Ethernet in der Messtechnik Die Vorteile des Ethernets, um Messdaten zu übertragen

Autor / Redakteur: Jörg Böttcher * / Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Der Ethernet-Anschluss findet sich fast überall in der Industrie. Der Beitrag zeigt Grundlegendes zur Topologie bis zur Messdatenübertragung über einen Ethernet-Anschluss.

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Ethernet in der Messtechnik: Messdaten lassen sich komfortabel über Ethernet übertragen. Wir zeigen grundlegendes zur Topologie bis zur höheren Protokollen.
Ethernet in der Messtechnik: Messdaten lassen sich komfortabel über Ethernet übertragen. Wir zeigen grundlegendes zur Topologie bis zur höheren Protokollen.
(Bild: Cybrain/Fotolia.com)

Eine steigende Anzahl von Messgeräten und Messdatenerfassungsmodulen ist mit einem Ethernet-Anschluss oder auch als Synonym Local Area Network = LAN ausgestattet. Im folgenden Text zeigen wir, wie über Ethernet Messdaten übertragen werden können und erklären die wichtigsten Eigenschaften von Ethernet.

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Bei einer Verbindung über Ethernet sind alle Busknoten gleichberechtigt. Der Begriff Ether bedeutet im Deutschen Äther und deutet auf die ursprüngliche Anlehnung an ein Funkprotokoll hin. Die einzelnen Busknoten werden über sogenannte Hubs oder Switches miteinander verbunden (Abbildung: 1). Es gibt somit stets nur Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Hubs und Switches sehen äußerlich meist identisch aus. Sie unterscheiden sich lediglich in ihrer internen Intelligenz.

Hubs verstärken die Signale jeweils nur zwischen allen aktiven Ports. Elektrisch gesehen sehen alle angeschlossenen Geräte – von kurzen Signallaufzeiten durch den Hub und über die Kabel abgesehen – stets dieselben Signale. Ein Busknoten darf bei Ethernet jederzeit ein Telegramm aussenden, sofern die entsprechenden Kabeladern, die er für das Senden benutzt, frei sind, also nicht von einem anderen Telegramm gerade belegt werden.

Dabei kann es zufällig vorkommen, dass zwei oder mehr Busknoten gleichzeitig senden wollen - man spricht von einer Kollision. Dabei entstehen undefinierbare Signalzustände, die jedoch von den beteiligten Sendern erkannt werden, worauf diese sofort die weitere Aussendung abbrechen. Nun läuft jeweils eine Zufallszeit in den Ethernet-Chips der beteiligten Sender los, nach deren Ablauf sie es jeweils erneut versuchen. Statistisch löst sich diese Kollision dadurch über der Zeit auf (CSMA/CD, Carrier Sense Multiple Access/Collision Detection).

Zwei leicht unterschiedliche Telegrammformate

Switches verfügen dagegen über integrierte Embedded-Computer, über welche die Ports angesprochen werden. Die in ihnen in hoher Geschwindigkeit ablaufende Firmware untersucht auf Ethernet-Telegrammebene, welches Zielgerät von einem sendenden Busknoten adressiert wird. Ein Switch stellt an einem Port eintreffende Telegramme nur an dem Ausgangsport zu, an dem ein Busknoten mit der entsprechenden Empfangsadresse angeschlossen ist. Sobald ein Busknoten an einem Port angeschlossen wurde und zum ersten Mal selbst ein Telegramm gesendet hat, ordnet der Switch diese Adresse fest dem entsprechenden Port zu.

Er lernt die Zuordnung automatisch, ohne dass er konfiguriert werden muss. Ist kein Busknoten mit der entsprechenden Empfangsadresse angeschlossen, so leitet der Switch das Telegramm an alle mit einem Busknoten versehenen Ports. Auf diese Weise kann ein Telegramm auch zu einem Empfänger gelangen, der über weitere zwischengeschaltete Switches erst erreicht werden kann. Switches reduzieren den gesamten Busverkehr deutlich, sofern die überwiegende Kommunikation jeweils zwischen Busknoten innerhalb eines so genannten Netzwerk-Segments um einen Switch herum stattfindet.

Ein Ethernet-Anschluss arbeitet mit dem in Bild 2 gezeigten Telegramm. Streng genommen gibt es zwei ganz leicht unterschiedliche Telegrammformate: Das im Bild gezeigte, von üblichen Computern meist benutzte DIX-Telegramm, ist nach dem früheren Konsortium der drei Unternehmen Xerox, DEC und Intel benannt. Sie hatten in den 1980er-Jahren die Verbreitung von Ethernet in der Bürokommunikation vorangetrieben.

Eeltweit einmalige Adresse des Ethernet-Anschlusses

Das zweite Format ist eine von einigen Industrial-Ethernet-Systemen benutzte Variante, wie sie in der offiziellen Normung in IEEE 802.3 vorgesehen wurde. Jedes Telegramm beginnt zum Erkennen etwaiger Kollisionen mit einer relativ langen Präambel. Nach einem weiteren Startbyte folgen die jeweils sechs Bytes langen Adressen des Empfängers und des Senders.

Diese werden nicht vom Anwender konfiguriert, sondern einem Busknoten bei dessen Herstellung fest eingebrannt. Die Chip-Hersteller bedienen sich dabei im Rahmen einer weltweiten Lizenzierung aus ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Adresspools. Dass die sechs Bytes lange Adresse für alle Zeiten ausreichend ist, lässt sich an der Anzahl der mit diesen 48 Bits darstellbaren Kombinationen ausrechnen: 248 sind rund 2,815*1014 also 281.500 Mrd. Diese weltweit einmalige Adresse eines Ethernet-Anschlusses wird meist hexadezimal mit 12 Zeichen dargestellt. In der Fachsprache nennt man diese auch MAC-ID. Das ist die Abkürzung für Medium Access Control oder frei übersetzt Buszugriffsverfahren.

Werden höhere Protokolle verwendet, die mit entsprechenden eigenen Telegrammen im nachfolgenden Datenfeld transportiert werden, wird in weiteren zwei Bytes der Protokolltyp angegeben. Der Empfängerknoten weiß nach Auswerten der zwei Bytes, nach welchem höheren Protokoll er die nachfolgenden Datenbytes interpretieren muss. Der eigentliche Datenbereich, als Payload bezeichnet, hat nicht nur eine Maximallänge.

Um nicht unnötig viel Busverkehr für kleinste Datenmengen zu erzeugen, wollten die damaligen Entwickler des DIX-Konsortiums, dass zumindest 46 Bytes seitens des Senders gesammelt werden, bevor dieser ein Telegramm aussendet. In der Praxis werden insbesondere bei der Messdatenerfassung häufig Telegramme mit weniger Nutzdatenbytes versendet, wobei die fehlenden Bytes dann durch Füll-Bytes beliebigen Inhalts ersetzt werden müssen. Abschließend folgt ein vier Bytes langes Feld, um die Übertragungsfehler hochwertig zu erkennen (CRC = Cyclic Redundancy Check).

Eine Nettodatenrate von 100 MBit/s

Die einzelnen Bits dieses Telegramms werden nicht direkt auf dem Ethernetkabel übertragen, sondern jeweils spezifisch codiert. Bei der in der Industrie dominierenden Variante 100BASE-TX kommen die in der Abbildung 2 angedeuteten Codierungen: Zunächst werden jeweils vier zu sendende Bits immer zuerst zu einer Fünfer-Bitgruppe gemäß einer Codiertabelle umcodiert; diese ist so gestaltet, dass in jeder Fünfergruppe Bitwechsel vorhanden sind, was dem Empfänger ein Herauslesen des Sendetaktes ermöglicht. Der so generierte Bitstrom wird dann noch einem Multilevel Transmission Encoding (MLT) unterzogen, welches drei Signalpegel benutzt, um Kabelbandbreite zu sparen.

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Letztlich resultiert daraus eine nutzbare Nettodatenrate von 100 MBit/s. 100BASE-TX verwendet zwei Adernpaare, eines für jede Senderichtung. Aus Sicht eines Ethernetanschlusse mit TX für Sender und RX für Empfänger beschriftet. Das Basisprotokoll fast aller anderen höheren Protokolle ist IP = Internet Protocol. Das IP-Telegramm enthält Header-Informationen und den eigentlichen Datenbereich, auch hier als Payload bezeichnet. Es wird im Datenfeld des Ethernet-Telegramms übertragen, wobei ein einziges größeres IP-Telegramm auch auf mehrere einzelne Ethernet-Telegramme aufgeteilt werden kann (Fragmentierung), so dass auch große Nutzdatenmengen werden können.

Von IPv4 zu IPv6

Bei IPv4 lassen sich maximal 65.515 Bytes übertragen. Genau genommen existieren derzeit zwei unterschiedliche Telegrammtypen: die schon recht alte IPv4 sowie IPv6. Die Betriebssysteme aktueller PCs und Laptops unterstützen beide Formate, viele industrielle Geräte mit Ethernet-Anschluss sowie auch Server im weltweiten Internet teilweise ausschließlich IPv4.

Im Rahmen der Header-Informationen taucht eine neue Adressart auf, die IP-Adresse. Eine IP-Adresse besteht bei IPv4 aus 32 Bits. Sie ist in den Busknoten, die IP unterstützen, stets konfigurierbar. Dabei wird die IP-Adresse nicht in Binär- oder Hexadezimaldarstellung eingegeben, sondern in der bekannten Schreibweise mit vier durch einen Punkt getrennten Dezimalzahlen. Jede der vier Zahlen ist lediglich die Dezimaldarstellung von jeweils einer Acht-Bits-Gruppe aus den insgesamt 32 Bits, weshalb auch keine größeren Zahlen als 255 vorkommen können.

Mit IP lassen sich Telegramme über Netzwerkgrenzen hinweg mit Router versenden. Router arbeiten stets auf der Ebene des IP-Protokolls, sie leiten ausschließlich IP-Telegramme von einem Netzwerk in ein anderes. Auch die weltweite Internet-Infrastruktur basiert auf Routern. Der Router besitzt im lokalen Netzwerk des Computers ebenfalls eine IP-Adresse.

An diese IP-Adresse muss der Computer Telegramme stets senden, die an Busknoten in andere Netzwerke vermittelt werden sollen. Hierzu kann bei IP-fähigen Busknoten zusätzlich konfiguriert werden, welche IP-Adresse dieser Router im lokalen Netz besitzt und in welchem Bereich Empfänger-IP-Adressen liegen, die über diesen Router nur erreicht werden können, also in entfernten Netzwerken sitzen. Der Router nennt sich in diesem Kontext meist Standardgateway.

Messdaten mit höheren Protokollen übertragen

Mit dem Anwendungs-Protokoll HTTP lassen sich Daten beispielsweise von einem Oszilloskop mit Ethernet-Anschluss in eine Software-Applikation im Computer übertragen. Dazu werden zwei weitere Protokolle verwendet: TCP, welches im Datenbereich eines oder mehrerer IP-Telegramme übertragen wird, sowie das erwähnte HTTP. TCP = Transmission Control Protocol erlaubt einen kontrollierten Datenaustausch im Sinne eines Kommunikationskanals. Dazu führt TCP die Portnummer ein. In einem Busknoten, der unter einer bestimmten IP-Adresse erreichbar ist, können mehrere Applikationen parallel ablaufen. Sie sind über ihre Portnummer adressierbar.

Der Kommunikationskanal ist zumindest auf dieser Protokollebene Voll-Duplex-fähig, es kann in beiden Richtungen unabhängig voneinander gesendet werden. Entscheidend ist: Der Sender von Daten erhält von seinem Gegenüber eine Empfangsbestätigung, wenn diese erfolgreich angekommen sind. Solche Bestätigungen gibt es auf den unteren Ebenen des Ethernet-Telegramms und IP nicht.

Messdaten lassen sich einer Serverapplikation im Oszilloskop unter einer bestimmten Portnummer mit TCP in eine entsprechende Applikation im Computer übertragen. Für die Konfiguration des Oszilloskops könnte der Hersteller ein eigenes Programm mitliefern. Besser ist es, die Bedienoberfläche in Form einer in das Oszilloskop eingebetteten Webseite zu implementieren. Im Oszilloskop ist lediglich die Funktionalität eines kleinen Web-Servers zu realisieren.

Quellenangabe:

Jörg Böttcher: Kompendium Messdatenerfassung und -auswertung. ISBN 978-3-7386-2255-3 (Paperback) Verlag: Books on Demand.

* Professor Dr.-Ing. Jörg Böttcher hat eine Professur für Regelungstechnik und Elektrische Messtechnik an der Universität der Bundeswehr in München inne.

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