Helpdesk- und Support-System für KMUs OTRS-Gründer Martin Edenhofer startet mit Zammad Open-Source-Alternative

Autor / Redakteur: Ludger Schmitz / Ulrike Ostler

Ein ungewöhnliches, modernes Design der Benutzeroberfläche und die intuitive Bedienbarkeit soll es vor allem Startups und kleinen Unternehmen erleichtern, die Service-Beziehungen zu Kunden zu verbessern. Als IT-Helpdesk könnte „Zammad“ einmal „OTRS“ und „Zendesk“ Konkurrenz machen.

Anbieter zum Thema

(Bild: Bild: Zammad GmbH)

Keine Frage: Das Open Ticket Request System (OTRS) ist der Platzhirsch mit Millionen Anwendern und weltweiter Verbreitung. Aber unbestritten ist die Dominanz nicht mehr. Nach „KIX“ von Cape kommt jetzt der vor fünf Jahren bei OTRS ausgestiegene „Spiritus Rector“ dieser Open-Source-Lösung mit einer neuen Firma und einem gleichnamigen Produkt auf den Markt: Zammad.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 6 Bildern

Kommunikativ und nah am Kunden sein

Zammad scheint nach den Screenshots des Herstellers auf den ersten Blick vor allem etwas für Dienstleister zu sein, die einen sehr engen Kontakt mit ihren Kunden pflegen und dafür intensiv Social-Media-Kanäle nutzen. Aber der Eindruck täuscht. Es handelt sich um ein Helpdesk- und Support-System mit einer ungewöhnlichen Benutzeroberfläche und neuen Eigenschaften.

Was den ersten Eindruck hervorruft, ist die Fähigkeit von Zammad, die Kommunikation über verschiedene Kanäle zu bündeln. Service-Anfragen, die per E-Mail, Telefon, Chat, Facebook oder Twitter hereinkommen können, werden in Zammad zu Tickets, die sich über die gleichen Kanäle beantworten oder an Kollegen im Service weiterleiten lassen.

Ein Dashboard informiert über bestehende Tickets, deren Bearbeitungsstand und die letzten Aktionen. Das Besondere daran ist, dass die Kunden jederzeit den Status ihrer Anfrage einsehen können.

Let's work together auf Bayrisch

Die Bedienung orientiert sich am Umgang mit Webbrowsern und Tablets. Einzelne Tickets oder Aufgaben lassen sich als Tabs organisieren und jederzeit per Drag-and-Drop bestimmten Mitarbeitern oder Teams zuordnen. Dabei können mehrere Support-Mitarbeiter, die so genannten Agents, parallel an einem oder mehreren Tickets gleichzeitig arbeiten. Der Name Zammad soll aus dem Bayrischen kommen und „zusammen“ bedeuten.

Ein weiteres augenfälliges Feature ist die Volltextsuche. Sie basiert nach Angaben der Zammad GmbH auf der Suchmaschine „Elasticsearch“. Mit ihr sollen sich frühere Tickets „in Sekundenbruchteilen“ finden lassen. Das könnte zum Beispiel am immer etwas chaotischen Posteingang des Supports hilfreich sein.

Wird der Webbrowser geschlossen, bleiben Text und Dateien erhalten, so dass Support-Mitarbeiter jederzeit mit ihrer Arbeit fortfahren können. Routinierte Anwender können Funktionen per Tastenkombinationen aufrufen. Verschiedene Funktionen lassen sich durch Makros automatisieren.

Eine Benutzeroberfläche vom Designer

Zammad bricht bewusst mit dem üblichen Erscheinungsbild von Ticket-Systemen. „Wir haben mit Zammad eine neue Lösung entwickelt, die Kundenservice vom Ballast bestehender Systeme befreit und einfacher macht als je zuvor – für die Nutzer wie für die Administratoren“, erklärt Martin Edenhofer, Gründer und Geschäftsführer der Zammad GmbH. Entwickelt hat die Benutzeroberfläche die Firma Zeughaus, Gewinner des „European Design Award 2015“.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 6 Bildern

Die Lösung ist Open Source, steht unter der Lizenz GNU AGPLv3 und liegt auf Github vor. Der Quellcode von Zammad ist Eigentum einer Zammad Stiftung. Das ist eine inzwischen gebräuchliche Form, um sicherzustellen, dass ein Produkt Open Source und kostenlos bleibt.

Unter der AGPL-Lizenz dürften Anwender das Produkt weiterentwickeln. Die Foundation-Regelung führt allerdings dazu, dass sie letztlich entscheidet, welcher Code in Zammad einfließt oder auch nicht.

Entwickelt ist das neue Produkt mit Web-Techniken wie WebApp/HTML5, WebSockets und REST-API im Frontend sowie Ruby on Rails im Backend. Für die Rest-API soll zu einem späteren Zeitpunkt Libraries für PHP, Ruby und JavaScript geben.

Für Eigenbetrieb und als Cloud-Lösung

Die Software lässt sich von der Zammad-Website in drei Formen kostenlos herunterladen: Als Quellcode, RPM-Paket oder fertiges „Docker“-Image eignet es sich für den Eigenbetrieb. Außerdem bietet der Hersteller Zammad als gehostete Cloud-Lösung an, die auf Nutzerbasis lizensiert wird und abhängig vom Funktionsumfang fünf Euro (Starter), 15 Euro (Professional) oder 35 Euro (Plus) kostet. Als Cloud-Lösung positioniert sich Zammad in Konkurrenz zu Zendesk.

Das Produkt richtet sich momentan noch „vorrangig an kleine und mittlere Organisationen“ mit bis zu 25 Support-Mitarbeitern, so Edenhofer. Im Monatszyklus sollen weitere Features hinzukommen, „so dass wir 2017 eine Enterprise-Version zur Verfügung stellen können“.

Noch mehr Konkurrenz zu OTRS

Die dürfte dann endgültig in Konkurrenz zu OTRS positioniert sein. Das vermeidet die erste Pressemitteilung von Zammad noch, die nur indirekt darauf Bezug nimmt. Martin Edenhofer war der Initiator von OTRS und hat daraus 2011 ein Unternehmen gemacht. 2011 schied er aus der Firma aus.

In letzter Zeit gab es wiederholt Klagen, vor allem über Qualitätsschwächen in der Entwicklung von OTRS und eine unklare Produkt-Roadmap. Sie gipfelten darin, dass die Chemnitzer Cape IT GmbH im Herbst letzten Jahres einen Fork ankündigte und auf der CeBIT 2016 unter dem Titel KIX erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorstellte. Mit Zammad erwächst OTRS eine weitere Konkurrenz.

* Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in Kelheim.

(ID:44333432)