Industrial Edge und Cloud Die Orchestrierung des Shopfloor mit der Cloud
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Um im Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben, müssen betriebliche Arbeitsabläufe nachhaltig verbessert werden. Dabei spielt die Verfügbarkeit von Daten eine wichtige Rolle. Dies gilt vor allem für die Nutzung von Daten aus der Fertigung, vom so genannten „Shopfloor“, um frühzeitig und schnell Produktions- sowie Logistikabläufe optimieren zu können.

Edge Computing sichert Unternehmen Wettbewerbsvorteile. Das betrifft gerade die Produktion, die sich einer immer größeren Komplexität durch geringere Losgrößen, einer steigenden Individualisierung von Produkten und der Forderung nach schnelleren Durchlaufzeiten gegenübersieht. Es gilt Informationen und Daten vom „Shopfloor“ zu „Topfloor“ auf einer Plattform abrufbar zu haben, um die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Verlässlichkeit der Produktionskapazitäten zu gewährleisten.
Unternehmen haben daher begonnen, Daten aus unterschiedlichen Informationssystemen in Cloud-basierten Plattformen zusammenzuziehen. Gleichzeitig entwickelt sich der Einsatz von Edge Computing in der Produktion, die eine Datenverarbeitung in Echtzeit an der Maschine ermöglicht.
- Doch wie spielen Edge- und Cloud-Computing zusammen?
- Wie kann beim Edge-Computing die zunehmende Integration Künstlicher Intelligenz (KI) ausgeschöpft werden, um Shopfloor-Daten für beispielsweise Predictive Maintenance oder Quality Management auch im Zusammenspiel zwischen verschiedenen Ökosystem-Partnern und Lieferanten zu nutzen?
Die Vernetzung von Techniken
Um Produktionsanlagen und Logistik für die Zukunft zu rüsten, wird vermehrt die Verwendung von Cloud-Architekturen und -Services essenziell. Während bisher Latenzzeiten und Ausfallsicherheit wichtige Argumente für den Einsatz von Edge- und gegen Cloud-Lösungen war, bieten neue 5G-Campusnetze in Kombination mit dem kostengünstigen WiFi-6 neue Möglichkeiten Edge und Cloud im Zusammenspiel zu aktivieren. Damit lassen sich komplett neue Use Cases flexibel umsetzen.
Ein hybrider Einsatz liefert die nötige Flexibilität, um skalierbare und stabile digitale Infrastrukturen zu entwickeln sowie die optimale Antwort auf unterschiedliche Anforderungen zu finden. Dabei muss der Einsatz der Cloud stets in konkreten Anwendungsszenarien betrachtet werden.
Das gilt insbesondere für so genannte „Hot Data“, also Daten, die auf dem Shopfloor anfallen und in einer hybriden Umgebung verarbeitet werden und üblicherweise schnell zugänglich sein müssen. Ähnlich steht es um sicherheitsrelevante Anwendungen, wie etwa bei groß skalierbaren Daten, die nahezu in Echtzeit verarbeitet werden (Englisch: Large Scale Near Realtime Data Processing). Aber auch bei sicherheitsrelevanten Daten.
Datenhoheit und -lokalisierung
Themen wie Data Sovereignty und Data Localization spielen hierbei oft eine kritische Rolle. Solche Daten werden aufgrund von Latenzzeiten und dem Risiko von Netzwerkproblemen auch weiterhin vor Ort auf dem Shopfloor in Edge- oder On-Premises-Lösungen verarbeitet. Langfristig wird der Anteil dieser Lösungen durch 5G-Netze geringer, da der speziell für industrielle Anwendungen entwickelte Mobilfunkstandard Latenzen weiter reduziert und Datenvolumina auch an weit entfernten Standorten zur Verfügung stehen.
Nichtsdestotrotz werden in Unternehmen hybride Architekturen zwischen Edge und der Verarbeitung vor Ort (genannt on premises) weiter dominieren, gerade beim Einsatz von Produktionssteuerungssystemen. Denn ein Vorhalten und Auswerten von Daten bei OnPremises-Lösungen ist mitunter mit erheblichen Kosten verbunden.
Insbesondere bei hohen Datenvolumina sorgt Cloud-Computing für Abhilfe. Pragmatisch betrachtet, liegt eine IT-Architektur aus Edge- und Cloud-Technologie auf der Hand. Nur eine komplexe Datenauswertung in der Cloud zusammen mit modernster KI und Machine Learning (ML) liefert die benötigten genauen Analyse-Ergebnisse.
Edge - eine logische Fortsetzung der Cloud
Generell sollte der Einsatz von Edge als logische Fortsetzung der Cloud verstanden werden. Der Übergang zwischen beiden Technikwelten gestaltet sich fließend. Der Datenspeicher (Englisch: Data Lake), der auf dem Shopfloor entsteht, bietet enormes Potential, dass erst durch die Auswertung in der Cloud in Kombination mit KI ihr Potential entfaltet. Bei der Umsetzung ist stets zu beachten, dass die Technologien aufeinander abgestimmt sind, um bei Bedarf eine globale Skalierung zu ermöglichen.
In der Produktion finden Tools, wie Visual Inspection Services zur Qualitätskontrolle, bereits als Cloud-Services Anwendung, die in einer Edge zum Einsatz kommen. Namhafte Cloud- und IoT-Anbieter bieten bereits ernstzunehmende Cloud- als auch Edge-Lösungen in Kombination an. Eine Herausforderung stellt die in der Produktion zum Einsatz kommende IT-Infrastruktur dar, denn diese ist bis dato zu wenig standardisiert für solche Anwendungen.
Unternehmen vergeben damit Flexibilität und die Grundlage, Entscheidungen schnell umzusetzen und zu skalieren. Entscheider müssen das Thema IoT (Internet of Things) in die Auswahl ihrer IT- und Betriebsmittel integrieren.
Doch nach wie vor finden Planung und Umsetzung zu oft in Silos statt. Es empfiehlt sich das frühzeitige Etablieren einer einheitlichen Produktions-IT und eines unternehmensweiten Kompetenzcenters für kombinierte IT-Lösungen und Produktionstechnologien. Doch oft werden Entscheidungen in diesen Bereichen noch getrennt voneinander gefällt.
Ein Beispiel aus der Automobilindustrie
So stand beispielsweise bei der Digitalisierung der Produktionswerke eines führenden Automobilherstellers der Aufbau einer nachhaltigen und zukunftssichernden Lösung im Mittelpunkt. Gleichzeitig sollte zu keinem Zeitpunkt die aktuelle Produktion gefährdet werden.
Die Umsetzung wurde von höchster Stelle und mit einem klaren Geschäftsziel auf den Weg gebracht und kontinuierlich vorangetrieben. Dies wurde durch die Ernennung von wichtigen Rollen innerhalb der IT-Abteilung bekräftigt. Ziel war es, eine globale Transparenz über Leistung und Auslastung zu erhalten, damit Load Balancing und konsistentes Reporting sowie schnelle Reaktionsfähigkeit ermöglicht werden kann.
In der ersten Phase kam es in allen Werken zur Einführung eines Manufacturing Execution System (MES) mit standardisierter Maschinenschnittstelle und harmonisierten Prozessen. Da Sicherheitsbedenken zu Datenschutz bei Cloud-Lösungen bestanden, wurde zunächst klar definiert, welche Daten wirklich nötig sind.
Sicherheitsbedenken wurden ernst genommen und in die Ausgestaltung einbezogen
Ebenso war die Ausfallsicherheit ein wichtiger Punkt, so dass am Ende die MES-Funktionalität noch komplett on premises gehalten wurde. Auf die Edge-Komponente entfiel deshalb zunächst eine reine „Weiterleitungsrolle“ zur Cloud. Anfallende Sensordaten aus der Produktion wurden also nicht nur zur Produktionssteuerung an das MES weitergegeben, sondern auch an die Edge (und damit die Cloud), um Advanced Analytics Anwendungsfälle zu unterstützen.
Die Architektur sollte offen und zukunftssicher sein und für die Phase 2 vorbereiten.
In dieser sollen nun mehr Aufgaben auf die Edge entfallen. Der Einführung einer Cloud- und IoT-Plattform zur Ermöglichung weiterer Anwendungsfälle unter Nutzung von KI und ML, vor allem im Bereich Qualitätssicherung und Predictive Maintenance. Dabei geht es im Wesentlichen um die Interpretation von Sensordaten. Künftig soll ein schneller Eingriff in Produktionsvorgänge etwaige Ausfälle gänzlich verhindern.
* Patrick Vollmer ist Managing Director bei Accenture und verantwortet das Geschäft mit Kunden aus dem Bereich Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland, Österreich, Schweiz und Russland.
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