Management-Herausforderung Industrie 4.0 Wie CXOs den digitalen Wandel meistern

Autor / Redakteur: Thomas M. Döbler* / Stefanie Michel |

Mit Industrie 4.0 geht ein Wandel der kompletten Arbeitswelt einher. Den Führungskräften, also den CXOs, fällt damit eine bedeutende Aufgabe zu, die Weichen zu stellen. Eine Studie zeigt, wie sie mit dieser Aufgabe umgehen.

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Die digitale Transformation ist für Führungskräfte eine Herausforderung, weil sie nicht nur die Geschäftsprozesse, sondern die Arbeitswelt und ganze Unternehmen verändern wird.
Die digitale Transformation ist für Führungskräfte eine Herausforderung, weil sie nicht nur die Geschäftsprozesse, sondern die Arbeitswelt und ganze Unternehmen verändern wird.
(Bild: ©Funtap - stock.adobe.com)

Auf einen Blick:

  • Eine Umfrage zum Thema „digitaler Wandel“ unter Führungskräften identifizierte vier 'Personas': Social Supers, Data-driven Decisives, Disruptive Drivers und Talent Champions.
  • Die größten Herausforderungen für Führungskräfte bei Industrie 4.0 sind fehlende strategische Visionen, ständig neue Technologien und organisatorische Hindernisse.
  • Oft werden neue Technologien nur dafür eingesetzt, das bestehende Geschäft abzusichern. Die wenigsten Unternehmen wollen selbst zu Disruptoren werden.

Industrie 4.0 ist viel mehr als die intelligente Vernetzung und Digitalisierung der Produktion durch Technologien wie Analytics, KI oder Internet of Things. Als vierte industrielle Revolution steht sie für einen Transformationsprozess, der Unternehmen, Arbeitswelt und Gesellschaft verändert. Damit verlangt sie vor allem den Akteuren in den Führungsetagen der Unternehmen vieles ab:

  • Sie müssen sich auf neue Technologien und Rahmenbedingungen einstellen,
  • sie müssen die Herausforderung von möglichen Disruptionen sowie einen immer schärfer werdenden Kampf um Talente mit geeigneten Skills meistern, und
  • sie müssen Strategien für Szenarien entwickeln, die heute teilweise noch gar nicht absehbar sind.

Doch wie sind Führungskräfte darauf vorbereitet?

In einer repräsentativen Studie hat Deloitte weltweit über 2000 C-Level-Führungskräfte aus neun Ländern, deren Unternehmen jeweils mehr als 1 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz erwirtschaften, befragt. Auch 130 Führungskräfte deutscher Unternehmen befanden sich darunter. Im Mittelpunkt der Befragung standen vier Schwerpunkte, die zentrale Aspekte der Industrie-4.0-Ära abbilden: Soziales, Strategie, Mitarbeiter und Technologie.

Ein Kernergebnis ist, das jene CXOs, die in ihrer Führungsrolle bestimmte Eigenschaften vereinen und Schwerpunkte setzen, die Transformation effektiver bewältigen als andere Entscheider. Prozentual gesehen, investieren Führungskräfte heute stärker in disruptive Technologien, setzen öfter auf datenbasierte Entscheidungen, bilden ihre Mitarbeiter häufiger für die Arbeitswelt von morgen aus und legen mehr Wert auf ethische Aspekte beim Einsatz von Industrie-4.0-Technologien. Für die vier oben genannten Themenfelder identifiziert die Deloitte-Studie daher jeweils Personas, die C-Level-Führungskräften als Rollenmodelle dienen können:

  • Social Supers,
  • Data-driven Decisives,
  • Talent Champions und
  • Disruption Drivers.
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Verantwortliches Handeln als Geschäftsmodell zahlt sich aus

Social Supers sind laut der Studie jene Führungskräfte, die soziale Verantwortung als grundlegend für ihre Geschäftsmodelle im Zeitalter von Industrie 4.0 ansehen. Die Ergebnisse zeigen, dass soziale Verantwortung für CXOs von hoher Bedeutung ist. Auf die Frage nach den wichtigsten Faktoren zur Bewertung der jährlichen Performance ihrer Unternehmen nannten 34 Prozent der Führungskräfte an erster Stelle „gesellschaftliche Auswirkungen“ – jeweils nur 17 Prozent klassische Faktoren wie „finanzielle Performance“ oder „Mitarbeiterzufriedenheit“.

In Deutschland ist der Anteil sogar noch höher – hier halten 45 Prozent „gesellschaftliche Auswirkungen“ für absolut maßgeblich. Und 73 Prozent gaben an, im vergangenen Jahr Produkte oder Services mit dem Ziel eines positiven Effekts für die Gesellschaft oder Umwelt entwickelt zu haben. Rund die Hälfte konnte damit neue Umsatzquellen erschließen – ein Beleg, dass es sich lohnen kann, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Daten bilden eine wichtige Grundlage für Strategien

Um das Potenzial von Industrie 4.0 zu nutzen, müssen Führungskräfte bereit und in der Lage sein, Innovationen zu entwickeln und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. Die Mehrheit der befragten CXOs (69 Prozent) ist überzeugt, dass ihnen dabei auch zugestanden wird, aus Fehlern und gescheiterten Projekten zu lernen. Auf die Frage nach den größten strategischen Herausforderungen von Industrie 4.0 nannten sie zu gleichen Teilen:

  • fehlende strategische Vision,
  • sich angesichts einer ständig wachsenden Anzahl neuer Technologien für eine davon zu entscheiden,
  • organisatorische Hindernisse.

Viele CXOs gaben an, dass Silo-Strukturen in ihren Organisationen die Fähigkeit zur Innovation einschränken und dass ihre Unternehmen keinen klar definierten, datenbasierten Entscheidungsprozessen folgen.

Als Data-driven Decisives beschreibt die Studie Führungskräfte, die effektive Industrie-4.0-Strategien entwickeln, Entscheidungen aufgrund datengestützter Erkenntnisse treffen und organisatorische Silos abbauen. Wie erfolgreich dieser Ansatz sein kann, zeigen die Zahlen: 46 Prozent der von Data-driven Decisives geführten Firmen erzielten im vergangenen Jahr ein Umsatzwachstum von 5 Prozent oder mehr – das schaffte nur ein Viertel der anderen Unternehmen.

Neue Talente für Industrie 4.0 ausbilden

Als dritte Gruppe, die Talent Champions, beschreibt die Studie Führungskräfte, die bei der Vorbereitung ihrer Belegschaft auf Industrie 4.0 weiter sind als ihre CXO-Kollegen. Sie wissen besser, welche Fähigkeiten ihre Unternehmen künftig benötigen, und geben prozentual häufiger an, bereits über die richtige Zusammensetzung der Belegschaft zu verfügen.

Hier ist das Potenzial noch groß: Obwohl für 55 Prozent der für die Studie befragten CXOs die größte Herausforderung im Talentbereich im Missverhältnis zwischen den derzeitigen und den künftig benötigten Fähigkeiten liegt, bevorzugen immer noch 25 Prozent die Einstellung neuer Mitarbeiter gegenüber der Umschulung ihrer derzeitigen Belegschaft. Nur 43 Prozent setzen darauf, vorhandene Arbeitskräfte gezielt weiterzubilden. Und das, obwohl mittlerweile 57 Prozent der Befragten glauben, dass das Bildungssystem die künftigen Talente nur unzureichend für Industrie 4.0 vorbereitet.

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Industrie 4.0 als Schutz vor Disruption?

Der Wandel hin zu Industrie 4.0 ermöglicht den Einsatz neuer Technologien, um Prozesse zu verbessern, die Produktivität zu steigern und Innovationen voranzutreiben. Doch viele Unternehmen begreifen Technologie noch immer nicht als Werkzeug des Fortschritts, sondern lediglich als Mittel, um ihr bestehendes Geschäft abzusichern. In der Studie sagten doppelt so viele Führungskräfte, dass sie eher deshalb in Industrie-4.0-Technologien investieren, um sich vor Disruption zu schützen, als mit dem Ziel, auf ihren Märkten selbst zu Disruptoren zu werden (67 gegenüber 33 Prozent). In Deutschland gaben Letzteres sogar nur 29 Prozent an.

Als größte Herausforderungen für Technologieinvestitionen nannten die CXOs vorrangig:

  • Unzureichendes Verständnis in Bezug auf Industrie-4.0-Technologien,
  • Fehlen eines Business Case,
  • Mangel an Führungsvisionen.

Als Disruption Drivers beschreibt die Studie Führungskräfte, die sich auf Technologie-Investitionen für Industrie 4.0 fokussieren, um ihr Wettbewerbsumfeld zu dominieren, und dabei ihre beabsichtigten Geschäftsergebnisse erreichen oder übertreffen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Chancen von Industrie 4.0 noch lange nicht ausgeschöpft werden. Der Vorbereitungsgrad reicht vielfach bei Weitem nicht aus. Bemerkenswert ist, dass sozialen Fragen ein solches Gewicht beigemessen wird – in Deutschland ganz besonders.

Hinweis: Der Artikel erschien im Original auf dem Partnerportal „Maschinenmarkt

* Thomas M. Döbler ist Energy, Resources & Industrials Leader Germany bei der Deloitte GmbH in München.

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