Was tun mit der Wärme in den Datacenter? Das Leuchtturmprojekt DC-Heat Rechenzentren als Gamechanger urbaner Energieversorgung
Mit voranschreitender Digitalisierung steigt der weltweite Bedarf an Rechenleistung und damit auch der Energiebedarf für Rechenzentren. Besonders deutlich wird diese Entwicklung am Datacenter Hotspot Frankfurt am Main. Dort könnte sich der Energiebedarf der Rechenzentren in der Region innerhalb der kommenden drei bis vier Jahre sogar verdoppeln und ihre Abwärme ist eine interessante Energiequelle.
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Nach Angaben des Borderstp Instituts hat sich in Deutschland hat sich der Energiebedarf der Rechenzentren seit dem Jahr 2010 um fast 60 Prozent erhöht. In Summe brauchten sie im Jahr 2020 mit 16 Milliarden Kilowattstunden (kWh) mehr Strom als ganz Berlin, so Ralph Hintemann von der Berliner Non-Profit-Einrichtung. Damit liege der Anteil der Rechenzentren am Stromverbrauch in Deutschland mittlerweile bei fast 3 Prozent.
Die starke Rechenzentrumsinfrastruktur bedeutet eine Chance für künftige Energiekonzepte, gerade in Ballungszentren wie Frankfurt am Main. Denn Rechenzentren bilden nicht nur das Rückgrat der Digitalisierung, sondern sie bieten auch die Möglichkeit die Klimaziele in Bund, Ländern und Kommunen zu erreichen.
Rechnerisch könnte mit der Abwärme von dort angesiedelten Rechenzentren im hessischen Frankfurt bis zum Jahr 2030 der gesamte Wärmebedarf von Privathaushalten und Bürogebäuden gedeckt werden. Denn setzt sich die Entwicklung weiter wie erwartet fort, kann der Stromverbrauch der Rechenzentren im Stadtgebiet Frankfurt von 1 Milliarde kWh im Jahr 2017 bis auf über 4 Milliarden kWh im Jahr 2025 ansteigen.
Da ein höher Stromverbrauch den Ausstoß an Wärme anschwellen lässt, bietet das die Chance, die bislang zu 90 Prozent auf dem Primärenergieträger Gas basierende Wärmeversorgung der Stadt zukünftig klimafreundlich zu realisieren. Zudem benötigen Rechenzentren benötigen kontinuierlich Strom – 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Da in Deutschland der regenerativ erzeugte Strom vor allem aus fluktuierenden Quellen wie Wind und Sonne stammt, bestehen insofern Herausforderungen, Rechenzentren als notwendige digitale Infrastrukturen in Zukunft klimaneutral mit Strom zu versorgen.
Zu diesem Ergebnis kommt ein Konsortium aus Forschungseinrichtungen, Rechenzentren und Verbänden, das unter dem Namen „DC-Heat“ (Data Center Heat Exchange with AITechnologies), einen Leuchtturm zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) für die „Wärmewende“ in Frankfurt am Main realisieren will. Das geplantes Leuchtturmprojekt des Bundesumweltministeriums wird durch die unter dem Dach von Eco – Verband der Internetwirtschaft gegründete Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen unterstützt.
Rechnerisch könnte mit der Abwärme von in Frankfurt am Main angesiedelten Rechenzentren bis zum Jahr 2030 der gesamte Wärmebedarf von Privathaushalten und Bürogebäuden gedeckt werden.
Data Centre Heat Exchange with AI-Technologies
Denn ohne Hindernisse ist das Vorhaben nicht. Diese sind sowohl technischer, organisatorischer, institutioneller als auch wirtschaftlicher Art. So liegen zum Beispiel die Standorte der Datacenter nicht unbedingt in den Gebieten, die durch die existierenden Fernwärmenetze erschlossen sind. Außerdem sind die existierenden Dampf- und Heißwasserwärmenetze nur bedingt für die Aufnahme von Niedertemperaturwärme aus Rechenzentren geeignet. Weitere Hemmnisse liegen in den hohen Stromkosten für den notwendigen Wärmepumpenbetrieb und darin, dass Akteure unterschiedlicher Organisationen und Branchen beteiligt sind.
Dazu Hintemann, der neben der Uni Paderborn und dem Energieversorger Westfalenwind IT einer der Initiatoren des Förderprojekts ist: Bislang gibt es noch eine Vielzahl von ökonomischen, technischen und regulativen Herausforderungen, um eine solche Vision zu erreichen. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass mit Hilfe von KI-Anwendungen erhebliche Beiträge geleistet werden können, diese Herausforderungen zu bewältigen. Und dennoch: „Deutschland und insbesondere Frankfurt als Datacenter-Standort könnten hier eine Vorreiterrolle einnehmen“, so Hintemann weiter.
Zwar gebe es bisher noch wenig Abwärmenutzung aus Rechenzentren in Deutschland. Gerade in Frankfurt seien aber aktuell aber einige Projekte in Planung. Tatsächlich kann ein Leuchtturmprojekt an einem exponierten Standort könnte eine hohe Multiplikatorwirkung haben. Wie die Analysen und Netzwerkaktivitäten im Rahmen von DC-Heat gezeigt haben, gibt es bereits ein großes Interesse bei allen Beteiligten, ein solches in Frankfurt zu realisieren.
So wurde im Rahmen von DC-Heat das Konzept des 'Intelligenten Digitalen Zwillings' für Abwärmeprojekte aus Rechenzentren entwickelt. Das Konzept bietet eine anforderungsgerechten Schnittstellen zur Bereitstellung und Ablage von Informationen bei der weiterführenden Nutzung von Algorithmen der KI, sind die Protagonisten überzeugt. Es sei möglich
- die Abwärmenutzung aus Rechenzentren wirtschaftlicher zu machen,
- die Planungsphasen effizienter und effektiver zu gestalten,
- die Auswirkungen des weiteren Ausbaus von Rechenzentren ermitteln zu können,
- neue Konzepte für Rechenzentrumsinfrastrukturen zu konzipieren, zu entwickeln und zu bewerten sowie
- die Potenziale von saisonalen Wärmespeicherungen erschließen zu können.
Darüber hinaus lasse sich eine Vielzahl von weiteren Nachhaltigkeitszielen adressieren. Als Basisinfrastruktur der Digitalisierung haben Rechenzentren direkt und indirekt Auswirkungen auf alle 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen. Das WGBU-Gutachten „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ zeige die Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Digitalisierung mit den Nachhaltigkeitszielen detailliert auf. Auch die Stadt Frankfurt a.M. orientiert sich in Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie an den Nachhachhtigkeitszielen der Vereinten Nationen.
Link: Data Centre Heat Exchange with AI-Technologies, Kurzfassung der Ergebnisse
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