Interview zur future thinking 2018 So bilden sich Fachkräfte effizient weiter
Auf dem Rechenzentrumskongress future thinking wird auch das brennende Thema Fachkräftemangel angesprochen. Wir wollten vorab wissen, mit welchen Fortbildungsmaßnahmen dem Mangel begegnet werden kann.
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Die RZ-Branche sollte nach Ansicht des Initiators des Deutschen Rechenzentrumspreises und future thinking-Veranstalters Ulrich Terrahe dem Problem des Fachkräftemangels in der Rechenzentrumsbranche durch neue Programme zur Mitarbeiterentwicklung aktiv entgegentreten. DataCenter-Insider hat mit Blanka Bundschuh, Schulungsbeauftragte der dc-ce RZ-Beratung, gesprochen und ausgelotet, welche Fortbildung für wen sinnvoll ist.
Blanka Bundschuh ist Diplom-Pädagogin und als Consultant Learning Managerin bei der dc-ce RZ-Beratung in Frankfurt tätig. In dieser Funktion ist ihr die Problematik des Fachkräftemangels in der Rechenzentrumsbranche besonders geläufig. Auf dem RZ-Kongress future thinking wird Bundschuh im Rahmen des Forums „Herausforderungen für RZ-Betreiber“ das neue Schulungsprogramm vorstellen, mit dem die dc-ce dem Problem aktiv entgegentritt. Der Titel des Vortrags: „‘…dann back‘ ich sie mir selbst!‘ Mit Schulungen gegen den Fachkräftemangel“.
Frau Bundschuh, Sie haben den Überblick über das Schulungsangebot für Rechenzentrums (RZ)-Fachkräfte. Welche Art von Fortbildung scheint Ihnen besonders effizient?
Bundschuh: Wenn Sie mit effizient meinen, was sich in kurzer Zeit und doch nachhaltig vermitteln lässt, dann ist eine Fortbildung effizient, die das Wissen methodisch-didaktisch ansprechend vermittelt – nämlich nicht als Frontalpräsentation im Monolog, sondern durch aktive Einbeziehung der Teilnehmer. Das kann beispielsweise durch eine Gruppenarbeit geschehen oder eine selbstständige Erarbeitung von Lösungen.
Als besonders effektiv haben sich praktische Übungen erwiesen – besonders im Rechenzentrum halte ich den Praxisbezug für absolut notwendig. Denn was hilft alles theoretische Wissen, wenn es im Zuge des Lernprozesses nicht auch an den verschiedenen Anlagen angewendet wird?
In unseren Schulungen setzen wir daher auf ausgestattete Workrooms oder unser Forschungs- und Test-Rechenzentrum in Berlin. Die Teilnehmer lernen hier beispielsweise die Klima- und Kältetechnik an echten Gräten und Messinstrumenten kennen oder produzieren gefahrlos Störfälle an einer Brandmeldeanlage – im Alltag undenkbar.
Sollten Fortbildungsmaßnahmen „im Block“ oder regelmäßig, also etwa alle 14 Tage, wahrgenommen werden, damit sie effektiv sind?
Bundschuh: Die Frage danach, was effektiv ist, hängt ganz stark von der Fortbildungsmaßnahme ab. Wenn sie den Zweck hat, sich auf den aktuellen Stand zu bringen oder punktuell oder auch im Überblick Wissen erlangen zu wollen: Dann sind einmalige Maßnahmen in der Regel ausreichend. Wird jedoch ein umfassendes Wissen vermittelt, das viel mehr Raum benötigt, dann kann ein Block sinnvoll sein, wie bei einer Professional Schulung zu EN 50600, der fünf Tage umfasst.
Regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen sind eher bei berufsbegleitenden Weiterbildungen mit umfassendem Wissen sinnvoll, damit Zeit zum Nachlernen besteht. Vor allem, wenn am Ende eine Prüfung steht. Dieses Modell wenden wir beim Zertifizierungslehrgang RZ-Manager/in an
Für welche Bereiche melden sich am meisten Interessenten an?
Bundschuh: Viele Interessenten melden sich vor allem zu den gewerkeübergreifenden Themen, bei denen sie das Rechenzentrum in seiner gesamten Komplexität kennenlernen. Das Zusammenspiel der einzelnen Gewerke muss man erst einmal verstehen, bevor es in die Details geht. Die Teilnehmer benötigen dieses grundlegende Wissen, weil sie zum Beispiel ein Rechenzentrum modernisieren oder neu bauen beziehungsweise ein Rechenzentrum managen möchten. Gerade das aktuelle Planungswissen wird hier benötigt – damit man als Auftraggeber für die Planung und den Bau einen Überblick gewinnt, um mitzureden und Entscheidungen zu treffen. Hier spielen dann auch Faktoren wie neueste Erkenntnisse zur Energieeffizienz eine Rolle: Schließlich trägt man in diesen Bereichen Verantwortung für hohe Kosten.
Aber daneben sind natürlich auch technische Fachseminare gut besucht. Hier möchten sich Techniker ebenfalls auf den aktuellen Stand bringen. Im Bereich der Kältetechnik erleben wir ja aktuell Umbrüche durch die europäische F-Gase-Verordnung. Die Teilnehmer sind an aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen interessiert, über die unsere Referenten als Planer und auch Mitglieder diverser Gremien verfügen.
Ein beherrschendes Thema in der Branche ist ja der Fachkräftemangel. Welche Fortbildung halten Sie für besonders zielführend, um diesen schnellst- und weitestmöglich zu beheben?
Bundschuh: Ich halte es für zielführend, wenn die Personalabteilungen der RZ-Unternehmen vorausschauend Pläne zur Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter entwerfen. Nur so können Entwicklungsmaßnahmen für die einzelnen Funktionen im Betrieb gezielt organisiert werden. Das bedeutet zum Beispiel, Mitarbeiterkompetenzen im Soll/Ist-Vergleich zu betrachten: Welche Fähigkeiten besitzt mein Mitarbeiter und welche benötigt er noch zur optimalen Ausübung seines Jobs? Wenn ich dann feststelle, welche Kompetenzen noch fehlen, kann ich auch gezielt Weiterbildungsmaßnahmen ergreifen.
Als Anbieter für Weiterbildung im RZ-Bereich kann man dabei natürlich auch auf die firmenspezifischen Bedürfnisse eingehen und Schulungen exakt auf die Anforderungen des Unternehmens zuschneiden. Wenn ein RZ-Unternehmen also beispielsweise genaue Vorstellungen hat, welche Tätigkeiten ein Mitarbeiter in der Klimatechnik ausführen soll, dann kann die Schulung direkt auf die vorhandenen Geräte und geforderten Tätigkeiten abgestimmt werden.
Welche Anforderungen werden üblicherweise vom RZ-Markt in Bezug auf Weiterbildung geäußert?
Bundschuh: Es gibt etliche Anforderungen, die sich nicht so leicht mit einem ein bis zweitägigen Seminar abdecken lassen. Dazu gehört das oben schon erwähnte umfassende Verständnis des Rechenzentrums in seiner komplexen Gesamtheit. Aber auch die relativ neue europäische Rechenzentrumsnorm DIN EN 50600, die bei Modernisierung und Bau berücksichtigt werden sollte, gehört dazu. Die Norm ist äußerst umfangreich und betrifft alle Gewerkebereiche. Besonders wenn man eine Zertifizierung anstrebt, sollte man wissen, was dahintersteckt.
Für diese Anforderungen haben wir gemeinsam mit anerkannten Partnern komplette Zertifizierungslehrgänge konzipiert. Das fundierte Wissen aus den einzelnen Gewerken und dem Management bieten wir als berufsbegleitenden Intensiv-Lehrgang „Geprüfte/r RZ-Manager/in“ an. Arbeitgeber profitieren durch die fundierte Weiterbildung ihrer Mitarbeiter davon und die Arbeitnehmer ermöglichen sich damit gegebenenfalls einen Karrieresprung.
Das Thema EN 50600 behandeln wir in unseren Zertifizierungslehrgängen gemeinsam mit dem VDE. Wir bieten einen Grundlagenkurs sowie einen anschließenden Professional-Lehrgang an. Mit diesem Wissen können die Teilnehmer ihr Unternehmen dann auf eine Zertifizierung vorbereiten oder auch Modernisierungsmaßnahmen fachlich im Blick behalten.
Mit welchen Kosten müssen Arbeitgeber für eine effektive Fortbildung rechnen?
Bundschuh: Das hängt immer davon ab, wie viele Veranstaltungstage für die Fortbildung benötigt werden. Aber generell sagt man ja, dass vor allem in technischen Berufen jährliche Weiterbildung sinnvoll ist, um am Ball zu bleiben. Wenn Sie jährlich zwei Tage als Anhaltspunkt nehmen, kostet das den Arbeitgeber (wenn man sich die gängigen Marktpreise anschaut) weniger als 2.000 Euro. Also sinnvoll investiertes Geld, wenn es dem Unternehmen zu Gute kommt und Mitarbeiter durch neues Wissen motiviert.
Hinweis:
Das Thema Fachkräftemangel wird auf dem diesjährigen RZ-Kongress future thinking nicht nur Frau Bundschuh angehen. Auch die DataCenter-Insider Chefredakteurin Ulrike Ostler und der Fachjournalist Dr. Dietmar Müller werden die Ergebnisse einer Umfrage von DataCenter-Insider zum Thema referieren. Die Ergebnisse finden sich zudem im jüngst erschienenen eBook „Fachkräftemangel im Rechenzentrum“.
Der RZ-Kongress future thinking findet am 24. und 25. April im Wissenschafts- und Kongresszentrum darmstadtium in Darmstadt statt.
https://www.future-thinking.de/
* Das Interview führte Dietmar Müller, freiberuflicher Journalist in Abensberg.
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