps geht. Dieser Verdacht wird durch CTOs verstärkt, die behaupten, sie ´machten` DevOps oder Hersteller, die Tools verkaufen, die es Ihnen auf magische Weise ermöglichen, DevOps zu ´machen`.
Es könnte hilfreich sein, die vielen DevOps-Interpretationen in Einklang zu bringen, die das Thema verzerren und sich möglicherweise hemmend auf die Annahme der DevOps-Prinzipien auswirken. In der Tat besteht ein weitverbreitetes Missverständnis darüber, was DevOps ist - ein Missverständnis, das Anbieter noch verstärken, indem sie angeben, der Kauf ihres Tools mache aus Ihrem Unternehmen ein DevOps-Unternehmen.
Inwieweit haben Unternehmen Vorteile von DevOps?
Brian Dawson: Um diese Frage zu beantworten, würde ich gerne zwei Beispiele anführen, die repräsentativ sind für die Herausforderungen, denen viele mit der Lieferung von Software befasste Unternehmen gegenüberstehen, und die zeigen, welche zerstörenden und beschleunigenden Effekte DevOps haben kann. Als in den USA beim Start der Website healthcare.gov diese plötzlich zusammenbrach, gab es eine Menge Schuldzuweisungen.
Die Entwicklungsteams hatten Zugang zu effizienten Werkzeugen für das Software-Konfigurations-Management sowie Continuous Integration (CI) und Continuous Delivery (CD) - zwei Basistechnologien, die DevOps-Verfahren automatisieren. Die Teams scheiterten jedoch, weil sie sich nicht verpflichtet hatten, diese Verfahren in vollem Umfang anzuwenden. Daher dauerte es Monate, um auf den gescheiterten Start zu reagieren, und die daraus resultierenden politischen Auswirkungen führten dazu, dass viele Profile gelöscht wurden.
Vergleichen Sie dieses Ergebnis mit dem von JPMorgan Chase, die ihren Kunden sichere und stabile mobile Anwendungen für das traditionelle Bankgeschäft sowie neue, moderne Funktionen wie Remote-Scheck-Einreichung und sofortige Geldtransfers zur Verfügung stellten. Indem JPMorgan Chase ihren Kunden diese Funktionen früh und schnell zur Verfügung stellten, konnten sie ihr Ranking in puncto Kundenzufriedenheit unter den Großbanken von der niedrigsten Stufe im Jahr 2010 auf die höchste Stufe im Jahr 2014 verbessern.
Wie geht es weiter?
Brian Dawson: Es besteht ein wachsender Konsens dahingehend, dass DevOps bleiben wird und sich die Vorteile von DevOps auf Unternehmen branchenübergreifend ausweiten. Sofern sie nicht schon dabei sind, müssen Organisationen den Übergang zu DevOps bald angehen, nicht nur um wettbewerbsfähig, sondern auch um relevant zu bleiben.
Zunächst mag es wie eine Übertreibung klingen, doch eine steigende Anzahl von Unternehmen muss viel Lehrgeld bezahlen, um herauszufinden, dass heute fast jedes Unternehmen ein Software-Unternehmen ist, dass die Entwickler, die sie benötigen, eine Beschäftigung in den Unternehmen suchen, in denen sie statt der Brandbekämpfung etwas bewegen können und dass DevOps ein vernünftiger Weg ist, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.
Schließlich sprechen die rasant zunehmenden Anzeichen dafür, dass Unternehmen die noch nicht mit dem Umstieg auf DevOps begonnen haben, dies besser schnell tun sollten bevor ihre Konkurrenten ihnen zuvorkommen und sie damit in einer untragbaren Marktposition zurücklassen.
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