Co-Location für kleine und mittelgroße Firmen Oft reicht ein halber Serverschrank

Von Doris Piepenbrink* |

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Auch kleinere Unternehmen benötigen heute eine hochverfügbare IT-Infrastruktur. Eine einfache Lösung ist die Auslagerung der systemkritischen IT in ein Co-Location-Datacenter. Damit das nicht zu teuer wird, bietet der Stadtnetzbetreiber Wobcom aus Wolfsburg jetzt für diese Zielgruppe halbe Co-Location-Schränke in Kombination mit einem Glasfaseranschluss - 100 Gigabit pro Sekunde (GBit/s) - an.

Das hochverfügbare Rechenzentrum der Wobcom - mit direkter Anbindung an den Internet-Knoten - befindet sich im Wolfsburger Nordkopf Tower in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs von Wolfsburg.
Das hochverfügbare Rechenzentrum der Wobcom - mit direkter Anbindung an den Internet-Knoten - befindet sich im Wolfsburger Nordkopf Tower in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs von Wolfsburg.
(Bild: www.photodesign-wolfsburg.de/Wobcom)

Viele kleinere Unternehmen wollen nur einen Server, einen Switch, eine USV und vielleicht noch eine Speichereinheit auslagern. Das füllt keinen IT-Schrank. Da es bisher keine kleineren Einheiten gab, mussten sie aber einen ganzen Schrank anmieten und bei einer örtlich getrennten redundanten Infrastruktur sogar gleich zwei. Das kostet wertvollen Platz im Rechenzentrum (RZ), den der Kunde auch bezahlen muss.

Oft würde ein halber Schrank reichen. Wobcom hat deshalb zusammen mit Raritan und dem Schrankhersteller eine Lösung entwickelt, wie sich zwei Mieter einen Schrank teilen können, und dabei alles trotzdem strikt getrennt ist. Auch größere Firmen, die ihre Co-Location-Aktivitäten erweitern möchten, haben damit die Möglichkeit, zunächst nur einen halben Schrank hinzu zu mieten.

Breitbandzugang und Co-Location aus einer Hand

Im Zuge der Digitalisierung haben die Stadtwerke Wolfsburg AG und insbesondere ihre Tochterfirma Wobcom in den letzten Jahren im Raum Wolfsburg ein Glasfaser-Breitbandnetz errichtet sowie eine offene digitale Plattform geschaffen. Auf dieser Plattform finden sich Initiativen, Angebote und Projekte, die auf der Vernetzung von Daten aus allen Feldern der Stadt basieren.

Laut Frank Kästner, Vorstand der Stadtwerke Wolfsburg, sei eine Glasfaserinfrastruktur die Basis für viele digitale Anwendungen mit dem Bedarf hoher Bandbreiten und niedrigen Reaktionszeiten. Schon jetzt haben die Stadtwerke und die Wolfsburg AG gemeinsam mit der Wobcom einen Großteil der Stadt Wolfsburg mit Glasfaser erschlossen.

Kern der Infrastruktur ist das Wobcom-Rechenzentrum im Wolfsburger Nordkopf-Tower (WNT) im Zentrum der Stadt. Hier befindet sich der Internet-Knotenpunkt für die Region mit einer schnellen Anbindung an andere Internet-Knoten und verschiedene Netze. Zudem ist es mit einem weiteren Rechenzentrum der Wobcom im Stadtgebiet verbunden sowie mit zahlreichen verteilten kleinen Edge-Rechenzentren.

Co-Location für kleine Kunden

Das zentrale Rechenzentrum dient für das Breitbandnetz als Core, beherbergt regionale Cloud-Lösungen und bietet Hosting- sowie Co-Location-Dienste für Privatpersonen, Unternehmen und Behörden der Region an. Es erstreckt sich über mehrere Stockwerke im Kern des WNT. Tatsächlich sind es mehrere voneinander unabhängige Rechenzentren, die hohe Redundanzen erlauben und genügend Platz für Hosting-Kunden bieten. Sie gingen im Frühjahr 2018 in Betrieb und entsprechen Tier 3 und der höchsten Kategorie „D“ gemäß dem Bitkom-Leitfaden für betriebssichere Rechenzentren.

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Um auch kleineren Firmen ein sinnvolles Co-Location-Angebot für sensible Daten zur Verfügung zu stellen, kam Giovanni Coppa, Head of Data Center and Cloud Innovation bei Wobcom, auf die Idee, halbe Schränke anzubieten, auf die der Kunde über einen 100-GBit/s-Glasfaseranschluss von Wobcom zugreifen kann. Einen IT-Schrank mit zwei komplett getrennten 19-Zoll-Ebenen und zwei Türen mit Schließmechanismus herzustellen, ist kein großes Problem. Knackpunkt dabei ist die unabhängige Stromversorgung.

Beide Schrankhälften mit 400-V- und 16-Ampère-Versorgung

Würden die Schrankhälften jeweils mit zwei kleinen einphasigen PDU-Steckerleisten (PDU: Power Distribution Unit) ausgestattet werden, so hätte man die vorhandene dreiphasige redundante Stromversorgung mit 16 Ampère (A) zum Rack ändern müssen. Die Versorgung über eine herkömmliche PDU mit einer einfachen Zuordnung der drei Phasen für die beiden Schrankbereiche würde zu einer Phasenschieflast führen, da dann nicht in jedem Kundensegment alle drei Phasen zur Verfügung stehen würden.

Zusätzlich muss bei einer Schieflast beachtet werden, dass eine dreiphasige USV-Anlage in die Überlast gehen kann, wenn eine der drei Phasen über Nennstrom belastet ist. Bei einer Schieflast mit einer hoch belasteten einzelnen Phase kann die Zuschaltung eines Geräts mit hoher Einschaltspitze zu einer Überlastung dieser Phase führen.

Dann schaltet die USV alle drei Phasen auf Bypass, schlimmstenfalls schaltet das System sogar ganz ab. Deshalb ist hier eine gleichmäßige dreiphasige Auslastung essentiell notwendig.

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Die Lösung ist eine neu entwickelte PDU von Raritan, die ähnlich wie bei einer dreiphasigen 32-A-PDU über sechs einzeln abgesicherte Gruppen verfügt, aber für einen dreiphasigen 16 A Eingangsstrom ausgelegt ist. Jede der sechs Gruppen ist mit einer 8-A-Sicherung geschützt. Die Zuordnung der aufgeteilten Phasen ist alternierend, um eine Phasenschieflast zu vermeiden. So erhält jeder Kunde von jeder Phase die Hälfte der Ports. Durch die 8-A-Sicherung ist gewährleistet, dass eine Überlast oder ein Kurzschluss keinen Ausfall im anderen Kundensegment verursacht.

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Überwachung der Stromversorgung

Sollten im Schrank dennoch Auffälligkeiten in der Phasenlast oder gar ein Kurzschluss auftreten, identifiziert die fernadministrierbare PDU mit Einzelport-Überwachung sofort den verursachenden Port. Diese Leistungsmessung an den Phasen ermöglicht eine detaillierte Analyse der Verbraucher. Um Störfälle frühzeitig zu erkennen, sind zusätzlich Messpunkte am Eingang und an den Schutzschaltern sinnvoll.

Darüber hinaus erkennt die PDU Isolationsfehler, Überlastung des Neutralleiters durch Oberschwingungen und asymmetrische Lasten. Diese Differenz- und Fehlerströme können zu Bränden und beim Servicepersonal zu elektrischen Schlägen führen.

Deshalb überwacht die PDU mit einem integrierten Residual Current Monitor (RCM) auch kontinuierlich die Differenzströme und den Neutralleiter am Eingang. Der RCM vom Typ B erkennt Wechsel- sowie pulsierende und glatte Gleichströme. So hat der Administrator die Möglichkeit, frühzeitig Anomalien zu erkennen und diese zu analysieren, bevor Störungen auftreten.

Bei redundanter Auslegung kann bei einer Störung automatisch entsprechend umgeschaltet werden. Das Management-Display befindet sich bei der neuen „PX3-4966V“ in der Mitte der Leiste und ist nur für das Service-Personal von Wobcom zugänglich.

Ausfallsicherheit mit Schranküberwachung

Um eine maximale Ausfallsicherheit zu erreichen, sind in dem Wolfsburger Datacenter die IT-Schränke grundsätzlich redundant ausgelegt. Mit den beiden integrierten PDUs werden bei allen angeschlossenen Komponenten der Stromverbrauch sowie die Differenzströme und Neutralleiter überwacht.

Die neue Spezial-PDU PX3-4966V“ enthält den gleichen Controller wie die intelligenten „PX5000“ PDUs von Raritan in den anderen Schränken. Auch sie stellt zusätzliche Sensor-Ports zur Verfügung, an die sich Umweltsensoren anschließen lassen.

So enthalten auch die geteilten Schränke zwei PDUs, die von unterschiedlichen Stromkreisen gespeist werden. Pro Schrank sind daran zwei kombinierte Temperatur-/Luftfeuchtesensoren sowie zwei Türverriegelungen mit Zutrittskontrolle angeschlossen.

Überwachung von Temperatur und Feuchte

Bei aktiven Komponenten müssen die Vorgaben zu Temperatur und Luftfeuchte eingehalten werden. Die Temperatur muss zum Beispiel direkt am IT-Rack gemessen werden. Die Anforderungen an die relative Luftfeuchte sind im Rechenzentrum ebenfalls hoch und mit engen Toleranzen belegt. Zu trockene Luft kann zu elektrostatischer Aufladung führen, zu feuchte zu Korrosion an den installierten Geräten.

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Die Luftfeuchte sollte möglichst an der Zuluft gemessen werden, noch bevor sie durch den Schrank geht. Wobcom arbeitet mit Warm- und Kaltgang-Einhausungen und misst jeweils vorne und hinten im Schrank mit kombinierten Temperatur- und Luftfeuchtesensoren. So können diese Messpunkte für ein Klima-Management herangezogen werden, das auf den Empfehlungen der American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE) basiert. Die Monitoring-Lösung „PowerIQ“ von Sunbird Softwareunterstützt diese Auswertung der Klimadaten.

Vorteile für das Datacenter-Management

Ein Administrator kann von seinem Arbeitsplatz im Operation Center aus remote auf jeden Anschluss der PDUs zugreifen, ihn ansteuern und die Messdaten auslesen. Dies erfolgt via LAN mit der Monitoring-Software PowerIQ. Außerdem hat er die Möglichkeit, obere und untere Grenzwerte und Schwellwerte für Temperatur und Luftfeuchte einzugeben und eine rollenbasierte Alarmierung bei Über- beziehungsweise Unterschreitung dieser Werte festzulegen.

Da die neuen geteilten Schränke ebenfalls damit überwacht werden, erhält Coppa auch hier eine gute Übersicht über die installierte Hardware und kann sie mit dem Monitoring dokumentieren und überwachen. Das erleichtert die Wartung der Systeme: Störungen lassen sich besser und frühzeitig identifizieren, Wartungsmaßnahmen sind im laufenden Betrieb möglich.

Vor Ort bringen die PDUs mit ihren gut lesbaren Displays einen schnellen Überblick über die angeschlossenen Komponenten und die zugehörigen Messwerte. Da alle Geräte inklusive der Sensoren direkt an den beiden PDUs angeschlossen sind, bleibt die Verkabelung übersichtlich. Auch das erleichtert Wartungsmaßnahmen erheblich.

Der Status Quo und die Zukunft

Wobcom hat bereits zehn zweigeteilte Schränke mit zwanzig der neuen PDUs ausgestattet. Die Nachfrage bei den Kunden ist hoch.

Coppa äußert dazu: „Wir können jetzt mit unserem Co-Location-Angebot die Wachstumsanforderungen der Kunden exakt abbilden. Zudem“, ergänzt er, „basiert die umfassende Automatisierung des Rechenzentrumsbetriebs auf standardisierten Prozessen und ermöglicht so eine zuverlässige Erfüllung der Compliance-Vorgaben.“

Das alles resultiere letztlich in einen störungsfreien, kostensparenden Betrieb. Kleine Kunden können die gleichen Dienste nutzen wie Großkunden und sich so eine bezahlbare hochverfügbare IT-Infrastruktur realisieren. In Zukunft soll dieses Co-Location-Angebot für kleine Kapazitäten noch weiter ausgebaut werden.

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* Dipl. Ing. Doris Piepenbrink ist Technische Journalistin im Bereich Sprach- und Datennetze und wohnt in München. Den Beitrag hat sie im Auftrag von Raritan erstellt.

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