Ein Vergleich verschiedener Batterietechniken für USV-Anlagen Haushoher Vorteil für Lithium-Ionen-Technik im Rechenzentrum
Alternative, zumeist mobile Stromquellen sorgen dafür, dass die Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) laufen, wenn der Energieversorger ausfällt. Dafür stehen unterschiedliche Techniken mit spezifischen Vor- und Nachteilen zur Verfügung. Zur Absicherung von IT-Systemen haben sich USV-Anlagen mit Blei-Säure-Batterien durchgesetzt. Jetzt bekommen diese Konkurrenz.
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Die Batteriegeschichte reicht bis vor die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, als 1745 mit der Leidener Flasche ein Vorläufer des Kondensators entwickelt wurde. Um 1800 konstruierte der italienische Physiker Alessandro Volta mit der Voltaschen Säule die erste funktionierende Batterie.
Ein ähnliches System, jedoch nach der Entladung wieder aufladbar, entwickelte der deutsche Physiker und Philosoph Johann Wilhelm Ritter. Es war die Vorform der heute bekannten Akkumulatoren. 1854 baute dann der deutsche Mediziner und Physiker Wilhelm Josef Sinsteden den ersten Blei-Akku aus zwei Bleiplatten in einem Gefäß mit verdünnter Schwefelsäure. Gaston Planté verbesserte dieses Konzept durch eine spiralförmige Anordnung der Bleiplatten – eine Konstruktion, die auch heute noch in Bleiakkumulatoren eingesetzt wird.
Unabhängig von der Technologie werden bei Energiespeichern bestimmte Eigenschaften erwartet, wie lange Lebensdauer und hohe Zyklusfestigkeit, ein hoher Lade-Entlade-Wirkungsgrad, eine geringe Selbstentladung und geringe Standby-Verluste. Zudem sollen sie wartungsarm, preisgünstig, ökologisch unbedenklich und anspruchslos in der Handhabung sein.
Allerdings kann keine der verfügbaren Speichertechnologien bei allen Eigenschaften gleichermaßen punkten. Welche Technologie im konkreten Fall verwendet wird, hängt von den Anforderungen der jeweiligen Anwendung an Kapazität, Verfügbarkeit, Rentabilität, Ladeverfahren, Wartungs- und Betriebskosten ab und ist in der Regel das Ergebnis einer Abwägung.
Die Standard-Lösung: Blei-Säure-Batterien
Eine für unsere digitalisierte Welt wesentliche Anwendung von Energiespeichern sind Rechenzentren. Dort dienen USV-Anlagen dazu, auftretende Netzstörungen, wie sie in der europäischen Norm EN62040-3 klassifiziert sind, zu eliminieren. Dazu gehören Einbrüche, Spitzen, Schwankungen der Spannung sowie Transienten.
Bei einem kurzzeitigen vollständigen Ausfall des Netzstromes stellen sie den kontinuierlichen Betrieb der IT-Last und kritischer Infrastruktur-Komponenten sicher. Dafür nutzen sie gespeicherte Energie. In der Regel wird eine Überbrückungszeit von zehn bis 15 Minuten gewählt. So soll im Fall einer länger andauernden Unterbrechung des Netzstroms ausreichend Überbrückungszeit verfügbar sein, damit die Versorgung der Last an Netzersatzanlagen wie Dieselgeneratoren übergeben werden kann.
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Grundlagenwissen zur Stromversorgung in Rechenzentren, Teil 4
Batterien für Datacenter sind Sensibelchen
Die seit Jahren meistverwendeten Energiespeicher für diese Anwendung sind Blei-Säure-Batterien. Sie werden als umfangreiche Batterie-Anlagen eingesetzt, und zwar mit erheblichem Platz- sowie Klimatisierungsbedarf. Weitere Nachteile bestehen darin, dass sich mit Gleichrichter, Wechselrichter und Netzgerät drei potenzielle Fehlerquellen in der Versorgungskette befinden. Zudem verursachen die Wandlungsprozesse erhebliche Energieverluste.
Blei-Säure-Batterien müssen regelmäßig gewartet und je nach Gebrauchsdauererwartung zum Beispiel alle sechs bis acht Jahre ausgetauscht werden, da ihre Leistung mit jedem Lade-, Entladezyklus auf 80 Prozent der Kapazität (Eurobat) am Ende ihrer Lebensdauer abnimmt. Diese Faktoren treiben, verstärkt durch steigende Anforderungen an Rechenzentren, vor allem hinsichtlich Energie-Effizienz und Platzbedarf, die Entwicklung alternativer Speicherverfahren.
Flywheels für Kurzzeit-Ausfälle
Eine Ersatzlösung für Batterien, die seit Jahren serienreif und in der Praxis erprobt ist, ist die Schwungrad- oder Flywheel-Technologie, bei der Energie als kinetische Energie in rotierenden Massen gespeichert wird. Hauptmerkmale sind ein der Energiespeicherung in Batterien deutlich überlegener Wirkungsgrad von 99 Prozent sowie eine geringe Verlustleistung von 300 Watt bei 300 Kilowatt Wirkleistung. Die verschleißfreie Lagerung des Rotors hält den Wartungsaufwand niedrig, zudem ist eine Flywheel-Anlage weitgehend unempfindlich gegenüber rauen Umgebungsbedingungen.
Obwohl Faktoren wie eine lange Lebenszeit, Zyklenfestigkeit, Zuverlässigkeit und geringer Platzbedarf für die Technologie sprechen, werden USV-Anlagen mit Schwungradtechnik nur selten im Rechenzentrum eingesetzt. Geschuldet ist dies ihrer kurzen Überbrückungszeit von unter einer Minute und der höheren Erstinvestition im Vergleich zu Batterielösungen. Die Anschaffungskosten amortisieren sich kalkulatorisch meist erst nach mehreren Jahren. Ihre Stärken können Schwungrad-USV-Anlagen in Anwendungen im industriellen Bereich ausspielen, wenn beispielsweise Anlagen und Prozesse gegen Mikrounterbrechungen abgesichert werden müssen, oder in Umgebungen, in denen Substanzen wie Blei nicht zugelassen sind.
Ulta-Caps für die Kurzstrecke
Für die Absicherung von Kurzzeitausfällen oder als Bridging-Lösung kommen neben dem Schwungrad auch Ultra-Caps in Frage. Sie eignen sich allerdings nur für kleine Leistungsbereiche. Einen serienreifen Speicher für Autonomiezeiten im Sekundenbereich stellen zudem Supercaps dar. Ihr Wirkungsgrad liegt jedoch nur bei 90 Prozent, und die Anschaffungskosten sind deutlich höher als für Standard-Speichermedien.
Alle diese Nachteile der Kurzzeit-Puffer umgeht die von Socomec angebotene Innovation, der Lithium-Ionen-Kondensator. Es handelt sich dabei um einen Hybriden zwischen einer Lithium-Ionen-Batterie und einem Superkondensator, bei dem die Kathode wie bei einer Lithium-Ionen-Batterie Lithium enthält und die Anode wie bei einem Superkondensator Aktivkohle.
Auch von seinen Produkteigenschaften her verbindet der Lithium-Ionen-Kondensator das Beste aus zwei Welten: Er verfügt unter anderem über eine hohe Energie- und Leistungsdichte und eine niedrige Selbstentladungsrate, unterliegt keiner zyklusbedingten Verschlechterung und ist nach einer Entladung schnell wieder verfügbar. Zudem kann er im Temperaturbereich von 20 Grad bis +70 Grad eingesetzt werden.
Die Brennstoffzelle als Alternative
Wie Akkus, Batterien und Kondensatoren gehört die Brennstoffzelle ebenfalls zu den langbekannten Technologien. Erfunden wurde sie im Jahr 1839 von Sir William Grove. Das ihr zugrundeliegende Arbeitsprinzip unterscheidet sich insofern von Batterien und Akkus, als der Energieträger von außen, aus einem Tank, zugeführt werden muss. Ab den 1960er Jahren spielte die Brennstoffzelle eine wichtige Rolle in der Raumfahrt und wurde infolge der Ölkrise 1973 über die Verwendung in der Luft- und Raumfahrt hinaus bekannt.
Allerdings verläuft ihre Einführung in Branchen wie der Automobilindustrie bis heute stockend; in der Anwendung mit USV-Anlagen ist sie bisher nicht über das Stadium von Pilot-Installationen hinausgekommen. Von ihren Leistungsmerkmalen her könnte sie eine Batterielösung komplett ersetzen.
Zu beachten ist jedoch, dass sie eine Anlaufzeit von 20 bis 30 Sekunden benötigt. Für die Anwendung im Rechenzentrum ist daher eine Überbrückung durch eine klassische USV-Anlage oder eine Batterielösung notwendig, was die Brennstoffzelle weniger zu einer Alternative für den Batteriesatz als für den Diesel-Generator macht.
Disruptiv im Datacenter: Lithium-Ionen-Batterien
Eine inzwischen ausgereifte Speichertechnologie sind Lithium-Ionen-Batterien. Seit Sony sie 1991 für den Einsatz in Video-Kameras auf den Markt gebracht hat, wurden sie in der chemischen Zusammensetzung verbessert, im Batteriedesign sicherer gemacht und an unterschiedliche Anwendungen angepasst. In den vergangenen Jahren hat vor allem die Automobilindustrie mit ihren hohen Anforderungen an Sicherheit und Temperaturbeständigkeit erhebliche Fortschritte bei der Energie- und Leistungsdichte und bei der Zuverlässigkeit erzielt.
Diese Verbesserungen kommen jetzt dem Einsatz der Lithium-Ionen-Batterien in USV-Anwendungen zugute. Für die USV-Systeme der Baureihe „Delphys Green Power“ verwendet Socomec aufgrund der Leistungs- und Sicherheitseigenschaften Lithium-Ionen-Batterien in der aus der Fahrzeugindustrie bekannten Ausführung als Lithium-Mangan-Akkus. Ein Batterieschrank enthält 16 bis 18 Blöcke mit je acht Zellen in Serie. Ein integriertes, interaktives Batterie-Management-System steuert alle Parameter der Zellen und korrigiert kritische Bedingungen, die die Batterieleistung beeinträchtigen können.
Energie-effizient und umweltfreundlich
Im Einzelnen sind für den Datacenter-Einsatz folgende Eigenschaften der Lithium-Ionen-Batterien hochinteressant:
- Aufgrund der hohen Energiedichte benötigen sie nur etwa halb so viel Platz wie Blei-Säure-Batterien. Flächen, die als Batterieräume verwendet werden oder vorgesehen sind, lassen sich für andere Zwecke nutzen, beispielsweise als Stellflächen für zusätzliche Server-Racks oder für Leistungserweiterungen.
- Sie sind leichter als konventionelle Batterien und wiegen nur etwa ein Drittel so viel. So bringt das für kleine bis mittlere Datencenter geeignete 200 Kilovoltampere-System der Baureihe Delphys Green Power für acht Minuten Backup-Zeit mit Lithium-Ionen-Batterien 1.010 Kilogramm auf die Waage gegenüber 3.100 Kilogramm mit herkömmlichen Batterien und braucht zudem nur die Hälfte der Stellfläche. Die 500 Kilovoltampere-Anlage für große Rechenzentren wiegt 3.150 Kilogramm gegenüber 7.020 Kilogramm der Socomec-Blei-Säure-Alternative und spart knapp 40 Prozent der Stellfläche.
- Bei der Lebensdauer sind Lithium-Ionen-Batterien den Bleibatterien mit zwölf bis 15 Jahren deutlich überlegen, selbst wenn sie in Anwendungen mit häufigen Lade-/ Entladezyklen eingesetzt werden.
- Zudem sind sie weniger empfindlich gegenüber hohen Temperaturen und können ohne weiteres in Umgebungen bis 40 Grad betrieben werden. Dadurch sinkt der Kühlungsbedarf und mit ihm Energieverbrauch und Energiekosten.
- Bei weiteren Umweltaspekten liegen Lithium-Ionen-Batterien ebenfalls vorne: Sie entsprechen mangels Blei als Inhaltsstoff den RoHs-Richtlinien und können vollständig recycelt werden.
- Da Lithium-Ionen Batterien keine Gase abgeben und als vergleichsweise sicher gelten, gibt es bis heute keine besonderen Vorschriften und Beschränkungen für den Batterieraum. Sie können mit den USV-Systemen in einem Raum oder bei kleineren Rechenzentren auch auf der aktiven Fläche aufgestellt werden.
- Da die Raumtemperatur für aktives IT Equipment, USV und Batterie erhöht werden kann, lassen sich Einsparungen bei der Kühlung realisieren.
Obwohl eine Lithium-Ionen-USV um 20 bis 50 Prozent teurer ist als eine USV-Anlage mit Blei-Säure-Batterien, lohnt sich demzufolge die Anschaffung. Die Einsparungen bei Raumbedarf und Kühlung, der Wegfall von Kosten für Wartung und Batterieaustausch führen dazu, dass die Gewinnschwelle nach zwei Jahren erreicht werden kann. Signifikante Einsparungen bei den Betriebskosten ergeben sich nach sechs bis acht Jahren, nach denen bei einer herkömmlichen Lösung der Batteriesatz ausgetauscht werden muss.
* Steffen Breiter ist Region Marketing Manager Deutschland, Österreich bei Socomec.
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