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Das Rechenzentrum im Meer Nach 2 Jahren: Microsoft beendet Project Natick
Es ist schon einige Wochen her, als Marinespezialisten vor den schottischen Orkney-Inseln einen zwölf Meter langen Metallzylinder mit dem Microsoft-Logo aus dem Wasser gefischt haben. Bei der dicht mit Seegewächsen bedeckten Röhre handelt es sich um das Unterwasserrechenzentrum „Project Natick“, das im Juni 2018, in einer Tiefe von 35 Metern im Meer versenkt worden war. Jetzt wird Bilanz gezogen: Nachhaltig und zuverlässig!
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„Die Bergung war der Start zum Endspurt eines jahrelangen Projektes, das nun gezeigt hat, dass Unterwasser-Datenzentren nicht nur möglich, sondern auch logistisch, ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sind“, heißt es in einem Microsoft-Blogpost vom 14. September.
Dieser zeigt auch noch einmal die Prämissen für das Experiment auf. Die Forscher haben angenommen, dass der Meeresboden eigentlich eine stabile und zuverlässige Betriebsumgebung darstellen müsse, wenn keine manuellen Eingriffe notwendig würden. Zu den Eingangsthesen gehörte zudem, dass der Betrieb zum einen energieschonender sein kann, und dass ein Datacenter autonom arbeiten kann.
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Versunkene Schätze
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Fischbesuch
Die ersten Ideen für Rechenzentren im Meer sind 2014 bei einer Think Week von Microsoft-Beschäftigten entstanden. Das Konzept wurde als Möglichkeit gesehen, um schnelle Cloud-Dienste für die Küstenbevölkerung bereitzustellen. Immerhin lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung weniger als 200 Kilometer von einer Küste entfernt. Wenn die Datacenter gut platziert wären, bräuchten die Daten nur kurze Entfernungen zurückzulegen. Surfen im Internet, Video-Streaming und Gaming funktionierten schneller und reibungsloser.
Ein Jahr später bewies das Natick-Team bei einem 105-tägigen Test im Pazifik, dass der Plan aufgehen kann. Bald wurden auch Verträge mit Spezialfirmen aus den Bereichen Logistik, Schiffbau und erneuerbare Energien abgeschlossen, um zu zeigen, dass dieses Konzept praktikabel ist.
8-mal zuverlässiger als an Land und Energie-effizienter
Ben Cutler, Leiter des Project Natick, kann heute bilanzieren: „Unsere Ausfallrate ist achtmal geringer als an Land.“
Folgende Hypothese könnte eine Erklärung liefern: Die Stickstoffatmosphäre des Project Natick ist deutlich weniger korrosiv als Sauerstoff. Außerdem wirkt sich das Fehlen von Menschen aus, die bei ihrer Arbeit die Komponenten durch Anstoßen beschädigen können.
Das Projekt sollte Erkenntnisse für die Rechenzentrumsstrategie von Microsoft bringen und tatsächlich bestätigt Cutler, dass die gewonnenen Einsichten sowohl in die Nachhaltigkeitsstrategie für die Rechenzentren von Microsoft einfließen werden, als auch in neue Angebote, mit denen man Kunden bedienen kann, die überall auf der Welt taktische und kritische Rechenzentren einrichten und betreiben müssen.
Anwendungsszenarien gibt es zuhauf, insbesondere befeuert vom Trend zum Edge-Computing: Wichtige Teile der Datenverarbeitung erfolgen vor Ort, statt nach einem Upload der Daten in die Cloud. Damit steigt der Bedarf an kleineren Rechenzentren.
Überlegungen für die Zukunft
So wurde das Versuchsfeld im Nordatlantik auch deshalb ausgesucht, weil der Strom dort zu 100 Prozent aus Wind- und Sonnenenergie sowie weiteren ökologischen Quellen erzeugt wird. Cutler denkt jetzt darüber nach, Unterwasserrechenzentren in Offshore-Windparks zu platzieren, weil dort selbst bei schwachem Wind genug Elektrizität für solche Zwecke produziert wird. Für den Notfall könne man auch eine Stromleitung vom Land mit den Glasfaserkabeln bündeln, die für den Transport der Daten nötig sind.
Zudem bietet der Feldversuch Aufschluss über Möglichkeiten, den Energieverbrauch von Rechenzentren nachhaltiger zu gestalten. Zum Beispiel wird aufgrund der Kühlung durch das Meer kein Süßwasser zur Temperaturregulierung benötigt. Zudem würden in einer solchen, lichtlosen Röhre die Server nur alle fünf Jahre ausgetauscht. Die wenigen, die vorher ihren Dienst quittierten, würden einfach vom Netz genommen.
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