Mit möglichst wenig Daten über den Äther Edge Computing steuert Pre­dictive Maintenance für Windräder

Von Jürgen Frisch Lesedauer: 3 min

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Eine Lösung für Predictive Maintenance von Windrädern hat das VMware-Kydnryl Innovation Lab zusammen mit der US-Universität Bucknell entwickelt. Zum Einsatz kommen dabei Edge Computing, Machine Learning, die Virtualisierung von VMware und Controller, welche die Turbinen bei Bedarf abregeln.

Mithilfe von Edge Computing, Machine Learning und Virtualisierung soll Predictive Maintanance ohne große Datenbewegungen realisieren lassen - heir ein Showcase von der vergangenen Hannover Messe.
Mithilfe von Edge Computing, Machine Learning und Virtualisierung soll Predictive Maintanance ohne große Datenbewegungen realisieren lassen - heir ein Showcase von der vergangenen Hannover Messe.
(Bild: frei lizenziert: Robert Hell / Pixabay)

Windturbinen sind angesichts der Energiewende eine aufstrebende Form der Energie-Erzeugung. Laut einem Bericht der International Energy Agency haben Windräder im Jahr 2021 weltweit 273 Terawattstunden Strom erzeugt, und bis 2020 soll dieser Wert auf 7.900 Terawattstunden steigen.

Der Wind selbst ist zwar kostenlos, aber der Bau sowie Wartung und Instandhaltung der Anlagen verschlingt große Summen. Ein Windrad an Land kostet pro Jahr zwischen 2 und 4 Millionen Dollar Unterhalt, für eine Offshore-Anlage auf See fallen sogar 10 Millionen Dollar an.

Eines der größten Probleme, das in 90 Prozent aller Fälle zu einem Totalverlust der Turbine führt, ist Feuer. Der Ausfall eines einzigen Windrads bedeutet oft, dass die gesamte Staffel an einem Standort für Wartungszwecke vom Netz gehen muss. Die von Kyndryl und VMware entwickelte Predictive-Maintenance-Lösung entdeckt die drohende Überhitzung einer Turbine mit Thermalkameras und fährt bei Bedarf die Anlage über die speicherprogrammierbare Steuerung herunter.

Thermalkameras überwachen die Betriebstemperatur

Das Herzstück der Predictive-Maintenance-Lösung ist ein Minicomputer an der Windturbine mit dem Edge Compute Stack von VMware. Die Thermalkameras schicken ständig Wärmebilder der Turbine dorthin. Machine Learning analysiert, ob die Wärmebilder Anomalien aufweisen. Die dazugehörigen Algorithmen laufen in einem „VMware Tanzu“ Kybernetes Cluster.

Zum Einsatz kommen dabei einfache „Barebone“-Rechner mit „Intel Alder Lake N100“ Prozessoren. Die Komponente VMware SDWAN verbindet den Minirechner mit dem Operations Center des Netzbetreibers und übermittelt die Ergebnisse im laufenden Betrieb dorthin. Da im Rahmen von Edge Computing die Daten vor Ort gesammelt und analysiert werden und auch eine Notabschaltung hier angestoßen wird, ist für die Verbindung zum Netzbetreiber keine Breitband-Internet-Verbindung nötig.

„Jedes einzelne Windrad hat drei Thermalkameras, und diese erzeugen zusammen 1,5 Gigabyte Daten pro Sekunde“, berichtet Ben Brillat, Global Director, Enterprise Wireless/5G and Industrial Edge Computing und Consult Director bei Kyndryl. Die Windfarmen befinden sich üblicherweise weit im Hinterland, und dort ist keine stabile Internet-Verbindung verfügbar, über die sich solche Datenmengen im Dauerbetrieb sicher übertragen lassen.“

Die Predictive-Maintenance-Lösung wurde daher so eingerichtet, dass nur das Ergebnis der technischen Prüfung in die Unternehmenszentrale geschickt wird. Das sind nur wenige Kilobytes pro Sekunde.

Machine Learning analysiert die Daten vor Ort

Der Machine-Learning-Algorithmus entscheidet anhand Videobilder, ob die Anlage mit den normalen Betriebsparametern läuft und löscht im Normalfall die Daten nach der Analyse. Für den Fall, dass die Verbindung in die Unternehmenszentrale einmal abbricht, speichert ein Puffer die Ergebnisse der vergangenen Stunde.

Anders sieht die Sache aus, wenn die Analyse zeigt, dass eine Überhitzung bevorsteht. Dann wandern die Daten in einen Langfristspeicher und über das betreffende Windrad wird kontrolliert heruntergefahren.

„Die Analyse erfolgt auf Basis von Videobildern“, erläutert Brillat. „Werden keine Probleme löschen wir diese Bilder. Lediglich im Fall einer bevorstehenden Störung werden sie gespeichert, um im Nachgang den Grund für die Überhitzung aufzudecken.“

Edge-Computing reduziert Datenübertragung

Mit dem Edge-Computing-Prinzip unterscheidet sich das Predictive-Maintenance-Modell von VMware-Kyndryl fundamental etwa von der Predictive-Maintenance-Lösung des im Jahr 2007 erstmals ausgelieferten „Airbus A380“. Dort wurden während des Fluges Triebwerksdaten, etwa Öldrücke, Treibstoffverbrauch und Abgastemperaturen gesammelt und per Satellitenfunk zum Boden übermittelt.

Ziel war es damals, durch eine Big-Data-Analyse frühzeitig Probleme bei einzelnen Komponenten zu erkennen. Außerdem sollten durch dauerhafte Echtzeit-Analysen die Wartungsintervalle der Triebwerke verlängert werden.

„Das Übertragen großer Datenmengen zieht hohe Kosten nach sich“, erläutert Brillat. „Da Sensoren im Internet der Dinge in den kommenden Jahren zu den größten Datenproduzenten entwickeln, gehen wir aktuell einen anderen Weg. Wir analysierten die Daten mit Edge Computing vor Ort und stoßen die notwendigen Aktionen an. Und wir akzeptieren dabei, dass wir nicht alle Daten speichern.“

Aktuell ist die Predictive-Maintenance-Lösung von VMware und Kyndryl ein Proof of Concept, dessen kommerzieller Einsatz noch aussteht. Erweiterungen beispielsweise um Vibrationssensoren sind möglich. Ebenfalls könnten mehrere Turbinen zusammengeschaltet werden, um ein Lernen im Schwarm zu ermöglichen.

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„Die Analyse des Betriebszustands erfolgt anhand der Bilder von Thermalkameras“, erläutert Ben Brillat, Global Director Enterprise Wireless/5G and Industrial Edge Computing und Consult Director bei Kyndryl. „Werden keine Probleme bemerkt, löschen wir die Bilder. Lediglich im Fall einer bevorstehenden Störung werden sie gespeichert, um den Grund für die Überhitzung aufzudecken.“

Bildquelle: Kyndryl

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