Unsichtbar, auf 5 unterirdischen Ebenen Das Comback-Rechenzentrum im Bunker
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Hochsicherheitszentrum und Atomschutzbunker, hochmodernes Konzept und musealer Charakter – so lässt sich das im Nordschwarzwald versteckte Datacenter der Comback GmbH (gesprochen wie geschrieben) beschreiben. Der Betreiber bietet neben den klassischen Rechenzentrumsdiensten auch Managed Services und Cloud an.

SICHERHEIT wird bei Comback groß geschrieben, sowohl was die IT-Dienstleistungen angeht als auch das Rechenzentrum selbst, das die Bezeichnung CITA - Centrum für Informations-Technische Angelegenheiten trägt. Es liegt am Ortsrand von Oberreichenbach rund 50 Kilometer Luftlinie vom Landessitz Stuttgart und dem dort noch heute ansässigen EUCOM der US-Streitkräfte in der einen Richtung und Karlsruhe, dem Sitz des Oberlandesgerichts entfernt. Die nächstgelegen größeren Städte sind Calw und Pforzheim.
Es ist idyllisch gelegen, mitten im Wald, auf fünf Stockwerke, die in die Tiefe gegraben wurden, verteilt. Denn mitten im Kalten Krieg ließ die Landesregierung von Baden-Württemberg in Angst vor einem Atomwaffenangriff und einem Einmarsch der Sowjetunion hier einen Ausweichsitz bauen. Im Krisenfall hätte hier eine Regierungsmannschaft mit bis zu 250 Menschen Schutz gefunden; Platz für eine Opposition hat es nicht gegeben.
Die Landesregierung mit ihrem Arbeitsstab hätte im Katastrophenfall hier bis zu 30 Tage ohne Versorgung von außen überleben und die Amtsgeschäfte fortführen können. Dafür gab es eine Eigenstromversorgung, ein Kommunikationsnetz mit Telefon, Fax und Fernschreiberleitungen, so dass im Ernstfall die Verbindung mit allen wichtigen Behörden hätte hergestellt werden können. Wären umliegende Funkmasten zerstört worden, hätten aus einem Erdhügel über dem Bunker zwei Spezialantennen (so genannte „Papstfinger“ – Horizontal- und Vertikalstrahler) hydraulisch ausgefahren werden können.
Im zweiten Untergeschoss war ein funktionsfähiges Rundfunkstudio untergebracht, um die Bevölkerung mit Nachrichten und Informationen versorgen zu können. Es gab eine Küche, in der zwar Kochen nicht vorgesehen war, sondern nur ein Aufwärmen der Überlebensrationen, einen Kühlschrank und Frischwasser in Mineralwasserqualität, wie sie im Schwarzwald verkauft wird. Die Küche wäre heute noch einsatzfähig.
Man hätte in Schichten gegessen, mehr Platz hätte nicht zur Verfügung gestanden. In einem Besprechungsraum wäre es möglich gewesen, mithilfe großer Kartentafeln und Tageslichtprojektoren die Verkehrswege und bestehende Infrastruktur aufzuzeigen.
Zur Bunkerbesatzung gehörte zumindest ein Arzt, der einfache Operationen hätte ausführen können. Zur Ausstattung gehörten aber auch jede Menge Beruhigungsmittel; denn eine Sedierung sollte ein Ausflippen durch Klaustrophobie oder sonstige Ängste verhindern.
Im Jahr 1993 suchte die Landesregierung von Baden-Württemberg eine Nachnutzung des zivilen Bunkers. 1994 beginnt dann mit dem Umbau des Atomschutzbunkers die Geschichte des CITA und der heutigen Comback GmbH. Damals noch ein Systemhaus der BASF unter der Firmierung Comparex war das Unternehmen von der Muttergesellschaft beauftragt worden, einen Standort oder ein Gebäude für ein Notfallrechenzentrum zu suchen, in einiger Entfernung von Ludwigshafen, heute ein Fahrweg von rund 2,5 Stunden.
Die Comparex AG konnte einen Langzeitvertrag für den in einem Wasserschutzgebiet gelegenen Bunker abschließen. Noch heute ist die Comback GmbH der Pächter. In der Unternehmensgeschichte, die Comback auf seiner Website darstellt, heißt es:
„1993 war Helmut Kohl der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Richard von Weizsäcker ihr Bundespräsident.
Im ehemaligen Jugoslawien wurden die Souveränitätskämpfe hart ausgetragen. Die Auflösung der einstigen Tschechoslowakei ging im Gegensatz dazu friedlich ihren Weg und wurde am 01. Januar 1993 besiegelt.
In den USA trat Bill Clinton sein Amt als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika an. Im Herbst 1993 wurde die Europäische Union kurz EU durch das Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht wirtschaftliche Realität.“
Der Umbau
Der einjährige Umbau für rund 15 Millionen Euro war allerdings gar nicht so einfach. Im Prinzip gleicht der Bau einem Schiffsrumpf, allerdings mit drei Meter dicken, vor Strahlung schützenden Betonwänden außen wie innen und einer Hauptdecke, die sechs Meter dick ist. Gelagert ist der Korpus nicht in Wasser, sondern in Kies. Der gesamte Bau sollte sich nach der Explosion einer Atombombe der Druckwelle ausweichend neigen und wieder aufrichten.
Drei Stockwerke im Bunkerkern und in Räumen darum herum dienen als Rechenzentrumsfläche. Comback stellt im Housing auch Cages und dedizierte Räume zur Verfügung. Die alten Netzersatzanlagen sind ausgemustert und liefern heute nach einer Batterie-gesicherten Übergangszeit von 1 Minute Notstrom zur Verfügung. Für die USV-Anlage nutzt Comback herkömmliche Blei-Säure-Batterien.
Sebastian Maurer, seit dem 1. November 2020 Geschäftsführer der Comback GmbH, erläutert: „Das bleibt auch so.“ Für Lithium-Ionen-Batterien spräche primär, dass sie weniger Platz brauchten. „Doch das ist nicht unser Problem.“ Schwungradalternativen kommen ebenfalls nicht in Frage. Wie sollten diese in den Bunker hineinkommen?
Der Notstrom bringt Geld
Derzeit werden neue Dieseltanks für 40.000 Liter installiert; rund 150 bis 200 Liter bräuchte die Notstromversorgung im Ernstfall pro Stunde. Die Tanks selbst befinden sich nicht im Bunker, sondern außerhalb.
Interessant ist, dass die Comback GmbH mit ihrer Stromreserve Geld verdient. Maurer erläutert: „Wir haben mit einem Energieversorger einen entsprechenden Vertrag geschlossen und könnten bei Bedarf unsere NEA zuschalten. Die Anbindung ist da.“
Konkret hat die Comback damit indirekt an der so genannten Minutenreserve teil. Es ist aber Aufgabe des Energieversorgers einen Pool dafür zu bilden und die möglichen Leistungen an der Börse anzubieten. Die Comback GmbH bekommt für die Bereitstellung letztendlich eine monatliche Gutschrift. Die Zahlung bekommt Comback für die Bereitschaft Leistungen der NEAs, die derzeit auf 500 Kilowatt gedrosselt sind, ein tatsächlicher Abruf komme so gut wie gar nicht vor, so Maurer.
Aber die NEAs müssten im Notfall bereit sein, wie in jedem Rechenzentrum. Maurer nennt das Präqualifikation. Dazu gehören Tests, zum Beispiel bei Betätigung des Hauptschalters: Läuft die NEA an? Darüber hinaus fährt die Comback GmbH Lasttests. Der Strom, der bei allen Tests ein paar Mal im Jahr generiert wird, fließt dann auch tatsächlich ins öffentliche Stromnetz und der Rechenzentrumsbetreiber bekommt diese Zufuhr vergütet.
Modernisierung ist eine Daueraufgabe
Eine direkte freie Kühlung schließt sich durch die baulichen Vorgaben des Bunkers aus. Derzeit nutzt das Unternehmen Kompressoren mit Kältemitteln, sowie Kaltgang- und Warmgang-Einhausung. Außerdem besitzt das Rechenzentrum eine Notkühlung: Plattenrückkühler mit Anschluss an den vorhandenen Brunnen.
Allerdings überlegen die Betreiber, ob es nicht doch irgendwie möglich wäre die Brunnenkühlung zu nutzen; außerhalb des Bunkergeländes findet sich noch eine Zisterne und viel freie Fläche zudem - eigentlich ideal für einen Rechenzentrumsneubau - wenn sich denn ein Kunde oder mehrere potente Kunden fänden, die sich dort einnisten wollten. Zumindest gibt es bereits einen Gestaltungsvertrag für die Zisterne.
Auch in Sachen Grünstrom sind die Möglichkeiten der Comback begrenzt; prinzipiell wären eine eigene Solaranlage oder auch ein Windrad eine Option. Das Problem, das Unternehmen ist Pächter und die Landesregierung müsste sich an solchen Installationen beteiligen. Derzeit hat das Unternehmen wie die meisten, Rahmenverträge für den Bezug von Grünstrom geschlossen.
Trotz der eingeschränkten baulichen Möglichkeiten kommt Comback auf PUE-Werte von 1,3 für die älteren IT-Räume und 1,25 für die neu eingerichteten.
Eine der größeren Herausforderungen in jüngerer Zeit sind die Umbaumaßnahmen gewesen, die der Brandschutz fordert, insbesondere die Fluchtwege, die Öffnungen für Löschmittel sowie für den anschließenden Druckausgleich. „Da sind einige Werkzeuge zu Schrott gearbeitet worden“, kommentiert Marcus Stier, Leiter Business Development bei Comback. Alleine der Durchbruch für eine einzige Tür habe Wochen in Anspruch genommen.
Und eigentlich bräuchten wir eine neue Brandschutzmelde-Anlage, seufzt er. Die jetzige hat das Unternehmen 1994 bekommen. Gelöscht wird übrigens mit „Novec“ beziehungsweise anderen Inertgasen.
Sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden müssen nicht im Bunker arbeiten, es sei denn sie wollen oder brauchen den physischen Zugriff auf ihre Installationen. Schon als der Bunker eingerichtet wurde, hat man ein 'Jägerhaus' gebaut, in dem damals allerdings etwa Soldaten zur Bewachung und Reinigungspersonal untergebracht waren. Heute gibt es dort Besprechungs- und Büroräume. Aber auch die heutigen Bewacher können sich hier aufhalten.
Die Unternehmensgeschichte
Seit 1995 ist CITA in Betrieb. Die Comparex AG wurde zum 1. Februar 2019 von Software One übernommen. Aber erst am 1. Oktober 2000 wurde aus dem 'Projekt Comback', die Comback GmbH mit 15 Mitarbeitern. Der alleinige Gesellschafter ist die Comback Holding GmbH. An dieser halten die Mitarbeiter einen erheblichen Gesellschaftsanteil. So können sie aktiv an der Weiterentwicklung des Unternehmens mitwirken.
Das Unternehmen beschäftigt heute 20 Mitarbeiter für den Rechenzentrumsbetrieb, wobei es noch einen zweiten Standort gibt, und zwar im 'Rechenzentrum Nord', Hannover. 34 Mitarbeiter sind es insgesamt. Das Hauptgeschäftsfeld beschäftigt sich mit den verschiedenen Sicherheitsaspekten:
- der sichere Datenaustausch über die eigene Umgebung hinweg,
- Advanced Threat Prevention,
- Backup,
- Ransomwareschutz,
- Endpoint Security,
- Identity und Access Management,
- MobileDevice Management,
- Next-Generation Firewalls,
- Penetration Tests,
- Patch-Management und Web Security als Service und als On-Premises-Installationen
- Disaster Recovery und Notfallvorsorge ....
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