Streit um die Stromversorgung Kommt ein irisches Moratorium, das den Bau neuer Datacenter aussetzt?
Vor Kurzem hat die irische Partei `People Before Profit‘ einen Gesetzentwurf zur Änderung des Planungs- und Entwicklungsgesetzes eingebracht, der Infrastrukturen im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen verhindern soll. Der `Planning and Development Act 2021´ würde unter anderem ein striktes Verbot für Rechenzentren vorsehen. Jetzt formiert sich Widerstand.
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Wie die „Irish Times“ am gestrigen Montag berichtet hat, haben sich Tech-Firmen unter dem Dach der Wirtschaftslobby „Ibec“ darüber verständigt, Druck auf die Regierung auszuüben, den Bau neuer Rechenzentren nicht einzuschränken. Der Gesetzentwurf befindet in der zweiten von fünf Phasen. Befürchtet werden Restriktionen im Stromnetz.
Die Partei `People Before Profit´ indes sieht „eklatante Lücken“ im regierungseigenen Klimagesetz. Tatsächlich steigt die Stromnachfrage von Rechenzentren in Irland an. Der Energieversorger EirGrid prognostiziert in seinem „Generation Capacity Statement 2020-2029“, dass die Nachfrage von Rechenzentren bis 2029 27 Prozent der Gesamtnachfrage ausmachen könnte, gegenüber 11 Prozent im Jahr 2020.
Im Rahmen des `Klima-Aktionsplans 2019´ hat sich Irland das Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 70 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Dies soll dazu beitragen, Irlands Treibhausgasemissionen bis 2030 um 51 Prozent zu reduzieren und das langfristige Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
Der Standort Dublin
Der Plan sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, die sicherstellen sollen, dass Rechenzentren auf nachhaltige Weise untergebracht werden, einschließlich der Implementierung einer flexiblen Nachfrage und anderer innovativer Lösungen für Rechenzentren. Nach Angaben von EirGrid sind diese für neue Rechenzentren, die sich in Dublin anschließen wollen, umgesetzt worden.
Bríd Smith Teachta Dála für Dublin South Central, argumentiert allerdings dagegen: „Echte Klimaschutzmaßnahmen können nicht stattfinden, wenn wir gleichzeitig planen, dass mehr als die Hälfte des Zuwachses an erneuerbarer Energie bis 2030 von Mega-Rechenzentren verschluckt wird, zitiert Datacenter Dynamics die Politikerin. „Wir können nicht unsere Verpflichtungen aus Paris erfüllen und so tun, als könnten wir 100 und mehr Rechenzentren im nächsten Jahrzehnt zulassen.“
Sie schlägt vor, dass energieintensive Projekte wie Rechenzentren in Zukunft in der Nähe von erneuerbaren Energiequellen gebaut werden müssten. Das allerdings bedeutete, dass sich die Rechenzentrumsansiedlung weg von Dublin und hin zur Westküste verlagern würde. Und tatsächlich hatte die Commission for Regulation of Utilities (CRU) im Juni EirGrid und ESB Networks aufgefordert, Anträge für Rechenzentren in Regionen zu priorisieren, in denen die Stromversorgung in diesem Sinne unproblematisch sei.
Amazon muss warten
EirGrid ist besorgt, dass dies bedeuten würde, dass sie den Netzzugang für mehr als 30 Rechenzentren, die derzeit vorgeschlagen werden, nicht genehmigen könnte. Nach Angaben der Regulierungsbehörde ist der Anstieg bei der Nachfrage nach Strom jedoch beispiellos: In den vergangenen vier Jahren entsprach sie einem Zuwachs von 140.000 Haushalten pro Jahr im Stromnetz.
Und tatsächlich sind bereits die Pläne für ein 350-Millionen-Euro-Rechenzentrum von Amazon in Drogheda eingefroren, nachdem `An Taisce´ Einspruch gegen das Projekt eingelegt hatte. Der Grund: Die Planungsbehörden hätten die negativen Auswirkungen von Rechenzentren auf die Erfüllung der irischen Ziele für erneuerbare Energien nicht berücksichtigt.
Die Umwelt- und Denkmalschutzgruppe hat bei der Planungsbehörde `An Bord Pleanála´ Einspruch gegen die jüngste Entscheidung des Meath County Councils eingelegt, eine Baugenehmigung für das zweite Rechenzentrum des Online-Riesen in Drogheda zu erteilen. Dort baut Amazon bereits ein weiteres Rechenzentrum mit 48 Megawatt - im dortigen IDA Business and Technology Park, etwa 2,5 Kilometer außerhalb von Drogheda. Der Konzern will mit dem Bau eines zweiten Rechenzentrums auf einem angrenzenden Gelände Mitte 2023 beginnen, um die Anlage bis 2026 in Betrieb zu nehmen.
Das geplante Projekt besteht aus einem zweistöckigen Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von über 29.500 Quadratmetern, in dem 26 Notstromgeneratoren untergebracht sind. Es wird erwartet, dass beide Rechenzentren jeweils etwa 50 Arbeitsplätze schaffen und während der Bauphase bis zu 400 Personen beschäftigt werden.
Amazon hat sich langfristig verpflichtet, 100 Prozent erneuerbare Energien zu nutzen, mit einem Ziel bis 2025. Der Konzern kann auf ein bestehendes Windparkprojekt in Cork verweisen und zwei weitere in Donegal und Galway, die im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden sollen.
Rollende Stromausfälle
Im vergangenen Monat hatte die Kommission für die Regulierung von Versorgungsunternehmen und EirGrid davor gewarnt, dass Irland `rolling blackouts“drohten, wenn nicht dringend Maßnahmen ergriffen würden, um den beispiellosen Anstieg des Strombedarfs von Rechenzentren zu bewältigen. Da zwei große Kraftwerke wegen monatelanger Reparaturen geschlossen sind, hat die Sorge um das Risiko für die Stromversorgung bei Nachfragespitzen im Winter die Regierung bereits dazu veranlasst, ab Herbst eine Notstromversorgung in Dublin einzurichten.
Nun plädiert eine Gruppe, das sich die Bezeichnung „Cloud Infrastructure Ireland“ gegeben hat, und das große Tech-Firmen in Irland oder große Niederlassungen dort repräsentiert, etwa Google und Amazon, für den Anschluss von Rechenzentren und gegen Vorschläge der Regulierungsbehörde für Versorgungsunternehmen, den nationalen Netzzugang zu priorisieren. „Ein Moratorium für die Bearbeitung von Anträgen für Rechenzentren in Dublin ist die am wenigsten wünschenswerte der derzeit in Erwägung gezogenen Optionen“, so Cloud Infrastructure in einer Eingabe an die Kommission zur Regulierung von Versorgungsunternehmen.
Das sieht offenbar auch die irische Regulierungsbehörde so. Sie möchte offenbar anstelle eines Moratoriums, dass die Netzanschlüsse nach der Fähigkeit jedes Rechenzentrums priorisiert werden, Strom zu erzeugen und/oder zu speichern, der dem Bedarf entspricht oder größer ist. Die Regulierungsbehörde möchte auch, dass der Anschluss auf der Fähigkeit des Zentrums basiert, die Nachfrage flexibel zu gestalten, indem es den Verbrauch auf Anfrage reduziert.
Das erste Moratorium dieser Art wurde in den Niederlanden verhängt, wo man sich inzwischen auf Umweltauflagen geeinigt hat. Jüngst legte Singapur Pläne für Rechezentrumsneubauten auf Eis.
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Notbremse oder Schikane?
Keine neuen Datacenter mehr! Region Amsterdam verfügt Baustopp
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