Die Öko-Alternative für Rechenzentren von Kohler SDMO Nachhaltig? Diesel-Aggregate für Notstrom mit HVO
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Kohler hat 2005 den 1966 als SDMO Industries gegründeten Hersteller für Stromerzeuger übernommen, dieser ist heute der drittgrößte Hersteller auf dem Markt für Stromaggregate. Somit liefert er Dieselaggregate für die Notstromversorgung an Rechenzentren. Doch die Motoren produzieren CO2, selbst wenn sie ihren Zweck gar nicht erfüllen. Die Datacenter-Betreiber sind auf der Suche nach Ersatz. Was macht Kohler?

Zu Beginn dieses Monats hat Kohler Power Systems bekannt gegeben, dass die gesamte Produktpalette an einsatzkritischen Generatoren mit hydriertem Pflanzenöl (HVO) kompatibel ist, einem Dieselersatzstoff. Der Vorteil bei Verwendung dieser alternativen Tankfüllung: Bei der Verbrennung fallen 20 bis 30 Prozent weniger umweltschädliche Emissionen an (bis zu 50 Prozent Kohlenwasserstoffe, bis zu 36 Prozent Feinstaubeinsparungen, bis zu 35 Prozent Stickoxide und bis zu 30 Prozent Kohlenmonoxid, laut Energie Active) .
Wie Ralf Stüber, Geschäftsführer bei der SDMO GmbH, dem deutschen Zweig des Konzerns mit Firmensitz im rheinland-pfälzischen Zweibrücken, erläutert sind für alle Generatoren, die seit etwa einem Jahr geliefert werden, keine Anpassungen dafür notwendig. Das gilt sowohl für die, die bereits installiert sind, als auch die, die noch in Betrieb gehen. Außerdem ist jeweils ein Mischungsverhältnis von 10 bis 100 Prozent machbar, so Stüber. Ältere Anlagen sollten im Einzelfall überprüft werden.
Im Wesentlichen bietet Kohler zwei Linien für den Einsatz im Rechenzentrum an: Die „KD“-Serie bietet Notstromversorgung bis zu 4 Megawatt. Die Geräte beschreibt Stüber als kompakt: Sie seien bis zu 20 Prozent kürzer als vergleichbare Wettbewerberprodukte, die Zuluftöffnung benötigt lediglich 3,6 Quadratmeter, statt wie üblich 4 Quadratmeter, die Motoren sind mit Common-Rail-Technik ausgestattet, verfügen über ein Motor-Management und die Steuerung sowie der Generatorschalter sind auf dem Grundrahmen montiert. Die Kühlung befindet sich „vorne“.
Alles in allem bedeutet diese Bauweise, dass der Generator bei guter Leistungsdichte weniger Platz benötigt. Zudem verschwinden die Generatoren in stapelbaren Gehäusen. Die PODs sind mit standardisierten Komponenten entwickelt, erlauben aber eine Vielzahl an Konfigurationen.
Standard und Varianten
Das sei durchaus notwendig, erläutert Stüber; denn in Deutschland könne jede Kommune ihre eigenen Regeln für das Aufstellen eines Notstromaggregats machen. Es gebe welche, unterschiedliche für den Gewässerschutz genauso wie für die Begrenzung der Abgase. Er spricht von einem Flickenteppich.
Die Frage, warum nicht alle Notstromaggregate die höchsten erreichbaren Standards erfüllen, begründet er: „Das ist eine Frage des Geldes.“ Oder andersherum: Warum sollte ein Datacenter-Betreiber, der sich weder in einem Wasserschutzgebiet befindet oder in einer ausgewiesenen Umweltzone, den Mehraufwand für das ´beste Produkt` bezahlen?
Für den Markt sei ein solches Produkt schlichtweg zu teuer und erlaube Kohler keine Marktdurchdringung, wie vorhanden und weiterhin angestrebt. Ähnliches gilt auch für die rund 200 kleineren Notstromvarianten für Datacenter, die Kohler unter der Sammelbezeichnung „Industrial Line“ anbietet.
Die KD-Anlagen sind für Rechenzentren geeignet, die der Datacenter-Klasse Tier IV entsprechen (siehe: Kasten). Sie erübrigen zusätzliche Diesel-Oxidationskatalysatoren (DOC) oder Dieselpartikelfilter (DPF), benötigen keine zusätzliche Regeneration, kommen ohne komprimierte Luft aus und bieten eine zusätzliche Schalldämpfung.
In Wikipedia ist nachzulesen, dass die Basis für HVO Rapsöl ist und dass für die Umwandlung in eine Tonne etwa 1,23 Tonnen Pflanzenöl benötigt werden. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. sieht als Grundstoff Pflanzenöle, pflanzliche und tierische Fette. Seinen Berechnungen zufolge entstehen aus 3,5 Tonnen Rapssaat rund 1.200 Liter HVO., wobei 1 Liter Biodiesel 0,96 Liter Dieselkraftstoff ersetzt.
Klimaschützer sind nicht restlos begeistert von HVO; sie fürchten die Urwaldrodung für noch mehr Palmöl. Doch Stüber geht von neuen Varianten aus. Er argumentiert: HVO sei nicht nur zu 90 Prozent kohlenstoffneutral, es werde auch vollständig aus Abfallprodukten gewonnen, sei also Teil einer Kreislaufwirtschaft. Damit entfiele auch das ethische Problem, dass die Produktion von Lebensmitteln in Konkurrenz zum Verbrennen stehe.
Auch der Bundestag hielt bereits 2020 fest: „Anders als Biokraftstoffe der ersten Generation benötigen abfallbasierte Kraftstoffe, zum Beispiel aus Altspeisefetten keine landwirtschaftlichen Produktionsflächen und begegnen daher hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit deutlich weniger Bedenken.“
Die HVO-Stärken
Auch an anderer Stelle beweist HVO seine Stärken. Während Biodiesel der ersten Generation eine doch sehr begrenzte Lagerfähigkeit von nur sechs Monaten hatte, ist HVO äußerst stabil und unempfindlich gegenüber Oxidation, so dass es langfristig gelagert werden kann. Stüber geht von einem Zeitraum bis zu zehn Jahren aus. Das übertrifft nicht nur die Lagerfähigkeit von früherem Biodiesel, sondern auch von Heizöl, das mit organischen Stoffen angereichert wird, und heute üblichem fossilem Diesel. Die Lagerfähigkeit von B0-Diesel - mit 0 Prozent Bio-Anteil, auch bekannt als „Premium-Diesel“ beträgt ein bis zwei Jahre.
Die Ähnlichkeit der Eigenschaften von HVO und fossilem Diesel erleichtert die Umstellung auf Biokraftstoff, da die beiden Kraftstoffe problemlos direkt im Tank gemischt werden können. Daher kann er sofort als alleinige Kraftstoffversorgung für alle Generatoren von Kohler verwendet werden.
Einbußen in die Leistungsfähigkeit der Generatoren brauchen die Kunden laut Stüber nicht zu fürchten. Noch prüfe Kohler, ob sich die Wartungsintervalle verkürzen müssen. Doch selbst wenn, dürfte das die Rechenzentren kaum tangieren bei gerade einmal 30 bis 40 Betriebsstunden im Jahr.
Getrübte Freude
Trotzdem sind nicht alle Details geklärt. Klar ist, dass sich mit HVO 10 bis 35 Prozent der Stickoxide einsparen lassen. Rückstandsfrei sind die Kraftstoffe dennoch nicht. Ob Kunden etwa auf eine Abgasnachbehandlung verzichten könnten, müsste also mit der zuständigen Genehmigungsbehörde geklärt werden.
Zudem gibt es in Deutschland nur eine begrenzte Anzahl an Lieferanten wie TooL-Fuel Services GmbH mit „C.A.R.E. Diesel“ – seit Januar 2019 Palmöl-frei, beziehungsweise Hersteller, Mineralölkonzerne wie Neste aus Finnland mit „MY Renewable Diesel“, und Eni aus Italien und Total Energies. Potenzielle HVO-Kunden müssen sich also vorher schlau machen, woher sie den Kraftstoff, auch im Notfall, beziehen können. Laut Stüber gibt es aber Kunden, die bereits Anlagen gekauft haben, die mit HVO betrieben werden sollen.
Apropos Planung: Auch Kohler leidet an den weltweiten Lieferengpässen an der einen oder anderen Stelle, insbesondere die Verfügbarkeit der Elektronik sorgt für Verzögerungen. Derzeit beläuft sich der durchschnittliche Lieferzeitraum für Kohler-Anlagen deshalb auf 25 bis 35 Wochen.
Doch Kunden dürfen demnächst auch mit der Verbrennung von Wasserstoff in Kohler-Anlagen rechnen. Während sich die französischen Kollegen an die Kombination Brennstoffzelle und Wasserstoff machen, haben die Rheinland-Pfälzer eine Kombination aus Motor und Wasserstoff entwickelt. „Die Technik kann mit der Brennstoffzelle mithalten, sagt Stüber.
Vodafone setzt einen Prototypen ein, der die Bezeichnung „Vantage Tower“ trägt (siehe: Bilder). Gänzlich rückstandsfrei ist diese Technik nicht; denn bei der Verbrennung von Wasserstoff in Verbindung mit Luft (in einer Gasturbine) enthalten die Abgase neben Wasser auch Stickoxide. Diese entstehen bei hohen Temperaturen im Brennraum aus dem Luftstickstoff.
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