Tensorflow Quantum Eine Open-Source-Bibliothek für das maschinelle Lernen im Quanten-Computing
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Quanten-Machine-Learning-Modelle könnten zu Durchbrüchen in den Bereichen Medizin, Materialforschung, Sensorik und Kommunikation führen. Allerdings fehlt es noch an Forschungsinstrumenten beziehungsweise an solch nützlichen Modellen, die Quantendaten verarbeiten und auf den heute verfügbaren Quantencomputern ausführen können. Google Research, die Universität Waterloo, X und Volkswagen wollen das mit einer Open-Source-Bibliothek für die schnelle Prototyperstellung von Quanten-ML-Modellen ändern.

In einem Blog-Beitrag vom Montag haben die Google-Research-Mitarbeiter Alan Ho, Product Lead, und Masoud Mohseni, Technical Lead, Folgendes veröffentlicht: „Heute geben wir in Zusammenarbeit mit der Universität Waterloo, X, und Volkswagen die Veröffentlichung von „Tensorflow Quantum“ (TFQ) bekannt, einer Open-Source-Bibliothek für die schnelle Prototyperstellung von Quanten-ML-Modellen.“
Der Blog beginnt mit dem Zitat vom Physiker Richard Feynman: „Die Natur ist nicht klassisch, verdammt; wenn Sie also eine Simulation der Natur machen wollen, dann machen Sie sie besser quantenmechanisch.“ Machine Learning (ML) simuliere zwar keine Systeme in der Natur, habe aber sehr wohl die Fähigkeit, ein Modell eines Systems zu lernen und das Verhalten des Systems vorherzusagen.
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Interview mit Georg Gesek, Quantencomputer-Pionier
„Die Qubits sind grottenschlecht und die Temperaturen zu tief, aber in 3 Jahren ....“
Das haben sich in den vergangenen Jahren vielfach gezeigt, was etwa zu Fortschritten bei der Bildverarbeitung für die Krebserkennung, der Vorhersage von Erdbebennachbeben, der Vorhersage extremer Wettermuster und der Erkennung neuer Exoplaneten geführt hat. TFQ soll nun die notwendigen Werkzeuge zur Verfügung stellen, um die Forschungsgemeinschaften für Quantencomputer und maschinelles Lernen zusammenzubringen, um natürliche oder künstliche Quantensysteme zu steuern und zu modellieren; zum Beispiel die Prozessoren „Noisy Intermediate Scale Quantum“ (NISQ) mit rund 50 bis 100 Qubits.
Unter der Haube soll TFQ „Cirq“ und Tensorflow integrieren und Abstraktionen auf hohem Niveau für den Entwurf und die Implementierung sowohl diskriminierender als auch generativer quantenklassischer Modelle bieten, indem es Quantencomputer-Grundlagen, die mit den bestehenden Tensorflow-APIs kompatibel sind, zusammen mit Hochleistungsquantenschaltungssimulatoren bereitstellt.
Was ist ein Quanten-ML-Modell?
Ein Quantenmodell hat die Fähigkeit, Daten mit quantenmechanischem Ursprung darzustellen und zu verallgemeinern. Um Quantenmodelle zu verstehen, müssen jedoch zwei Konzepte eingeführt werden - Quantendaten und hybride quantenklassische Modelle. Quantendaten weisen Überlagerung (superposition)und Verschränkung (entanglement) auf, was zu gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilungen führt, für deren Darstellung oder Speicherung ein exponentieller Betrag an klassischen Rechenressourcen erforderlich sein dürfte.
Zu den Quantendaten, die auf Quantenprozessoren, -sensoren und -netzwerken erzeugt oder simuliert werden können, gehören die Simulation von Chemikalien und Quantenmaterie, Quantenkontrolle, Quantenkommunikationsnetzwerke, Quantenmetrologie und vieles mehr. Eine technische, aber entscheidende Erkenntnis sei, so die Autoren, dass die von NISQ-Prozessoren erzeugten Quantendaten verrauscht sind und in der Regel erst kurz vor der Messung verschränkt werden.
Die Anwendung von Quanten-ML auf verrauschten, verschränkte Quantendaten kann dem jedoch entgegenwirken und die Extraktion nützlicher, klassischer Informationen fördern. Inspiriert von diesen Techniken bietet die TFQ-Bibliothek erste Voraussetzungen für die Entwicklung von Modellen, die Korrelationen in Quantendaten entwirren und verallgemeinern und damit Möglichkeiten zur Verbesserung bestehender Quantenalgorithmen oder zur Entdeckung neuer Quantenalgorithmen eröffnen.
Cirq und Tensorflow zur Ergebniskontrolle
Das zweite Konzept, das eingeführt werden soll, sind hybride Quanten-klassische Modelle. Da Quantenprozessoren noch immer ziemlich klein und verrauscht sind, können Quantenmodelle nicht allein mit Quantenprozessoren arbeiten - NISQ-Prozessoren müssen mit klassischen Prozessoren zusammenarbeiten, um effektiv zu werden.
Da Tensorflow bereits heterogene Berechnungen über CPUs, GPUs und TPUs hinweg unterstützt, biete sich die Technik, quasi als „eine natürliche Plattform für das Experimentieren mit hybriden quantenklassischen Algorithmen“ an. TFQ enthält die grundlegenden Strukturen, wie Qubits, Gatter, Schaltkreise und Messoperatoren, die für die Spezifikation von Quantenberechnungen erforderlich sind. Benutzerspezifizierte Quantenberechnungen könnten dann in der Simulation oder auf realer Hardware ausgeführt werden.
Cirq enthält auch umfangreiche Technik, die den Anwendern helfen, effiziente Algorithmen für NISQ-Maschinen zu entwerfen, wie Compiler und Scheduler, und ermöglicht die Implementierung hybrider quantenklassischer Algorithmen, die auf Quantenschaltungssimulatoren und schließlich auf Quantenprozessoren laufen. Eine Übersicht über die Quantenanwendungen finden sich im TFQ-Whitepaper; jedes Beispiel kann im Browser über „Colab“ aus dem Forschungsarchiv ausgeführt werden.
Wie TFQ funktioniert
Der TFQ ermöglicht es Forschern, Quantendatensätze, Quantenmodelle und klassische Kontrollparameter als Tensoren in einem einzigen Rechengraph zu konstruieren. Das Ergebnis von Quantenmessungen, die zu klassischen probabilistischen Ereignissen führen, wird von „Tensorflow Ops“ erhalten. Das Training kann mit der Standard-„Keras“-Funktion durchgeführt werden.
Um ein Gefühl für die Verwendung von Quantendaten zubekommen, können die Nutzer eine überwachte Klassifikation von Quantenzuständen unter Verwendung eines quantenneuronalen Netzes in Betracht ziehen. Genau wie beim klassischen ML besteht eine zentrale Herausforderung beim Quanten-ML darin, verrauschte Daten zu klassifizieren. Um ein solches Modell aufzubauen und zu trainieren, kann der Forscher Folgendes tun:
- Einen Quantendatensatz vorbereiten - Quantendaten werden als Tensoren (ein mehrdimensionales Zahlenfeld) geladen. Jeder Quantendatentensor wird als ein in Cirq geschriebener Quantenschaltkreis spezifiziert, der die Quantendaten on the fly erzeugt. Der Tensor wird von Tensorflow auf dem Quantencomputer ausgeführt, um einen Quantendatensatz zu erzeugen.
- Evaluierung eines quantenneuronalen Netzwerkmodells - Der Forscher kann mit Cirq einen Prototyp eines quantenneuronalen Netzwerks erstellen, das später in einen Tensorflow-Computergraphen eingebettet wird. Parametrisierte Quantenmodelle können aus mehreren breiten Kategorien ausgewählt werden, die auf der Kenntnis der Struktur der Quantendaten basieren.
- Ziel des Modells ist es, eine Quantenverarbeitung durchzuführen, um Informationen zu extrahieren, die in einem typisch verschränkten Zustand versteckt sind. Mit anderen Worten: Das Quantenmodell entwirrt im Wesentlichen die Eingangsquantendaten; die verborgene Information bleibt in klassischen Korrelationen kodiert und wird erst im Nachhinein mithilfe lokaler Messungen und klassischer Nachberarbeitung zugänglich.
- Stichproben oder Durchschnitt - Die Messung von Quantenzuständen extrahiert die klassische Information in Form von Stichproben aus klassischen Zufallsvariablen. Die Verteilung der Werte dieser Zufallsvariablen hängt im Allgemeinen vom Quantenzustand selbst und von den gemessenen beobachtbaren Werten ab. Da viele Variationsalgorithmen von Mittelwerten der Messungen, auch Erwartungswerte genannt, abhängen, bietet TFQ Methoden zur Mittelwertbildung über mehrere Durchläufe mit den Schritten 1 und 2 (siehe: Grafik) .
- Evaluierung eines klassischen neuronalen Netzwerkmodells - Sobald die klassische Information extrahiert wurde, liegt sie in einem Format vor, das für eine weitere herkömmliche Nachbearbeitung geeignet ist. Da die extrahierte Information noch immer in klassischen Korrelationen zwischen gemessenen Erwartungen kodiert sein kann, können klassische tiefe neuronale Netze zur Destillation solcher Korrelationen angewendet werden.
- Kostenfunktion evaluieren - Aufgrund der Ergebnisse der klassischen Nachbearbeitung wird eine Kostenfunktion evaluiert. Diese könnte darauf basieren, wie genau das Modell die Klassifizierungsaufgabe erfüllt, wenn die Quantendaten gekennzeichnet wurden, oder auf anderen Kriterien, wenn die Aufgabe nicht überwacht wird.
- Auswertung von Gradienten und Aktualisierungsparameter - Nach der Auswertung der Kostenfunktion sollten die freien Parameter in der Pipeline in einer Richtung aktualisiert werden, von der erwartet wird, dass sie die Kosten verringert.
Google kündigt Quantencomputer-Simulator an
Die Haupteigenschaft von Tensorflow Quantum ist die Fähigkeit, viele Quantenschaltungen gleichzeitig zu trainieren und auszuführen. Dies wird durch die Fähigkeit von Tensorflow erreicht, Berechnungen über einen Cluster von Computern hinweg zu parallelisieren, und die Fähigkeit, relativ große Quantenschaltungen auf Mehrkern-Computern zu simulieren.
Um Letzteres zu erreichen, kündigen die Forscher die Veröffentlichung von „Qsim“ (github-Link) an. Dabei handelt es sich um einen neuen Hochleistungs-Open-Source-Quantenschaltungssimulator, der die Fähigkeit zur Simulation einer 32-Qubit-Quantenschaltung mit einer Gate-Tiefe von 14 in 111 Sekunden auf einem einzelnen Google-Cloud-Knoten (n1-ultramem-160) demonstriert hat. Der Simulator ist besonders für Mehrkernprozessoren von Intel optimiert.
In Kombination mit TFQ habe Google Research zudem 1 Million Schaltungssimulationen für eine 20 Qbit-Quantenschaltung mit einer Gate-Tiefe von 20 in 60 Minuten auf einem Google-Cloud-Knoten (n2-highcpu-80) demonstriert. Weitere Informationen finden Sie im TFQ-Whitepaper,Abschnitt II E über die Quantenschaltungssimulation mit Qsim.
Zum Schluss ihrer Ausführungen merken die Blogger an: „Heute ist Tensorflow Quantum in erster Linie auf die Ausführung von Quantenschaltungen auf klassischen Quantenschaltungssimulatoren ausgerichtet. In Zukunft wird TFQ in der Lage sein, Quantenschaltungen auf tatsächlichen Quantenprozessoren auszuführen, die von Cirq unterstützt werden, einschließlich Googles eigenem Prozessor `Sycamore´.“
* Den ursprünglichen Blog-Beitrag von Google Research haben Alan Ho, Product Lead und Masoud Mohseni, Technical Lead, verfasst.
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