Schutz vor Wasserschäden in Rechenzentren Wasser im Datacenter ist ein unterschätztes Risiko

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Ulrike Ostler

Feuerschutz wird in Rechenzentren sehr ernst genommen, Schutz vor Wasserschäden weniger. Dabei ist das Risiko erheblich. Mit einer ausgefuchsten Lösung bedient die Brandes GmbH viele der größten Rechenzentren in Deutschland.

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Wasser im Rechenzentrum ist keineswegs idyllisch, sondern gefährlich für Mensch und Computer.
Wasser im Rechenzentrum ist keineswegs idyllisch, sondern gefährlich für Mensch und Computer.
(Bild: © wetzkaz.com neubauerandreas@live.de wetzkaz babawong germany/Fotolia.com)

Was passieren kann, wenn Wassereinbrüche in Rechenzentren stattfinden, die nicht rechtzeitig entdeckt und gestoppt werden, zeigt ein Beispiel aus Hamburg, über das etwa „Spiegel Online“ am 19.8.2010 berichtete. Dort war es in ein Rechenzentrum von O2 aus unbekannten Gründen zu einem Wasserschaden gekommen, der bei den Kunden des Betreibers in der Hansestadt und darüber hinaus das Mobilnetz lahmlegte.

Ein Einzelfall? Mitnichten. „Zwei von zehn neuen Rechenzentren bekommen im ersten Jahr Probleme mit austretendem Wasser“, sagt Helmut Eißner, Spezialist für Rechenzentrumsinfrastruktur bei der Brandes GmbH, einem auf Wasserschutz an Rohrleitungen fokussierten Unternehmen.

Doch werde über solche Vorkommnisse ungern gesprochen, um Rufschädigungen zu vermeiden. „Man findet gerade in kleineren Rechenzentren auch allerlei Wasserschutzmaßnahmen, die den technischen Ansprüchen eines Rechenzentrums eigentlich gar nicht gerecht werden – bis hin zu einfachen Wassermeldern aus dem Elektromarkt“.

(Bild: © markus dehlzeit/Fotolia.com)

Ein nicht unerheblicher Teil des Brandes-Geschäftes befasst sich mit der Überwachung sensibler Räume, viel davon bezieht sich auf Rechenzentren. Angeboten und geliefert werden die Rechenzentrumsprodukte des Herstellers mit rund 45 Mitarbeitern in 15 Ländern Europas. Die Technik befriedigt auch hoch anspruchsvolle Kunden. Beispielsweise nutzt T-Systems sie für sein neues Cloud-Rechenzentrum in Biere bei Magdeburg, wo unter anderem die Daten von deutschen Azure-Kunden liegen, weil T-Systems für Microsoft als Datentreuhänder fungiert.

Gesetzlos

Gesetzliche Vorschriften gibt es für den Wasserschutz speziell in Rechenzentren nicht. Allerdings dürfte die Bereitschaft von Versicherungen zu zahlen, wenn noch nicht einmal einfache Wasserschutzmelder vorhanden sind, in Frage stehen.

Auch Normen wie EN 50600 und die darauf aufbauenden Zertifizierungen verlangen, dass ein angemessener Schutz vor Wasserschäden vorhanden ist. Und in den Regeln des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik kommt das Thema ebenfalls vor. Nur ist es eben nicht für jeden verpflichtend, solche Zertifizierungen zu erwerben.

In Rechenzentren mit Wasserkühlung – und diese Kühlungsform ist in größeren, seit 2010 erbauten Datacenter in Deutschland sehr verbreitet – gibt es eine ganze Reihe von potentiellen Fehlerstellen. Denn in ein Rack führen dort meist zwei Panzerschläuche für Zu- und Abwasser, dazu entsprechende Kopplungen, Mischer, Ventile und Verteiler, die mit der Zeit oder durch unsachgemäße Nutzung oder Montage leck werden können.

Typisches Fehlverhalten

So reißen die Panzerschläuche gern einmal ab, zum Beispiel, weil die einzelnen Schränke im Rechenzentrum hin- und hergeschoben werden, ohne die Schläuche vorher abzuschrauben. In großen Rechenzentren mit vielen Racks ergeben sich daraus Hunderte, wenn nicht Tausende potentieller Fehlerstellen.

Sind Undichtigkeiten vorhanden, tritt häufig erst ein bisschen Wasser ins Dämmmaterial um die Rohrleitungen ein, das sich dann in der Dämmung verbreitetet und sie irgendwann aufbricht, wenn der Druck zu groß wird – aller Wahrscheinlichkeit aber nicht an der Stelle, wo das Wasser eigentlich aus dem Wasserrohr austritt, sondern an anderer Stelle. Das erschwert dann wiederum die Lokalisierung und Behebung des Fehlers.

Die Verteilung von Rohr-, Boden- und Punktsensoren in einem kleineren Rechenzentrum
Die Verteilung von Rohr-, Boden- und Punktsensoren in einem kleineren Rechenzentrum
(Bild: Brandes GmbH)

Das Verhindern von Fehlalarmen

Brandes hat mit „Fluidgard“ ein System konzipiert, das speziell auf die Bedürfnisse der Betreiber wassergekühlter Rechenzentren zugeschnitten ist. Es entspricht den Vorschriften des Wasserhaushaltsschutzgesetzes.

Dabei werden die Datacenter-Räume mit drei Arten von Sensoren ausgerüstet. Die Flüssigkeitsrohre erhalten Rohrsensoren. Diese werden in der Regel an der ringförmig um die mit Rechnern bestellte Fläche herumgeführten, redundanten Leitungen und an die Verteilerleitungen bis zum Rack-Eingang entlanggeführt.

Ventile, Klappen und anderes mehr werden hingegen nicht durch den Rohrsensor geschützt. Bodensensoren verlaufen in Schleifen unterhalb der Racks im Doppelboden und messen beispielsweise Wasseraustritte unter den Racks oder an Ventilen. Punktsensoren werden schließlich in den vier Ecken von Räumen mit einem festen Boden, also zum Beispiel im Batterieraum oder im Doppelboden, platziert.

Die Daten aller Sensoren in einem bestimmten Bereich werden von einer intelligenten Anschlussdose gesammelt und über ein proprietäres Bussystem an eine zentrale Steuereinheit geliefert. In einem Rechenzentrum mit rund 1.000 Quadratmeter Fläche können durchaus zwei Kilometer Kabel verbaut sein.

Widerstand

Das Sensorkabel "BS-FKR" mit insgesamt vier Adern wird in der Dämmung der Wasserrohre entlanggeführt.
Das Sensorkabel "BS-FKR" mit insgesamt vier Adern wird in der Dämmung der Wasserrohre entlanggeführt.
(Bild: Brandes GmbH)

Die Sensoren sind aus einem nicht rostenden, selbsttrocknenden und auch ansonsten robusten Material, Chrom-Nickel, gefertigt. Ihr Messprinzip besteht darin, dass Wasser den Widerstand der Isolation senkt.

Eißner erläutert: „Normalerweise hat unser Sensor einen Widerstand von mehr als 1G-Ohm, sobald er mit Wasser in Berührung kommt und feucht wird, sinkt dieser Widerstand wesentlich ab.“ Das Meldekabel, bestehend aus einer roten Fühlerader, einer weißen Masseader als Referenz und zwei Rückführadern in grün und schwarz, läuft das gesamte Rohr entlang.“ Eißner emfiehlt dabei dringend, den Rohrsensor innerhalb der Dämmung zu verlegen, damit eine frühstmögliche Erkennung und eine genaue Ortung der Leckage möglich ist.

Meldet ein Sensor ein auch nur geringfügiges Absinken des Widerstandes, wird eine zunächst unkritische Vor-Meldung an die Zentrale versandt, die den Wassereinbruch bekannt macht. Anschließend veranlasst eine Systemmessung, dass nun die Teile des Sensors um die ursprüngliche Stelle separat vermessen werden. Breitet sich Wasser in eine Richtung aus, dann sinkt der Widerstand im entsprechenden Teilbereich.

Erfahrung in Mathe umgemünzt

„Über erfahrungsbasierte Algorithmen können wir unterscheiden, ob es sich nur um eine irgendwie dorthin geratene Flüssigkeit, die austrocknet und dann keinen Schaden mehr anrichtet, oder um den Austritt sich langsam immer weiter ausbreitender Wassermengen handelt, so dass am Ende der Betrieb von Teilen oder des gesamten Rechenzentrums gefährdet ist“, führt Eißner aus.

So lassen sich Fehlalarme vermeiden. Reale Schäden werden dagegen durch die Algorithmen des Meldesystems schnell als zutreffend erkannt und können oft noch ohne Kollateralschaden wieder behoben werden.

Das Überwachungssystem kennt drei Meldeschwellen. Es meldet in Stufe Gelb auch an sich harmlose Situationen, in denen Wasser gemessen wird. Wird es immer mehr Wasser, ändert sich die Stufe in Orange, um dann zu Rot, dem echten Alarm, überzugehen. Wo die Schwellwerte gesetzt werden, parametrieren die Anwender per Software. Zudem detektiert das System nicht mehr funktionierende, durchtrennte oder sonst irgendwie beschädigte Sensoren. Das soll Sabotage verhindern.

Anpassung an die Kundenwünsche

Außerdem lässt es sich auf Wunsch der Kunden realisieren, dass einzelne Sensoren über eine redundante Anbindung Meldungen auch dann noch an die Zentrale schicken können, wenn die primäre Anbindung nicht mehr funktioniert. Zudem kann das System, wenn niemand auf einen Alarm reagiert, auch selbständig einzelne Abschnitte des Wassernetzes abschalten, um größeren Schaden zu verhindern.

„Üblicherweise realisieren Wassermeldesysteme nur, ob überhaupt Wasser da ist oder nicht, aber nicht, ob und wie ein Schadensszenario entsteht und wohin es sich ausbreitet“, weiß Eißner. Brandes habe auf seine Lösungen viele Patente und langjährige Praxiserfahrung auf diesem Sektor. Darauf vertrauen neben großen Provider-Rechenzentren auch viele Mittelständler, die im Zeitalter der umfassenden Digitalisierung genauso um ihre Daten und ihre IT-Infrastruktur fürchten müssen wie Großunternehmen.

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