Maßnahmen, die Sustainability nähren Wege zur Nachhaltigkeit: Lieferketten, Kühlsysteme und Wiederverwertbarkeit

Ein Gastbeitrag von Andreas Thomasch* Lesedauer: 8 min |

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Gerade für Rechenzentren als Rückgrat einer digitalen Welt sind Energie-Einsparungen wesentlich – aufgrund der Nachhaltigkeit und wegen der hohen Strompreise. Die 3.000 großen und 50.000 kleineren Rechenzentren in Deutschland verbrauchen mehr als 18 Terawattstunden Strom, so aktuelle Schätzungen. Das übertrifft den Verbrauch einer Großstadt wie Berlin. Aber: Bei der Art und Weise wie IT-Hardware produziert, transportiert und genutzt wird, gibt es reale Möglichkeiten für Einsparungen.

Häppchen für Häppchen - damit sich die Nachhaltigkeit im Datacenter wachsen kann, braucht es diverse gesunde Kost. Andreas Thomasch von Lenovo beschreibt, womit sich die Sustainability füttern lässt.
Häppchen für Häppchen - damit sich die Nachhaltigkeit im Datacenter wachsen kann, braucht es diverse gesunde Kost. Andreas Thomasch von Lenovo beschreibt, womit sich die Sustainability füttern lässt.
(Bild: K.A./peopleimages.com - stock.adobe.com)

Nachhaltigkeit ist heute mehr als nur ein Trend – sie ist eine dringende Notwendigkeit. Im Zuge des Klimawandels und der steigenden globalen Umweltkrisen wird immer deutlicher, dass Unternehmen und Organisationen in allen Branchen ihren ökologischen Fußabdruck reduzieren müssen.

Lenovo auf dem DataCenter Strategy Summit

In dieser Woche, am 19. Oktober 2023, findet in Bad Homburg der 'DataCenter Strategy Summit' statt; DataCenter-Insider ist Medienpartner. So können Teilnehmer vor Ort in einem Roundtable zum Thema „Ist das Blech, oder kann das weg?“ Kevin Illg, Senior Solution Sales Executive bei Lenovo und Ulrike Ostler, Chefredakteurin DataCenter-Insider erleben, in der etwa die Wasserkühlung als Lösung für wachsende Workloads und Energiekosten diskutiert wird.

Heute geht es in allen Überlegungen zu DataCenter-Strategien aber auch grundsätzlich um die Frage: Wofür noch Rechenzentrum, wenn man doch Cloud haben kann? Ist Private Cloud nicht auch eine Cloud-Strategie? Und was ist mit der Daten-Souveränität? Ist sie nur ein Lippenbekenntnis? Wem muss und sollte ich künftig vertrauen?

Es geht los um 11:30 Uhr.

Regionale Produktion

Die Gestaltung einer nachhaltigen Lieferkette ist ein wesentlicher Schritt zur Reduzierung der so genannten Scope-3 Emissionen. Das Greenhouse Gas Protocol (GHG) definiert diese als indirekte Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Dazu gehört zum Beispiel der CO2-Ausstoß bei der Gewinnung von Rohstoffen, die Entsorgung der Produkte eines Unternehmens am Ende ihrer Lebensdauer oder auch der Transport von Waren.

Um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, sollten deswegen bereits während der Beschaffungsphase konkrete Maßnahmen ergriffen werden – wo die Komponenten für Rechenzentren produziert werden und welchen Logistik-Weg sie zurücklegen, ist hier besonders relevant.

Als Hardwarehersteller können durch die lokale Produktion der schweren Gehäuse und der zugehörigen Komponenten schon große Mengen an CO2 eingespart werden, insbesondere, wenn die Alternative die Herstellung bei einem OEM am anderen Ende der Welt wäre, inklusive eines entsprechend langen Transportweges. Ein Großteil der weltweit hergestellten Prozessoren stammt zwar immer noch aus Asien, jedoch hat sich im letzten Jahr auch hier ein Trend abgezeichnet, bei dem Chiphersteller ihre Präsenz breiter und regionaler gestalten. Zwei Beispiele hierfür sind die geplanten Fabriken von TSMC in Dresden und Intel in Magdeburg.

Planung und Verpackungen

Ob für den Transport der Seeweg genutzt wird – sofern dies eine Option ist – oder die Produkte mit dem Flugzeug transportiert werden, macht ebenfalls einen Unterschied bei den Emissionen. Der Lufttransport ist in der Regel die schnellere Variante, während der Transport mit einem Containerschiff oftmals mehrere Wochen dauert, dafür weniger Emissionen ausstößt. Langfristige Planung ist also von Vorteil.

Ein weiterer Aspekt, der gerade ins Gewicht fällt, wenn es um größere Anschaffungen geht, ist das Verpackungsmaterial. Neben der lokalen Produktion ist es sehr sinnvoll, die Bauteile sofort im Werk zu integrieren und so die Lösung fertig in einem Rack montiert liefern zu lassen. Das spart große Mengen an Verpackungsmaterial, welches anschließend wieder recycelt werden müsste.

Die Einsparungen liegen dabei pro komplett integriertem Rack bei etwa 50 Kilogramm Karton. Für Paletten und andere Verstrebungen liegt der Wert bei 90 Meter Holz – nur um eine Größenordnung zu nennen. Das sind alles Dinge, die gar nicht erst produziert werden müssen – und dementsprechend auch nicht transportiert und nicht recycelt.

Hilfreich ist dabei außerdem der Product Carbon Footprint (PCF), der die verschiedenen Emissionswerte für die diversen Scopes angibt. Dieser kann ab einer gewissen Menge an Produkten spezifisch für die Beschaffung angefragt werten.

Das ermöglicht es Unternehmen und Rechenzentrumsbetreibern schon vorab eine Vorstellung davon zu bekommen, wie nachhaltig die Beschaffung ist. Auf Grundlage dieser Informationen können sie dann Entscheidungen treffen, die darauf abzielen, Produkte und Lieferketten umweltfreundlicher zu gestalten und Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Energieverbrauch der Hardware

Sobald die Hardware in Betrieb genommen wurde, steht der Energieverbrauch im Mittelpunkt der Diskussion um Nachhaltigkeit. Auf der einen Seite ist es nicht ausreichend mehrere beliebige, möglichst sparsame Server zu nutzen, wenn dadurch nicht die notwendige Leistung erreicht wird. Gerade die rapide Entwicklung von künstlicher Intelligenz oder auch die heutigen Anforderungen an die Datenverarbeitung haben zu einem dramatischen Anstieg des Energieverbrauchs in Rechenzentren geführt. Waren vor einigen Jahren 20 Kilowatt (kW) pro Rack ein üblicher Wert, kommen KI-Systeme und Server mit GPUs heute schnell auf über 80 kW – also ein Vielfaches.

Auf sie zu verzichten ist allerdings keine Option, wenn man auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig bleiben möchte. Auf der anderen Seite bedeutet der steigende Energiebedarf eine steigende CO2-Belastung, die langfristig katastrophale Auswirkungen auf das Klima und den Planeten haben wird. Eine hohe Energieeffizienz ist dementsprechend unerlässlich.

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Einige Betreiber von Rechenzentren setzen zunehmend auf eine vollständige Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, was zunächst positiv erscheint. Bei den meisten bedeutet das allerdings den massenhaften Zukauf so genannter Grünstrom-Zertifikate und Herkunftsnachweise. Die Emissionen sinken dadurch rechnerisch, da die verbrauchte Energie als „grün“ ausgewiesen werden kann. (siehe auch: „Dominik Weyland im DataCenter-Diaries-Podcast zum Greening des Energieportfolios So wird der Strom für Rechenzentren grün

In der Podcast-Folge #18 der „DataCenter Diaries“ hat sich Dominik Weyland ausführlicher zum 'Greening" des Strom-Portfolios geäußert.

Die Podcast-Folge #18 von DataCenter Diaries findet sich auf Spotify, Apple Podcasts, Deezer, Amazon Musik und Google Podcasts.

So wird auf dem Papier Graustrom zu Ökostrom – trotz gleichbleibender Stromquelle und -verbrauch. Das sollte nicht die Definition von Nachhaltigkeit sein, sondern vielmehr die Nutzung von Ressourcen in einer Weise, die sicherstellt, dass sie dauerhaft funktionieren können und genug für die Zukunft übrigbleibt. Den Stromverbrauch zu senken – in Kombination mit einer echten Nutzung von Erneuerbaren Energien – ist dafür ein probates Mittel.

Die Rechnerkühlung

Dabei kann es sich lohnen einen Blick auf die Kühlkonzepte der verschiedenen Anbieter zu werfen: Wasserkühlungssysteme nutzen das Prinzip der Flüssigkeitskühlung, um die Temperatur der Hardware auf einem optimalen Niveau zu halten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Luftkühlungen sind sie in der Lage die Wärme viel effizienter abzuleiten. Klassische Lüfter können bis zu 30 Prozent des Energiebedarfs eines Hochleistungsrechners ausmachen und sind dementsprechend eine große Chance für mögliche Einsparungen.

Der nächste Schritt ist dann die Warmwasserkühlung. Warmes Wasser für die Kühlung von Hardware zu verwenden, scheint zunächst kontraproduktiv.

Tatsächlich kann durch die Nutzung 30 bis 40 Prozent an Energie eingespart werden, da auf die Kühlung der Luft und des Wassers verzichtet wird. Das findet alles statt ohne die Rechenleistung negativ zu beeinflussen. Im Gegenteil, es führt sogar zu stabileren Temperaturbereichen und erhöht die Zuverlässigkeit der Infrastruktur.

Der Trend hin zu Wasserkühlung macht sich inzwischen bei anderen Marktteilnehmern ebenfalls bemerkbar. Die Warmwasserkühlung wird – davon gehen wir aus – in den klassischen Rechenzentren in weniger als drei Jahren Einzug halten.

Nachnutzung von Ressourcen

Mit den steigenden Energiekosten und der immer schneller werdenden technologischen Entwicklung kommt die Frage, was man langfristig mit der Hardware macht, wenn es neuere, effizientere Modelle gibt. Rechnerisch würde es Sinn machen ältere Hardware nach drei Jahren auszutauschen.

Die Betriebskosten für Strom machen heute etwa 50 Prozent der Gesamtbetriebskosten inklusive der Anschaffungskosten der Infrastruktur aus. Vor fünf Jahren lag dieser Wert noch bei der Hälfte. Aufgrund der gestiegenen Rechenleistung und Energieeffizienz lohnt sich deswegen die Anschaffung neuer Hardware trotz hoher Anschaffungskosten finanziell. Zumindest auf dem Papier.

Eine alternative, pragmatische Herangehensweise ist die Zweitnutzung von Komponenten. Nach drei Jahren als Hauptsystem können diese in weniger kritischen Anwendungsfeldern weiterverwendet werden, die nicht die höchste auf dem Markt erhältliche Leistung brauchen und bei denen ein Ausfall verkraftbar ist. Das verlängert die Nutzungsdauer von Hardware und reduziert Abfall.

Zögern und Zaudern sind Tabus

Kompendium: „Nachhaltigkeit im Rechenzentrum"

Nachhaltigkeit im Rechenzentrum
Nachhaltigkeit im Rechenzentrum

Datacenter müssen effizienter werden, nachhaltiger wirtschaften, in eine sektorübergreifende Kreislaufwirtschaft eingebunden werden. Für kann oder könnte, soll oder sollte, darf oder dürfte ist kein Platz im Sprachgebrauch, wenn es darum geht, die Umwelt zu entlasten.

Zögern, Zaudern, Zaghaftigkeit sind Tabus.

Es muss sein, jetzt, und es wird wehtun.
(PDF | ET 21.09.2021)

Lesen Sie im Kompendium unter anderem:

  • ... wie die Europäische DC-Branche die Vorreiter-Rolle anstrebt.
  • ... wie wir von anderen Branchen lernen können.
  • ... wie Rechenzentren nachhaltig und klimaneutral werden können.


    >>> Kompendium: „Nachhaltigkeit im Rechenzentrum“ zum Download
  • Diesbezüglich gibt es keine Universalmethode, die für alle passt. Der nachhaltigste Ansatz ist allerdings immer noch, sich schon von Anfang an Gedanken zu machen und sich nicht nach drei Jahren zu fragen, was mit der Hardware geschehen soll.

    Die entstandene Wärme kann ebenfalls weitergenutzt werden. Und auch der Gesetzgeber legt den Fokus auf eine vermehrte Abwärmenutzung: so sollen laut des neu verabschiedeten Energie-Effizienzgesetzes Unternehmen unter anderem ab einem gewissen Gesamtenergieverbrauch, die Abwärme wiederverwenden oder zum Verbrauch an Dritte weitergeben.

    Einige andere Ländern sind diesbezüglich schon weiter als Deutschland. Die staatliche Förderung der Wärmenutzung aus Rechenzentren, macht die Abwärmenutzung zum Beispiel in Schweden wirtschaftlich rentabel. Das ist zum Teil notwendig, da es einige Hürden gibt, welche die Nutzung erschweren.

    Die Verwendung der Rechnerwärme

    Zwar erzeugen viele Rechenzentren eine hohe Menge an Abwärme, jedoch oft auf vergleichsweise niedrigem Temperaturniveau. Gerade Rechenzentren, die hauptsächlich luftgekühlte Server verwenden, erreichen nicht die notwendigen Temperaturen für eine Nachnutzung in zum Beispiel einem Fernwärmesystem. Eine weitere Hürde ist die fehlende Infrastruktur, um die Abwärme aus dem Rechenzentrum auszukoppeln und an Abnehmer weiterzugeben.

    Und gerade bei bestehenden Rechenzentren würde eine Anpassung eine große finanzielle Belastung mit hohem logistischem Aufwand bedeuten – wenn sie überhaupt möglich ist. Zuletzt spielt die Wirtschaftlichkeit eine wesentliche Rolle: In der Vergangenheit war es finanziell rentabler auf bewährte Heizmethoden – sprich Öl und Gas – zu setzen, statt auf Wärmepumpen mit entsprechend hohen Stromkosten.

    Allerdings gibt es heute schon Vorbilder aus der Praxis: Einige Rechenzentren heizen bereits ihre eigenen Gebäude und Büros mit der Abwärme der Server. Manche speise ihre Abwärme in das lokale Campus-Wärmenetz ein, so dass die Systeme auch umliegende Gebäude mit Heizenergie versorgen können. Wieder andere nutzen die Wärme zur Beheizung von Gewächshäusern oder angeschlossenen Universitäten.

    In diesem Zusammenhang sprechen Unternehmen gerne von „Carbon-Negativ“. Das bedeutet, dass sie nicht nur ihre eigene CO2-Bilanz ausgleichen, sondern durch die Abwärmenutzung auch dazu beitragen, zusätzliche Energieeinsätze in anderen Bereichen zu vermeiden.

    Insgesamt wird deutlich, dass wir den Weg zu einer nachhaltigeren IT-Infrastruktur bereits eingeschlagen haben. Dennoch ist heutzutage noch viel mehr möglich, als die meisten annehmen. Der Schlüssel liegt im ganzheitlichen Denken bei der Planung und Beschaffung. Lokale Produktion, intelligente Verpackungslösungen und eine bewusste Energie-Effizienz sind Schritte in die richtige Richtung. Und um zu sehen, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit durchaus Hand in Hand gehen können, lohnt sich ein Blick auf lokale Rechenzentren, sei es das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) oder das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

    *Der Autor
    Andreas Thomasch ist Director HPC & AI, DACH, France in der Abteilung UKI bei Lenovo.

    Bildquelle: Lenovo

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