Anregungen für das Rechenzentrumsdesign gesucht? 7 sehr ungewöhnliche Rechenzentren
Der Blog „Who is hosting this“ hat eine Infografik erstellt, in der einige der ungewöhnlichsten Rechenzentren vorgestellt werden. Ein altes Munitionsdepot, ein Datacenter ohne Klima-Anlage, Hühnerfarm-Design... Himbeertörtchen. Da DataCenter-Insider angeboten wurde, die Grafik zu veröffentlichen, hat die Redaktion diese in verdauliche Stücke geschnitten und veröffentlicht diese zusammen mit zugehörigen Infos gerne.
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Abbildung 1 repräsentiert das ehemalige Nato-Munitionsdepot Green Mountain – DC1-Stavanger in Norwegen
Die Anlage verfügt über 13.600 Quadratmeter und befindet sich auf einer kleinen norwegischen Insel. Im Prinzip gibt es zwei dreistöckige Hauptgebäude, die allerdings in einen Berg hineingebaut wurden. Somit befinden sich über dem Datacenter 100 Meter Granit; das hält unter anderem elektromagnetische Impulse (EMP) fern, die die IT zerstören könnten.
Gekühlt wird das Rechenzentrum durch Meerwasser aus einem nahegelegen Fjord, und zwar aus einer Tiefe von mindestens 75 Metern, wo die Wassertemperatur bei konstanten 8 Grad liegt. Das aus einer Tiefe von 75 bis 100 Metern entnommene Wasser wird in Bassins geleitet, die auf 5 Metern liegen. Dazu ist keine zusätzliche Energie vonnöten; denn die durch Schwerkraft erzeugte Druckdifferenz sorgt für den Transport. Anschließend wird das Wasser aus den Bassins in einen Wärmetauscher gepumpt. Das Verfahren sorgt dafür, dass das Rechenzentrum lediglich 3,5 Kilowatt für die Pumpen benötigt um eine Kühlkapazität von 1.000 Kilowatt bereitzustellen.
Weil die Einrichtung praktisch luftdicht abgeschlossen ist, beträgt der Sauerstoffgehalt rund 21 Prozent; ein Brand kann entstehen bei 16 Prozent Sauerstoff und mehr. Somit drücken die Betreiber den Anteil auf 15 Prozent, und kein Brand kann ausbrechen oder für Mensch und IT giftige Dämpfe durch Feuer entstehen.
Abbildung 2: Das Rechenzentrum ohne Klima-Anlage – Roubaix 4 - betreibt OVH in Frankreich. Das Gebäude weist eine Kapazität von 35.000 Servern auf und jeder Server kann mit 10 Gigabit pro Sekunde versorgt werden. Trotzdem kommt das Rechenzentrum ohne Klima-Anlage aus.
Dieses Umweltplus verdankt das Datacenter zwei Design-Maßnahmen: Zum einen ist es als Würfel gebaut, der innen mit einem Hohlkern ausgestattet ist. Dieser sorgt für ausreichend Belüftung, die das gesamte Gebäude kühlt. Zum anderen nutzt OVH in diesem Gebäude eine Wasserkühlung, die das Unternehmen selbst entwickelt hat (siehe auch: „Wasserkühlung und Expansionskurs, Das erste deutsche OVH-Datacenter steht in Limburg“). Die Flüssigkeit wird an Wärme-intensiven Komponenten (wie Prozessoren) vorbei geleitet und nimmt dabei etwa 70 Prozent der Hitze auf. Anschließend wird sie aus den Gehäusen gepumpt und nach außen abgeführt.
Ohne Klima-Anlage und dank der speziellen Datacenter-Bauart kann OVH in Roubaix besonders energieeffizient und daher wirtschaftlich arbeiten.
Abbildung 3: Der Hühnerstall, Chicken Coop, gehört Yahoo! und steht in New York. Die Gebäude erinnern an amerikanische Hühnerfarmen. Der erste DataCenter-Campus entstand bereits 2010, der zweite im Jahr 2016. Jedes einzelne Gebäude misst 2194,56 Quadratmeter (120 x 60 Fuß). Die vergleichsweise langen und schmalen Gebäude haben Giebeldächer auf denen sich über die gesamte Länge Lüftungskamine erstrecken. Diese dienen im Wesentlichen dazu, dass die Luft zirkuliert, um so die Serverräume zu kühlen.
Tatsächlich erlaubt das System zu 99 Prozent der Zeit eine „natürliche“ Kühlung. Um das restliche Prozent bereitzustellen, setzt Yahoo! auf Verdunstungskühler.
Dafür kann Yahoo auf Hydroenergie zurückgreifen, die die nahen Niagarafälle liefern. Laut Yahoo! benötigt der Hühnerstall 95 Prozent weniger Wasser und 40 Prozent weniger Strom als vergleichbare Rechenzentren dieser Größe. Das Unternehmen hat die Prozentzahlen umgerechnet: Die jährlichen Stromeinsparungen entsprächen der Energie, die notwendig wäre, um 300.000 kompakte Leuchtstoffröhren ein Jahr lang brennen zu lassen. Und die Wassermenge würde ausreichen, um 200.000 Menschen ein Jahr lang mit ausreichend Wasser zu versorgen.
Yahoo!
Abbildung 4: Niederländische Rebellen im Atombunker- Umstritten ist der Internet Service Provider „CityBunker“ nicht. Ursprünglich war das Gebäude 1955 in der niederländischen Gemeinde Kloetinge, Provinz Zeeland, also während des Kalten Kriegs, als NATO-Kommandobunker gebaut worden. Er sollte empfindliches elektronisches Gerät beherbergen, das dort für zehn Jahre werkeln sollte - und zwar mit möglichst geringem Stromverbrauch – während die Welt draußen möglicherweise verstrahlt oder in Schutt und Asche liegen mochte. Im Jahr 1996 dann wurde der Bunker als solcher stillgelegt und ein Erfinder kaufte ihn und wandelte den Bau in ein Rechenzentrum um, das 2000 seinen Betrieb aufnahm.
Dieser Ex-NATO-Bunker, andere Datacenter des Providers befinden auch an geheimeren Stellen, liegt oberirdisch und ist doch gleich in mehrfacher Hinsicht uneinnehmbar. Denn es hat mehrere Auseinandersetzungen um die Hoheit über die dort gerechneten Anwendungen und die dort gelagerten Daten gegeben, denn einige der Kunden standen im Verdacht, nicht ganz koscher zu sein. Sowohl Polizei als auch städtische Behörden hatten versucht in das Gebäude zu kommen.
Auch Gerichtstermine folgten, doch City Bunker gewann jedes Mal. Zum Beispiel beschuldigte die Stadthalle CityBunker des illegalen Betreibens eines elektrischen 1,5 Kilowatt-Motors, da nichts für den Betrieb bezahlt wurde. Der Datacenter-Betreiber gewann. Das Rathaus musste die Gerichtskosten tragen.
Im Jahr 2007 gab es auf Betreiben der Stadt einen weiteren unfruchtbaren Versuch, ohne Zustimmung des Betreibers in das Gebäude zu gelangen. Das Ganze endete mit einer Geldstrafe von 24.500 Euro, die die Stadtverwaltung zahlen musste, weil keine illegalen Aktivitäten entdeckt werden konnten. Dennoch bemüht man sich im Rathaus weiter darum, das Rechenzentrum zu schließen.
Abbildung 5: Doppelter Nutzen: Heizung und Rechenzentrum - Und dieses Datacenter kennen die aufmerksamen Leser von DataCenter-Insider: Es ist das von Cloud&Heat, das zugleich als Heizung für einen Wohnblock in Dresden dient.
Dafür hat das Unternehmen das Rechenzentrum quasi neu erfunden, um dort IT-Schränke zu verwenden, die auf zweierlei Art die Kosten für die Kühlung reduzieren. Zum einen erlauben sie per Wasserkühlung ein effizienteres Cooling und zum zweiten wird die Abwärme direkt benutzt, um Häuser zu beheizen.
Die Idee der verteilten Cloud indes lässt sich nutzen, um Rechenlasten dorthin zu verschieben, wo es kühler ist und deshalb weniger Energie notwendig ist, um die Server auf Temperatur zu halten, also etwa von Bonn nach Hamburg wäre denkbar.
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Der Cloud-Anbieter voller Energie
Cloud&Heat nutzt Datacenter-Abwärme zum Heizen
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Die Leistungsdichte in Server-Racks muss steigen
Die CPU gehört direkt mit Wasser gekühlt
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Die umweltfreundliche OpenStack-Cloud aus Frankfurt
Cloud&Heat übernimmt ehemaliges Rechenzentrum der EZB in Frankfurt
Abbildung 6: Die Himbeertörtchen – PCextreme betreibt in den Niederlanden Rechenzentren; die wären in dieser Runde nicht erwähnenswert, wenn es nicht um eine ganz außergewöhnliche Rechenzentrumshardware ginge. PCextreme bietet Co-Location für Raspberry-Pi-Systeme an. Von den Einplatinen-Rechnern stecken etwa 150 in einem Rack.
Das kann sich rechnen, insbesondere wenn normale Server nicht ausgelastet wären. Denn während ein mittelgroßer Server 75 bis 150 Watt erfordert, kommen die Raspberry Pis mit 3 bis 5 Watt aus.
Abbildung 7: Der Gigant unter den Rechenzentren ist derzeit das Switch-Rechenzentrum in Tahoe Reno, Nevada. Entworfen wurde das Datacenter für 670.000 Quadratmeter und einer Last von 650 Megawatt.
Es befindet sich auf einem 2.000-Hektar-großen Areal und wird ausschließlich durch erneuerbare Energiequellen mit Strom versorgt. Da es in der Gegend auch stark windet, sind die Dächer so konstruiert, dass sie auch Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Meilen pro Stunde, etwa 320 Kilometer pro Stunde, standhalten können.
Das erste RZ-Gebäude, Tahoe Reno 1, umfasst etwa 120.000 Quadratmeter Rechenzentrumsfläche und damit ist es das größte einzelne Datacenter der Welt. Zu den namhaften Kunden zählen eBay und Renown Health.
Das Glasfasernetz, das durch Switch selbst betrieben wird, trägt die Bezeichnung „Superloop“, ist etwa 800 Kilometer lang und verbindet Tahoe Reno 1 mit Rechenzentren in Los Angeles, San Francisco und Las Vegas. Eine Verbindung nach
- Los Angeles dauert 9 Millisekunden
- nach San Francisco: 4 Millisekunden
- und nach Las Vegas: 7 Millisekunden
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