Hypo Vorarlberg Bank AG Digitale Transformation: Menschen im Mittelpunkt
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Was bedeutet Digitalisierung für einen mittelständischen Finanzdienstleister? Darüber berichtete der COO ("Chief Operating Officer") der Hypo Vorarlberg Bank AG auf der Kongressmesse netforum von dtm Datentechnik Moll.

Die Finanzbranche befindet sich im Umbruch: Stetig neue, schärfere Regulierungen, plötzlich auftauchende, digital arbeitende Konkurrenten aus anderen Branchen, digitale Währungen und Kunden, die den vom Smartphone gewohnten digitalen Komfort auch beim Banking erwarten sind nur einige der Herausforderungen.
Doch wie geht ein mittelständisches Finanzunternehmen wie die Hypo Vorarlberg Bank AG mit dieser Situation um? Die Bank beschäftigt rund 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Davon sind rund 70 für die IT zuständig. Sie wird ansonsten als Managed Service von Accenture bezogen. Das Beratungsunternehmen liefert aus seinem eigenen Rechenzentrum.
Lange Tradition
Die Hypo Vorarlberg Bank wurde schon 1897 durch den Vorarlberger Landtag gegründet und hat sich inzwischen zu einer Universalbank entwickelt. Hauptsitz ist Bregenz, dazu kommen Filialen in vielen Orten in Vorarlberg, wichtigen österreichischen Städten, der Schweiz (St. Gallen) und dem deutschen Grenzgebiet zu Österreich, zum Beispiel dem Kleinwalsertal. Der Hauptmarkt ist die Region Vorarlberg.
2022 hatte die Bank eine Bilanzsumme von 15,3 Milliarden Euro. Kernmärkte sind Wohnbaugeschäft, mittelständisches Unternehmensgeschäft, Anlageberatung und Vermögensverwaltung. Im Kernmarkt Vorarlberg möchte man Nummer 1 bleiben.
Mehr Automatisierung gegen Personalmangel
Wie alle Banken versucht auch die Hypo Vorarlberg durch den Einsatz digitaler Technologien schneller, flexibler und kundennäher zu werden. Digitale Innovationen sollen Produkte und Geschäftsfelder erweitern und bereichern.
Wie COO Philipp Hämmerle betonte, sei Digitalisierung schon deshalb unumgänglich, weil der Personalmangel es nicht mehr gestatte, alle Routineaufgaben, Berichtspflichten etc. ordnungsgemäß abzuwickeln. „Wir können das nicht mehr ohne Automatisierung leisten!“, sagt er.
Digitale Prozesse statt zeitraubender Routinen
Es sei zumindest in der Bankbranche eine Legende, dass durch Automatisierung und Digitalisierung Kräfte freigesetzt würden. „Es sind schlicht keine Menschen da, die wir anstellen könnten“, erklärt er. „Deshalb brauchen wir dringend mehr Automatisierung.“
Auf dem Weg dahin, so Hämmerle, habe man sich aufgrund der ersten Erfahrungen entschlossen, zunächst zu definieren, was Digitalisierung nicht sein könne und solle. So erschöpfe sie sich nicht in Apps und Software. Vielmehr erfasse sie immer auch die Arbeitsprozesse. Digitalisierung ohne veränderte Prozesse sei undenkbar.
Außerdem seien Digitalisierungsinitiativen nicht nur die Sache der IT. Genauso wenig gehe es um Vorgaben dazu, was die IT tun solle.
Kooperation auf allen Ebenen
Vielmehr könnten produktive und funktionierende Lösungen grundsätzlich nur gemeinsam gefunden werden. Dann werde die IT zum Enabler und zur Komponente des Kerngeschäfts. Hämmerle: „Das bedeutet: Die IT-Entscheidungen beeinflussen direkt die Bilanz.“ Dabei könne sie nur erfolgreich sein, wenn IT- und Digitalisierungsthemen auch auf Vorstandsebene verankert seien.
Früher habe die IT der Bank einerseits klassisch entwickelt, andererseits Fehler beseitigt. Dieses Mindset funktioniere nicht mehr. Die IT müsse eine aktivere Rolle in Bezug auf das Kerngeschäft übernehmen. „Diese Veränderung in allen Köpfen zu verankern, ist das Schwierigste“, betont Hämmerle.
Herausforderungen im Digitalisierungsprozess
Dabei gebe es eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen. Vor allem müsse sich die Form der Zusammenarbeit am Arbeitsplatz den neuen Anforderungen anpassen. Die Workplace- und Collaboration-Tools müssten Veränderungen ermöglichen, ohne dabei das Kernbanksystem zu verändern. Genauso wenig sollte es bei Veränderungen nötig sein, Daten zu kopieren.
Der zweite herausfordernde Bereich sei die Governance. DORA ("Digital Operations Resilience Act"), eine verbindliche Regulierung der EU für mehr Resilienz im Finanzwesen, mache eine durchdachte Governance unverzichtbar. Hier sei die Definition klarer Spielregeln gefragt, beispielsweise für das Management der Lieferanten.
Innovationsversäumnisse nachholen
Schließlich gelte es, lange versäumte Innovationen nachzuholen. Dafür müsse man sich auf das Wichtigste konzentrieren, also Schwerpunkte setzen.
„Früher haben wir viele Projekte zeitgleich angefangen und die Ressourcen schlecht geplant“, sagt Hämmerle selbstkritisch. Doch leicht werde vergessen, dass beispielsweise der Gebrauch externer Ressourcen eine entsprechende Kontrolle aus dem Unternehmen heraus erfordere.
Unternehmenskultur entscheidet
Letztlich gehe es darum, alle Menschen im Unternehmen in den Digitalisierungsprozess einzubeziehen. Man müsse sie für die nötige Offenheit, für mehr Agilität und neue Herangehensweisen gewinnen. Die IT müsse schrittweise vollständig auf die Geschäftsstrategie ausgerichtet und ein Teil von ihr werden.
Der gesamte Prozess erfordere Moderation und Begleitung. Widerstände seien oft vorhanden, zeigten sich aber nicht immer in direkter Konfrontation. Vielmehr würde am ehesten gegen Änderungen in eingefahrenen Prozessen protestiert. Hämmerle: „Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier.“
Beim Aufbau einer neuen IT dürfe man keinesfalls den Aufwand unterschätzen, den die Renovierung der Basissysteme verursache. Das Kernsystem der Hypo Vorarlberg stammt beispielsweise aus dem Jahr 1992. Hämmerle: „Hier darf man nicht abkürzen oder Schritte auslassen!“ Denn es handele sich um Cobol- und Pascal-Systeme. Diese Sprachen kenne heute kaum noch jemand.
Automatisiertes Meldewesen
Zwei Beispiele belegen, wie das Bankunternehmen das Thema Digitalisierung praktisch angeht. Eines ist das umfangreiche Meldewesen. Traditionell und bis vor einem Jahr erforderte die Zusammenstellung der erforderlichen Berichte das händische Heraussuchen vieler Daten aus unterschiedlichen Datenquellen. Sie wurden dann in Excel-Tabellen eingesetzt und abgeschickt.
Inzwischen besteht bankweit eine einheitliche Datenbasis, aus der sich Daten automatisiert herausziehen, verarbeiten und absenden lassen. „Dadurch hat sich unsere Arbeitsbelastung nicht verringert, denn es sind inzwischen neue Regulierungen nachgekommen. Ohne die Automatisierung könnten wir die neuen Aufgaben gar nicht schaffen“, sagt Hämmerle.
Selbstgebaute CRM-Lösung
Das zweite Beispiel stammt aus dem Vertrieb. Die Bankmitarbeiter hatten bislang keine Erfahrung mit CRM-Systemen. Doch statt eine umfassende CRM-Lösung eines der etablierten Anbieter zu kaufen, entschloss man sich, in einem agilen Team ein kleines System mit einem Minimum dringend benötigter Funktionen selbst umzusetzen.
Das Projekt ließ sich innerhalb nur weniger Monate zu einem eher mäßigen Preis realisieren. Hämmerle: „Hätten wir uns für eine externe Lösung entschieden, wären wir bis dahin höchstens bei der Ausschreibung oder Bewertung der Produkte angekommen.“
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