Digital Power Digital – die Zukunft des Power-Managements?

Autor / Redakteur: Bastian Lang * / Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kuther |

Digital Power ist längst nicht mehr nur ein Thema für interessierte Forscher und Formelathleten, sondern sie findet Einzug in verschiedene Endanwendungen in der Industrie. Das Mysterium „Digital Power“ und die Möglichkeiten, die diese Technologie bietet, werden weitestgehend jedoch noch nicht verstanden.

Anbieter zum Thema

Digitales Power-Management versorgt komplexe Systeme zuverlässig.
Digitales Power-Management versorgt komplexe Systeme zuverlässig.
(Bild: Rohm)

Moderne System-Architekturen, sei es in Tele- und Datenkommunikation, Medizintechnik, Industrieelektronik oder automobilen Anwendungen, fokussieren sich auf maximale Leistungsdichten, höchste Effizienz und Sicherheit (Gewährleistung der Funktion, Ausfallsicherheit und garantierte Erreichbarkeit bei Service-Bedarf).

Das Power-Management steht dabei oftmals nicht im Zentrum des Designs, sondern wird zum Schluss hinzugefügt, um die Kernkomponenten im System mit Strom und passender Spannung zu versorgen. Maschinen sind letztendlich auch nur Menschen und funktionieren nicht ohne einen geschlossenen, zuverlässigen und stetigen Blutstrom.

Bildergalerie

Power-Management – Kernkomponente im Gesamtsystem

Vergleicht man ein modernes technisches System mit dem menschlichen Organismus, kann man die Leistungselektronik getrost als Herz betrachten, das alle notwendigen Systemkomponenten mit Power versorgt. Das menschliche Herz pumpt nicht einfach Blut vor sich hin, sondern reagiert auf äußere Einflüsse und passt sich dynamisch den Gegebenheiten an. Dieses Verhalten gewährleistet optimale Systembereitschaft bei gleichzeitiger Energie-Effizienz, sei es während Regenerationsphasen, körperlicher und geistiger Anstrengung oder Gefahrensituationen, wenn das letzte Bisschen aus dem Gesamtsystem herausgeholt wird, um das Überleben zu gewährleisten.

Pumpte das menschliche Herz stetig mit 200 Schlägen pro Minute, würde die Welt aus menschlichen Kolibris bestehen, die nur mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt wären, um den Energiebedarf des anstrengenden Kolibri-Daseins zu decken. Um einen Organismus (oder Maschinen, Systeme) in Einklang zu bringen, ist es zwangsläufig nötig, dass die Kernkomponenten des Systems miteinander kommunizieren und das Gesamtsystem auf die momentanen Anforderungen optimal abgestimmt wird. Nur so lässt sich optimale Effizienz während Ruhephasen und garantierte Funktion in Phasen extremer Anstrengung gewährleisten.

Der Körper greift auf Hormone und auf das Nervensystem zu, um das Gesamtsystem mehr oder weniger gut auf die momentane Situation hin zu optimieren. In der Leistungselektronik verwenden wir stattdessen elektrische Schnittstellen um die Leistungsparameter einzustellen und eine optimale Abstimmung des Systems vorzunehmen.

Intelligente Regelung und optimierte Systemkosten

Der DC/DC-Wandler ist eine der Kernkomponenten, die dafür sorgt, dass die Energie im System verteilt und den Verbrauchern (zum Beispiel: Prozessor, FPGA, Speicher…) zur Verfügung gestellt wird. Eine der gebräuchlichsten DC/DC-Wandler ist der Tiefsetzsteller (oder Buck-Converter) (siehe: Abbildung 1 links), der eine Bus-Spannung (typisch sind 48, 24, 12 V, ...) in eine niedrigere Spannung für die Verbraucher wandelt (typische Spannungen von 3,3, 2,5, 1,8, 1,0 V, ...). Der rechte Teil von Abbildung 1 zeigt den Vergleich der Regelschleife bei analogen (oben) und digitalen (unten) DC/DC-Lösungen.

Beim digitalen Ansatz wird die Ausgangsgröße (Vout, Versorgungsspannung des Prozessors, FPGA, Speicher, etc.) über einen Analog-Digital-Wandler (ADC) in die digitale Domäne gewandelt und dort verarbeitet. Die Stellgröße wird entsprechend verändert und in Form eines veränderten Tastverhältnisses (Duty-Cycles = D) an die MOSFETs im DC/DC-Wandler ausgegeben. So schließt sich der Regelkreis in der digitalen Domäne und stabilisiert die Versorgungsspannung. Dies bietet einige Vorteile im Vergleich zu konventionellen analogen Regelverfahren.

Der Sollwert wie auch die eigentliche Regelalgorithmik kann während der Laufzeit verändert/optimiert werden, um sich im System an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. Die Bandbreite der Regelschleife während Zeiten konstanter, kontinuierlicher Last sollte nicht zu hoch gewählt werden, um eine ruhige, stabile Ausgangsspannung gewährleisten zu können. Wird die Bandbreite zu hoch gewählt, sieht man mitunter ein nervöses „Zappeln“ auf der Ausgangsspannung.

Bei zu geringer Bandbreite

Wählt man die Bandbreite hingegen zu gering, so ist das Antwortverhalten auf transiente Vorgänge sehr träge, was im Extremfall zu einem Systemabsturz führen kann. Durch intelligente Regelalgorithmen kann die Bandbreite des Regelkreises während der Laufzeit so variiert werden, dass während Zeiten konstanter Last die Regelschleife stabil und ruhig läuft, transiente Vorgänge hingegen optimal abgefangen werden können.

ROHM Powervation implementiert die Regelung mittels des hauseigenen „xTune“-Verfahrens komplett autonom, so dass der Entwickler sich nicht mehr mit der Optimierung der Regelschleife beschäftigen muss. Fertigungstoleranzen und Alterungseffekte im System sind somit ebenfalls egalisiert, da sich das System in Echtzeit nachjustiert.

In der analogen Welt sind die Möglichkeiten, die Dynamik des Systems zu optimieren begrenzt, was dazu führt, dass oft größere Ausgangskondensatoren am DC/DC-Wandler notwendig sind, um den Spannungseinbruch während der transienten Lastsprünge zu dämpfen. Die oben genannten Vorteile in der digitalen Domäne können die Leistungsfähigkeit der Regelschleife so optimieren, dass über 50 Prozent der teuren Ausgangskondensatoren eingespart werden können.

Stabilität und optimale Systemintegration

Power-Management zeichnet sich durch deutlich mehr aus, als nur dadurch, die Stabilität der Versorgungsspannung zu gewährleisten. Zentrales Ziel für das Power-Management in komplexen Systemen ist es, die Funktion zu jeder Zeit zu garantieren und gleichzeitig einen effizienten Betrieb zu ermöglichen. Digital Power gestattet den erforderlichen tiefen Eingriff in das Power-Management-System, um das gesamte System in Einklang zu bringen.

Effizienz steht im Mittelpunkt von neuen Designs

Der Wirkungsgrad steht bei vielen Power-Ingenieuren immer wieder zu Recht im Mittelpunkt von neuen Designs. Investiert man in teurere, größere Komponenten, kann man den Wirkungsgrad optimieren, den eigentlichen Energieverbrauch des Gesamtsystems, abhängig vom Lastprofil, jedoch nur begrenzt beeinflussen.

Abbildung 2 zeigt ein realistisches Bild eines Lastprofils in Server-Farmen [1]. Zu erkennen ist eindeutig, dass das System die meiste Zeit nicht 100 Prozent ausgenutzt wird, die installierte Kapazität allerdings benötigt wird, um eine stetige Erreichbarkeit des Services zu gewährleisten. Diese Umstände zeigen deutlich, dass das Optimieren des Wirkungsgrades im hohen Lastbereich nur begrenzte Auswirkung auf die gesamte Energie-Effizienz des Systems hat.

In der digitalen Welt lassen sich sowohl der lokale Wirkungsgrad des Wandlers, als auch der globale Wirkungsgrad des Systems effektiv optimieren. Technologien wie Adaptive Voltage Scaling (AVS), Dynamic Voltage and Frequency Scaling (DVFS), Voltage Identification (VID) etc. gehören längst zum Repertoire moderner, Energie-effizienter Anwendungen. Diese können allerdings nur effektiv implementiert werden, wenn das Power-Management als Kernkomponente im System verstanden und dynamisch in die Funktion des gesamten, globalen Systems mit einbezogen wird.

Parallele Tiefsetzsteller

ROHM Powervation integriert alle notwendigen Schnittstellen in die vollends digitalen Lösungen, inklusive der PMBus-Schnittstelle. FPGAs, DSPs oder CPUs/GPUs benötigen (abhängig von der Endanwendung) durchaus Ströme von 25 bis 250 Ampere. Dieser hohe Leistungsbedarf (>30 bis 40 A) ist als Einphasen-Lösung, wie in Abbildung 1 gezeigt, nicht mehr wirtschaftlich umzusetzen.

Hierfür schaltet man mehrere Phasen, also Tiefsetzsteller, parallel. Die Ansteuerung der verschiedenen Phasen wird versetzt, was die virtuelle Schaltfrequenz für Eingangs- und Ausgangsfilter multipliziert und die benötigten Filterkomponenten extrem verkleinert. Gleichzeitig lassen sich Phasen zu- und abschalten, was die Effizienz des Wandlers über einen sehr weiten Lastbereich optimiert.

Abbildung 3 zeigt in Grün markiert, welche Auswirkung diese Technologie auf die Effizienzkurve hat. Der Controller sorgt außerdem dafür, dass die Leistung gleichmäßig über die verwendeten Phasen verteilt wird.

Digital-Power-Ausfall und funktionale Sicherheit

Abbildung 4 zeigt ein Blockdiagramm des digitalen Controllers. Herzstück der Lösung ist der integrierte digitale Signal-Prozessor (DSP), der die komplette Regelung inklusive des bereits erwähnten xTune-Verfahrens umsetzt. Der integrierte RISC-Mikrocontroller übernimmt die Kommunikation mit der Außenwelt, Echtzeit-Manipulation im Power System und die interne Überwachung der Funktionen.

Diese interne Architektur ermöglicht es, über die zur Verfügung stehenden Schnittstellen Eingriff in den laufenden Betrieb zu nehmen und zum Beispiel die erzeugte Versorgungsspannung im System in Echtzeit anzupassen, in beliebigem Timing hoch und herunter zu fahren oder gar komplett auszuschalten. Gleichzeitig können Strom und Spannung überwacht und Warnungen oder Fehlermeldungen erzeugt werden. Dies ermöglicht es, frühzeitig auf ungewollte Veränderungen im System reagieren zu können.

So könnten etwa sicherheitskritische Rechenaufgaben an redundante Systeme ausgelagert werden, wenn eine Anomalie in Temperatur, Spannung oder Wirkungsgrad über das Power-Management erkannt wurde. Eine weitere Möglichkeit wäre die effektive Verteilung von Rechenlast basierend auf den Leistungs- und thermischen Reserven im System.

Durch das Einbinden der zur Verfügung stehenden Telemetrie-Daten, können wichtige Entscheidungen getroffen oder Rechenaufgaben beendet werden, bevor das System durch eventuell auftretende Anomalien entscheidungsunfähig wird. Ein weiterer Vorteil – das Power-Management als Kernkomponente im System zu betrachten – ist die leistungsabhängige Verteilung von Rechenlast, die die Lebensdauer und auch Verlässlichkeit erhöhen kann.

Supply Chain und Time to Market

Das hohe Maß an Flexibilität in der digitalen Domäne ermöglicht es außerdem, extrem weitreichende Lösungen zu designen. Ein einziger Baustein kann an vielen unterschiedlichen Stellen im System verwendet werden und lediglich durch Anpassungen in der Konfiguration komplett andere Leistungsparameter aufweisen.

Falls das Handling verschiedener Softwareversionen unerwünscht ist, können in den Rohm-Powervation-Controllern mehrere Konfigurationen gleichzeitig gespeichert werden und mit lediglich einem externen Konfigurationswiderstand die entsprechenden Einstellungen gewählt werden. Die Konfiguration selbst erfolgt über „Power Smart“, eine graphische Benutzeroberfläche (GUI), die den Entwickler durch die verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten führt und somit schnell zum optimalen Ergebnis führt.

Die Zukunft des Power-Managements

Mit steigendem Anspruch an technische Systeme bezüglich der Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Effizienz und damit der Betriebskosten, steigen auch die Ansprüche an das Power-Management. Dabei sind den Anwendungsgebieten für Digital Power kaum Grenzen gesetzt. In Zukunft werden Datencenter, Industrieanlagen, Automobile und viele andere Systeme, vom Hochspannungsnetz bis zum Prozessor, durch das Power-Management vernetzt und optimiert sein.

Literaturhinweise:

[1] Luiz André Barroso and Urs Hölzle, Google; IEEE Computer, vol. 40 (2007); “The case for energy-proportional computing”

* Bastian Lang ist Marketing Manager im Product Marketing bei Rohm Semiconductor.

Artikelfiles und Artikellinks

(ID:44698103)