Hotfiad-Projekt vor dem Abschluss Abwärme aus den Rechenzentren für Kälte und mehr
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Abwärmenutzung könnte Rechenzentren erheblich umweltfreundlicher machen. Das Demo-Projekt „Hotfiad“ verwendet RZ-Abwärme zur Gewinnung von Kühlenergie. Es geht jetzt nach dreijähriger Laufzeit dem Ende entgegen.

Noch drei Monate, das Pojekt abgesclossen wird. „Ein Nachfolgeprojekt ist bis jetzt leider nicht in Sicht“, bedauert Nasir Asadov, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Energietechnik der TU Berlin. Er führt eine Gruppe Interessierter anlässlich des Kongresses „Bits&Bäume“ (siehe: Kasten) durch das Demo-Rechenzentrum mit einem Hotfiad-System im Berliner Hermann-Rietschel-Institut.
Die TU ist Konsortialführer in dem Projekt. Das Ziel: Zu demonstrieren, dass sich das heiße Abwasser wassergekühlter Server prinzipiell dazu eignet, Kühlenergie zu gewinnen und so beispielsweise die Kühlsysteme eines Rechenzentrums im Sommer wirksam zu entlasten. Gleichzeitig entsteht Abwärme, die mit hohem Energieaufwand abgeführt werden muss, um die Systeme vor dem Hitzetod zu bewahren.
Zielgruppe für die von den Konsortialmitgliedern angepeilte Lösung war ein System für Container-Rechenzentren, also einer etwas leistungsfähigeren Formen des Edge Computing. Denn diesem Markt wird eine große Zukunft prognostiziert.
Bald Pflicht: 30 Prozent Abwärmenutzung für Datacenter
Sinnvoll ist ein solches Projekt auch, weil das gerade in der Erarbeitung befindliche Energie-Effizienzgesetz auch Rechenzentren einbezieht und sie explizit zur Nutzung von mindestens 30 Prozent verdonnert. Da ist es gut, wenn zuvor möglichst viele Möglichkeiten erforscht werden, etwas mit dem lästigen Wärmestrom aus den Rechnern anzufangen, der jedem RZ-Manager viel Arbeit macht.
Schließlich ist nur selten ein Abnehmer in unmittelbarer Nachbarschaft, und noch seltener wird heute im Städte- oder Industriebau so geplant, dass anschließend Abnehmer für die Rechenzentrumsabwärme und Leitungen da sind.
Viele Beteiligte aus mehreren Branchen
Eine ganze Reihe Beteiligte hatte sich zusammengefunden: die DC-CE RZ-Beratung, Cloud&Heat, ein Cloud-Anbieter, das seinen Kunden schon seit Jahren die Sinnhaftigkeit von Abwärmenutzung und fortschrittlichen Kühlmethoden für Rechenzentren zu vermitteln sucht, der Nürnberger Datacenter-Betreiber Noris Networks als Erprobungsstandort, der Serverhersteller Thomas Krenn AG und Invensor, ein Startup mit Fokussierung auf Adsorptionskältemaschinen für Rechenzentren. Dazu kommt das Borderstep Institut und die TU Berlin, Institut für Gebäude-Energietechnik, wo Asadov im Gebäude des Hermann-Rietschel-Instituts als wissenschaftlicher Mitarbeiter die dortige Installation betreut. Geld kam vom BMWK.
Allerdings hatte das Projekt in einem wichtigen Aspekt Pech. Der essentielle Hersteller Invensor, dessen Adsorptionskältelösungen verwendet werden, ging schon bald in Insolvenz. Die Restbestände übernahm Enicon Energiesysteme GmbH, ein Integrator von Energielösungen aus Berlin. „Neue Invensor-Systeme wird er aber nicht bauen“, sagt Asadov. Das Unternehmen ist ausschließlich in Systemintegration und Service tätig.
Das Angebot für auf Rechenzentren spezialisierte Kältemaschinen ist noch klein
Asadov weiß immerhin von einem weiteren Hersteller, der ebenfalls Adsorptionskältemaschinen speziell für Rechenzentren anbietet: Fahrenheit, eine Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (FH ISE), mit Sitz in München. Systeme von Fahrenheit arbeiten im Leibniz-Rechenzentrum in Garching.
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60 Jahre Leibniz Rechenzentrum
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Allerdings gibt es durchaus eine Reihe von Firmen, die Adsorptionskältelösungen herstellen, wobei die sich bisher eher nicht auf Rechenzentren als Kunden fokussiert haben. Schließlich handelt es sich um einen neuen Markt.
Systeme für Rechenzentren müssen beispielsweise besonders kompakt sein. So füllt die Wärmetauschereinheit, die das bis zu 63 Grad heiße Abwasser von den unter anderem mit Peltier-Elementen am Kühlkörper ausgerüsteten Servern ableitet, etwa das untere Zehntel eines der Serverschränke in dem kleinen Demo-Rechenzentrum.
Dort arbeiten rund 20 Kilowatt Rechnerleistung bei voller Belegung. Mit Hotfiad erreicht man laut vorläufigen Berechnungen einen auf die Server und die Adsorptionskältemaschine (UPS-Verluste und Beleuchtung beispielsweise bleiben draußen) bezogenen PUE von 1,03. Werden diese eingerechnet, kommt 1,17 heraus.
Kühlleistung rechnet sich bei heutigen Strompreisen
Die Installationen unterhalb der Rechnerebene im Keller des Herrmann-Rietschel-Instituts sind durchaus voluminös. Ein verschachteltes Leitungsgeflecht zieht sich von oben durch die Decke in Richtung der aufgeklappten Adsorptionskältemaschine, auf deren Oberseite man die drei Wasserkreisläufe erkennen kann: den Antriebskreis, den in der aktuellen Konfiguration 20 Liter pro Minute (l/min) durchströmen, den Rückkühlkreis mit 62 l/min und den Kältekreis mit 44 l/min. Dazu kommt noch ein beeindruckender Schaltkasten.
Die durchschnittliche Leistungszahl der Invensor-Kältemaschine, ein Aggregat in der Größe eines überdimensionierten Kühlschranks, liegt bei 0,6 – die höchsten erreichbaren Leistungen solcher Aggregate liegen unter 1,0. Das heißt: Man leitet immer mehr Wärme hinein als man Kälte herausholt.
Allerdings handelt es sich um Wärme, die ohnehin vorhanden ist und ansonsten nutzlos verpuffte, respektive weggekühlt werden müsste. Und zudem wird beim realen Einsatz Kühlleistung eingespart, zur geernteten Wärme tritt also das nicht mehr oder nur abgespeckt vorhandene zusätzliche Kühlaggregat.
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Kälteerzeugung aus Serverabwärme
Erste Ergebnisse im Projekt HotFlAd
Letztlich sei die Wirtschaftlichkeit eines Hotflad-Systems eine Frage der Marktkonditionen, äußert Asadov. Bei den heutigen Preisen für anderweitig erzeugte Kühlenergie sei die Lösung sicher schon wirtschaftlich.
Auch wenn es kein Nachfolgeprojekt im Demo-Bereich gibt: Cloud&Heat soll inzwischen Nachfrage nach Adsorptionskältelösungen registrieren, obwohl diese ja auf der heute noch eher unbeliebten Wasserkühlung am Rechner basieren. Kurz: Wenn das Energieeffizienzgesetz (EnEfG, siehe „Kritik der Branchenverbände am EnEfG; Das Energieeffizienzgesetz und die Rechenzentren“) kommt und die Stromkosten, wie zu erwarten, hoch bleiben, könnten Lösungen wie die in Hotfiad demonstrierte endlich die Chance haben, sich im Markt auszubreiten, statt nur in Demoprojekten zu laufen.
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