Upgrade auf 400 Gigabit Datacenter brauchen neue Netze. Pimpinella weiß, welche.
DataCenter-Insider sprach vor Kurzem mit Rick Pimpinella, Panduit-Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung für Lichtwellenleiter auf der Londoner Konferenz „400G at Light Speed“ über seine Ideen, wie innovative LWL-Technologien die nächsten Schritte in der Kapazitäts- und Datendurchsatzplanung voranbringen können. Schnell wird klar: Simpel wird es nicht.
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Dr. Rick Pimpinella ist ein führender Forscher auf dem Gebiet der LWL-Verkabelung. Bereits zahlreiche Patente im Zusammenhang mit LWL-Technologie sind in seinem Namen angemeldet und er gilt als treibende Kraft bei der Erweiterung von Infrastrukturmöglichkeiten, die in Zeiten von Big Data dringend erforderlich sind.
Warum ist es notwendig, sich auf die Infrastruktur von Rechenzentren der nächsten Generation zu konzentrieren?
Rick Pimpinella: Viele Fotos, Musikdateien und andere Daten können dazu führen, dass der Speicherplatz Ihres Computers, USB-Laufwerks oder Smartphones rasch an seine Grenzen stößt. Ebenso muss der Betreiber eines Rechenzentrums den kontinuierlich steigenden Bedarf an Daten einplanen, um die Geschäftskontinuität eines Unternehmens nicht zu gefährden.
Es ist daher wichtig, sich auf die Infrastruktur der nächsten Generation zu konzentrieren, damit zukünftige Anforderungen erfüllt werden können. Eine wichtige Komponente ist dabei die strukturierte Verkabelung und die Frage, ob sie die Technologie von Netzwerkressourcen und -Transceivern der nächsten Stufe unterstützt, die für höhere Datenraten und maximale Kanalreichweiten konzipiert ist.
Können Sie das näher erläutern?
Rick Pimpinella: Nehmen wir als Beispiel die heute verwendeten Verbindungen zwischen Switches mit 10 Gigabit pro Sekunde (Gb/s) und die zukünftige Anforderung von 40 Gb/s. In diesem Szenario erfordert ein Upgrade von 10GBASE-SR auf 40GBASE-SR4 den Austausch der Duplex-Glasfaserpaare durch vier Duplex-Paare (acht Fasern) mit MPO-Steckverbindern.
Darüber hinaus werden nur acht der zwölf Glasfasern in einem gewöhnlichen 12-fasrigen Kabel genutzt, so dass man vier Dark Fibres erhält. Um alle Glasfaserstränge vollständig zu nutzen, muss die Rechenzentrumsinfrastruktur sorgfältig entwickelt und ein möglicher Upgrade-Pfad eingeplant werden.
Ein effizienterer Upgrade-Pfad bestünde darin, 10GBASE-SR-Transceiver durch 50GBASE-SR-Transceiver der nächsten Generation zu ersetzen (anstehende Zertifizierung im Jahr 2018), die dieselbe strukturierte Verkabelung mit Duplex-Glasfaserkabeln nutzen. Die schnellere 50 Gb/s-Lösung verspricht weniger Kosten und nutzt ein fortschrittliches Modulationsschema, dass durch zukünftige 200 Gb/s-Transceiver erweitert werden kann. Unternehmen, die sich bereits heute auf eine Rechenzentrumsinfrastruktur der nächsten Stufe konzentrieren, werden in den kommenden Jahren von Kostenvorteilen und Flexibilität profitieren.
Wie werden sich Glasfasertechnologien Ihrer Meinung nach entwickeln, um die wachsenden Anforderungen zu erfüllen?
Rick Pimpinella: Glasfasertechnologien werden sich entsprechend der Bandbreitenanforderungen von Anwendungen entwickeln. Zur Unterstützung höherer Datenraten über kurze Reichweiten (<100 m) werden Multimode-Fasern auch weiterhin die kostengünstigsten LWL-Lösungen darstellen. Für zukünftige Datenverbindungen mit Terabit-Geschwindigkeiten werden jedoch Singlemode-Fasern (Single Mode Fiber, SMF) zur unabdingbaren Voraussetzung.
Mit steigenden Datenraten von Netzwerkprodukten müssen sich auch die Fasertypen weiterentwickeln, um die optischen Transceiver zu unterstützen. Betrachten wir zum Beispiel die Entwicklung der Multimode-Faser. Die Kategorien OM1 und OM2 MMF boten die erforderliche Bandbreite und Kanalreichweite für die in den frühen 1980er-Jahren eingeführten optischen Datenverbindungen mit 50 Mb/s und 200 Mb/s. Diese frühen optischen Datenverbindungen nutzten Leuchtdioden (LEDs), die im optischen Fenster von 1300 Nanometer (nm) operierten und Reichweiten bis zu 2 Kilometer unterstützten.
Zwanzig Jahre später hatten sich die Datenraten auf 10 Gb/s erhöht und LEDs und OM1/OM2 MMF mussten durch VCSEL-Technologie und die laseroptimierten Kategorien OM3 und OM4 MMF ersetzt werden. Diese Faserkategorien operieren im optischen Fenster von 850 nm und erreichen Reichweiten von jeweils 300 Meter und 400 Meter.
Die Nachfrage nach Glasfasertypen wird durch Bandbreitenanforderungen der Anwendungen und durch Kosten beeinflusst. Obwohl Multimode-Fasern in der Herstellung teurer sind als Singlemode-Fasern (SMF), sind Singlemode-Transceiver bedeutend teurer.
Üblicherweise sind SMF-Transceiver mindestens 3-mal so teuer wie MMF-Transceiver. Für Anwendungen mit kurzer Reichweite – unter 500 Meter (m) – werden die Gesamtkanalkosten daher vorwiegend durch die Transceiver bestimmt (siehe: Abbildung 1).
Mit steigenden Datenraten von über 400 Gb/s wird der Einsatz fortschrittlicherer MMF-Technologien erforderlich, die mehrere Wellenlängen unterstützen. Signature Core-Glasfaserkabel von Panduit und die vor Kurzem standardisierten Wide-Band-MMF (OM5), entwickelt im Rahmen einer TIA-Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Panduit, wurden speziell zur Unterstützung mehrerer Wellenlängen entwickelt. Diese Wide-Band-Multimode-Fasern unterstützen jedoch im Vergleich zu SMF nur relativ kurze Kanäle (<200 m). Die Nachfrage nach SMF in großen und sehr großen Rechenzentren wird daher steigen.
Single- oder Multimode, OM3,4,5? Wie soll sich ein Rechenzentrumsbetreiber entscheiden?
Rick Pimpinella: Rechenzentrumsbetreiber müssen vor allem die schwierige Entscheidung treffen, welche Fasertypen installiert werden sollen: Singlemode oder Multimode. Fällt die Entscheidung auf Multimode-Fasern, muss darüber hinaus die Kategorie bestimmt werden: OM3, OM4 oder OM5. Aber Achtung! Es gibt hier sehr viel Augenwischerei und Falschinformationen hinsichtlich technischer Vorzüge des geeigneten Fasertyps, maximaler Reichweite, optischer Leistung und Gesamtinstallationskosten.
Zum Erzielen höherer Datenraten von über 50 Gb/s müssen mehrere Faserpaare (parallele Optik) oder mehrere Wellenlängen (Wavelength Division Multiplexing, WDM) zum Einsatz kommen. Für die Ethernet-Übertragung über Multimode-Fasern sind von der Arbeitsgruppe IEEE 802.3 parallele Glasfaserpaare spezifiziert, um durch Aggregation Datenraten von bis zu 400 Gb/s zu erzielen.
Der Einsatz von Multimode-Transceivern, die mehrere Wellenlängen zur Übertragung über ein Single-Duplex-Glasfaserpaar nutzen, ist in Multi-Source Agreements (MSAs) zwischen Transceiver-Herstellern vereinbart worden, um Marktakzeptanz und Interoperabilität sicherzustellen. Für Datenraten bis zu 400 Gb/s über MMF legt die IEEE-Spezifikation parallele Optik fest. Bei Datenraten von mehr als 400 Gb/s müssen jedoch sowohl parallele Optik als auch Short Wavelength WDM (SWDM) eingesetzt werden.
Wie steht es mit den Kosten?
Rick Pimpinella: Die Wahl des geeigneten Glasfasertyps wird durch Kostenaspekte, zukünftige Anforderungen bei Datenraten und der maximalen Kanalreichweite erschwert. Singlemode-Fasern werden alle zukünftigen Datenraten und Kanalreichweiten unterstützen. Die Leistung hat jedoch ihren Preis und zeigt sich in drei- bis fünffach höheren Kosten im Vergleich zu Multimode-Kanälen. Für SWDM werden Wide-Band-Multimode-Fasern wie Signature Core oder OM5 erforderlich sein, um hoch zuverlässige Leistung über die spezifizierten Kanalreichweiten sicherzustellen.
Alle spezifizierten Kanalreichweiten basieren auf optischen Transceivern, die die Mindestnormanforderungen erfüllen, sowie auf der Bandbreite von laseroptimierten Multimode-Fasern der Kategorien OM3 und OM4. Transceiver-Hersteller bieten häufig optimierte Transceiver, die längere Reichweiten unterstützen. 40GBASE-SR4 verfügt zum Beispiel gemäß Standard über eine Reichweite von 150 m über OM4-Fasern. Eine optimierte Version dieses Transceivers kann jedoch eine Reichweite von 400 m unterstützen.
Ein primäres Ziel bei der Entwicklung von Datenraten der nächsten Generation ist der Erhalt der strukturierten Verkabelungsinfrastruktur. Zu diesem Zweck nutzen 40GBASE-SR4, 100GBASE-SR4 und das zukünftige, derzeit in der Entwicklung befindliche 200GBASE-SR4 alle dieselbe strukturierte Verkabelung mit vier Faserpaaren.
Für jede dieser Lösungen können die vier parallelen Faserpaare außerdem durch „Breakout“ in jeweils vier diskrete 10GBASE-SR-, 25GBASE-SR- und 50GBASE-SR-Kanäle getrennt werden. Zu beachten ist, dass SWDM-Transceiver keine Breakout-Anwendungen unterstützen.
Welche Risiken gehen Rechenzentren ein, wenn sie den Fortschritt in Richtung 400G nicht unterstützen?
Rick Pimpinella: Für Datenraten bis zu 400 Gb/s besteht nur ein geringes beziehungsweise so gut wie gar kein Risiko darin, bestehende strukturierte Verkabelungssystem aus Fasertypen der Kategorien OM3 und OM4 zu nutzen. Wenn die Verkabelung jedoch Fasern beinhaltet, die die Anforderungen nur marginal erfüllen, wird die Kanaleffizienz möglicherweise aufgrund gelegentlicher Rahmenfehler reduziert.
Da sich Datenraten kontinuierlich erhöhen und Technologien weiterentwickeln, werden niedrigere Datenraten mit der Zeit veralten. Beispiele hierfür sind optische Datenverbindungen mit 50 und 200 Megabit/s.
Die strukturierte Verkabelung sollte daher fähig sein, die zukünftige Netzwerkinfrastruktur für spezifizierte höhere Datenraten zu unterstützen. Dies spricht für den Einsatz paralleler OM3- und OM4-Fasern für kurze Kanalreichweiten von weniger als 75 m und die Verwendung von SigCore oder OM5 für Reichweiten von bis zu 150 m. Singlemode-Fasern werden im Vergleich dazu aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens noch die nächsten fünf bis zehn Jahre kostenaufwendiger sein.
Welche Rolle spielen Standards?
Rick Pimpinella: Die Entwicklung von Verkabelungsstandards muss der Einführung von Anwendungsstandards und der zukünftigen Netzwerkinfrastruktur vorausgehen. Ausschließlich Fasern, die durch führende Normenorganisationen wie TIA oder IEC spezifiziert werden, werden als Übertragungsmedienoptionen in Anwendungsnormen wie Ethernet und Fiber Channel aufgenommen.
Die Entwicklung von Verkabelungsstandards und zukünftigen Anwendungen für höhere Datenübertragungsgeschwindigkeiten werden durch aktive Mitglieder in mehreren Normungsgremien und/oder in gemeinsam erarbeiteten Schriftstücken koordiniert. Der Einsatz einer normgerechten Rechenzentrumsinfrastruktur stellt ein zuverlässiges Rechenzentrumsnetzwerk sicher.
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