Offen, aber nicht ohne Regeln Interview mit Michael „Monty“ Widenius, dem Vater von MariaDB
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Die MariaDB Corporation (vormals SkySQL) gab kürzlich Details zum neuen „MariaDB Ambassador“ Programm sowie der Marken-Vereinbarung mit der MariaDB Foundation bekannt. Das soll die MariaDB Stiftung und ihre wachsende Community noch intensiver unterstützen. Über die Hintergründe spricht DataCenter-Insider mit MySQL-Gründer und Blogger Michael „Monty“ Widenius, gleichsam dem Vater von MariaDB.

Vor wenigen Wochen konnten sich mit EnterpriseDB (EDB) und MariaDB erstmals zwei Open-Source-Anbieter über die Platzierung im Leader-Quadranten von Gartner freuen. Damit verfestigt sich der Trend, dass kleinere Anbieter den Marktführern wie Oracle, IBM und Co. zunehmend Konkurrenz machen.
Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Monty: Wir haben uns über diese Auszeichnung sehr gefreut und betrachten sie als Ansporn für unsere weitere Arbeit. Der Magische Quadrant Operational Database Management Systems (DBMS) beruht auf Einschätzungen der Gartner-Analysten und kann als die wichtigste Quelle für Wettbewerbsvergleiche in der IT-Branche angesehen werden. Es ist aber gleichzeitig auch eine Auszeichnung durch unsere Kunden, die im Laufe der Analyse befragt wurden, denn sie haben die besondere Bedeutung der Produkte und des Umfelds von MariaDB betont.
Die hohe Anzahl an Speicher-Engines sowie die Integration von NoSQL und anderer graphenbasierter Speicher-Engines machen es Entwicklern und Datenbankadministratoren einfach, mit MariaDB zu arbeiten. Entscheidend für diese Entwicklung sind aber auch die guten Beziehungen zu unseren Linux-Partnern wie Red Hat, IBM und Suse, die wir kontinuierlich vertiefen. Damit können wir sicherstellen, dass MariaDB immer aktuelle Top-Technologie bietet, die die Zukunft von Unternehmensanwendungen und Daten sichert.
Was will MariaDB mit dem „MariaDB Ambassador“Programm erreichen?
Monty: Mit diesem Botschafter-Programm zeichnen wir die Arbeit erfahrener Mitglieder des MariaDB- und MySQL-Umfelds aus und stellen eine weitere Förderung der Entwicklungsarbeit und damit technische Innovationen für die Umgebung sicher. Die Community ist für das Unternehmen von entscheidender Bedeutung, denn sie ist maßgeblich an der Verbreitung von MariaDB und deren Idealen beteiligt. Das gilt sowohl in Bezug auf die breite Öffentlichkeit, als auch innerhalb der Open-Source-Community.
Wie wird das MariaDB Ambassdor Programm aufgebaut sein?
Monty: Es wird zwei Arten von freiwilligen Botschaftern geben: die Community-Botschafter werden in ihrer Region Basis-Arbeit leisten, um die Bekanntheit von MariaDB zu steigern und ihre Kollegen dafür zu begeistern. Plattform-Botschafter leisten ihren Beitrag durch neue Codes und Patches, sowie durch die Entwicklung neuer respektive die Weiterentwicklung bestehender Funktionen.
Das unterstützt die bisherigen Entwicklungsleistungen und bringt das Unternehmen sowie die Anwendergemeinde weiter voran. Um die Arbeit der Botschafter zu unterstützen, wird die MariaDB Corporation den Community-Botschaftern die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die für die Organisation lokaler MariaDB Treffen erforderlich sind und die es ihnen ermöglichen, Plattform-Botschafter als Gäste zu MariaDB Entwicklertreffen einzuladen.
Es gibt auch eine Markenzeichen-Vereinbarung zwischen der MariaDB Corporation und der MariaDB Foundation. Können Sie ein wenig darüber berichten?
Monty: Mit der Markenzeichen-Vereinbarung wollen wir als Unternehmen die MariaDB Foundation und ihre Arbeit schützen. So liegen die Rechte für das MariaDB Server-Projekt jetzt bei der Foundation. Durch unsere Vereinbarung kann diese zukünftig gewährleisten, dass alle Entwickler zu einheitlichen Bedingungen an der Weiterentwicklung von MariaDB teilhaben können.
Das ist ja auch der ursprüngliche Sinn und Zweck von Open-Souce-Projekten. Die MariaDB Foundation wurde nicht gegründet, um den Markennamen MariaDB zu schützen, sondern um sicherzustellen, dass MariaDB nicht das gleiche Schicksal erleidet, wie MySQL. Im Fall dieser Datenbank, die seinerzeit von Sun übernommen wurde, war es in einem späteren Entwicklungsstadium ja nicht mehr allen Mitgliedern der Community möglich, sich zu einheitlichen Bedingungen an der Weiterentwicklung der Lösung zu beteiligen.
So beschwerten sich Unternehmen wie Google oder Ebay, dass sie ihre Patches nicht in „MySQL“ einbringen können, wenn sie nicht dafür zahlen. Das war, bevor MySQL von Sun übernommen wurde. Klagen gab es auch über die nicht allgemein zugänglichen Source-Komponenten, die dem Markeninhaber von MySQL gehörten. Dies wäre mit MySQL beinahe schon während der Zeit bei Sun geschehen, trat dann aber tatsächlich hinsichtlich „MySQL Enterprise“ bei Oracle ein. Es würde hier zu weit führen, die Vielzahl der anderen Kritikpunkte aufzuführen. Ich bin aber überzeugt, dass man viele Entwicklungen durch die Gründung einer Foundation hätte verhindern können.
Ich persönlich sehe keinen Konflikt darin, wenn eine Firma die Markenrechte an einem Open-Source-Produkt hält, solange jeder Entwickler, der dies möchte, sich gleichberechtigt an dessen Weiterentwicklung beteiligen kann. Und die Erfahrung aus vielen Jahren Zusammenarbeit hat ja auch gezeigt, dass wir mit dieser Einschätzung richtig liegen. Ein Produkt, dessen Entwicklung eine Vielzahl von Entwicklern tragen, wird besser, je mehr kompetente Leute sich an seiner Weiterentwicklung beteiligen und ihre praktischen Erfahrungen mit einfließen lassen.
Es heißt ja so schön: viele Köche verderben den Brei. Sehen Sie denn keine Gefahr darin, dass so viele Entwickler sich bei MariaDB einmischen?
Monty: Ganz im Gegenteil, die Erfahrung zeigt, dass gerade die Vielfalt bei den Entwicklern die meisten Open-Source-Projekte positiv vorantreibt und besser macht. Open Source ist ja kein rechtsfreier Raum, vielmehr gelten gewisse Spielregeln, an die sich die Community halten muss. So hat die MariaDB Corporation mehr Entwickler und Maria-Kapitäne, mit Schreibzugang zu den MariaDB Repositories, als jede andere Entwicklergruppe.
Darum spielt das Unternehmen auch eine führende Rolle bei der Ausrichtung der Datenbank sowie bei der Roadmap. Und das ist auch gut so, denn das treibt ein Projekt voran, animiert aber auch andere, sich an dem Projekt zu beteiligen und seine Entwicklung zu forcieren. Diese Gemeinsamkeiten zu fördern ist nicht zuletzt die Aufgabe der MariaDB Foundation. Sie legt die Regeln fest, nach denen MariaDB weiterentwickelt wird und definiert die Kriterien für die Ernennung von Maria-Kapitänen sowie deren Rechte. Die MariaDB Foundation übernimmt auch die Klärung von Konflikten, die bei der Entwicklung des Projektes auftauchen können.
Welche Konflikte können denn auftauchen und wie sehen die Regeln aus?
Monty: Nun ja, bisher sind die Regeln noch nicht vollständig definiert, denn es gab bisher nur wenige Meinungsverschiedenheiten, wenn es um die Akzeptanz von Patches ging. Wir rechnen schon bald mit einem für alle Beteiligten annehmbaren Regelwerk, ganz so wie man es allgemein von Open-Source-Projekten gewohnt ist. Jeder, der sich unter diesen Bedingungen für die Weiterentwicklung von MariaDB als offenem Projekt interessiert, ist als Mitglied der MariaDB Foundation willkommen.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass dieses Zusammenspiel so friedfertig funktioniert?
Monty: Dafür sorgen nicht zuletzt die Mitarbeiter der MariaDB Foundation mit ihrem Engagement und der Bereitschaft, ihre Erfahrungen zu teilen, notwendige Dokumentationen zu veröffentlichen und mitzuhelfen, die externen Beiträge aktiv in das MariaDB-Projekt zu integrieren. Unsere Offenheit heißt ja nicht, dass jeder alles in MariaDB einbringen kann. Änderungen müssen grundsätzlich die Projekt-Richtlinien einhalten, werden überprüft und durch mindestens einen MariaDB-Kapitän bestätigt. Können sich der oder die MariaDB-Kapitäne und die Community nicht über Patches oder technische Erweiterungen einigen, hat die MariaDB Foundation das letzte Wort. Und das ist bindend.
* Petra Adamik ist freie Journalistin in München.
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