Emissionsstandards für Dieselaggregate im Rechenzentrum Streng reguliert: Netzersatz mit Diesel-Notstromtechnik
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Dieselaggregate für Rechenzentren sind ein heikles Thema. Dem unbestrittenen Nutzwert der Notstromtechnik steht ein hohes Potenzial für Umweltbelastung gegenüber. Emissionsstandards sollen sie im Zaum halten.

Dieselgeneratoren müssen genau definierte Emissionsstandards einhalten. Für diese Leistungsmerkmale sind in erster Linie die Anbieter der Anlagen verantwortlich. Doch auch die Nutzer der Notstromtechnik unterliegen regulatorischer Aufsicht. Sie müssen gewisse Anforderungen während der gesamten Lebensdauer dieser Aggregate erfüllen – in jeder Gerichtsbarkeit gibt es eigene.
Stufenweise gestaffelt
Die europäischen Emissionsnormen für Dieselaggregate sind stufenweise in Vorgaben gestaffelt, die Schritt für Schritt immer strenger werden: die Stufen I bis V. Die Vorschriften der Stufen I bis IV für Dieselmotoren wurden zwischen den Jahren 2002 und 2012 durch die Richtlinie 97/68/EG und fünf Änderungsrichtlinien festgelegt. Ab Stufe V legt die Verordnung (EU) 2016/1628 Emissionsanforderungen für alle Kategorien von Selbstzündungs- (Diesel) und Fremdzündungsmotoren für mobile Maschinen und Geräte fest und hat damit die Richtlinie 97/68/EG samt Änderungen ersetzt.
Die Normen der Stufen III/IV haben unter anderem einen Grenzwert für Ammoniakemissionen eingeführt; er darf einen Mittelwert von 25 Parts per Million (ppm) über den Prüfzyklus nicht überschreiten.
Die Normen der Stufe III B führten einen PM-Grenzwert von 0,025 Gramm pro Kilowattstunde (g/kWh) ein; er sollte den Einsatz von Dieselpartikelfiltern erzwingen. In Wirklichkeit kann ein erheblicher Teil der Motoren den PM-Grenzwert durch zylinderinterne Technologien und ohne Filter einhalten.
Mit den Normen der Stufe IV wurde wiederum ein sehr strenger NOx-Grenzwert von 0,4 g/kWh eingeführt, der bei den betroffenen Motorkategorien zu einem weit verbreiteten Einsatz von Stickstoffoxiden (NOx)-Nachbehandlungssystemen (in der Regel Harnstoff-SCR) geführt hat.
Die Verordnung 44. BImSchV
Seit dem ersten Januar 2019 unterliegen Dieselaggregate in Rechenzentren noch einer weiteren Emissionsbegrenzung, die sich diesmal aus der Richtlinie (EU) 2015/2193 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 ableitet. Die Umsetzung dieser Richtlinie erfolgt in Deutschland über die Verordnung 44. BImSchV zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.
Die Verordnung 44. BImSchV betrifft im Prinzip lediglich Notstromaggregate (NEA) mit einer Feuerungswärmeleistung zwischen einem Megawatt (MW) und maximal 50 MW. Auf kleinere Netzersatzanlagen findet die 44. BImSchV nur bei genehmigungsbedürftigen Anlagen Anwendung.
Für Notstromaggregate unter 1 MW und für Bestandsanlagen gelten bis Januar 2025 nach wie vor noch bestehende Vorgaben der Baugenehmigungsbehörde oder der einzelnen Umweltämter, die oft auf die TA-Luft-Regelung verweisen (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft, die Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit). Nur Neuanlagen müssen bereits die in der 44. BImSchV aktualisierten Staubemissionen einhalten.
Sofern die Notstromaggregate ausschließlich dem Notbetrieb dienen, sind auch in Deutschland Ausnahmeregeln vorgesehen.
Harmonisierung mit Defiziten
Den Herstellern von Notstromtechnik ist der Wirrwarr an Richtlinien, Direktiven, Vorgaben und sonstigen Auflagen zur Umsetzung wandlungsfroher Klimaschutzmaßnahmen offenbar zu bunt geworden. Die Regulierungsbehörden in der EU, den USA und Japan gerieten seitens der Industrie unter Druck, sie mögen sich gefälligst auf gemeinsame Emissionsstandards verständigen, das Regelwerk harmonisieren und etwas Rechtssicherheit schaffen.
Die Grenzwerte der Stufen I/II und dann auch die Anforderungen der Stufen III/IV wurden zum Teil mit den US-Vorschriften harmonisiert. Bei Stufe V ist die Harmonisierung ins Stottern geraten. Die PN-Grenzwerte der Stufe V erfordern Dieselpartikelfilter (DPF) für alle betroffenen Motoren, während die US-Normen der Stufe 4 ohne Filter erfüllt werden können.
Eine vollständige Harmonisierung der Vorschriften würde nicht „nur“ den Anbietern von Notstromtechnik zu Gute kommen, die so lautstark danach rufen. Sie würde Neuzugängen den Markteintritt erleichtern, eine Vergleichbarkeit von Lösungen schaffen, den Amtsschimmel zähmen und dürfte im Endeffekt die Kosten senken.
In Sachen Diesel-Emissionsstandards spielt sich das Spiel jedoch auch im Klein(st)gedruckten ab: Der Teufel steckt in den Details der praktischen Implementierung der so begehrten Compliance.
Der Betrieb von Notstromaggregaten ab einer Größe von 50 MW Feuerungswärmeleistung ist in Deutschland genehmigungspflichtig. Zum Vergleich: In den Vereinigten Staaten ist die Nutzung von Anlagen ab einer Feuerungswärmeleistung von bereits 0,36 MW (500 PS) genehmigungspflichtig. Hier fängt nämlich der Spaß an.
NAAQS: Luftemissionsstandards in den Vereinigten Staaten
In den Vereinigten Staaten entstammen Emissionsstandards grundsätzlich der Feder der föderalen Environmental Protection Agency (EPA), aber auch dem Amtsschimmel lokaler Behörden der verschiedenen Bundesstaaten. Denn auch jene sind gesetzlich verpflichtet, in Absprache mit der EPA die eigene Luftqualität im Zaum zu halten. Die Erfolgskriterien dieser Bemühungen leiten sich von der nationalen Luftqualitätsnorm NAAQS (National Ambient Air Quality Standard) und verwandten Vorgaben ab.
Die rechtliche Grundlage schuf der so genannte Clean Air Act (CAA) vor bereits rund dreißig Jahren (1990). Dieses Gesetz hat die EPA ermächtigt, die Einhaltung der NAAQS-Norm durchzusetzen. Die USA wurden hierzu in Kontrollgebiete unterteilt; die EPA misst in jeder dieser Zonen die verschiedenen Arten von Emissionen, um darauf basierend regulatorische Maßnahmen zu ergreifen.
Designierte Gebiete, welche die NAAQS-Luftqualitätsstandards überschreiten, werden als so genannte „Sanierungsgebiete“ („Non-Attainment Areas“) bezeichnet. Jene Bundesstaaten, wo eben solche Zonen liegen, sind dann von Gesetzes wegen verpflichtet, die Luftqualität auf die NAAQS zu bringen, indem sie hierzu einen State Implementation Plan (SIP) ausarbeiten.
Eine gesonderte Ausnahme stellt das 'Ozon-Transportgebiet' (OTR) dar, nämlich die Region von Maine bis Nord-Virginia. Die Staaten in dieser Region müssen einen SIP vorlegen und ein bestimmtes Maß an Kontrollen für die ozonbildenden Schadstoffe einführen (insbesondere NOx), selbst wenn sie die Ozonnormen erfüllen sollten. (Der Begriff NOx bezeichnet die Gesamtkonzentration von NO und NO2.)
Tier-Klassifizierung der Emissionsstufen nach der EPA
Die Emissionsstandards der EPA tragen die Bezeichnung „Tier“ und eine arabische Ziffer (zur Unterscheidung von der Tier-Klassifizierung des Uptime Instituts, die sich auf die Zuverlässigkeit des RZ-Betriebs beschränkt und mit einer römischen Ziffer gekennzeichnet ist; das eine hat mit dem anderen keinen direkten Zusammenhang).
Die aktuell strengste Stufe der Emissionsstandards von Diesel-Generatoren ist als „Tier 4“ bekannt. Den Tier-4-Vorgaben unterliegen seit 2004-2015 im Prinzip alle seither produzierten Diesel-Generatoren der Kategorie „Prime Power“ (Hauptstromversorgung), jedoch nicht „Standby Power“ (Notstromversorgung).
Wenn ein Generator routinemäßig als die Hauptstromquelle fungieren soll, muss er die Tier-4-Vorschriften erfüllen, selbst wenn es sich dabei um eine mobile Anlage handeln sollte, die nur für eine bestimmte Zeit ihrer Dienst verrichten soll. Die Notstromaggregate sind jedoch davon befreit.
Das Einhalten der Klassifikation
Stationäre Stromerzeuger, die keine Notstromaggregate sind, können die Tier-4-Emissionswerte der EPA auf eine von zwei Arten erfüllen: durch spezielle Einrichtungen zur Nachbehandlung, die so genannten Abgasnachbehandlungssysteme (von Anbietern wie Rolls-Royce Power Systems), oder werksseitige Zertifizierung des betreffenden Herstellers, die dann aber gewöhnlich nur für den einen Datacenter-Standort gilt.
Standorte, die große Mengen an Schadstoffen ausstoßen, müssen Genehmigungen einholen, Termine von Prüfverfahren nach einem definierten Zeitplan einhalten und mindestens genauso pünktlich Gebühren entrichten.
Normalerweise müsste die Emissionsgenehmigung für das Generatorsystem eines Rechenzentrums die von der EPA für die NAAQS festgelegten Tier-Vorgaben einhalten. Für eine Anlage in einem „Sanierungsgebiet“ gelten jedoch strengere Emissionsnormen.
CO, NO2 und Feinstaub
Diesel-Generatoren erzeugen vier erfassungspflichtige Emissionsarten, welche der NAAQS-Norm unterliegen: Kohlenmonoxid (CO), PM/HC (Feinpartikel und Kohlenwasserstoffe) und Stickstoffdioxid (NO₂). Bei der Beantragung einer Luftreinhaltungsgenehmigung für ein neues Diesel-Notstromaggregat (Emergency Power Standby System, EPSS) geht es meist um Letzteres: Stickstoffoxid.
Moderne Verbrennungstechnologie von Dieselmotoren eliminiert fast vollständig Kohlenmonoxid; diese Messwerte liegen daher generell komfortabel unter den EPA-Werten. Feinpartikel und Kohlenwasserstoffe in Motorabgasen lassen sich auf die unvollständige Verbrennung des Kraftstoffs zurückführen. Für den Erhalt einer Genehmigung ist meistens der Stickstoffdioxid-Ausstoß maßgebend.
Während der Stickstoffdioxid-Ausstoß eines Diesel-Notstromaggregats innerhalb der vorgesehenen Tier-Emissionsstufe liegen mag, kommen ja auch lokale Gegebenheiten mit ins Spiel. So kann beispielsweise die Umgebungsluftqualität so niedrig oder die NO2-Messwerte in einem Sanierungsgebiet bereits so hoch sein, dass ein EPSS mit einer Leistung von über 500 PS für ein Rechenzentrum, das unter Volllast einen Test absolviert, die NO₂-Hintergrundwerte insgesamt über die zulässigen Grenzwerte hinaus ansteigen lässt.
Hat der betreffende Bundesstaat einen SIP zur Verringerung von NO2 in einem Sanierungsgebiet für eine große Rechenzentrumsanlage vorgelegt, muss das Rechenzentrum eine Luftqualitätsprüfung absolvieren, bevor ihm eine Luftqualitätsgenehmigung für den Ausstoß erteilt wird.
Mit dem Erhalt dieser Genehmigung beginnen noch weitere Pflichten; dazu zählt die regelmäßige Prüfung und Zertifizierung der Compliance mit der erteilten Genehmigung und gegebenenfalls noch weiteren Vorschriften wie RICE (Reciprocating Internal Combustion Engine), RICE NESHAP, NSPS (New Source Performance Standards) und NFPA 110 (National Fire Protection Association).
Zur Prüfung der Luftqualität vor Ort wird in der Regel das EPA-System zur Modellierung der atmosphärischen Ausbreitung von Abgasen (AERMOD) zu Rate gezogen. Bei AERMOD handelt es sich um eine mathematische Simulation der Ausbreitung von Schadstoffen in der Atmosphäre. Das Modell berücksichtigt die Topografie des Standorts, die wichtigsten Emissionsquellen (wie zum Beispiel den unter Volllast laufenden Generator), die vorherrschenden Windbewegungen und andere Parameter, die im schlimmsten Fall die Luftschadstoffe über die in dem SIP festgelegten Grenzwerte hinaus ansteigen lassen könnten.
Die Rolle des Standorts
Ein Ingenieur, der die kritische Energieversorgung einer großen Rechenzentrumanlage verantwortet und ein EPSS mit mehr als 500 PS betreiben will, muss sich die Entscheidung gut überlegen. In einem Nicht-Sanierungsgebiet findet NAAQS Anwendung; der Diesel-Motor muss Konformität mit jenem EPA-Tier aufweisen, welcher dem Jahr der Installation und Inbetriebnahme entspricht.
Für eine stationäre Anlage im Standby-Betrieb genügt die Einhaltung der Vorgaben von Tier 2 oder Tier 3. Im Prime-Power-Betrieb muss eine stationäre Anlage der Norm „Tier 4 final“ genügen – genauso wie alle mobilen Dieselgeneratoren. In einem Sanierungsgebiet sind die zulässigen Emissionswerte niedriger (und damit schwieriger einzuhalten).
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Datacenter-Dekarbonisierung
Durchgerechnet: Neue Formen der Notstromversorgung für Rechenzentren
Ein neuer Datacenter-Standort außerhalb eines Sanierungsgebiets muss NSPS-Vorgaben (New Source Performance Standards) für stationäre Notstromaggregate erfüllen. Für Anlagen mit einer Leistung von mehr als 500 HP gilt die Norm Tier 3; ab 752 HP gilt die Norm Tier 2.
Filtern und Testen
Innerhalb eines Sanierungsgebiets greifen zusätzlich die Vorgaben der Norm RICE NESHAP (The National Emission Standards for Hazardous Air Pollutants for Reciprocating Internal Combustion Engines); sie umfasst unter anderem detaillierte Vorgaben zur Instandhaltung, Spezifikationen für zulässige Kraftstoffe und dergleichen andere Regeln. Sie sind darauf ausgelegt, den Ausstoß von krebserregenden Schadstoffen wie Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrolein, Methanol, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), flüchtige organische Verbindungen (VOC), Kohlenmonoxid (CO), Stickoxide (NOx) und Feinstaub (PM) zu minimieren. Lokale Behörden können dem Betreiber noch zusätzliche, darüber hinaus gehende Vorgaben auferlegen.
Notstromaggregate von „lebenskritischer“ Bedeutung müssen außerdem noch Tests unter Volllast und im simulierten „Schlimmster-Anzunehmender-Fall“-Szenario absolvieren und oft eine Abgasnachbehandlung implementieren, die in anderen Szenarien nicht erforderlich wäre.
Um die Emissionen älterer Anlagen zu reduzieren, kommen vor allem diese drei Technologien in Frage:
- Diesel-Oxidationskatalysatoren (DOC) wandeln das giftige Kohlenmonoxid in Wasser und Kohlendioxid um;
- Dieselpartikelfilter (DPF) filtern Feinpartikel,
- SCR-Katalysatoren (selektive katalytische Reduktion) trennen die Stickoxide in Wasser, Sauerstoff und reinen, harmlosen Stickstoff auf.
* Das Autorenduo Anna Kobylinska und Filipe Pereia Martins arbeitet für McKinley Denali Inc. (USA).
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