Outsourcing Sieben Antworten zu Transition und Transformation
Cloud-Computing, Software as a Service, etc..: Technik und Aufgaben an spezialisierte Dienstleister auszulagern ist eine boomende Marktnische. Doch wer sich auf Managed Services einlässt, sollte genau hinsehen: „Mit dem Vertragsabschluss ist Outsourcing keineswegs zum Erfolg verurteilt“, so Clemens Gunne von der Microfin Unternehmensberatung. Für ihn sind Transition und Transformation die Schlüsselphasen für eine funktionierende Auslagerung.
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Gunne beantwortet sieben wichtige Fragen rund ums Outsourcing:
Beim Outsourcing ist der Provider ab Vertragsabschluss zuständig. Also auch für den Übergang. Warum soll sich da die hausinterne IT einmischen?
Gunne: Die IT soll und darf nicht die Zügel aus der Hand geben. Kontrolle und Übersicht sind wichtig, gerade wenn die Produktion ausgelagert wird. Wer sich nicht aktiv um eine erfolgreiche Transition & Transformation kümmert, gefährdet das gesamte Sourcing.
Wie unterscheiden sich Transition und Transformation?
Gunne: Eine Transition ist der Wechsel zu einem neuen Dienstleister, oft auch der erstmalige Übergang eines internen Prozesses zu einem externen Partner, bei dem die grundsätzlichen Produktionsabläufe ansonsten unverändert bleiben. Hier heißen die vorherrschenden Themen Know-how-Transfer, prozessuale Schnittstellen und Verbindung zwischen den Infrastrukturen. Dies verläuft jeweils in verschiedenen Phasen, in denen der Kunde eingebunden ist und endet nach Tests und Abnahmen mit dem Wechsel in der Verantwortung, dem so genannten „Change of Control“.
Transformation hingegen kann zweierlei bedeuten: Einführung ganz neuer Services für den Kunden, so zum Beispiel die Erweiterung der reinen Telefonie auf moderne Unified Communications. Oder die Optimierung der bereits ausgelagerten Services, damit der Provider seine“ economies of scale“ erzielen kann. Hierbei kommt es also zu einer tiefgreifenden Veränderung, i.e. „Transformation“.
Wie viel Aufwand muss die interne IT in T&T investieren?
Gunne: In einem Outsourcing-Projekt sind viele Faktoren außerhalb des direkten Einflusses. Die Steuerung und Kontrolle sind entscheidend für den Erfolg einer Transition & Transformation und auch des folgenden produktiven Betriebs, der meist auch schrittweise „hochgefahren“ wird. Wir sehen das leider in schöner Regelmäßigkeit. Es werden immer wieder ähnliche Fehler gemacht und Chancen vergeben. Nicht aus Fahrlässigkeit, sondern aus fehlender Erfahrung.
Welche Faktoren machen ein erfolgreiches Transitions- & Transformations-Projekt aus?
Gunne: Zunächst ein „realistischer“ Business Case, sowohl auf Anbieter-/Provider-Seite als auch auf Kunden-Seite, der konsequent verfolgt wird. Nur wenn beide Seiten ihre wirtschaftlichen Ziele erreichen können, hat der Deal eine Zukunft.
Dann ein transparentes Abnahme- und Mängelverfahren im Rahmen des Claim Management. Die gemeinsame Sicht auf die vertragliche Projektleistung und die wirtschaftliche Bewertung eventueller Nicht-, Spät- oder Schlecht-Leistung hat Auswirkung auf den Zahlungsplan.
Zudem ein „gemeinsames“ Verständnis der zu erbringenden Projekt- und Betriebsleistung: Nicht immer kann die vertragliche Basis alle Detailthemen widerspruchsfrei ausleuchten – und erst in der T&T kann man sich mit technischen oder prozessualen Themen im Detail beschäftigen.
Ein „fokussiertes“ Service-Management, das sich ab Tag 1 auf relevante Service-Level konzentriert, kommt noch dazu. Wichtig ist, was für den Nutzer spürbar ist – und das muss sich auch im Monitoring widerspiegeln. Ein rein technisches Monitoring hilft da wenig. Meist sind es die Nutzer, die Störungen schon bemerken, bevor ein technisches System Alarm schlägt. Unter dem Strich muss sich beim Nutzer der Eindruck verfestigen, dass die IT kein Selbstzweck ist; die neuen Services müssen überzeugen, um sich langfristig und solide im Unternehmen und bei den Stakeholdern zu verankern.
Und schließlich ein „ordentlicher“ Plan und eine stringente Steuerung des T&T-Projektes – mit allen Konsequenzen: Hier gilt es zunehmend zwischen klassischem Wasserfall und agilen Sprints zu steuern.
Wo liegen die häufigsten Fallen?
Gunne: Typischerweise schon beim Business Case. Ohne ein stringentes Controlling der Projektkosten sowie Remanenzen und Risiken fallen Abweichungen zu spät auf. Zudem empfiehlt es sich, Verhandlungsspielräume in der Due Diligence mit Augenmaß zu nutzen – es gilt, die Preisschraube nicht zu überdrehen. Die Annahmen sollten realistisch, aber eher konservativ konkretisiert werden – und trotzdem bieten sich hier Risikoaufschläge an. Generell gilt: je konkreter, desto besser. Das Prinzip Hoffnung ist beim Outsourcing gefährlich.
Zwei weitere Bereiche werden oft unterschätzt. Erstens das Stakeholder-Management: Widerstände im bzw. gegen das Projekt rühren oft von zu wenig Einbindung und Information her. Wer „Betroffene“ zu „Beteiligten“ macht, gestaltet das Leben für das gesamte Team entscheidend leichter. Und zweitens ein professionelles Projektmanagement. Die Retained Organization des Kunden ist meist für Projekte nicht gut aufgestellt und mal etwas locker formuliert: „Provider können Betrieb, aber kein Projekt“. Das ist sicherlich pointiert, verdeutlicht aber – vor dem Hintergrund der fünf Hebel - die Dringlichkeit, sich aus Kundensicht mit einer erfahrenen Projektsteuerung für die Transition & Transformation zu positionieren.
Wer soll den Prozess treiben – Provider oder Auftraggeber?
Gunne: Der Auftraggeber. Das Unternehmen muss nicht nur seine „Claims“ abstecken, sondern ihre Einhaltung auch verfolgen. Dazu gehört zum Beispiel, einen Zahlungsplan nach Fortschritt vertraglich festzulegen und Hauptmeilensteine zu definieren, ein Abnahmeverfahren festzulegen und den Dienstleister auf ein Ergebnis zu verpflichten und die Erfüllung auch nachzuhalten.
Wie hoch muss die Latte in Sachen Qualität liegen?
Gunne: 100 Prozent sind praktisch unerreichbar. Aber die Servicequalität muss vom ersten Tag an im Mittelpunkt stehen. Dazu gehört, die Service Level mit dem Endkunden abzustimmen und sie gegenüber dem Provider im vertraglichen Rahmen auch durchzusetzen, also bei Bedarf auch in geeigneter Weise zu sanktionieren. Oft ist das Einbestellen des Provider-Managements viel wirkungsvoller als Pönale. Ein High Level Dashboard hat sich hier als Kontrollinstrument auf Management-Ebene zwischen Kunde, Endkunde und Provider bewährt.
Über den Autor:
Clemens Gunne ist Berater bei Microfin. Seine Stärken liegen darin, komplexe Zusammenhänge zu strukturieren und in einen verbindlichen Implementierungsplan zu überführen, sowie diesen nachhaltig zu verfolgen. Gerade in der Projektsteuerung beherrscht er den Ausgleich zwischen konsequenter Durchsetzung und menschlichem Umgang - auch über kulturelle Grenzen hinweg. Sein Motto ist in Anlehnung an Alma Mahler-Werfel: "Wir können alles schaffen, aber wir müssen auch zu allem bereit sein!"
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