Batterietechnik im Datacenter Eignen sich Lithium-Ionen-Batterien für USV-Anlagen in großen Rechenzentren?

Von Iwan Gentsch und Jörg Tarach* |

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Nach wie vor funktioniert ein Großteil der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) in Rechenzentren mit Blei-Säure-Batterien als Energiespeicher. Doch Lithium-Ionen-Akkus, die in größerem Maßstab in der Automobilindustrie und in kleinerem in nahezu allen mobilen Endgeräten vorhanden sind, stoßen als Alternative auf großes Interesse.

Die Lithium-Ionen-Systeme sind aktuell mit den USV-Anlagen „Liebert EXL S1“ und „Liebert Trinergy Cube“ kompatibel.
Die Lithium-Ionen-Systeme sind aktuell mit den USV-Anlagen „Liebert EXL S1“ und „Liebert Trinergy Cube“ kompatibel.
(Bild: Vertiv)

Der Hauptgrund für das starke Interesse ist vor allem die höhere Leistungsdichte sowie die bessere Lebensdauer. Denn nicht nur die Rechenzentrumsfläche wird immer teurer, auch die Lebensdauer des Speichers sollte mindestens die Lebensdauer der USV erreichen. Zusätzlich wird versucht, den Wartungsaufwand auf ein Minimum zu beschränken.

Mit einer intelligenten und auf den Lifecycle des Gesamtsystems angepassten Speicherlösung, kann nebst einem tieferen TCO auch die Energie-Effizienz nach EN 50600 verbessert werden. Doch wie können Rechenzentrumsbetreiber wirklich sichergehen, dass die Stromspeicher ihre prognostizierte Lebensdauer tatsächlich erfüllen?

Bei der Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien sind vor allem zwei Faktoren entscheidend, die die Nutzungsdauer begrenzen: die Zyklenlebensdauer und die kalendarische Lebensdauer. Nachdem es beim Einsatz in Rechenzentren eher seltener zu einer Zyklisierung der Batterien kommt, ist hier die kalendarische Lebensdauer der entscheidende Faktor für die tatsächliche Einsatzzeit, denn diese beschreibt die Abnahme der Batteriekapazität über die Einsatzdauer hinweg.

Wesentlich für den Alterungsprozess ist dabei – wie auch bei anderen Batterietechnologien – die Betriebstemperatur. So wie Blei-Säure-Batterien altern auch Lithium-Ionen-Batterien schneller, sobald ein normaler Umgebungstemperaturbereich von 20 bis 25 überschritten wird – dieser Effekt ist bei heutigen Lithium-Ionen-Systeme allerdings nicht mehr ganz so stark ausgeprägt. Unabhängig von der eingesetzten Batterietechnik kommt der Kühlung also eine entscheidende Bedeutung zu. Dabei sind dennoch Einsparungen möglich, da Li-Ion-Batterien durch ihren tieferen Innenwiderstand weniger Wärme beim Laden und Entladen entwickeln und an die Umgebung abgeben – und so eine geringere Kühlleistung benötigen.

Altbewährt und dennoch neu

Batterien auf Lithium-Ionen-Basis werden weltweit schon seit vielen Jahren im Bereich der Elektromobilität eingesetzt, sowohl in Fahrzeugen als auch bei der Lade-Infrastruktur. Auch als Pufferspeicher für die Netzstützung sowie zur Gewährleistung der Regelleistung kommen entsprechende Batterien bereits seit längerem zum Einsatz. Dementsprechend verfügen die Batteriehersteller Stand heute über umfassende Daten zur kalendarischen Lebensdauer dieser Batterien – nicht nur unter kontrollierten Laborbedingungen, sondern auch in tatsächlichem Einsatz, mit kontinuierlich schwankenden Umgebungstemperaturen.

Diese über die Jahre gesammelten Daten zeigen klar, dass der Kapazitätsabbau von Lithium-Ionen-Akkus zu einem großen Teil zuverlässig vorhersagbar ist. So verläuft der Kapazitätsverlust hier über die komplette Lebensdauer hinweg annähernd linear.

Bei Blei-Säure-Batterien hingegen fällt die Speicherleistung ab einer Restkapazität von knapp 80 Prozent – was auch dem Einsatzende dieser Batterien entspricht – rapide ab. Auch kann die verbleibende Kapazität nur mit aufwendigen und kostenintensiven Lasttests ermittelt werden. Des Weiteren besteht bei Blei-Säure Batterien, welche sich dem Lebensende nähern, immer die Gefahr eines Zellenunterbruchs auf Grund zunehmender Korrosion oder Sulfatierung der Platten.

Alt und anfällig?

Lithium-Ionen-Batterien hingegen nutzen sich über ihre Lebensdauer hinweg vorhersehbar ab, wobei die Abnutzungsrate tatsächlich abnimmt, je älter eine Batterie ist. Bei solchen Stromspeichern kann also davon ausgegangen werden, dass sie nicht von unerwarteten Ausfällen betroffen sein werden. Allerdings steigt bei Lithium-Ionen-Akkus – genau wie bei Blei-Säure-Batterien – der Innenwiderstand im Laufe der Zeit.

Dieser Widerstand erzeugt wiederum Wärme und kann so dazu führen, dass Betriebstemperaturen entstehen, die den im Batterie-Management-System (BMS) zuvor festgelegten Schwellenwert überschreiten. In einem solchen Fall begrenzt das BMS die Überbrückungszeit und schützt so die Batterie vor Überhitzung. Dennoch können die Überbrückungszeitänderungen bei Lithium-Ionen-Batterien deutlich zuverlässiger vorhergesagt werden. Vor allem beim Einsatz in Rechenzentren bedeutet das, dass Lithium-Ionen-Akkus keine Überraschungen in Sachen Lebensdauer bereithalten.

Sicherheit als Dauerbrenner

Oft ist eine der ersten Fragen, wie es mit der Sicherheit um die eingesetzte Technologie steht. Das Ausfallrisiko steht dann meist hinter dem Brandschutz.

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Grundsätzlich gibt es bei Lithium-Ionen-Akkus bauartbedingt ein paar Ursachen, aufgrund derer sie sich entzünden oder Gase freisetzen können. So sind die wohl größten Risiken Überladung, Überhitzung und Kurzschluss. Doch solange ein funktionierendes Batterie-Management vorhanden ist, das die Batterien innerhalb des sicheren Betriebsbereichs hält, ist die Gefahr eines Brandes gleich Null.

Dabei zeigt sich die Wirksamkeit des BMS allein schon darin, dass die Batteriehersteller bei der Durchführung von Brandtests das Batterie-Management abtrennen müssen – da sie ansonsten kein Feuer im Akku auslösen können. Qualitätshersteller gehen noch einen Schritt weiter und beginnen bereits auf der Ebene der eigentlichen Batteriezellen, verschiedene Schutzmaßnahmen mit einzubauen. Hierbei spielt das verwendete Material der eigentlichen Zellen sowie das Design des Gehäuses eine wichtige Rolle.

Implementierung und Vorteile

Lithium-Ionen-Batterien haben noch mehr Vorteile. So bieten sie im Vergleich zu Blei-Säure-Batterien eine deutlich höhere Leistungsdichte. Bei gleicher Leistung benötigen sie also deutlich weniger Platz und wiegen weniger, was gerade bei der Planung von neuen Rechenzentren wichtig ist.

Je nach chemischer Zusammensetzung und Nutzung halten Lithium-Ionen-Batterien bis zu dreimal so lange wie VRLA-Batterien. Oftmals müsste eine VRLA-Batterie mehrfach ausgetauscht werden, bevor der erste Austausch einer Lithium-Ionen-Batterien nötig wird.
Je nach chemischer Zusammensetzung und Nutzung halten Lithium-Ionen-Batterien bis zu dreimal so lange wie VRLA-Batterien. Oftmals müsste eine VRLA-Batterie mehrfach ausgetauscht werden, bevor der erste Austausch einer Lithium-Ionen-Batterien nötig wird.
(Bild: Vertiv)

Außerdem sind sie wartungsfrei und bedürfen lediglich einer konstanten Überwachung, welche durch das BMS bereits gewährleistet wird – die höheren Anschaffungskosten werden also bereits nach relativ kurzer Zeit durch Service-Einsparungen wieder ausgeglichen. Bei einem TCO-Vergleich lässt sich mit einer Lithium-Ionen-Lösung knapp ein Drittel einsparen.

Dabei lassen sich neue USVs mit Lithium-Ionen-Akku problemlos neben bereits vorhandenen Altsystemen mit Blei-Säure-Batterie betreiben. Dies erleichtert die Implementierung und ermöglicht Unternehmen einen schrittweisen Umstieg. So können sie sich im laufenden Betrieb von den Vorteilen der neuen Technologie überzeugen und ihre Skepsis nach und nach ablegen.

* Iwan Gentsch ist Sales Manager Power bei Vertiv und Jörg Tarach arbeitet im Bereich Application Engineering AC-Power bei Vertiv.

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