Oracle-Anwender drohen mit Abwanderung Oracle zockt seine Kunden bei falschem Virtualisierungsprodukt ab

Redakteur: Ulrike Ostler

Das Virtualisierungs-Portfolio von Oracle erstreckt sich auf VDI, „Sun Ray“, „Virtual Box“ und „Oracle VM“. Dabei ist die VMware-Alternative Oracle VM vielleicht die unbekannteste. Doch zieht Oracle seine Virtualisierungs-Tools vor und macht damit etwa VMware-Nutzern das Virtualisieren teuer. Das bringt die Deutsche Oracle-Anwender Gruppe auf die Barrikaden.

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Der Konflikt schwelt schon länger: Im Herbst des vergangenen Jahres befragte die Doag rund 420 Oracle-Kunden. Dabei zeigte sich: Neun von zehn sind mit der Lizenzzierungspraxis unzufrieden.

So sind in Deutschland sind die meisten Oracle-Kunden Nutzer des relationalen Datenbank-Management-Systems. Die Oracle Datenbank kann sowohl unter VMware, XEN, HyperV als auch Oracle VM unter produktiven Bedingungen betrieben werden (siehe: Abbildung 3).

Auch mit der eher unbekannten Oracle VM können Anwender Virtuelle Maschinen (VMs) erstellen und verwalten. Diese befinden sich auf demselben physischen Server, verhalten sich aber wie voneinander unabhängige physische Server – mit eigener CPU, eigenem Netzwerk-Interface, Storage und Betriebssystem.

Wer garantierte Funktionalität will, muss reinrassiger Oracle-Nutzer sein

Zudem ist Oracle VM die einzige von Oracle zertifizierte x86-Server-Virtualisierungs-Anwendung. Auf der Software läuft nicht nur die Datenbank, sondern auch Oracle RAC, Enterprise Manager, Application Server, Hyperion, JD Edwards, Berkeley DB, TimesTen, Oracle E-Business Suite, Siebel, PeopleSoft, Oracle Retail, Oracle Financial Services Software Limited und Oracle Weblogic Platform.

Kunden, die eine Oracle Datenbank auf Basis einer dieser Virtualisierungstechniken betreiben und einen gültigen Support-Vertrag besitzen, erhalten Support. Die Kunden müssen zwar beweisen, dass das Problem auch auf nativer Hardware und Betriebssystemen auftritt, bekommen aber dann Hilfe, wenn sie eine andere Virtualisierung nutzen als die von Oracle.

Allerdings unterscheidet Oracle zwei Arten der Datenbank-Virtualisierungs-Lizenzierung: Einmal beruht sie auf dem so genannten Hardware-Partitioning und dann auf der Software-Partitionierung. Partitionierung bedeutet die Segmentierung eines Servers in einzelne unabhängige Sektionen, denen System-Ressourcen zugewiesen werden.

Oracle ist soft, VMware hart

Bei der Software-Partitionierung (= Segmentierung durch Betriebssystem-Ressource-Manager) müssen alle vorhandenen Prozessoren des Servers, beziehungsweise des Serververbunds lizenziert sei. Das gilt beispielsweise Solaris 9 Resource Containers, AIXWorkload Manager, HP Process Ressource Manager, Affinity, VMware…)

Bei der Hardware-Partionierung hingegen werden nur die zugewiesenen Prozessoren lizenziert. Das gilt etwa für Solaris 10 Container (capped), Dynamic Reconfiguration DR, LPAR (sowie DLPAR bei AIX 5.2), Micro Partitions(capped), vPar, nPar, Integrity Virtual Machine(capped), Secure Ressource Partitions(capped), Fujitsu PPAR und OracleVM (!)

Das wirkt sich demnach wie folgt aus: Setzen Anwender Oracle VM ein, müssen sie lediglich die den Oracle-Anwendungen zugewiesenen Server-CPUs lizenzieren. Beim Einsatz anderer Virtualisierungsprodukte, wie VMware, berechnet Oracle auf der Grundlage des kompletten Servers Lizenzen, selbst wenn nur ein Teil der CPU-Ressourcen Oracle-Anwendungen zugewiesen ist. Das kommt die Anwender deutlich teurer (siehe: Abbildung 1 und 2).

Oracle missachtet Kundenwunsch

Doch auch unter Oracle-Anwendern ist VMware der Favorit. Nahezu 80 Prozent nutzen diese Technik (siehe: Abbildung 4). Und weniger als neun Prozent bauen auf die Oracle-eigene Virtualisierung. Kein Wunder also, dass die Kunden mit dem Lizenzierungsmodell unzufrieden sind. Die Doag im Verbund mit anderen Verbänden der Oracle-Kunden forderte von Oracle deshalb Nachbesserung und eine Gleichbehandlung aller x86-Virtualisierungsprodukte bezüglich der Einordnung nach Hardware- und Software-Partitioning.

Doch auch nach „intensiven Diskussionen sowohl mit Oracle Deutschland als auch mit den Oracle Headquarters in Redwood Shores“, wie die Doag mitteilt, erhielt die Anwendervereinigung nun eine abschlägige Nachricht. Jeb Dasteel, Senior Vice President und Chief Customer Officier Oracle Corp., teilte mit, dass Oracle keine Änderungen der Lizenzierungsregeln beim Einsatz von x86-Virtualisierungslösungen plane und in Erwägung ziehe.

Dietmar Neugebauer, Vorstandsvorsitzender der DOAG sagt dazu: „Unsere Aktivitäten, uns für die Wünsche der Mitglieder einzusetzen, sind bei Oracle auf wenig Verständnis gestoßen“, und ergänzt: „Oracle versucht, den Einsatz der eigenen Virtualisierungslösung zu erzwingen, kann damit aber wichtige Marktanteile an die Konkurrenz verlieren.“

Oracle-Kunden zeigen sich wechselwillig

Denn die Umfrage aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass sich die Oracle-Anwender nicht zur einer Virtualisierungs-Software zwingen lassen wollen. Drei Viertel der Befragten gaben an, sie könnten sich im Bereich der Virtualisierung durchaus Datenbanken anderer Hersteller vorstellen. „Mehr als 70 Prozent der Teilnehmer an unserer Umfrage ziehen diese Option in Erwägung.“ (siehe: Abbildung 5)

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