Buchvorstellung Rainer von zur Mühlen: Drei Leben im Gegenwind
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„Drei Leben im Gegenwind“ ist der Titel. Soeben erschienen. Rechenzentrumsbetreiber dürften den rührigen Autor kennen: Rainer von zur Mühlen, Gründer der von zur Mühlen'sche GmbH, eine auf Sicherheitsberatung spezialisierte Consulting-Gesellschaft; denn der Geschäftsbereich 'RZ-Plan' ist auf Konzeption und Planung von Rechenzentren und Serverparks spezialisiert. Nun erzählt der 79jährige aus seinem Leben:

„Neben vielen Ereignissen rund um die Nachkriegszeit mit Gründung eines Nachrichtendienstes für Militärspionage gegen die Sowjets durch meinen Vater, Entführungsversuche, die ich als Vierjähriger erkannte und verhindern konnte bis zu meinem experimentellen Programmieren von Manipulationen der IBM-Bankensoftware auf einer IBM 360 beschreibe ich die Anfänge professioneller IT-Sicherheit ab 1969.
Es war eine Pionierzeit, als ich – noch Student – die erste biometriegestützte Zutrittssicherung zusammen mit einem Elektriker lötete. Eine Großbank hatte sieben zutrittsüberwachte Eingänge zu Rechenzentrumsbereichen, mehrere mit 7x24 und teilweiser Doppelbesetzung. Der Grund. Videotechnik über Koaxkabel übertrug Bilder kaum 15 Meter weit.
Wir löteten Verstärker aus der Hobbyfunker-Technik zusammen und schafften dadurch die ersten Repeater, wie man sie dann nannte. Wir schafften über 100 Meter und konnten alle Zutrittsschleusen auf eine zentrale Pforte schalten und steuern. Den Bildvergleich von Life und Fotodokument machten wir mit Diakarusselprojektoren.
Man gab seine Nummer ein, unter der das Portrait im Karussel lag. Das ging auf die Projektionsscheibe und konnte mit dem Lifebild aus der Schleuse verglichen werden. Die gewaltige Personaleinsparung amortisierte die Investition in die Schleusen in wenigen Wochen.
Security 1974
Die erste Messe „Security“ im Jahr 1974 war von Scharlatanerie fast dominiert. Lauter Sicherheitsprodukte, die aus meiner Sicht nichts taugten.
Als beispielsweise Benzing eine unfälschbare Zutrittskarte vorstellen wollte und mir mit der Einladung auf die Messe ein Muster zuschickte, sich aber weigerte, das Funktionsprinzip zu offenbaren, bat ich einen Schlosser um Eisenfeilspäne. Das bewies Magnetismus. Ich kaufte Magnetfolie (Muster für Pinnwände) und eine Leder-Lochzange, stanzte 64 Plättchen aus, legte eine Plastikfolie auf die Zutrittskarte, kennzeichnete die Punktposition mit der Späne und legte dann die Plättchen mit einer Holzpinzette (aus Streichhölzern, durfte ja nichts Magnetisches sein) auf die Punkte.
Rutschten sie zur Seite, war die Polung falsch. Umgedreht und mit UHU und Tesa-Band fixiert hatte ich ein funktionierendes Duplikat für den Leser.
Ich hatte Jura, Psychologie und Wirtschaft studiert. Jura half mir; denn die Firma rückte noch am ersten Tag der Messe mit drei Anwälten und strafbewehrten Unterwerfungserklärungen an. Ich wusste aber: alles nur Böller. Das Produkt wurde zurück gezogen. Ich habe 130 solcher und anderer Episoden in dem Buch zusammengefasst.“
Herausgekommen ist die Biografie eines Sicherheitsberaters. Sie ist ungewöhnlich und sicher alles andere als ein geradeaus planbarer Berufsweg gewesen.
Von zur Mühlen sagt: „Aber die Karriere war erfolgreich. Und ich habe die Branche maßgeblich mitgestaltet.
Spannend ist auch meine Begegnung mit Markus Wolf, dem Chefspion der DDR. Er nannte mir in größter Offenheit die Gründe, warum es ihm nicht gelungen sei, in meiner Beratungsgesellschaft einen Spion unterzubringen.
Er wollte unbedingt an die Sicherheitskonzepte meiner Kunden. Dafür warb er eigens im Fernmeldeamt Bonn einen Techniker an, der gegen gutes Geld meine acht Amtsleitungen mit Modulationsboxen verband. Sie modulierten die Sprachfrequenz in die Unhörbarkeit und leiteten die Signale zur Ständigen Vertretung Ost-Berlins in Bad Godesberg um."
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